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Heidelberger Anzeiger: unparteiische Tageszeitung für jedermann: Heidelberger Anzeiger: unparteiische Tageszeitung für jedermann — 1886

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Nr. 1 - Nr. 10 (2. Januar - 13. Januar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42545#0023

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2



Erſcheint täglich, Sonntags ausge⸗

nommen. Preis monatlich 20 Pfg.,

ur Illuſtrierten Unterhaltungs⸗

32 Pfg. — Wird in der ganzen

tabt verteilt und an den Straßen⸗
ecken angeſchlagen.

Nr. 8.



—„¡„—S 5 —
nd





















Montag, den 11. Januar

Alle Zuſendungen werden franro
erbeten.

Für die Aufnahme von Anzeigen

an beſtimmt vorgeſchriebenen Tagen

wird keine Verantwortlichkeit über⸗
HOMER.

1886.



























0.



Vermittelt von

— —
Gefunden ein Stod,
Sroßh. Bezirksamt,

_ Aerztlicher Verein

(medie. Sektion des naturhist. medic.

S Vereins).
Sitzung: Dienstag, den 12. Januar,
en abends 8! Uhr im

Hörsaale der Augenklinik.

p Tages-Ordnung:

rof. Czerny: Beiträge zur Magenchirurgie

nebst Krankendemonstration.

Der Ausschuss.

Bach-Verein.

p Die dieswöchentliche Donnerstags-
Tobe fällt aus.. Dagegen findet
lenstag, den 12. Januar, abends präeis
alb 8 Uhr eine allgemeine Damen-

Chorprobe,



— —

Mittwoch, den

mr in Verbindung mit dem akade-

chen Gesang -Verein eine Herren-
Chorprobe statt.

ia Hierzu wird bemerkt, dass der Vor-

ern sich nach $8 5 der Statuten genötigt

t, von nun an in Betreff des Proben-
Ssüuches Controle zu üben.

Crutral-Kranken-und Sterbekaffe
der Schuhmacher (E. H.).

Mi Heute abend 8 Nhyr in der alten Gundtei.
a rglieder, die ohne Stundung der Be-
Täge 4 Mochen im Rückftande find und
nicht erſcheinen werden geſtrichen.
Der Bevollmächtigte.

Holz Verſteigerung.

Die Großh. Bezirksforſten Schönau b. H.
Der (Bert mit Borgfrift-BewiNligung bı8 1. Okio-
Sr J. ans den Domänenwaldb- Abteilungen
* rer Soder3berg“, „Mittelkopf“ und
nits aſſe bei Wilh lmsfeld
im 0090, dem 18, D, Mis,, früh 10 Uhr.
25 ‚Safıhaus zum „Schriesheimer Hof“






Eiche, 55 eichene, birfene und forlene Nurßholz-
gngen und 2725 forlene Bohnenſtecken; ferner
Ster forlen Scheitholz J. Kl. 342 Ster II. Kl.,


Met, 81 Ster forlen Prügelholz 1. Kl, 683 Ster
wiſcht Prug lholz INI. Kl. und mehrere Loſe un⸗
ufber itetes Reisholz.

d Waldhüter Fath in Wilhelmsfeld zeigt
03 Doz auf Verlangen vor,

]. Sorte Brot

2 Kilo (4 Pid.) 46 Pig.
M. Engelmann,
Bäckermeiſter.

— 3u Fanfen gefucht

ein reines, aut 4
ECO aerhattecn vern verteurven Gais

Gin weingrünes FäßHHeNn, 50—60 Liter hHal-




Das Fräulein von Birkenweiler.
Roman von A. Lütetsburg.
(32. Fortſetzung.)
Als ſie dann aber wieder ſeitwärts von der alten


auf die roten Steine, welche das Medaillon umgaben,
welches ſie in dem kleinen Koffer in der Rumpel⸗


Tante Karoline fiel erbleichend zurück, als ſie
die toten Steine funfeln fah und beforgt blickte
Helene auf die alte Dame, die mit halb geöffneten
Lippen und vorgefiredten Händen ihr gegenüber
ſaß, ohne au nur einen Laut Hervorbringen zu
können.

„Helene — woher haſt Du das Medaillon?“
kam es endlich mit großer Anſtrengung über ihreLippen.

Beſtürzi langte das junge Mädchen nach dem
Gegenſtande, den es ſeither ſo ſorgfältig jedem
menſchlichen Auge verborgen Hatte,

„Tante Karoline — ih weiß nicht ich
denke, —“ ftammelte fie verwirrt.

„Woher Haft Du das Medaillon, Helene und wen
{tellt das Bildnis dar?“ fuhr Tante Karoling fort,

„SH weiß e8 nicht,“ entgegnete Helene mit
tonlojer Stimme, denn nun dachte fie mit einem
Male daran, daß fie vielleicht ein großes Unrecht
begangen, indem fie die Bilder an. fiH nahm,
Ihre überreizte Phantaſie hatte ihr gejagt, daß das
eine Bild dasjenige ihrer Mutter jel, wenn e8 nun
einem anderen Menjchen zugehörte ?

„Du. weißt e8 nicht?“ Woher Haft Du das
Medaillon ?“

‚ „Tante Karoline, habe nur einen. Augenblid
mit mir Geduld, ih will Dir ANeS erzählen, wie
es gekommen iſt. Ich glaubte, dieſes Bild ſei
dasjenige meiner Mutter und mein rechtmäßiges
Eigentum.“

„Das Bild Deiner Mutter und das andere?
Helene, wenn Du wüßteſt, woran mich das Bild
erinnert] Sch habe es eines Tages meiner teuerſten


im „Deulſchen Haus“ ſtatt.









Heidelberg.


— Vereinsangelegenheiten.
zum Erjheinen aufgefordert.

Der Vorstand.


die koſtenfreie










liebe Frau und Mutter

heute nacht plötzlich verſchieden iſt.

jeber befonderen Anzeige,













Cin aut erhaltenes Kinder. Stühlen
und ⸗Bettiã dchen zu verlaufen, Hauptſtraße 229.

Bu verkaufen

ein Kin der Sitzwagen und ein Kinder⸗Bett⸗
lädchen, Anloar 36, Gaube,




H. Klingel We,

Empfehlung.

Auf die b vorftchenden Winterbälle bring:

mein Damenfrifieren in empfehlende Srinnerung.
Achtun gsvoll

Fran Heingärtner, Fahrtagſe Z.



|



















statt. Karten zum Abendessen zu

Mk. 2.— werden bis nachmittags


Die

Vergnügungs-Kommission.


Gesellschaftsanzuge zu erscheinen.


als auch der Gallerien, ist der Eintritt


Die

Vergnügungs-Kommission.


durch die Direktion Eintrittskarten.


Die Direktion.


ſaal der Harmonie.
Jedermann hat freien Zukritk.



Für die vielen Beweiſe

Chriſtian

Grabrede des











Ueber Alizarinfarben mit
abends 9 Uhr, im Garten-

herzlicher Teilnahme bei dem

Aeberle,





Getragene Herren- und Frauenkleider wer—
den gekauft. Lauerſtraße 20



Altes Zinn und Blei kauft zum höchſten
Preiß, Beiler, Sandagoff 6.



vor Schmerz und Sammer Über die Herzloſigkeit
und Schlechtigkeit der Menſchen ins Grab ſinken zu
müſſen. Aber man erträgt viel — ſo unendlich viel.
Wie mag das Bild in Deine Hände gekommen fein ?
Laß mich. Dich anfehen, Kind! Mein Sott, wenn
un8 noch ein anderes Band als das des gemeinſamen
Leides verknüpfte 1”

Das alte Fräulein ſchien furchtbar erregt und
aud) Helene zitterte vor Unruhe. Zuerft kamen ihre
Mitteilungen. nur unklar und verworren Über ihre
Lippen, aber algemach wurden fie verftändiger und
je weiter fie erzählte, Defto bleicher wurde Tante
Karoline. Sie holte nur [wer und mühlamı Athem,
Thränen rollten langlam über ihre gefurchten Wangen
und wenn Helene einen Moment einhielt und mit
dem Ausdruck größter Beforgnis zu der alten Dante
hinüberblicte, die das Medaillon krampfhaft mit
ihren zitternden Fingern umjeohloffen hielt, dann
forderte Ddiefelbe fie durch einen Blif auf, fort-
zufahren.

Endlich hatte Helene Alles erzählt, was ſie
wußte und dann trat eine lange Pauſe ein,
durch kein anderes Geräuſch als das Ticken einer
altmodiſchen Wanduhr und die tiefen Athemzüge
des alten Fräuleins unterbrochen. Es waren ſo
ſeltſame Gedanken, die auf Tante Karoline einſtürmten;
fie konnte ja nicht glauben, was dieſelben ihr in’8
Ohr flüſterten und doch mußten fie etwas Wahres
enthalten.

Endlich Hatte fie ſich gefaßt, wenigſtens ſo weit,
um einige Fragen an Helene zu richten, die ihr
bleich und ſurchtſam blidend gegenüber ſaß. Eine
grenzenlofe Schwäche hatte die alte Dame in dem
Augenblick übermannt, wo ſie ſo ſehr der Stärke
bedurfte,

„Und der Koffer mit feinem Inhalt fteht noch
an feiner. Stelle?“

„Ich glaube, Tante Karoline. Wer hätte ihn
verrücken ſollen ? IH felbfit bin nur gelegentlich
einmal hinaufgegangen, wenn Niemand daheim war,







mich an eine Frau erinnerten, weldhe mich ſo zärtlich
geliebt, bi8 der Tod ihre treuen Augen für mich ſchloß.“

„Könnteft Du mir nicht eine dieſer geſtickten
Hemdchen bringen ? fuhr die alte Dame fort.
„DO, mein Gott, ich zweifle noch und doch ift die
furchtbare Wahrheit erwiefen. Warum war ich ſo
lange mit Blindheit geſchlagen?“ Dann verſuchte
ſie ſich zu beruhigen. Noch durfte fie Helene nicht
mit den Dingen bekannt machen, die fie jo mächtig
erſchütterten, denn noch war ANes vage Vermutung
Doch nein, nicht nur unbeftimmte Bermutung, [ondern
mehr, viel mehr. Blitzähnlich hatte fich eine Zhat-
jade an die andere gereiht und ihr ein voNftändiges
Ganze8 geliefert, {elbjt die Beweife fehlten nicht und
doch — ſie mußte ſchweigen.

„Du ſiehſt mich furchtbar erſchüttert, Kind,“
ſagte ſie, nachdem Helene ihr verſprochen, ihr einige
Gegenſtände aus dem Koffer zu bringen „und ich
habe niemals gedacht, daß für mich noch eine Stunde
der Erregung Fommen würde. Da fiehft Du, was
der Menijch it. Kaum wird eine Seite berührt,
die mit unfjerem früheren Leben in irgend einem
Zufammenhang geftanden hat und all’ die mühjam
errungene Ruhe iſt dahin. Mengflige Didh nicht


ſcheiden können, wozu ich in diejem Augenblick unfähig
bin. Ja, bringe mir die Sachen und überlaſſe mir
auch einſtweilen dieſe Angedenken, damit ich ſorgſam
prufen kann. Vermutlich iſt dieſe liebliche Geſicht
das Bildnis Deiner Mutter und. das andere, täufche
ich mich? Sah ich wirklich eines Tages ſo aus?
Wäre e8 nicht verwunderlich ?”

Das alte Fräulein Hatte, wenigftienS vorläufig,
die mächtige Erſchütterüng überwunden. In den
legten Worten lag etwas wie Spott, etwas von
ihrer eigentümlidjen Art, womit fie ein Beweis
lieferte, daß fie daß verlorene Gleichgewicht wieder-
gefunden. Sie {prad denn auch ruhig Über man:
Oerlei. Dinge, denn fie mußte auch Helene ihre




Dingen ahnen, welde in diejer Nacht in der Klauſe
vorgegangen waren.

Lange nad) Mitternacht legten: fich Beide zur
Ruhe nieder, aber Keine von Beiden {Olief und mit
dem erſten Frührot war Helene fchon wieder aufs
geftanden, um den Heimweg anzutreten Tante
Karoline hielt fie nicht zurück, diejelbe Hatte in hohem
Grade das Bedürfnis des Alleinfeins, fie verlangte
nach dem Augenblick, wo fie nicht mehr eine Ruhe
zu heucheln brauchte, welche fie nicht beſaß.

Helene trat ihre Morgenwanderung an und
draußen in der freien, frifhen Luft fühlte ſie ſich auch
wieder beklommen und geängſtigt. Langſam verfolgte
fie den Weg am Abhange, ohne wie ſonſt Augen
für die Natur zu haben. So mancherlei Gedanken
durchkreuzten ihr Gehirn, daß ſie kaum wußte, wo
anfangen und wo enben. Sie war an einem Wende-
puntt ihres Lebens angekommen, das fühlte ſie —
Alles drängte zu einem Abſchluß und wenn ſie
auch nicht fürchiſam war, fo blieb e8 doch keinem
Zweifel unterworfen, daß das Ganze nicht ohne
Kampf zu Ende geführt werden würde.

Unter foldjen Betrachtungen war fie aus dem
Buchenwalde Hervorgetreten und näherte ſich mit
jOnellen Schritten dem Schloßhofe. Die warmen
Strahlen der Morgenfonne thaten ihr wohl, im
Walde mwar’s dunkel und kühl geweſen und ſie
ſah bleich und übernächtig aus. Solchen Anfor⸗
derungen, die in den legten Tagen körperlich und
geiſtig an ſie geſtellt wurden, war ſie doch nicht
gewachſen und ſie fühlte eine verzeihliche Schwäche.
Gerade in dem Moment, als ſie den Schloßhof
betrat, fuhr fie erfhroden zujammen, Unter dem
Eingange des Schloßportals ſtand Margot mit
den beiden Baroneſſen Letzdorf, ſie mit höhniſchen
Blicken muſternd. Daß dies etwas zu bedeuten
Habe, darüber durfte Helene wohl nicht lange im
Zweifel bleiben und noch ehe fie Zeit gefunden,
ſich von dem Echreden zu erholen, war Margot
ſchon mit ſpöttiſcher Miene an ſie herangetreten,
indem ſie einen Bück auf Helenens durchnäßtes Kleid



und Schuhe warf.

Aben, mein Himmel, was bedeutet dies? woher
kommſt Du? etwa eine Morgenpromenade ?

Helene ftand zitternd und totenbleich im erften
Augenblid unfähig, au nur ein Wort Über ihre
Lippen zu brirgen.

„Sürwahr, eine fehr übelgewählte Stunde,“
warf die eine Baronefje ein. „Sie haben Ihr Kleid
und Ihre Schuhe volljtändig im Grafe durchnäßt.“

Helene ſah hier keinen andern Ausweg, als
in's Schloß zu gehen, aber Margot vertrat ihr den
Weg. Endlich hatte ſich einmal die Gelegenheit
gefunden, die Feindin zu demütigen und fie war
nicht geſonnen, ſich diefelbe entgehen zu laſſen.“

„Keinen Schritt weiter,“ ſagte ſie mit wut—
bebenber Stimme. „Es dürfte wahrlich Zeit fein,
Dich darauf aufmerkſam zu machen, was Du dieſem
Haufe und ſeinen Bewohnern, die ſich ſo mitleidig
Deiner erbarmt, ſchuldig biſt, wenn Du ſelbſt
nicht weißt, daß es ſich nicht ſchickt, Dich nächtlicher
Weile im Walde, der Himmel mag wiſſen, mit wem,
herumzutreiben. Still, verſuche keine Ausrede —
ſie ſol Dir wahrlich nicht gelingen — ich bin von
Allem unterrichtet. Nur die Wahrheit kann Dich
retten Du haſt vorgeſtern um neun Uhr das Haus
verlaſſen und biſt geſtern Morgen gegen fünf Uhr
zurückgekehrt, auch geſtern Abend biſt Du fortgegangen
wo warſt Du?“

Helene ſtand totenbleich, kein Laut kam über
ihre blutloſen Lippen — ſie ſtand wie eine Schuldige.
Was Mardgot ſagte, enthielt Wahrheit und— was
ſollte ſie darauf antworten?

Aber ihr Schweigen erhöhte nur Margot's
Wut — fie wollte ja ‚eine Antwort, Die beiden
Baroneffen von Lepdorf waren gleichfalls heran⸗
getreten, um ihrem Opfer näher zu fein.

„Antworte — wo warft Du diefe Nacht?
Ich will e8 wiffen und wenn Du nicht antwortelt,
Dann giebft Du mir das Recht, Dir eine niedrige
Anflage entgegen zu Schleudern.“

(Fortfjepung folgt.)


 
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