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Heidelberger Anzeiger: unparteiische Tageszeitung für jedermann: Heidelberger Anzeiger: unparteiische Tageszeitung für jedermann — 1886

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Nr. 281 - Nr. 290 (2. Dezember - 13. Dezember)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42545#0925

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— —
nz



Erſcheint täglid, Sonntags ausge:

Hommen, Preis monatlich 20 Pig,

wit dem INuftrierten Unterhaltungs»

blatt 32 fg. — Wird in der ganzen

Stadt verteilt uud an den Straßen:
ecken angeſchlagen.
















Alle Zuſendungen werden franko
erbeten.

Für die Aufnahme von Anzeigen

an beſtimmt vorgeſchriebenen Tagen,

wird keine Verantwortlichkeit über⸗
nommen.

[







Mr. 283. Erf









Samstag, den 4. Dezember











on










räumen, verkaufen wir unfere

Preiſen.










ſerſie igerun

Haus⸗*





dem
hefrau hier das nachbeſchriebene Wohn

degen am
Nitkwod, den 8, Dezember D. I.
nachmittags 8 Uhr

J
Stadtbezirk.
1Ar 86 qm. Flaͤchenraum an de

x

Den Winkl, I. W. Zimmer und‘ Nota
as Witwe,

beſgafts inmet eingeſehen werden.

6 Heidelberg, den 25, November 1886.
toß9. Notar für den I. Stadt-Difirikt

MM. Stargt.

Blüten⸗Honig

Mligf bei
— Soh_ Ohr. Loos
Durch eigene Schuld.

Roman von A. Lütetsburg.
(26 Fortſetzung.)



I trodenen Faden am Leibe, Die Hände ware

)

A, gelegt

| und feinen Kopf in das weidhe Kiffe

Wi
he Rblaffe Geſicht blidte.

fie nur zum Leben urüdrufen und. retten.
8 3

Ale, mar ein Ding der Unmöglichkeit.
KM irgend einen Menfhen mit in’8 Vertraue
en und dazu eignete ſich Niemand beſſer, al
aushälterin.

N
den Sinn, Für ihren Herrn wäre fie durch

er auch zuerft an fie. ;
| diig daͤrauf rief er Frau Jacob herbei. Al

Se d
N x rrn werfend
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bi wiſ
machen könne.

eſſen Kind iſt es? So ein armer Wurm!
iren Sie nicht darnach, Frau Jacob un

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)

do ner ſchwarzen Blutkruſte bedeckt, Ihr Körper

N ſteif und falt und fein Atemzug verriet, da
eben in ihr fet.










an unserer Cassa eingelöst.

Scheuer, Hirsch & Schloss




Wiesbader & Rothschild,

A 151 Dauptfiraße 181.
Der bel










Schnupflabak⸗Jabrik
J. Breitbarih & Co.

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6. Spengel.

-1 aus der YRMatiborer



r



Im Verlage von J. Engelhorn in Stuttgart iſt ſoeben erſchienen:

Das Hausweſen

nach ſeinem ganzen Umfange dargeſtellt in Briefen an eine Freundin
mit Beigabe eines

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Buchhandlung von Karl Groos, Hauptſtraße 112. |

De

r

+

Zum Beben war Liefe erwacht, aber nicht
Bewußtſein

Noch ehe der Morgen anbrach, lag ſie im furcht:
barfien Fieber und der Doktor faß in voller Angſt
und Unruhe an ihrem Lager und lauſchte auf ihre
wirren, wilden Phaͤntaſien. Es war ſchrecklich, ihnen
zu folgen und das Herz ftand ihın fill hei dem
Gedanken an das, was dieſes Kind gelitten hatte
— ſchuldlos gelitten. Ja, das Hetz ſtand ihm ſtill,
ob vor Freude oder Schmerz, er wußte es ſelbſt
kaum. Ihre Phantaſien ſagten ihm, daß ſie ſchuldlos
jei. Und doch würde Liefe dem Gefeß verfallen fein,
wenn man ihren Aufenthaltsort entdedte.

Lieſe geberdete fich wie eine Wahnfinnige und
nur mit Not und Mühe gelang e8 ihm, fie auf
ihrem Lager feftzuhalten. Sie wollte fort — wenn
man fie bier fand, bei dem Feuer, mußten die Men-
{hen ja glauben, daß fie e& angezündet habe. —
Dort die Leiter hinauf! Auf dem Boden würde
man fie nicht finden und wenn fie verbrennen mußte
— €8$ war befjer, als diefen Menfchen in die Hände
zu fallen, die ihren Tod wollten. Wohin follte fie
aud) gehen? Der Vater wiirde fie nicht wieder Hei
fi aufnehmen. 3u — Doktor Leonhard! Sa, er

Menfhen etwas von dem Kinde, Niemand darf er:
fahren, daß e8 Hier bei uns ift, wenn Sie nicht
fein Unglücg wollen. 8 ift ein armes, unglückliches
Geſchöpf, ohne Vater und Mutter — ja, ohne einen
einzigen. Freund, ohne eine Menſchenſeele in der
Welt, die fich feiner annehmen würde. Holen Sie
Wafjer, damit. wir die Wunden an den Händen
reinigen und verbinden. Nachher reden wir weiter
darüber. Ich verlaſſe mid auf Sie. Und nun
n | entfleiden Sie das Kind vorläufig und hüllen es
in trockene Kleider.“

Frau Jacob hätte gern noch etwas mehr ge⸗

ßwußt; aber ſie kannte die entſchiebene Art und Weiſe
ihres Herrn und es war auch in der That notwendig,
daß etwas für das Kind geſchah Als ſie in das
njbleiche Geſichtchen ſah und auf die Stirn, über welche
das Haar in naſſen Strähnen niederhing, da wurbe
ihr Herz von aufrichtigem Mitleid erfüllt und fie
war fejt entidhloffen, für das arme Ding in um:
faffender Weife Sorge zu tragen. Eilig befolgte ſie
die Befehle ihres Herrn und kaum eine Viertelſtunde
ſpäter waren wenigſtens die blutigen Hände gereinigt
n und verbunden.
8 Nachdem dann der Doktor das Zimmer ver-
laffen hatte, Holte fie mehrere ihrer eigenen Kleidungs⸗
ſtücke, um Lieſe hineinzuwickeln und begann ſie eiligſt
zu entkleiden. Aber es wurde ihr, wie fie ſpäter
ſagte, ganz graulich, als ſie das eiserſtarrte Kind
s unter ihren Händen hatte und vergeblich auf einen
Atemzug lauſchte.

Endlich hatte ſie Lieſe in erwärmte Tücher und
8 | Deden gehüllt und in ihr Schlafzimmer gebracht,
wo fie das Kind am beften überwachen fonnte. Dann
tief fie den Doktor herbei. Er hatte gehofft, Lieſe
wieder bei vollem Bewußtfein zu finden und war
erſchrocken, als er ſich vom Gegenteil überzeugte.

Eine volle weitere Stunde verging unter den
angeſtrengteſten Bemühungen, ehe das Mädchen
wieder zum Leben erweckt war und zum erſten Mal
atmete. Ueber Doktor Leonhard's Geſicht flog es
d | wie Sonnenglanz und ein tiefer Atemzug entſchlůpfte
ſeinen Lippen.



ihrer erbarmte; aber er haͤtte ſie ſo lange allein
gelaſſen und wenn er nun hörte, was ſie Schreckliches
gethan — aber ſie hatte es nicht gethan, ihr Ge⸗
wijjen war rein und ihm wollte fie alles Jagen, er
würde ihr ja glauben. Zu ihm mußte fie.

So fprach Liefe die ganze Nacht wild durch:
einander und der Doktor war vergebens bemüht,
ſie zu beruhigen. Ihre Wangen brannten, ihre
blauen Augen glänzten in feuchtem Schimmer und
das rotbraune Haar kräuſelte ſich wieder Sie ſah
ſo ſchön aus wie nie zuvor im Leben und der Doktor
wunderte ſich, daß es ihm vorher gar nicht aufge⸗
fallen ſei. Ihm war Überhaupt feltfam zu Mute.
Er wäre ſogar fröhlich und guter Dinge geweſen,
wenn des Mädchens Zukunft ihn nicht mit banger
Sorge erfüllt Hätte,

Der Doktor und Frau Jacob teilten fich im die





Er









Heidelberg

ſtädtiſchen Spar⸗








Der Verwaltungsrat.



— 7

Die Balldirektion.







Louis Schaaff.



Zuftkurort

Beehre mich anzuzeigen, daß iG von

zung aufmterfjamer Bedienung, zu recht
Küche, ausgezeichnete Weive und Bier.










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zu verkaufen, Grokemantelgaffe 9, Auch iſt daſelbſt
ein weuer ſchwarzer Ueberzieher zu verkoufen












Heidelberg.

heute obengenannte WirtHaft übernommen
unter Zuſiche⸗

zahlreichem Befuch ergebenft ein. — Gute

Feigen, Citronen,

Carl Penner,
ſeither C. W. Nom.

Bettfedern Reinigung

mit Dampf, Kleinemantelgaſſe Nr. 17.
Sophie Emmert, Witwe.




Ahnung, von der Eriftenz diefes Kindes im Haufe.
Doktor Leonhard Hatte e8 für Notwendig‘ erachtet,
die Haushälterin davon in Kenntnis zu ſetzen, wer
das Kind ſei. Die Fieberphantaſien hätten es ihr
verraten können und ſie hätte dann vielleicht ein
Vorurteil gegen das Kind faſſen können. Ihr gutes
Herz entflammte von Mitleid und ſie hatte geſchwoͤren,
Lieſe gegen eine Welt zu ſchützen, die es nicht gui
mit ihr meinte.

Mehr als vier Wochen waren vergangen.
Während dieſer Zeit hatte Die Kranke ſtets zwiſchen
Tod und Leben geſchwebt und der Doktor manch
liebes Mal die Hoͤffnung aufgegeben, fie zu retten,

Der Doktor Hatte Frau Yacob’8 Platz am Bette
des Mädchens eingenommen, während Jene in den
unteren Räumen befchäftigt war. Er hoffte, daß
bie größte Gefahr für Lieſe überwunden ſei. Aber
wenn er in das ſchmale, bleiche Geſichtchen blickte,
überkam ihn oftmals eine große Angft, ob nicht
vielleicht ihr Geift durch. die Schrecken jener Nacht
geſtört ſei.

Lieſe war kaum noch zu erkennen, ſo gewaltig
hatte ſie ſich verändert. Wenn ſie früher bleich ausſah,
o war es doch nicht gerade eine kränkliche Farbe
geweſen, jetzt aber war ihr zarter Teint gleichſam
durchſichtig und man konnte jede blaue Ader an den
Schläfen zählen. Dabei waren ihre Wangen (Hınal
— ach ſo ſchmal! Nafe und Kinn traten ſcharf
und ſpitz hervor und doch lag über dem Geſichtchen
jetzt ſoviel beſeligender Friede ausgebreitet, als habe
nie ein Sturm ihre Ruͤhe geſtört

Doktor Leonhard hätte unwillkürlich die kleine,
ſchmale herabhängende Hand ergriffen. Sie war
19 ungewöhnlich fein und zierlich, nicht wie die
eines Kindes aus dem Volke, Gr betrachtete fie
mit einigem Mitleid. Er war jo in den Anblid
der Hand vertieft, daß er nicht‘ bemerkte, wie Lieſe's
Augen fih geöffnet Hatten und ihn mit ſeltſam ver⸗
wundertem Blick anſchauten. Es war erſichtlich,
ſie hatte nicht die leiſeſte Ahnung von dem, was



mit ihr vorgegangen war und fie dachte Über etwas

nad), was ihr nit Mar werden wollte, Aber dan
trübte ſich der helle Glanz ihrer Augen, eine dunkle,
unheimlide Ahnung dämmerte in ihr auf oder —
Hatte fie nur geträumt ?

Nein geträumt Hatte fie nicht; e8 war. etwas
mit ihr vorgegangen, fie wußte nur nit was. —
Wie Fam fie fonft hierher? Cine leichte Roͤte ſtieg
in ihr bleiches Geſicht — eine Bewegung ihrer Hand
beranlaßte den Doktor, in ihr Antlig zu bliden.

„Gelobt ſei Gott, Lieſe! — Du erkennſt mich ?
Du weißt, wer ih bin?“

Ein ſanftes, bezauberndes Lächeln verſchönte
den feingeſchnittenen Mund des Mabchens

„War ih Franf? Wo bin iH? Nicht bei
meinem Vater ?“

Die Erinnerung kam ſcheinbar ſehr raſch wieder
ſchneller, als es dem Doktor lieb war; der Ueber⸗
gang durfte nicht ſo raſch erfolgen. Und doch ſah
er ſchon ſich ihre Augen verduͤnkeln und anſtatt
des ſonnigen Läͤchelns eine unheimliche Wolke ihre
Stirn beſchatten. In der nächſten Minute enirang
ſich ein gellender Schrei ihren Lippen und ſie ſank
wieder bewußtlos in die ſchneeigen Kiſſen zurück.
Dem Doktor kam der neue Anfall nicht ſo ganz uner⸗
wartet; er Hatte fi. auf alle Möglichkeiten gefaßt ge-
macht; es war vorauszuſehen, daß der wieder erwachen⸗
den Erinnerung ein neuer Schreden folgen würde.
Er wuſch ihr die Stirn mit faltem Waffer und
{don nad wenigen Minuten kam das Leben zurück
und abermals hoben ſich die langen ſeidenen Wimpern
empor.

Lieſe, ängſtige Dich nicht, armes Kind,“ redete
er mit ſanfter Stimme auf fie ein. „Du biſt ge⸗
borgen und in Sicherheit und Feiner der böfen Menſchen
wird e8 wagen, eine Hand nach Dir auszufireden.“
Sie fah ihn ftarr vor Staunen an. Die
Crinnerung war vollftändig wieder in ihr lebendig
geworden. Sie erinnerte ſich jeder Einzelnheit, ſelbſt
der Worte, die man über ſie geſprochen. Älle hatten
fie ſchonungslos verdammt, nicht ein Einziger hatte



an ihrer Schuld gezweifelt und nur er — er,“
(Fortfegung folgt.)


 
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