(Hai ka ,
m Deint täglich, Sonntags ausge⸗
Bit 5
Blatt
Stad
em Illuſtrierten Unterhaltungs⸗
32 Pfo. — Wird in der ganzen
t verteilt und an den Straßen⸗
ecken angeſchlagen.
Alle Zuſendungen werden franko
erbeten.
Für die Aufnahme von Anzeigen
an beſtimmt vorgeſchriebenen Tagen,
wird keine Verantwortlichkeit über⸗
nommen.
ar. 167.
a
Samstag, den 17, Iuli
1656.
Hauptstrasse 41 die
Wılh. B. Wallmann.
ahrnis-Veriteigerung
3 ommenden
ontag, den 19. und Dienstag,
wei den 20. d. Mis.,
ils morgens d Uhr und miltags 2 Uhr
angend, werden
ſier Brunnengaſſe 6
ü zum Nachlaß der ledigen Privalin
ale Hölzer gehörige Fahrniſſe, als:
N Sofas, 1 Fautenil, 1 Chiffonnier,
| und zweithürige Schränke, 1 Küchen»
sont, eine Kommode, 1 Pfeilerjhränk-
43 eine Schreib⸗-Kommode, J Schreib⸗
45 ovale, runde und eckige Tiſche,
Tax 19= und Nachttijhe, Stühle, Bett-
aden mit und ohne -Noft, Matraken,
derbettung, Kleider, Weißzeug, Spiegel,
Über, eine goldene Damenuhr, Silber-
89 und SchHmud-Gegenftände, einePartie
Opfpflanzen 2c.; ferner:
‚0. 1600 Siter verfchiedene Weiß= und
hdzine, eine Partie Flaſchenweine, leere
Öfen, Faß-⸗ und Bandgeſchirr u. ſ. w.
utlich gegen Barzahlung verſteigert.
Get Weine, ſowie das Faß-⸗ und Bands
dirr werden Dienstag, mittag 2 Uhr
lege Daten. Bon dem Wein ift jede8 be:
Ge Quantum von 25 Liter au erhältlich.
eidelberg, den 18. Juli 1886.
Winter,
a Hauptſtraße 220.
erſleigernngs· Aukündigung
Am Montag, den 19. Juli,
derflei nachmittags 2 Uhr
Im Get der Untergeichnete im Auftrag
(Bos aſthaus zu den „Bier Jahreszeiten“
3 ) nachfolgende. Gegen ]fiände :
j Stuck nußbaumene Tiſche gleicher Größe,
Dann tannene Tiſche zum Zujammen-
gen, Banke, Stuhle, Gläſer, Veſtecke,
über 30,
Sen gleich bare Bezahlung.
Gg. Kayßer, Taxator,
— Burgweg 5.
Ankauf.
d ttragene Derren⸗ und Frauenkleider,
Mer Stiefel, Betten, Möbel und Weiß:
eu
8 fa
Engelhorn, Heiliggeiſtkirche 22.
9
; (33. Fortſetzung.)
Ein Sulista ſah ihm immer ſtarrer in's Geſicht.
Mehy nbehagliches Gefühl ſchien langſam mehr und
— auf ihre Seele einzuſtürmen, ſie war keines
menhängenden Gedankens fähig.
och“ ber mein Vermögen, Papa, — ich denke
ah S ich — aber man hat die Maufeln, nicht
geſetzliche Beſtimmungen?“
8 : er Graf konnte unmöglich noch bleicher werden,
leit * 9dnehin {hon war. Kaum einige Etunden
Mfg die Chancen des Gewinn8 verloren geben
Urkein und ſchon brachen die Conſequenzen der Ver⸗
es über ihn herein, Was follte er antworten ?
Wen ne Schwiegertochter erhob ſich plötzlich.
On N bas Gut niemals ihnen gehörte, Papa, —
det ® denn der Grund und Boden für fie verpfän⸗
> den? — DO mein Gott, mein Gott, das Geld
Aunderttauſende iſt dahin!“
dieſeret Graf ſah aus dem Fenſter, er fühlte jedes
Um FWorte wie einen Keulenſchlag. Hatte er nicht,
ſeinen Sohn die Tochter des ſteinreichen
en zu erlangen, das Gut als ſein Eigen—
ihedeichnet, hatte er nicht das Vertrauen des leicht⸗
danı N Chelmannes zu erſchleichen gewußt, um es
ſen achdem das erſehnte bare Geld, wie ein Trop⸗
Aida den heißen Stein fallend, in alle vier Winde
X Si war, — auf das furchtbarfte zu täufdhen ?
Myas liter ihm rang die junge Frau ihre Hände
S joe weifeltem Schmerz. „Papa, um Sotteswillen,
N Den Sie ein einziges Wort!“
Am nd er erpreßte der trodenen Kehle den leßten
KA N roft, weldhen er überhaupt zu geben ver:
kine "A wenige Worte, für die angfibebende Frau
en bon Sammer und Clend enthaltend,
& ltten Sie den Grafen Cecil 1"
Auge WiSta legte die Hand auf feinen Arm, {hr
das ig Dte im wilden ungezügelten SGroll. „Und
„NE was Sie mir zu Jagen haben?“
Ulf perließ das Bimmer. Nicht gleich, nicht
3) a r
in date
Bekannkmachung.
Das Ab⸗ und Zuſchreiben der Grund⸗, Häuſer-⸗,Gewerb⸗e und Ginkommen ſteuer
für das nächſtkünftige Steuerjahr 1887 wird am
Montag, den 19. Juli bis Samstag, den Sl. Iult I. I.
vormittags von S bis 12 Uhr und nadmittagS von 2 bis 6 Uhr
im Nathaufe, 2 Stiegen hoc, Zimmer 4 dahier vorgenommen werden,
Zu diefem Zwecke wird bekannt gemacht;
I. In Btzug auf die Grund und Häuferfleuer:
Wer wegen Wechſels in der Perſon des Pflichtigen ab⸗ und zugeſchrieben haben will oder aus
einer andern Utſache die Berichtigung oder den Strich ſelnes Grund- oder Häuſerſteuerkapitals ver⸗
langt, hat ſelbſt oder durch einen Bevollmächtigten zu erſcheinen und ſofern es ſich um das Zuſchreiben
an eine dritte Perſon handelt, dieſe letztere zum gleichzeitigen Erſcheinen zu veranlaſſen. Alle Ver⸗
aͤnderungen, welche im Grundbuche eingetragen ſind, werden übrigens von Amtswegen ab⸗ und zu⸗
geſchrieben.
II. In Bezug auf die Grwerbſteuer:
Der Gewerbſteuer unterliegt das Betriebskopital der im Großherzogtum betriebenen g werb⸗
lichen Unternehmungen, aunsſchließlich der Land⸗ und Forſtwirtſchaft, vorausgeſetzt, daß das ſteuerbare
Betriebskapital mindeſtens den Betrag von 700 Mark erreicht,
Die gewerbsſteuerpflichtigen Perſonen, männliche und weibliche, Inländer oder Ausländer, auch
gewerbsſteuerpflichtige Korporationen, Vereine, Geſellſchaften haben ſchriftliche oder mündliche Steuer⸗
Erklärungen abzugeben:
a. w nn ſie eine der Gewerbſteuer unterliegende Unternehmung begonnen haben, aber
noch nicht zur Gewerbſteuer angelegt ſind;
b. wenn ſich ihr Betriebskapital noch dem Stande der maßgebenden Verhältniſſe am
1. April des Jahres über den bereits beſteuerten Betrag um mindeſtens 5 Prozent
und mindeſtens um 700 Mark erhöht hat,
III. In Bug auf die Einkommenflener:
Der Einkommenſteuer unterliegt — vorhehaltlich der im Geſetze vorgeſ henen Ausnahmen
und Beſchränkungen — das geſammte in Geld, Gelbeswert oder in Selbſtbenützung
beſtehende Einkommen, welches einer Perſon aus im Großherzogtum g legenen Grundſtücken und
Gebaͤuden, aus auf ſolchen Liegenſchaften ruhe den Grundrechten und Grundgefällen, aus im Groß—
ͤchem oder privatem Diınfiverhältnis, aus wiſſenſchaftlichenn oder künſtleriſchent Beruf oder irgend
anderer gewinnbringenden Befhäftigung, Jowie aus Kapitalvermögen, Rınten und andern derartigen
Vezügen im Laufe cine8 Jahres zufließt und zwar ohne Rückſicht darauf, ob e8 von
andern Steuern bereit getroffen wird oder nicht,
Eteuerpflichtig ſind:
TSandes- unb ſonſtige Reichsangebörige, wilche ihren Wohnſitz (Aufent—
halt) im Grof herzoglum haben, desglelchen Reichsausländer, welche des Erwerbs
wegen ihren Wohnſitz im Grohh rzogtum haben: mit ihrem geſammten ſteuerbaren
Einkommen.
2 Reichsausländer, welche nicht des Erwerbs wegen ihren Wohnſitz im Groß:
herzogtum haben: mit ihrem aus reichsinländiſchen Bezugsquellen fließenden ſteuer—
baren Einkommen.
8. Perſonen, welche nicht im Großherzogkum wohnen: nur mit ihrem Ein—
kommen aus im Großherzogtum gelegenen Geundbe ſitz (einſchließlich von Gebäuden) und
den dafelbft betriebenen Gewerben, fowt: mit ihren G:halt8=, Penfion8:, und Wartegeld-
bezügen aus ciner badiſchen Staatskaſſe.
4. Aktiengeſellſchaften und Kommanditgeſellſchaften auf Aktien, Konſum—
vereine mit offenem Laden, eingeträgene Genoſſenſchaften mit bank—
ähnlichem Betrieb und auf Gegeüſeitigkeit gegründete, unter Verwen—
düng von Agenten betriebene Verſicherungs-Geſellſchaften: mit dem—
Jenigen Teil ihres ſteuerbaren Einkommens, welcher dem Umfang ihres Geſchäftsbetriebs
innerhalb des Großherzogtums entſpricht.
auß Der Kaffe der Unteroſfigiere und Gemeinen, die Dienſtbezüge der aktiven Gendarmen vom Ober⸗
wachtmeiſter abwaͤrts, ſowie alle Sterbquartalbezüge ſteuerfrei.
Eine Einkommenſteuer⸗GErklärung haben, ſofern dies nicht ſchon feit 1, April I. I. gefhehen
ſein follte, alle Berfonen einzureiden, welde am 1, April I, I, ih im Befiß eine3 ſteuerbaren
Ginkommens befanden, für welches die Steuerpflicht in Hiefiger Gemarkung begründet war. Die
Steuerpflicht Yt in derjenigen Gemarkung (Steuerdiftrikt begründet, in welcher der Pilichtige feine
Hauptniederlaffung hat oder beim Mangel. eines Wohnfige8 im Großherzogtum, den arößten Teil
ſeines ſteuerbaren Einkommens bezieht. Jedoch find di-jentgen Steuerpflihtigen von Abgabe einer
Erklärung entbunden, welche in dem Steuerbiftrikt, in weldhent am 1, April I, I. ihre Steuerpflicht
begründet war, bereit zur Einkommenſteuer veranlagt und nad) dem Stande ihrer Einkommens vyer-
hHältniffe am genannten Tage mit keinem Höhern Steueranſchlag als dem angeſetzken, zu beſteuern ſind.
IV. 3m Allgemeinen:
Gewerb-⸗ oder Einkommenſteuerpflichtige, welche zur Abgabe einer Steuererflärung keine Ber-
pflichtung Haben, {ind gleichwohl befugt, eine foldhe abzugeben, wenn fie eine Steuerminderung an-
ſprechen zu können glauben oder auz irgend einem bJonderen Grunde eine Berichtigung ihrer Steuer-
anlage bewirken wollen. Sbhenfo find die Gefuche um gänzlihe Entfernung auZ dem Katafter, desgleichen
um EN SEUTUNG von Steuerabgängen und Steuerrücbergütungen unter entjprechender ' Begründung
vorzubringen.
Druckformulare zu den Gewerb⸗ wie zu den Einko uwenſteuererklärungen nebſt Anleitungen
zu den letztern werden von Heute an biz zum Ablauf der obigen Tagfahrt beim Schatzungsrat un⸗nt⸗
geltlich verabreicht.
erftattet, unterliegt der geſetzlichen Strafe.
Heidelberg, den 14, Iuli 1886,
Der Vorſitzende des Schatzungsrats:
Dr. Wilckens.
Höhere Mädchenſchule.
Anmeldungen zum Eintritt in die höhere Mädchenſchule für kommendes Schul⸗
jahr bitte ich vor dem 25. Juli mir zukommen zu laſſen. Zur Entgegennahme von
mündlichen Anmeldungen bin ich in der Woche vom 19. bis 24. Juli, am Mittwoch
und Samstag von 11—12, an den übrigen WodhHentagen von 2—3 bereit.
Sroßh. Direktion: Dr. Aug. Thorbecke.
Die ſtädtiſche Sparkaſſe Heidelberg
giebt Darleihen auf erſtes vorſchriftsmäßiges Unterpfand in Liegenſchaſten
uͤnd wollen Verlagſcheine auf dem Bureau der ſtädtiſchen Spar—
kaſſe — Rathaus 8. Stock — abgegeben werden.
Der Verwalltungsrat.
Deutsche Generalfechtschnle Lahr.
Berband Heidelberg.
Nächſten Samstag, den 17. Juli, abends 8 Nor findet auf der
Philoſophenhöhe ein
9} Familien-A bend
9 unter gefälliger Mitwirkung des Hiefigen Stadt-Orcheſters ſtatt, wozu
wir unſere verehrlidhen Mitglieder und Freunde der Sache ganz er»-
gebenſt einladen.
Der Verwaltungsrat.
Em Reiſekoſfer zu verkaufen, Bergheimer-
ſtraße 28, Hinterhaus; daſelbſt geht auch eine
Frau waſchen und putzen.
Ein Aushängekaſten
zu verkaufen, Krämergaſſe 14.
begriffen zu haben, ſie taumelte, wie im ärgſten
Schwindel Er hörte nur, daß ſich die Thüre ſchloß.
Und ſo ſtand er ſtundenlang, beide Hände in
den Rocktaſchen, regungslos, als ſei das Leben längſt
entflohen. Da unten ſprach gerade jetzt ſein Bruder
mit den Arbeitern, ſie ſchaarten ſich um ihn, reich—
ten ihm alle einer nach dem andern die Hand,—
ohne Zweifel präſentierke er ſich den Leuten als ihr
Herr, als Eigentümer von. Hollingen, — —
„Der König ift tot — e8 Iebe der König!“ —
Aber wenn diefes SGeftorbenjein nur ein {Heinbares
ift, wenn der Tote, Abgethane fieht und Hört und
empfindet, dann dreht fich in der Wunde das Meffjer,
ſo oft feinem Nachfolger das entgegengebracht wird,
was bisher jenem gehörte, — der Nefjpekt der Unter-
gebenen.
Nichts geworden zu ſein, iſt traurig, aber nichts
mehr ſein, nachdem man etwas geweſen, das iſt
entſetzlich.
Ein paar Zimmer und ein gedeckter Tiſch darin,
ein Diener, den andere bezahlen und die Erlaubnis,
in der fremden Equipage zu fahren — ſchrecklicher
Tauſch gegen die Stellung des ſouveränen Gebieters,
dem bislang Hunderte gehorchen mußten!
Der Herbſtwind wehte kühl vom Fluß herüber,
-— oder war e8 der Froft in den Adern des einja:
men alten Mannes? — Mechaniſch z0g er die Klingel
und befahl dem Kammerdiener Feuer im Kamin zu
entzünden.
„Es iſt entſetzlich kalt heute.
die Doppelfenſter ein, Marquardt!“
Der Diener gehorchte ſogleich. Er war zu gut
geſchult, um durch irgend eine Miene oder ein Wort
die ſtattgehabte Veränderung für ſich auszubeuten,
aber dennoch bemerkte der Graf, daß ſchon ganz
beſtimmte Befehle gegeben ſein mußten.
„Ich bleibe ausſchließlich für die Bedienung des
gnädigen Herrn,“ ſagte Marquardt. „Der Herr
Graf Cecil brauchen keinen Kammerdiener, wie der—
jelbe ausdrüclih zu, bemerken geruhten. Mein Zim-
mer ift künftig das neben dieſem Gemache nach hin⸗
Schieben Sie
ten gelegene... X werde noch heute den Klingelzug
verändern laſſen.“
Dann ging er fort, rüdwärts und mit devotem
Lächeln wie immer; alte Dienftboten in guten Hän-
jern find meiftens Hochfonjervativ, fie empfinden Fein
heimliches Frohlocken, wenn die Dynaſtie, in deren
Intereſſen ſie ergrauten, jählings einer anderen den
Platz überlaſſen mußten.
Unten auf dem Korridor bot er ſogar mit ga—
lanter Bewegung die goldene Tabatiere der Fran—
zöſin, und als dieſe ſehr jüngferlich und zimperlich
zugegriffen hatte, da ſagte er kopfſchüttelnd: „Es
er[Hüttert mich doch jehr mit dem da oben! —
Wie eine gefällte CiHe — lang am Boden, aber
nicht zerfdhmettert. Bin mit ihn jung geweſen, Made—
moijelle, denke aber, daß ih ihn vor mir werde
hinaustragen ſehen. Er überlebt es nicht.“
Und das „Citronengeſicht“ ſchauderte. „Wollen
Sie mit mir in den kleinen Salon gehen, Monſieur
Marquardt? Dann können Sie hören Madame la
comtesse ſchluchzen und murmeln wie eine Wahn—
ſinnige. Ich muß einpacken, — ſchnell, ſchnell, ich
muß laufen. Wir fliehen in die Stadt, als ſei hin
ter uns Monſieur Beelzebub.“
Und ſich ganz gegen den Kammerdiener vorbeu⸗
gend, flüſterte ſie: „Das iſt geworden ſo arg, ſeit
heute morgen Zigeunerburſche kam, um zu ſprechen
Madame la comtesse!“
Herr Marquardt entjeßte fidh, „Sin Zigeuner:
burſche? — Mademoiſelle, Sie haben doch hoffentlich
den Ünverſchämten derb zurechtgewieſen?“
Die Franzöſin zuckte die Achſeln. Was half
es? Er lächelte ſpöttiſch und ſagte, gnädige Frau
haben ihn befohlen, er gehe nicht fort ohne zu ſpre—
chen mit Madame. Und ſo melde ich den braunen
Heiden — ſehr hübſcher Mann, helas, ſehr hübſch e
— und Madame la comtesse fährt auf, als habe
eine Natter ſie geſtochen. „Nein, nein, ruft ſie, fort
mit ihm, — peitſcht ihn aus dem Hauſe! peitſcht
den Clenden, er ift ein — —
„Und dann fohluchzt fie, dann faßt fie mein
Kleid und ruft, daß ich nicht ſo ſchnell davonlaufen
mir den Zigeuner her. Schließe ale Thlüren, Hörft
Du! — bringe ihn her!“
„Der ſchwarze Buͤrſche kam und Madame haben
über eine halbe Stunde mit ihm geſprochen, ſie haben
eigenhändig die vordere Thüre verriegelt und ver—
ſchloſſen; als er fortgegangen iſt, haben ſie wie tot
auf dem Teppich gelegen.“
Der Kammerbdiener berlihrte mit den Finger:
ipiben die Hand feiner Kollegin. „Mademoijelle,”
ſagte er würdevoll, „Ich hoffe, Sie Iprechen Über
dieſe Verhältniſſe ſonſt zu keinem Menſchen, namentlich
nicht zu dem Perſonal der Küche und des Stalles.
Natürlich war die Heirat des verſtorbenen Grafen
Krafft keineswegs nach meinem Herzen, keineswegs!
— aber trotzdem iſt heute ſeine Witwe eine Gräfin
Harrach und man muß ſie reſpektieren als ſolche.
Dieſer gelbe Schlingel wird eine Prophezeihung böſer
Art ausgeſprochen haben, die Gnädige ſind aber—
gläubi{, übertrieben abergläubijdh, wie — hın —
wie der ganze Adel Halbeivilifierter Länder. Das
ift nun einmal fo, man lächelt, aber. man beobachtet
die ſchuldigen Regards.“
Mademoiſelle Louiſon wiegte den Kopf. „Eine
Prophezeihung, Monfieur Marquardt ? — Ih glaube
nicht daran. Madame will von hier fort, fie kann keine
Nacht unter dieſem Dache mehr bleiben, fie ift außer
fi, — die Spigen und Bolant8 ihrer Roben fliegen
wie Schneeflodfen dırrh das ganze Zimmer.“
Der Kammerbdiener zuckte die Achfeln, „So möge
fie gehen, Mademoijelle. Im Vertrauen — iq bin
froh, fie nicht mehr täglih begrüßen zu müffen.“
Die Franzöfin legte den Finger auf die Lippen.
„Mein Päß iſt ſchon geſchrieben Monfieur Marz
quarbt, ich jucdhe einen anderen Dienſt. Da iſt ein
geheimniSvoller Mord, da find. SGeldjachen und
Gerichtsangelegenheiten, — enfin, man kompromit—
tiert ſich.“
Und läch elnd wie immer huſchte ſie davon, einem
wahren Sturmläuten aus den Zimmern der Gräfin
ſogleich gehorchend.
Ganz dräußen vor der Stadt lag mit ihren
weiten, einen rieſigen, viereckigen Hof umſchließenden
Nebengebäuden die Kaſerne des Ulanenregiments
und etwas höher hinauf gegen die Kirchhöfe und
die verſchiedenen Bahnlinien hin eine Flucht neuer
und zierlicher Häuſer, zwiſchen denen nur wenige
ältere Gebäude den eigentlidhen Charakter der MietS-
wohnungen beibehalten Hatten, — etwas geſchwärzt,
überfüllt, mit Kindern reich. gefegnet, voll von An«
fündigungen Hinter allen Scheiben, Vorſprüngen
und Pforten, über allen Sefimfen und auf jeder
Thürfüllung, im ganzen ehrbar, aber wenig elegant.
Eines dieſer Gebäude mußte wohl früher eine Fabrik
oder ein Speicher gewefen fein, denn der mittlere
Teil defjelben {prang weit hinter die Straßenflucht
zurüß, während recht? und links ein paar mächtige
Seitenflügel die kleineren Nachbarhäuſer ganz in
ihren Schatten zu hüllen ſchienen. Nur ein ſchmaler
Gang trennte links eine äußerſt freundliche, ja hübſche
Beſitzung von dem Folofjalen Bau, ein ganz [Hmaler
Sang, den man bequem mit dem ausgeftrecten Arne
meſſen fonnte, — Hinter ihm lag ein Gärtnerhaus,
ein Vogelbauer mit grüner Rankenumhüllung und
von. taufenden von Herbitblumen umgeben. Aftern
und Georginen, Immortellen „und Zeitloſen boten
ihre ganze Schönheit dem Blick, aus hohen Treib—
kaſten winkten Farren und Palmen, überall, wo ein
Würzelchen den Boden der Mutter Erde erreichen
konnle, da trieb und grünte es, dem hereinbrechen—
den Herbſt zum Trotz, da wehten Blumen und Blätter,
ſorguch gepflegt, gegen den Oftwind befhügt durch
das hohe, alte Haus, täglich begoſſen und beſchnitten,
vielleicht in ihrem kurzen Daſein die Freude und
der Troͤſt ſo manches geplagten Menſchen, der zwölf
Stunden täglidHh in. den grauen Mauern hei jeiner
Arbeit faß, ohne e8 jemal8 zu etwas zu bringen.
Hühner gaderten auf dem Hofe, ein paar tes
gen weideten das üppige Gras und lachende Kinder
ſprangen in den Kieswegen, — das ganze kleine
Heimweſen machte ſo recht den Eindruck der netten,
ſauberen Behartlichkeit, die es von dem verſtaubten
Nebengebäube auf das vorteilhafteſte unterſchied.
(Fortſetzung folgt.)