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Heidelberger Anzeiger: unparteiische Tageszeitung für jedermann: Heidelberger Anzeiger: unparteiische Tageszeitung für jedermann — 1886

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Nr. 241 - Nr. 250 (16. Oktober - 27. Oktober)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42545#0779

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Erſcheint täglich, Sonntags ausge⸗

nommen. Preis monatlich 20 Pfg.

mit dem Illuſtrierten Unterhaltungs⸗

blatt 32 Pfg. — Wird in der ganzen

Stadt verteilt und an den Straßen⸗
ecken angeſchlagen.

Bach- Verein.
Dienstag, den 19. Oktober,

abends präcis 8 Uhr im bekann-
ten Lokale

_ Damen-Chorprobe.
Donnerstag, den 21. Oktober,
abends präcis 8 Uhr

Gesamt-Chorprobe.
Bach- Verein.

Donnerstag, den 28. Oktober,
abends 8 Uhr findet im Garten-
saale des Museums die jährliche

General-Versammlung
statt. $ 18 der Statuten.
Tages - Ordnung: Jahresbericht,
Darlegung des Kassenbestandes,
Wahl des Revisoren pro 1887.

Der Vorstand.
Der Gabelsberger Stenographen-

Verein
eröffnet demnächſt ſeinen Winter-Kurſus,
zu dem ſich Teilnehmer an den Vereins—
Abenden, Dienstag und Donnerstag, im
Eſſighaus, Nebenzimmer anmelden wollen.
Die Mitglieder werden gebeten, ſich
regelmäßig einzufinden.

Bekanntmachung,

Die Erneuerung der Pfänder vom
Monat Januar 1886 von Nr. 1173 bis
mit Nr 2224 hat in der Zeit vom 18.
bia 23, Oftober I. J ſattzufinden.

Heidelberg, den 15. Oftober 1886.

—Zlädt. leihhans-Herwaltung.
Tanz-Institut








Dienstag, den 19. Oktober




Alle Zuſendungen werden franko
erbeten.

Für die Aufnahme von Anzeigen

an beſtimmt vorgeſchriebenen Tagen,

wird keine Verantwortlichkeit über⸗
nommen.

1886.



Air exjuchen die p. t. Vermieter der angemeldeten Wohnungen, folde
den nadhftehend bezeichneten Herren zur Befihtigung vorzeigen ZU wollen,
weldhe aud) eventuelle Bemerkungen und Wünſche der Vermitter entgegen:

nehmen werden: 5
I. Bezirk (Oft) Herr stud. math. Liebler.

II. Bezirk (Mittel) Herr stud. theol. Rapp.
II. Bezirk (Weft) Gert stud. cam. Fleischmann.
Akademiſches Wohnungs-Kommiſſariat
Der Vorſitzende:

v. Kraflt.

Museums-Saal Heidelberg.

Samstag, 23. Oktober, abends 7 Uhr

KONZERT
(Schubert-Abend)

des Tenoristen Franz Litzinger aus Düsseldorf,

unter gefälliger Mitwirkung

Programm.

„Die schöne Müllerin“, Lieder-Cyklus von W. Müller, compon.
von Franz Schubert,in vier Abteilungen,
vorgetragen vom Konzertgeber.

Klavier -V orträge.

Nr.1 Beethoven, Sonate As-dur, Op. 26.
Nr. 3 a) Mendelssohn, 2 Lieder ohne Worte.
b) Chopin-Liszt, „Chant polonais“.

Nr. 5 a) Schubert, Moment musicale, F-moll.
b) Rubinstein, Romanze.
c) Moszkowsky, Scherzino.

Reservierter Platz Mk. 2.50, nicht reservierier Platz Mk, 1.50.



Karl Bittler, Lauerftraße 3

bringt fig zum Arranateren von Tanz—
Kurfen in empfehlerde Erinnerung.
Hochachtun gsvoll
Larl Bittler, akadem. Tanzlehrer.
Heidelberg.




Hauptstrasse Nr. 41

empfiehlt
Guten Mittagstisch,

12 Karten Mk. 10.
Wiüh. B. Wallmann.

Restaurant Grüner Baum.
X Friſcher Anſt ch
Lichtenhainer.
Auſtern, große engliſche Colcheſter,

Seemuſcheln,
Crevettes, in gl friſcher Sen⸗
ung.

Hummer,

Krebſe

Verkaufe auch ſämtliche Ware außer dem
Hauſe billigſt.

Mein Lokal bleibt von heute an länger

geöffnet.

Quitten

per Stück 6 Pfg. empfi hlt
__ Konditorei C. Haas am Markt.
Sas Borzüglidhiie für Kinder und

Kranke {ft Timpe’S Hafermehl. Lager bei
Louis Goos.











Durch eigene Schuld
Roman von A. Lütetsburg.
(13. Fortſetzung.)

Ich gehe,“ ſagte Wilhelm ruhig, denn er hatte
dieſen Ausgang erwartet und fich darauf vorbereitet.
„Du wirft aber auch nicht dagegen haben, wenn
Anna mid begleitet; Du folljt der Sorge für fie
bon jet an überhoben fein.”
Robert lachte laut und {pSttiflh auf. „Anna?
Sie {ollte mit Dir gehen? Bift Du von Sinnen ?
ein ift fie und mein wird fie aud) bleiben, ſo
gewiß, als Feine Macht der Welt im Stande ift,
ſie von mir zu ſcheiden; nicht etwa, weil ich ſie
liebe oder ihrer bedarf, fondern weil id) dann, das
enige hergeben müßte, was ihr gehört.“
Duů biſt ein Clender, ja — mehr al8 das!“
Tief Wilhelm, feiner felbft nicht mehr mächtig, aus,
Nbem er drohend die Fauft emporhob, als wolle
er fich auf feinen, alten Gegner ſtürzen. Aber Anna
warf {ich ihm mit einem verzweifelten Auffchret in
le Arme.
„Thu's nicht, Wilhelm! Wink Du uns Ale
Anglücküch machen? Laß ihn mich ſchmähen, es
abet mir nichts, nun ih Did in meiner Nähe weiß,
ir iſt plößlidh fo ganz anders geworden — ich
ann noch viel aushalten, nun ih das Ende fehe.“
- „Sa, das Ende!“ murmelte Robert zwifdhen
ſeinen Zähnen. Laut fügte er dann voll Hohn hinzu:
„Verlaſſe mein Haus, Friedensſtörer; wir werden
bergen Weiter mit einander reden, wenn Du wieder
@ mir vorkommen. willft.“
Ni Wilhelm verftand ihn nicht; aber kaum eine
dtel ſtunde ſpäter wußte er, was die Worte bedeuten
en.
d Er reichte noch einmal Anna zum Abſchied
ie Hand und in dieſem Augenblick war's, als ob
mit duſterem Blick in die Zukunft geſchaut. Ein
rauen beſchlich ihn und er warf noch einen langen,
aurigen Blick auf die unglückliche Schweſter.
Dann ſchritt er mit hoch erhobenem Haupt

Billets sind in der Musikalienhandlung des Herrn Eugen Pfeiffer,
sowie abends an der Kasse zu haben.
lückſtr.

—I

Für die Winter⸗Satſon ſind die Bäder von morgens 8 Uhr bis
abends 8 Uhr geöffnet.
Römiſch iriſche Bäder, ruſſiſche Dampflaͤder, Sool-⸗ Schwefel-, Fichtennadel-
Stahl= ꝛc. »Bäder. Kalte und warme Wannen- und Douche-Bäder.

X. Haller.
NB,. Bäder werden auch außerhalb des Hauſes abgegeben.





















© Dehnbares Gesundheits-Corset 7
* Neglig6-Corset, nach Professor Dr. Bock Reise-Corset. *
* Aerztlich empfohlen: Sn
>«& = *
N 1. zum Tragen zur Morgen- und 1*
S 3 Haustoilette, &R
2 S 2. für alle magenkranken Damen, 2
S 3. für Damen auf Reisen, S
= 4, für Kinder Ss Sl

S 8
* Gesotzi gesch. | ja Schafwolle — Seide — Baumwolle. | Eingetr. Schutzmarke, | -
x

Zu haben bei L. Eckert, Hauptstrasse 43.

Heidelberger Instrumental-Verein,

Im kommenden Winter 1886/87 veranstaltet der Verein in der bisherigen
Weise unter der Leitung des akademischen Musikdirektors Herrn Boch im Saale
des Museums

Sechs Abonnement-Konzerte.

Zur Aufführung gelangen: Symphonien, Ouverturen und andere Orchester-
Werke; ausserdem ist eine Anzahl vorzüglicher auswärtiger Künstler zur. Mitwir-
kung bei den Konzerten gewonnen worden. Die Konzerte finden jeweils Mon-
tags statt.

Das Abonnement auf einen Sperrsitz kostet für die sechs Konzerte 15 Mk.
Die geehrten Abonnenten des vorigen Winters haben das Vorrecht auf ihre
Plätze auch für diesen Winter.

Da durch verschiedene Umstände die Veröffentlichung dieser Anzeige ver-
zögert worden ist, und die Konzerte demnächst beginnen sollen, wird, um die
Anmeldungen zu beschleunigen, bei den geehrten Abonnenten eine Liste behufs
Einzeichnung der Beibehaltung der Plätze in Umlauf gesetzt werden. Für neu
eintretende Abonnenten ist eine Subsecriptionsliste in der Musikalienhandlung von
E. Pfeiffer (Ludwigsplatz) aufgelegt.

Heidelberg, den 16. Oktober 1886.

Der Vorstand.

Diejenigen Herrn Akademiker und andere Musikfreunde, welche ein Streich-
Instrument spielen, und geneigt sind, bei den Konzerten des Vereins im Orchester
mitzuwirken, werden: gebeten, sich bei dem Dirigenten nachmittags zwischen 2
und 3 Uhr melden zu wollen.

Boch, akademischer Musikdirektor,
Plöckstrasse 54, 3. Stock.

Winter-Fahrplan

‚der Heidelberger Strassen- und Bergbahn-Gesellschaft
Leferenz & Co.
vom 18 Oktober 1886 an.

I. Linie: Hauptbahnhof— Karlsthor (Odenwaldbahn).

Es cursieren 8 Wagen in Zwischenräumen von 6 Minuten.

A) ab Hauptbahnhof.



Schulwagen 7 Uhr 40 Minuten morgens.
Erster Wagen 8 » — » »
Letzter. >» 8 >» — » abends,
8 18 > »
Aussercursmässige Wagen }) 8 » 27 » »
bis zum Markt, 8 » 48 » »
7 8» 567 » >
B) ab Karlsthor.
Aussercursmässige Wagen 7 Uhr 5 Minuten morgens ab Markt,
Schulwagen 7 » 40 » » ab Karlsthor,
Erster Wagen 8 >» — > »
Letzter >» 8: > 25 » abends,
Anzgerenrs nes ge Wagen | op 7 } bis zum Hauptbahnhof,
» 9 52 2 * *
(Als Theaterwagen) } 9. > 10 > > } bis zur Theaterstrasse.

1. Linie: Bismarckplatz— Römerstrasse:

Es cursiert ein Wagen mit Zwischenräumen von 12 Minuten mit alternieren-
dem Anschluss an die Wagen der Linie Hauptbahnhof—Karlsthor, welch letztere
am Tage durch ein — vornen auf dem Wagendache — aufgestecktes Fähnchen,
abends durch ein weisses Si-nallicht, diesen Anschluss markieren. (Für richtigen
Anschluss kann nicht garantiert werden.)

A) ab Römerstrasse:
Morgens 6 Uhr 50 M., 7 Uhr 20 M., 7 Uhr 32 M., 7 Uhr 42 M., 7 Uhr 50 M, 7 Uhr 56 M,

8 Uhr 2 M, 8 Uhr 8 M., 8 Uhr 14 M., 8. Uhr 20 M., 8 Uhr 34 M, und weiter in
Interwallen von 12 Minuten bis 7 Uhr 46 M. abends (letzter Wagen),

B) ab Bismarckplatz:
Morgens 8 Uhr 40 M. erster Wagen und weiter in Interwallen von 12 Minuten bis 7 Uhr
52 M. abends,
Alsdann noch folgende 8 Wagen, deren Fahrzeit jedoch nicht genau zu fixieren sind:
7 Uhr 50 M., 8 Uhr 2 M., 8 Uhr 5 M, 8 Uhr 20 M., 8 Uhr 26 M:, 8 Uhr 32 M,,
8 Uhr 38 M., 8 Uhr 44 M., letzter Wagen,
II. Linie: Hauptbahnhof —Steigerweg: (Friedhof).

Es cursieren 2 Wagen in Zwischenräumen von 12 Minuten mit alternieren-
dem Anschluss an die Wagen der Linie Hauptbahnhof—Karlsthor, welch letztere
dieselben Wagen und mit denselben Abzeichen sind wie diejenigen beim Anschluss
an die Bergheimer-Linie. (Für richtigen Anschluss kann nicht garantiert werden )





bei






Baupläge zu verkaufen.

Näheres Rohrbacherſtroße 34.


al8 Anna einen durdhHdringenden Schrei Hörte; fie
täufchte fich-nicht, eS war ihres Bruders Stimme.

eiſernem Griff ihren Arm umklammert und wie
ihr jetzt ſein rohes, wüſtes Lachen ins Ohr tönte,
brach ſie bewußtlos in die Knie nieder.

Als ſie wieder zu ſich kam, lag ſie auf der
Erde — Dunkelheit umgab ſie. Erſt nach und

und ein Schauer nach dem anderen durchrieſelte
ihren Körper.

erft nach vielen vergeblidhen Mühen gelang e8 ihr,
Licht zu ſchaffen.
Hl 5. Ein Opfer.

Baron von Chevreuil durhwanderte mit ruhe
loſen Schritten fein SGemach. €3 war noch früh.
Wieder war eine jener furchtbaren Nächte vorüber:
gegangen, die ihHın das Leben zur Dual machten, wo
die Schatten der Vergangenheit fihH an ihn heran—
drängten, ihn zu martern, wo er mehr die Neber-
zeugung gewann, daß e8 nie mehr gut werden fönne.

Cr Jah Silvia wie eine Blume, weldher man
Luft und Lidht entzogen, dahinwelfen. Ie mehr
Mühe fiefidh gab, das Leid ihrer Seele zu verbergen,
defto fiärfer wurden die Vorwürfe, welche Richard

Shre Wangen waren bleich wie der Tod, ihre Augen
Jagen tief in ihren Höhlungen und blaue Adern
durchſchimmerten die Schläfen.

Vergebens war die Hoffnung, daß Silvia den
bitteren Schmerz überwinden werde, den er ihr
zugefügt.

Bisweilen dachte er daran, fi von ihr zu
trennen, von dem Gedanken gepeinigt, daß fein
Anblid fie ftet8 aufs Neue an ihren Berluft erinnere.
Er hatte auch noch am Vorabend mit Silvia davon

entgegen, der ihn bisweilen zum Wahnfinn bringen
wollte und eben wiederholte er fi jedes Wort zur
Erneuerung feiner Yual, .










Ahorn & Riel,

alte Bergheimerſtraße Nr. 1.
Rohrffühle werden dauerhaft geflochten

und repariert, Mittelbad—





gaſſe 10, Hinterhars.

Baron zu ſagen, daß ein junges Mädchen den
gnädigen Herrn zu ſprechen wünſche und ſich durch
nichts abweiſen laſſe.

„Verzeihen Sie, Herr Baron, wenn ich hier
eindringe, aber ich komme in einer ſehr wichtigen
Angelegenheit, die keinen Aufſchub leidet,“ ſagte auch
ſchon eine Stimme und ein rotwangiges Geſicht
erſchien hinter dem Diener. „Ich komme von Herrn
Johann Brand.“

Baron Chevreuil war aufgeſprungen und ſein
Geſicht totenbleich geworden. An dieſen Namen
knüpfte ſich das Unglück ſeines Lebens.

„Johann Brand? Was ſagſt Du? Er hat
doch nicht gewagt, die Stadt zu betreten?“

Rudi gab nicht gleich eine Antwort, ſo drohend
und finſter blickte der Mann ſie an, von dem ſie
Hilfe und Rettung für den Gefangenen erwartete.

„Ja, Herr Baron,“ ſagte ſie endlich beherzt,
denn mit Zögern konnte Johann nicht geholfen
werden. „Er hat ſich nicht allein in die Stadt
gewagt, ſondern iſt ſeit Monden in derſelben geweſen.“

„Oer Tollkopf!“ kam es finſter über des Barons
Lippen. „Und jetzt iſt die Gefahr über ihn herein:
gebrochen und er erwartet Rettung, nicht wahr?“

„Geſahr iſt allerdings über ihn hereingebrochen,
Herr Baron, aber er hat mich beauftragt, Ihnen
zu ſagen, daß er keine Rettung erwarte. Man
hat ihn am geſtrigen Abend in der „Traube“ feſt—
genommen und auf die Wache gebracht.“

„Bann iſt er verloren!“ rief Baron Chevreuil
aus, indem er an Silvia dachte, den neuen Schmerz,
der ihr bevorſtand, fürchtend.

„Das glaube ich auch, Herr Baron,“ entgeg—
nete Rudi mit Thränen in den Augen. „Er läßt
Ihnen ſagen, daß er Sie und ſeine Schweſter noch
einmal ſehen möchte.“

Baron Chevreuil wanderte ein paar Mal in
in dem geräumigen Gemache auf und nieder. Tau—
ſenderlei Gedanken durchkreuzten ſein Gehirn. Johann
war in Gefahr. Er hatte ihn eines Tages glühend
gehaßt, er war nicht allein ſein politiſcher, ſondern








Letzter

»




Letzter

»




Ynfauf bon Betten, Kleider,

Weißzeug und Möbel bei guter Bezahlung,
virſchſtratze Nr. 5.



Alle Sorten Korb⸗ und Flechtwaren wer⸗
den gut gemacht und repartert bet
B. Mohr, Korbflechter,
R ſtauration Re in har d in Neuenheim.





auch ſein perſönlicher Gegner und ſeit dem Tage,


und Zorn gedenken.

wäre, nicht fein HauS betreten Hätte, niemalS wäre
‘das Unheil gefjchehen, das nun der ZluchH feines
Lebens geworden.

Und dennoch! € war ander8 mit im geworden,
wie ganz anders, — das fühlte er vielleicht erft in
diefer Stunde. Cr dachte an Silvia, er dachte
an den jungen Braufefopf, deffen Schuld eine glühende
Liebe für fein Vaterland war. Sr Hatte gethan,
was Die beften und edelfien Männer der deut{hen
Nation gethan haben würden — nichts weiter,

Baron Chevreuil wanderte wie ein ruhelofer
Geiſt auf und nieder! fein befferes Selbft war
zum Durchbruch gefommen und er Hatte darüber
die Gegenwart des Mädchens vergeſſen. Plötzlich
fiel e8 ihm auf, daß fie noch da war.

„Haft Du mir noch WeitereS mitzuteilen, mein
Kind?“ fragte er mit veränderter, weicher Stimme.

wiſſen, welche Botfchaft ih Herrn Brand bringen
ſoll,“ entgegnete Rudi noch immer mit Chränen
in den Augen. „Du fannft zu ihm gelangen ?*
jragte Baron Chevreuil mit vermehrter Teilnahme.

Rudi teilte ihm kurz die Begebenheiten der
geſtrigen Nacht mit, verſchwieg aber, daß eigene

diktierte, welche ſie ſpielte.

„Dein ganzes Benehmen zeigt mir, daß ich
mid) auf Did verlaffen ann,“ fagte Baron Chevreutl
endlich tief aufatmend. „Wenn e& Dir möglich ijt,
{o.gieb Herrn Brand Nachricht, daß Du mich von
dem Vorgefalenen in Kenntnis gefeßt haſt. Ich
ließe ihm fagen, er folle den Mut nicht verlieren,
ih würde meinen Sinfluß zu feiner Rettung ver-
wenden.”

Damit entließ er Rudi, durch|hritt noch einige
Male ſein Gemach und ſchickte ſich an, Erkundi—



gungen einzuziehen. Er wollte Silvia von dem

a 7






Vorgefallenen noch nicht in Kenntnis fegen, um
ſie nicht nutzlos zu beunruhigen, vielleicht ſchien die
Sache gefährlicher, als ſie war, jedenfalls wollte
ſer erſt genau wiſſen, um was es hier handele.

Nichtsdeſtoweniger drohte ſein Herz faſt ſtill
zu ſtehen bei dem Gedanken, daß die gegenwärtige
politiſche Lage den General veranlaſſen könne, mit
größter Strenge und rückſichtslos vorzugehen. Von
vielen Seiten bedroht, überall eine Gefahr erkennend
und witternd, verbrachte man nicht viel Zeit mit
fruchtloſen und langwierigen Unterſuchungen, ſondern
machte wenig Umſtände mit gefährlichen, politiſchen
Perſönlichkeiten und wenn Johann Brand erkannt
war, ſo hatte er, der perſönliche Feind des Generals
zweifellos keine Gnade zu erwarten.

Spät am Nachmittag kehrte Baron Chevreuil
nach Hauſe zurück, nicht erleichtert; was er vernom⸗
men, war wohl im Stande, ihn mit banger Sorge
für das Leben ſeines Schwagers zu erfüllen. Bedroh-
liche Vorgänge, welche die franzöſiſche Regierung
mit Recht beunruhigen fonnten,. ließen Ddiejelbe zu
den Härteften Mitteln greifen, unruhige Köpfe zu
befeitigen und überall war Jammern und Wehklagen
über die Strenge, weldhe nicht minder den UnfHulz
digen al8 den Schuldigen traf.

Hier aber handelte e8 fich thatſächlich um einen
Schuldigen. Johann Brand war zweifelloS bei der
Verjhwörung beteiligt, deren Mitglieder in den HödH>
ſten Kreiſen Frankfurts zu Juchen fein follten,

Was war zu thun? Baron Chevreuil dachte

daran, fid zu dem General Delacroix zu be:
geben und dort Fürbitte für ſeinen Schwager
einzulegen, aber er mußte fürchten, defjen Lage daz
durch zu verſchlimmern.
Noch war der General vielleicht nicht dariiber
!unterichtet, daß ihm fein Todfeind in die Hände
‚gegeben war und nur daran fonnte fih eine Hoff:
nung für Johannes Rettung knüpfen. So waren
{dem Baron die Hände nad) allen Seiten hin förm—
lich gebunden.

{

| (Fortſetzung folgt.)




 
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