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Heidelberger Zeitung — 1866 (Januar bis Juni)

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Nr. 100-125 Mai
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https://doi.org/10.11588/diglit.2795#0557

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rechts herzustellen, und kcine neuen Steuern
oder Anleihcn zu bewilligen, ehe nicht das seit-
herige für Frieden und Krieg glcich gefahrvolle
RegierungSsystem gründlich beseitigt ist.

Was die Kriegsgefahr bctrifft, so war es die
allgemeine Ansicht der Versayimlung: daß Preu-
ßens Ehre nur gewahrt werden könne, wenn
Macht und Recht Haud in Hand gingen; Deutsch-
landS Einheit nur Werth habe, wenn Einheit
und Freiheit damilverbunden sei, daßdie Bruder-
stämme im Norden vor allen Dingen über sich
felbst zu bestimmen hätten, jenc Zsit aber ein
für allemal vorüber sein müsse, wo über eiuen
Volksstamm wie über eine Sache verfügt wurde.
Ein deutscher Bruderkrieg, an sich schon Un-
natur und Unheil, gebe dem schweigsamen Nach-
bar im Westen willkommene Gelegcnheit,
Deutschland eine Schmach anzuthun, bei wel-
cher er leider auf die Zuftimmung seincs Vol-
kes rechnen dürfe.

Berlin, 22. Mai. Die „Nordv. Allgem.
Ztg." wiberlegt dic Behauptung der „Wiener
Dcbatte", Frankreich sei der gemeinsame Feind
Oesterreichs und Preußcns. Sodann erklärt das
Blatt: Weder Drohungen noch Jntriguen aus
Wien werden hier zu eincr abenteucrlichen Po-
litik verführen. Das Berliner Cabinet treibl
nur dic Politik der Offenheit auf dem Congreß
wie auf dem Schlachtfeld; hier sind nicht Bun-
desgenossen für eine Ncstauration zu suchcn.

Berlin, 22. Mai. Dem „Fr. I." rvird
geschrieben: Der König geht diese Woche in's
Hauptquartier nach Schlesien. Alsdann soll,
wie verlautet, im „Staatsanzeiger" eine Art
Manifest an das Volk erscheinen, das für die
prenßische Politik ein fest abgeschlossenes Pro-
gramm enthält. Alle Friedensgerüchte basiren
auf nichts als Wünschen und .der Vorstellung,
daß kein Sterblicher die Verantwortung für
einen deutschen Bruderkrieg auf sich laden könne.
Die Thatsachen lehren, daß Alles geschieht, um
diesen Krieg in Scene zu setzen. Und dabei
legt, obwohl auf allen Straßen und Plätzen
der Stadt schon das regste militärische Treiben
herrscht, die Bevölkerung so unendlich wenig
Jnteresse für den Krieg an den Tag, daß man
sich unwillkürlich fragt, wie in aller Welt es
möglich sein könne, ohne die Begeisterung des
Volkes sich in das kühnste Wagniß einzulassen,
das nur gedacht werden kann. Mit den aus-
, wärtigen Wirren wird sich der innere Conflict
steigern, wenn wir auch schon mitten im Kriege
stehen.

Breslau, 20. Mai. Die „Schlcs. Ztg."
schreibt: Wir erfahren soeben anS sicherster
Quelle, daß in Berlin während der letzten Tage
wichtige Beschlüsse in Betreff der Aufstellung
der Armee gcfaßt und die nöthigen Befehle an
die Truppen sofort erlaffen sind. Demnach sol-
lcn im Sinne einer stricten Defensive vorläufig
vier Armecn couccntrirt werden, und zwar wird
die 1. Armee, bestehend aus dcm 7. und 8.
Armeecorps nebst wcstphälischer und rheinischer
Landwehr, bei Wetzlar ein Lager beziehen, wie
es heißt zum Schutz der Nhcinlandc gegen die
süddcutschen Contingcnte, welche sich bei Bam-
berg versammcln. Dje 2. Armee, formirt aus
dem 4. Corps und Landwehr - Jnfanterie und
Cavallcrie des 4., 2. und 4. Corps, wird bei
Erfurt Stellung nehmen, um sowohl die Pro-
vinz Sachsen zu schützcn, als evenluell mil der
1. Armce zu cooperiren, wobei dic Eisenbahn
über Kassel für'bcsonders wichtig erachtet wird.
Die 3. Armee, Garde und drei Armeecorpß,
soll vorläufig bei Berlin und Frankfurt a. O.
verbleiben, um die Hauptstadt zu decken, resp.
zur Hauptarmee in Schlesien zu rücken. Die
Hauptarmee, 5., 6., 1. und 2. Armeecorps, wird
zwischen Neisse nnd Gleiwitz versammelt; sie
soll Schlesien schützen, welches durch die öster-
reichjschen Truppenanhäufungen bei Olmütz zu-
nächst bedroht ist. Jm Nothfall würde das 3.
und Gardccorps per Eisenbahn eben dorthin
befördert werdcn können. Die Armecn sollen
geführt werden von Jhren königl. Hoheiten dem
Kronprinzen, dem Prinzen Friedrich Karl, Sr.
Hoheit dem Herzog von Coburg (?).und dem
Großherzog von Mecklenburg. Die Truppen
haben ihre Märsche und Eiscnbahnfahrten be-
retts angctreten, biS zum 15. Juni sollcn sich
die Corps in ihrcn Stellungen befinden.

Schleswig. 22. Mai. General v. Man-
teuffel ift gestern Abend aus Kiel zurückgekehrt.

GerüchtSweise verlautet, es sei dort mit Frhrn.
v. Gablenz in Betreff des Abzugs der österrei-
chischen Truppen verhandelt worden und zwar
unter Zuziehung des Prinzen von Augusten-
burZ (?).

Wien, 22. Mai. Einen eventuell hier ein*
treffenden Congreßvorschlag wird Oesterreich
nicht zurückweiseu. Die Möglichkeit der Erhal-
rung des Friedens durch den Congreß wird je-
doch hier gänzlich negirt, weil man die Auffin-
dung eines Oesterreich zusagenden Compensa-
tions-Objectes für Venetien auf friedlichem Ver-
handlungswege illusorisch erachtet. —DiePariser
Conferenzmächte, ausgenommen Preußen und
Jtalien, sind übereingekommen, daS Hospodariat
des Prinzen von Hohenzollern nicht anzuerken-
nen. Der Einmarsch der Türken in die Donau-
fürstcnthümer wird stündlich erwartet. — Die
Königin Olga von Würtemberg wird am 26.
d. von Petersburg hier erwartet.

Wien, 23. Mai. Die Depesche, welche die
Vorschläge zum Congreß meldet, wird erst am
Donncrstag hier einlreffen. Die Entscheidung,
ob überhaupt und eventuell unler welchen Be-
dingungen der Einladung Folge zu leisten ist,
kann sclbstverständlich erst nach Kcnntniß deS
Jnhalts dieser Depesche erfolgen.

Wien, 23. Mai. Die Getreide-Ausfuhr
nach dem Zollverein ist wieder unbedingt frei-
gegeben.

F r a n k r e i ch

Paris, 22. Mai. Die „Patrie" glaubt
zu wisftn, daß Rußland. England und Frank-
reich über die Fassung des an Oesterreich, Jta-
lieu uNd Preußen zu richtenden Congreßvor-
schlages sich geeinigt haben. Die Collectivnote
der drei Mächte dürfte heute nach Wien, Ber-
lin und Florenz abgegangen sein. Der englische
Unterstaatssecretär im auswärtigen Amt, Herr
Layard, ist in Paris eingetroffen. Derselbe hatte
eine Unterredung mil Hrn. Drouyn de Lhuys
und wurde heute vom Kaiser empfangen. Er
soll die Zustimmung Englands zu dem Con-
grcßvorschlag mitgebracht haben. — Der „Ave-
nir national" meldet, daß heutc Rußland ge-
gen das Auftreten deS Prinzen von Hohenzol-
lern in Rumänien protestirt habe.

Ita l L e n

Rorn, 21. Mai. Das „Giornale di Roma"
stellt in Abrede, daß päpstliche Soldaten deser-
tiren, um in die italienische Armee zu treten.

Florenz, 22. Mai. Man glaubt, daß die
Zahl der Freiwiüigenbataillone auf 40 gcbracht
werde. — Der Julicoupon der Nente wirb in
Frankreich baar und ohne irgendwelchen AbzUg
bezahlt. Die Staatskaffen nehmen ihn bereits
ohne Disconto an Zahlungsstatt an. — Die
heutigen Journale betrachten die Zumuthung,
der weltlichen Macht des Papstes die europäische
Garantie zu verleihcn, für unzuläjsig und hal-
ten die betreffende Angabe der „Jndcpendance
belge" für ungenau. — Die Emigration aus
Vcnetien nimmt zu.

Florenz, 23. Mai. Das Wiener Cabinet
hat erklärt, es werde, da es gegen Jtalien,
dessen Marinegesetzbuch das Prinzip der Pri-
vat-Handelsfreiheit auf dem Meere, selbst zwi-
schen kriegführcnden Staaten sanctionirt, Ge-
gcnseitigkeit zur Anwendung bringen und selbst
im Fall des Krieges die italienischen Handels-
schiffe nicht kapern laffen.

T ü r k e t

Jaffy, 22, Mai, Eln »ereinigtes russiich-
türkischeS CorpS unier Omer Pascha und Ge-
ueral Kotzebue ist in die Moldau eingerückt.

A m e r i k a.

Netvyork, 12 Mai. Die große Juri zu
Norfolk klagt Zcff. Davis des VcrrathS an. —
StephenS (Fenjerhaupt) ist i» Newhork cinge-
lroffcNj er wurde mij Bcgeisterung cmxfaugen.
Mahoney hat resiznirl, _

Neueffe Nnchrichren.

Bertin, 23, Mai, Abend«. Dic „Prov.-
Corresp." schreibt: Preußen unh Jtalien lehn-
tcn einen Cougreß »icht ab, olnvohl ste wcuig
Vertrauen in deffc» Erfolg hatten, zunial
Ocsterreich wegen Venciien schr widerstrede. Es
erschcint schwierig, eine Basis der Vcrhandlun-
geu mit der AuSsicht deS Ersolges festzustellen;
und ebcn deShalb ist eS kaum möglich, die Rü-
siungen einzustcllcn odcr aus'S Ungcwisse hin
aufrechtzu erhaltcn. Dcmnächst wcrden bestimm-

lere Auffvrderungen zu dem Congrcß erwartet
und Preußcn wird daS Friedenswerk so viel
als möglich gewiß firdern.

Die Nachricht von einer bevorstehcnden Pro-
klamation dcS KönigS ist nnbegrnndet. — Die
Angaben über die Abreise deS KönigS in»
Hauptquartier flnd voreilig und irrig; dagegm
übernehmen der Kronprinz und der Priitj
Fricdrich Karl noch diese Woche die ihnen zu-
gewiesenen Cominando'S. — Die preußische
Negierung ist bei dcr unerwartclen Entjchlie-
ßung des Prinzcn von Hohenzollern durchau»
unbetheiligt; derselbe machte erst al» er in der
Walachei eingetroffen war Mittheilungen dar-
über hierher.

Bcrlin, 23. Mai, Abends. Die „Prov.-
Correspondenz" bringt die Antwort de» König»
auf die BrcSlaner Communaladreffe vom 19.
Mai. Darin ist unier Anderem gesagt: Nicht
cin ehrgeizigcs Streben, selbst nicht ein durch
das Jnteresse deS gemcinsamen Vaterlande»
berechligtes, sondern die Pflicht, Preußen und
seine hciiigen Güter zu vertheidigen, ließ den
König sein Volk zn den Waffen rufen. Die
Einwohner BreslauS mögeu überzeugt sein,
daß eine Verständigung übcr die zwiichen
dcr Regierung und dem Laudtag streitigen
Fragcn daS Zicl der Wünsche und des eifri-
gcn StrcbenS deS KönigS ist. Jn der Hoff-
uung, daß AugesichtS der Preußen bedrohenden
Gesahren die widerstreitcnden Nrchtsanflchten in
dcr gemeinsamen Hingebung an daS Vatcrland
ihre Vcrmittclung finden werdcn, wurde der
Landtag einberufen.

Wien, 23. Mai. Der Armee wird nun
Kriegssold bezahlt. Die Annäherung zwischen
Oesterreich und Rnßland ist erfolgt. Der Ein-
marsch rnssischer und türkischer Truppen in
der Moldau beftätigt sich bis jetzt nicht. Jn
Hamburg ist das prcnßische Kanonenboot Treger
eingelaufen.

Florenz, 23. Mai, Abends. Es wird ver-
sichert, der Ministerpräsident Lamarmora habe
sich sür Annahme des Congreßvorschlags m
seinem vollen Umfang ausgesprochen; er seiner-
seits sei geneigt, das Werk der vermittelnden
Mächte soviel als möglich zu erleichtern.

* .Hcidelbcriz, 24. Mai. Zn der gestri-
gen Sitzung des großen Ausschuffes wurde der
Antrag des Gemeinderaths:


II Baden, 23. Mai.. Am Pfinqstmontac; wurde
eine brave Familic in grotzeS Ungtück gestürzt. Wald-

silchung ergcben. Vortäufig ünd zwei MLnner gesäng-

X Buch b. WaldShut, 22. Mai. Gestern morgen
früh fand man in Birndors die Leiche eines jnngen
Mannes auf einer Dungstätte liegen. Bei der Besich-
tigung zeigteii sich nirgends Spuren eine» gewalrfamen

den Enlfei.-ltcn ein Schlag getroffen, woran dcr über-
matzige GeNuß des Weines Schuld sein mochte. Eine
Uutersuchnng ist einaeteitet.

X Albbruck, 22. Mai. Nachdem vor einigen Ta-
gen die werlhvollen Einrichtungen des hiesigenHammer-
werkeS ihre Liebbaber gefunden, so gingen jetzt anch die
vorbandenen Gebäulichkeiten und Wasferleitungen m
die Hände deS Hrn. Fabrikanten Krast und Comp. m
St. Blasien über. Welche Bestimmungen dieselben er-
halten ist hier noch unbekannt.
 
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