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Heidelberger Anzeiger: unparteiische Tageszeitung für jedermann: Heidelberger Anzeiger: unparteiische Tageszeitung für jedermann — 1886

DOI issue:
Nr. 271 - Nr. 280 (20. November - 1. Dezember)
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.42545#0891

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Erjcheint täglich, Sonntags ausge:

nommen. Preis monatlich 20 fg,

mit dem SNuftrierten Unterhaltungs»

Blatt 32 fg. — Wird in der ganzen

Stadt verteilt und an den Straßen:
ecken angeſchlagen.







Eintrittsfaxten zum Konzert wer



den an unfere verehHrl. Mitglieder
gratis im Bereinslokal abgegeben
Donnerstag von 10 —1 Uhr.



erger



Alle Zuſendungen werden franko
erbeten.

Für die Aufnahme von Anzeigen

an beſtimmt vorgeſchriebenen Tagen,

wird keine Verantwortlichkeit über⸗
nommen.


Dienstag, den 23. November

1886.



Heidelberger Liederkranz.

Im grossen Museums- Saale
Donnerstag, den 25. November





Leute abend Probe,

Um pünktliches und vollzähliges Er—
ſcheinen wird erſucht.
Der Vorſtand.

Cãcilia.
Heute abend Feine Probe.
Der Vorstand.

Zitherkran; Heidelberg,

Die in der lebten Samstag8-Nummer
enthaltene, angebli von uns erlaſſene
Annonce, behufs Abhaltung eines Konzert8,
iſt in böswilliger Weiſe geſchehen und
beruht auf Unwahrheit.

Der Borftand,

Die Zahlung des IV, Biertels







Volksſchulgeldes fürdas II. Viertel⸗
jahr des Schuljahres 1886 87 wird
hiermit in Erinnerung gebracht.
Heidelberg, den 16. Novbr. 1886,
Die Stadtkaſſe.

Holz und Laubſtreu⸗Ver⸗
ſteigerung.

Die Großh. Bezirksforſtei Schönau b. H.
verſteigert
Mittwoch, den 24. November d. J.,
früh 10 Uhr
im Gaſthaus zum Löwen“ in Heiligkreuz⸗
ſtein ach aus den Domänenwald-Abteilungen:
„Schlumbachsgrund“, „Brückenhelle“, „Kegel⸗
ſcheibe“ und „Alter⸗Wald“ bei Heddesbach, „Härt⸗
mannsgrund“, „Steinhelle“ und Hoffelder bei
Heiligkreuzſteinach, 19 Eichſtämmchen IV. Kl.,
31 Ster eichen, gemiſcht. und forlen. Prügelholz
II Sl. und 60 Loſe unaufberitetes gemiſchtes
Reisholz; ferner von Wegen, Grenz⸗ und Ab⸗
teilungs-⸗ Linien ꝛc. aus ſämtlichen Domänen⸗
Waldungen 26 Loſe Streulaub. |
Die Waldhäter Schmitt in HeddeZbach, Rein:
hard und Schubert in Geiligkreuziteinach zeige |
die einzelnen Lofe auf Verlangen vor, |

Holz: und Laubſtreu-Ver⸗
ſteigerung. |

Die Großh. Bezirkforftei Schönau b, H.
verſteigert
Mittwoch den 24. November d. J
nachmittags 2 Uhr
im GafthausS zum „ODhfen“ In Schönau
aus dem Kitchenwalddijtritt Viehgrund bei
Grein und Abt. „Vord Schloßbuckel“ bei Heſſ.
Neckarhauſen:
56 Loſe unaufb reitetes Reisholz; ferner von
Wegen, Grenz- und Akteilungs- Linien 20, au® |
den drei Kirqgenwald Diftrikten auf eigener St
markung 66 Loſe Laubſtreu.
Die Waldhüter Sattler zu MichIbuch,!
Winnewiſſer u, Daniel Kuhn zu Schönau
zeigen die einzelnen Lofe auf Verlangen vor.

Bekanntmachung.

Am Mittwoch, 24. November 1886,
nachmittags 8 Uhr beginnend,
werden im hieſigen ſtädtiſchen Leihhaus die












Vokal-eInstrumental-Konzert

unter Leitung des Herrn E. Halven und gütiger Mitwirkung der
Konzertsängerin Fräulein Fides Keller aus Frankfurt a. M., des
Herrn Musikdirektor Rosenkranz und des gesamten Stadiorchesters.
Programm.

1. Ouverture (neu) ; .

. V. Lachner.
Männerchöre a) Am Ammersee

+ * ° *

2 L. Langer.
b) Mädchen mit dem roten Mündchen Gall,
3, Lieder: a) Ich grolle nicht . . — Schumann.
b) Der Tod und das Mädchen , : . „. Schubert,
c) Mignon . . . . . . Liszt,

gesungen von Fräulein Fides Keller.

. Männerchor mit Orchester »Sturmesmythe« , . Fr. Lachner.

>

5, Stücke für Orchester a) Adagietto „ Bizet.
b) Zigeunerfest . . . Wassenet.
6, Lieder: a) Die Waldhexe : s . . . . Rubinstein.
b) Bitte . . . . ; . . .Wolfrum.
c) Frühlingslied aus »Die Walküre» , . .. Wagner,
gesungen von Fräulein Fides Keller,
7, Männerchor mit Orchester »Das Fest der Rebenblüte« H, Zöllner,

Anfang halb 8 Uhr. VER
Eintrittskarten: Sperrsitz a 3 Mk., Saal ä 2 Mk., Gallerie & 1 Mk. sind in

Walhalla.

— Sämtliche Mitglieder werden auf morgen Mittwoch den

24. November, abends 9 Uhr zu Dannbacher in Die
Hormuthei freundlichſt eingeladen. Wahl ſämtlicher Vor—
\ ftands-Mitglieder. Um vollzähliges Erjcheinen wird aebeten,
= Der Vorstand:

Aktienbrauerei vorm. Kleinlein.

Heute Dienstag, den 23. November



Familie Recca.
Damen: Duintett im National⸗Koſtüm. Anfang 8 Uhr.

Morgen abend in der Brauerei Gulden

Münchener Hackerbräu

und

Mannheimer Lagerbier (Löwenkeller).
Wilh. B. Wallmann.

Geſchäfts-Eröffnung und Empfehlung.

Cinem verehrlidhen Hifizen und auswärtigen Publikum die ergebenſte Anzeige
daß ich mit dem Heutigen das

Gaſthaus zum roten Löwen,
Haſpelgaſſe Nr.7

übernommen habe und werde ſtets bemüht ſein, meine werten Gäſte aufs beſte zu
bedienen. Mittagstiſch, Reſtauration zu jeder Tageszeit, reingehaltene
Weine, wie ausgezeichneten Stoff Bier aus der Heidelberger Altienbrauerei,
vocmals Kleinlein. Achtungsvoll

Joh. Seitz.
Flaſchenbier,

beſter Qualität. Beſtellungen wollen im Goldenen Fäßchen und Krämergaſſe Nr. 18
gemacht werden. KK. Schnorr.







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Heidelberg. Georg Groebe Nachfolger in Heidelberg. Franz Henny in Heidel-
berg. Franz Popp am Markt in Heidelberg. Popp-Tränkle in Heidelberg.
Carl Vollmond in Heidelberg. Gg. J. Wesch in Eppelheim, H. Zimmermann
in Handschuhsheim. _H, F. Knauber in Kirchheim. Hceh., Schentzel in Plankstadt.
H. Kipf Wwe. in Neuenheim. Hermann Schwarz in Wieblingen.

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S 5







AUXERC/ & 3









verfallenen Pfänder gegen Barzahlung
oͤffentlich verſteigert.

Am Verſteigerungstag bleibt die Anftalt
vormittags geſchloſſen.

Heidelberg, den 19. November 1886.
Städt, Leihhaus-Verwaltung.

Ein gutes Bett billig zu verkaufen, giegel⸗
gaſſe 14, parterre.



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Ich empfehle eine hochfeine

per Stück 5 Pfg. deren Allein-Verkauf
mir übertragen iſt.

W. Rück, ſudwigsplat 12.

Ein Mitlcfer zum Frantf. Journal
geſucht Zu erfragen in der Exped.










zu



Durch eigene Schuld
Roman von A. Lütetsburg.
(23. Fortſetzung.)

Eines Tages hatte er noch einmal in dem kleinen
Hauſe des Stadtſchreibers vorgeſprochen und an
Lieſe die Frage gerichtet, ob ſie ſich vollſtändig von
ihrem Schrecken erholt habe. Er erkundigte ſich nach
dieſem und jenem, aber das Mädchen konnte ihm


Natur gegenüberfiehe, deren Entwicelung vielleicht
ein überraſchendes Ergebnis liefern würde.
er verhehlte fih auch nicht, daß das Mädchen fich
unter den beſtehenden Verhältniſſen ſehr unglücklich


zugehen. So konnte er es denn nicht unterlaſſen,
ihr zu ſagen, daß ſie ſich zu jeder Zeit an ihn wenden
möge, wenn irgend ein Wechſel in ihren Verhält—
niſſen einträte.

Vielleicht dachte Doktor Leonhard dabei an den
Tod des alten Stadtſchreibers, vielleicht auch nur
daran, daß dieſer keine rechte Stütze mehr für ein
junges und unerfahrenes Mädchen ſei. Lieſe hatte
ihm in die Hand gelobt, ihn von jedem beſonderen
Vorfall in ihrem Leben Kenntnis zu geben.

Damit waren fie gefchieden. Das Mädchen
Hatte Thränen darüber vergoffen, daß fie ihn nun
nicht jobald, vielleicht nie mehr wiederfehen werde;
enn mann würde jich in ihrem Leben irgend etwas
Außergewöhnliches ereignen ? So lange fie denken
Tonnte, war ein Tag wie der andere vorlbergegangen ;
die einzige Abwechfelung gewährten ihr die peinigenden
Angriffe ihrer Feinde. Wann — wann. follte es
Anders werden ?

Um Nachmittag oder vielmehr gegen Abend
ſaß Qiefe wieder auf den fteinernen Stufen und
victe mit einem Sifer und Fleiß, der ihr nicht
Sönnte, auch nur den Blif zu erheben. Und doch
war's ein wunderſchöner Maiaband. Sie Sonne
Bing zur Ruhe; aber ſie hüllte die Welt noch einmal


An der Kirchturmſpitze funkelte es wie Gold und
in den Fenſtern war's, als glühe Feuer. Auch in
Lieſe's Herz glühte ein Feuer — das Feuer der
Hoffnung. Lag es nur in einer verbeſſerten Stimmung,
daß ihr ſo froh und leicht war oder dachte fie an
Doktor Leonhard's Worte, daß er ſie beſchützen
wolle, wenn irgend eine Gefahr ihr nahe?

So ſenkten ſich endlich die erſten dämmernden
Schatten hernieder und ließen das Mädchen daran
denken, in das Haus zurückzukehren. Aufblickend
ſah ſie plötzlich eine Geſtalt vor ſich ſtehen, deren
Anblick ſie laut aufſchreien ließ. Sie erkannte den
jungen Garmer, der ſie ruhig betrachtete.

„He, nu — was ſchreiſt Du ſo?“ fragte Garmer.

„Ich fürchte Dich,“ entgegnete das Mädchen
trotzig.

Es zuckte ſpöttiſch um ſeine Mundwinkel, aber
er zwang ſich zur Gleichgültigkeit.

„Das brauchſt Ou nicht! Ich werde Dich ſchon
in Ruhe laſſen, nun ich weiß, daß Du Dich zu
wehren verſtehſt. Du biſt ein dummes Ding —
weißt Du, wir hätten lieber Freunde werden ſollen.“

Lieſe ſah ihn fragend, verwundert an.

„Wir Freunde?“ Zorn und Trotz funkelten
in ihren Augen. „Eher Feuer und Waſſer — eher
Hund und Katze.“

„Unſer Hund und unſere Katze ſind gute Freunde;
ſomit können wir es auch werden,“ entgegnete er
lachend. Damit hatte er ihr den Rücken gekehrt
und lief davon.

Lieſe ſtand noch eine Weile ganz verdutzt und
blickte hinter ihm her, dann ging ſie ins Haus.

Die Nacht konnte ſie nicht ſchlafen, ſo ſeltſam
verworrene Gedanken quälten ſie. Sie mußte immer
an Garmer denken; und eben wenn der Schlaf ſie
übermannen wollte, tauchte aus dem nächtlichen
Dunkel ſein Bild auf und mit dem Schlafen war's
vorbei. Aber ihre Wangen brannten wie im Feuer
und ſie wünſchte dringend, er wäre nicht zu ihr
gekommen, denn vor einer Freundſchaft mit dieſem
wüſten Jungen fürchtete ſie ſich.





in der AWbficht, davon zu Iaufen, wenn SGarmer
fommen follte. Sie {ah ihn nicht, wie fie ihn dann
überhaupt jeit langer Zeit nicht mehr am Zage ge:
jehen hatte. Dennoch war fie ent|hloffen, früher
in’8 Haus zu gehen, weil fie Fein Verlangen fühlte,
das Zujammentreffen mit dem Sohne des gefürch-
teten NachbarZz zu wiederholen. AWber gerade, al8
fie fig umdrehte, und jHın auf der Schwelle ftand,
war er an ihrer Seite.

Sie {OHrack ordentlich zujammen wie vor einem
böſen Geiſte.

„Glaubſt Du noch immer, daß ich Dir etwas
thun will?“ fragte er ſpöttiſch. „Du haſt nichts
zu fürchten. Bleib' noch ein bischen da — ich
kann Dir was erzählen.“

„Wovon?“ fragte ſie unwillkürlich.

„Allerlei. Bei Deinem taubſtummen Alten mußt
Du ja verſauern.“

Garmer ſagte das in ſpöttiſchem, lachenden
Tone, der Liefe unangenehm berührte. NichtSdefto-
weniger blieb fie ftehen. €S war ihr fo feltjam,
jo neu, daß ihr ein Menſch etwas erzählte und
wenn eineS der anderen Kinder fih ihr in folcher
Weiſe genähert Hätte, würde fie Freudenthränen ver:
goffen haben.

Jetzt ſagte fie: „Ich glaube, wir bleiben beffer
von einander — Iaß mich meiner Wege gehen und
gehe Du die Deinen,“

Damit war fie in’s Haus getreten und Hatte
die Thür hinter ſich zugeſchlagen. Als Lieſe ver⸗
ſchwunden war, ging in Garmers Zügen eine große
Veränderung vorr Zorn und Wut entſtellten das
unſchöne Geſicht noch mehr und er ballte drohend
die Fauſt.

„Du
murmelte

entfomm{t mir nicht, „Bettelprinzeffin !“
er zwijdhen den Zähnen. „Hei! wenn
der Tanz erft LoSgeht! Feuer und Wafjer! Ha!“

Zwei Tage hindurch ließ ſich Lieje nicht jehen
und am dritten Hatte fie ſich vor die Hinterthlir
gefekt, um nicht mit ihm zujammen zu fommen,



Sie hatie immer an des Nacdhbars Sohn denken
müſſen und was noch fHlimmer war, fie ertappte
fi bei dem Gedanken, daß er e8 doch wohl nicht
jo [Olimm gemeint und fie ihn ganz nußlojer Weile
habe ablaufen Iaffen. Er war ein Junge und die
Ohrfeige Hatte er nicht ſo leicht verſchmerzt; das
war Fein Wunder - und mandhem erginge eS wohl
ebenfjo! War fie etwa viel hefjer? Wenn er noch
einmal fam, — Sollte fie nadgeben ?

Lieſe hatte ſchon nachgegeben, als ſie in ſolcher
Weiſe Betrachtungen anzuſtellen begann und als
fie ihn jeßt wieder neben {ih ſtehen ſah, umſpielte
ein halbes Lächeln ihren hübſchen Mund. Garmer
that nicht, als ob er es ſah und bald waren Beide
in eifrigem Geſpräch.

9. Feuer.

Von jenem Tage an ſchien die ehemalige Feind⸗
ſchaft ſich in Freundſchaft verwandelt zu haben.
Es ſchien aber nur ſo, denn Niemand, der Franz
Garmier kannte, würde geglaubt haben, daß er ſobald
eine ihm angethane Beleidigung vergeſſen habe
Die Ohrfeige, die er von einem jüngeren Mädchen
empfangen hatte, jhmerzte ion nicht, weil fein Chr-
gefühl verlegt war, denn er beſaß kein ſolches, ſondern
der Angriff auf das wehrloje Mädchen, der möglicher-
weife einen ſo {Olimmen Ausgang hätte nehmen
fönnen, hatte ihm von dem Vater eine derbe Zurecht-
weijung eingebracht,

Nicht als ob Herr Garmer ein firenger Vater
gewejfen wäre. In Gegenteil, er hielt unter feiner
Wiirde, fih um Kindererziehung zu Himmern und
überließ fie nur zu gern ſeiner ſchwachen, kränklichen
Frau. Aber er verhehlte ſich nicht, daß ſein Sohn
einen Streich ausgeübt habe, der von ſchlimmen
Folgen hätte ſein können; und was würde die Welt
geſagt haben, wenn ſein Sohn ein ſolches Unglück
— wie es wenigſtens die Menſchen nennen würden,
obſchon ein Mädchen wie des Städtſchreibers Tochter
durchaus überflüſſig war — angerichtet hätte?

So hatte denn der Franz nicht allein eine gewal⸗
tige Strafpredigt, wie nie zuvor, gehört, ſondern





Die Tage waren für ſie voller Unruhe geweſen.

war auch für drei Tage in ein Hinterſtübchen mit



der Ausſicht auf den Hof verwieſen, wo er nichts
ſehen konnte, als ein paar Hühner, dafür aber deſto
mehr zu denken hatte. Was er dann in dieſen drei
Tagen ausgeheckt, wäre eines bejahrten, verhärteten
Verbrechers würdig geweſen und bewies am beſten,
auf welcher abſchüſſigen Bahn ſich dieſer jugend:
liche Kopf bereits befand.

Tag für Tag ſah man Franz Garmer mit
Lieſe vor der Thür ſitzen und mancher hatte ſich
ſchon vielleicht darüber gewundert, daß Herr Garmer
für ſeinen halberwachſenen Sohn nichts anderes
zu thun habe, als ihn Stunden lang mit dem Mäd⸗
chen ſchwatzen zu laſſen. Lieſe fühlte ſich ganz über
den Verkehr beruhigt; ſie würde niemals volles
Zutrauen zu ihm gewinnen können; aber es war
ihr ſo neu, ſo überraſchend, daß jemand kam, mit
ihr zu plaudern, daß ſie der Lockung nicht wieder⸗
ſtand und wenn die Stunde nahte, wie von einer
unſichtbaren Macht hinaus getrieben wurde. Nur
Eins wollte Lieſe nicht gefallen: bisweilen kam es
ihr vor, als ſchäme ſich Franz ihrer Geſellſchaft,
denn er ſchien viel freier, wenn ſie vor der Hinter⸗
thür ſaßen, wohin nur ſelten Jemand kam. Er
ſagte, es gefiele ihm dort beſſer, weil es doch ein
Stückchen von einem Garten ſei, das hinter dem
Hauſe liege. Es fonnte ja möglich ſein, daß er
damit die Wahrheit ſagte, wenn ſie ihm auch nie
Freude an der Natur zugetraut hatte

Franz verfolgte ſeinen Plan mit einer Energie
und Ausdauer, die einer beſſeren Sache würdig
geweſen wäre. Mehr denn vierzehn Tage waren
verfloſſen, ſeitdem er allabendlich herübergekommen
war und noch hatte ſich keine Gelegenheit gefunden,
ſeinen Plan zur Ausführung zu bringen, obſchon
er vor Begierde brannte, ſeinen Zweck zu erreichen.
Nie war ihm nur der Gedanke gekommen, ſeine
Abſicht fallen zu laſſen; was er ſich vorgenommen,
ſollte ſie ſchon noch erfahren und dann würde er
es ihr auch ſagen, wem ſie es zu danken habe.
Den wirklichen, notwendigen Ausgang hatte er vielleicht

nie überſehen.
(Fortfegnng folgt.)


 
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