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Heidelberger Anzeiger: unparteiische Tageszeitung für jedermann: Heidelberger Anzeiger: unparteiische Tageszeitung für jedermann — 1886

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Nr. 291 - Nr. 300 (14. Dezember - 24. Dezember)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42545#0965

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7

Grigetut täglich, Sonntags auge:

dommen. Preis monatlich 20 Pfg.

it dem Illuſtrierten Unterhaltungs⸗

Matt 32 Big. — Wird in der ganzen

Stadt verteilt und an den Straßen
ecken angeſchlagen.






Alle Zuſendungen werden franko
erbeten.

Für die Aufnahme von Anzeigen

an beſtimmt vorgeſchriebenen Tagen,

wird keine Verantwortlichkeit über⸗
nommen.



A

Dienstag, den 14. Dezember

1886.



















Gefunden zwei Neiegsdenkmünzen,
Großh. Bezirksamt.

Allgem. deutfder Fagdldab-
Perein.

Neetion Meidelberz.
Dienstag, den 14. Dezember, 1/49 Uhr

Versammlung im „Hirsch.“
Tagesordnung: Belohnungen,

— Der Vorſtand.
Gemeinnüßiger Yerein,

Einem vielſeitig an uns hexangetrete—
nen Verlangen nachkommend, haben wir
einen, den jetzt zur Einführung gelangen-
en neuen Zielen und den hieſigen Ver—
haäͤltniſſen möglichſt entſprechenden Woh⸗
nungs-⸗Mietsvertrag ausgearbeitet,
welcher vom Stadtrate geprüft worden iſt.

Formulare dieſer Mietverträge, welche
auf der linken, oberen Ecke die Bemerkung
enthalten „Formular aufgeſtellt vom ge—
meinnützigen Verein und geprüft vom
Stadtrate,“ find in den hieſigen Buch—
druckereien und auf unſerm Wohnungs-
Bureau bei Herrn Adolf Brechter, Haupt-⸗

Der Ausſchuß.



Dle Erhebung der Ko⸗—⸗
ſten für die Herſtellung
der Kleinſchmidtſtr. betr.

Auf Grund des Geſetzes vom 20. Fe⸗
bruar 1868: „Die Anlage der Ortsſtraßen
und die Feſtſetzung der Baufluchten betr.“,
der Vollzugsverordnung hierzu vom 22. Ja—
nuar 1876 und der vom Bürgerausſchuß
Unterm 14. Juli 1876 aufgeftellten allge-
meinen Grundſätze haben wir bezüglich der

Kleinſchmidtſtraße




im Gartenſaal


Militärvorlage

der Harmonie.
Rückficht auf die
beim Reichstag.




Nur kurze

und belehrend



Mein W


Neuenheim.

Zeit ſind in der eigens erbauten Bude


iſt.



Kinder 10 Pfg.













güterten,



3) eine Beredhnung des Verhälinifſes, in
welchem die Gejamtheit zu dem Auf-


verteilt werden joll,
anfertigen laſſen.




J



ſchließlich zur Ginfidht offen.
Innerhalb derſelben Friſt ſind bei Auẽ—
ſchlußvermeiden etwaige Einwendungen beim
Stadtrate ſchriftlich geltend zu machen
und zu begründen.
Heidelberg, den 8. Dezember 1886.
Der Stadtrat:

Dr. Wilckens.
Webel.

Bekannlmachung.

Yan Mittwoch, 15, Dezember I. I,
nadmittags 8 Nhr beginnend,

werben im hie ſigen ſtädtiſchen Leihhaus die
berfallenen Pfaͤnder gegen Barzahlung
Öffentlich verfteigert. ;

Am Verſteigerungstag bleibt die Anſtalt
vormittags geſchloſſen.

Heidelberg, den 10. Dezember 1886.
Städt. Leihhaus⸗Verwaltung














(Harmonie) Hauptstrasse












110 (nächst der Theaterstr.)







empfiehlt



Georg Morr.



empfiehlt



Durch eigene Schuld.

Roman von A. Lütetsburg.
(29. Fortſetzung.)

„Sie hätten beſſer gethan, Garmer, wenn Sie
ſich das früher geſagt hätten, denn die Toten kommen
Nicht wieder, den Lebenden zu vergeben. Ih verftehe
Nicht, was Sie meinen. Der Himmel hat für den
wahrhaft Reuigen Vergebung.“

Und wieder blitzte es in Garmer's Augen auf,
über wild und dämoniſch. Er hatte das Schwanken
in den Mienen des Doktors geſehen und ſchon hatte
er angefangen, auf Erlöſung zu hoffen. Nun war's
Orbei, — er follte fortleben unter diefer Qual; der
Gedanke verjebte ihn in grenzenloje Wut.

„Sie lügen — ich habe Sie geſehen!“ ſchrie
&, {einer Sinne nit mächtig. „Sie haben fie
ſortgebracht, aber es ſoll Ihnen nichts nüben. Ich
werde Sie ausfindig machen und wenn, ih bis an
das Ende der Welt Laufen fol.“

Che der Doktor „ein Wort der Entgegnung fand,
Dar Gaͤrmer fortgeſtürmt, ihn in mächtiger Erregung
urücklaffend. Er durfte nicht zweifeln, daß er Lieſe
Klannt hatte und da Der Doktor fi über die Motive,
ie Garnier zu ihm geführt, abſolut täuſchte, ſo Konnte
kr ſich durch deffen Worte wohl beunrühigt fühlen
Er waͤr froh, daß Lieſe die Stadt verlaſſen
denn er ſah jetzt, wie notwendig es geweſen
Dar Wenn Garmer fie zufällig einmal geſehen
tte was würde die Folge davon geweſen ſein?
eſeſs Aufenthaltzort ausfindig zu Machen, war
Wenfalls fuür einen jungen Menjchen mit großen
SOmierigkeiten verknüpft, um fo mehr, da Niemand
ji Ahnung davon Hatte, wohin fie gebracht war,
dft Frau Facob nicht. ;
— Nichtsdeſtoweniger hatte Garmer's Beſuch ihn
einlich berührt und wenn er ihn auch überzeugt
utte, daß er das Beſte gethan, als er Lieſe fort-
achte, ſo beklagte er doch auch wiederum, daß er

halte,

ven fönne,

11. Ein Wiederfjehen.

Für Anna Balthajar, wie fie fi nun nad
ihrer zweiten Che nannte, war eine Reihe glücklicher
Sahre vergangen, durch Feine Wolfe getrübt. Ihr
Mann Hatte fidh mit der Zeit zu einer befjeren Stelle
emporgearbeitet und ſeln Einkommen war dement—
ſprechend erhöht worden Daheim aber ſchaffte ſein
Weib mit unermüdlichem Fleiß und großer Kraft.

Auch in anderer Weiſe war das Glück bei ihr
eingekehrt. Anna hatte jetzt zwei Kinder, die imſtande
waren, der Mutter hier und da hilfreiche Hand zu
leiſten und weil ein Jedes ſein Scherflein beitrug,
war's wohl zu erklären, daß in das Dettmar'ſche
Haus der alte Wohlſtand zurückgekehrt war.

Nebenbei hatte Anna noch unerwartet eine kleine
Erbſchaft gemacht. Sie wußte nicht einmal, daß
fie, außer ihrem Bruder Wilhelm, noch einen einzigen
lebenden Verwandten gehabt hatte und nun wies
e8 fi nad dem Tode des alten Stadtſchreibers
Ritter aus, daß diejer ihr Berwandter gewejen war
und fie Ihn von Rechtswegen beerben mußte. Man
Hatte nidht geglaubt, daß der alte Mann auch nur
einen Kreuzer übrig behalten werde und nun fand
fich, ‚außer einem SiS zum äußerften Rand mit Gold
ſtücken gefüllten Strumpf im Bettſtroh, noch eine
große Kiſte voll Leinen und Kleidungsſtücken, da—
neben auch noch mancherlei Silbergerät, das vielleicht
noch von Großvaters und Urgroßvaters Zeiten her
im Hauſe geweſen war.

Anna hatte den alten Stadtſchreiber kaum ge—
kannt, ihn vielleicht nur einige Male im Leben geſehen
und ſie erinnerte ſich nur, daß zu Lebzeiten ihrer
beiden Eltern einige Male von ihm die Rede geweſen
war. Große Trauer über ſein Leben hatte ſie daher
wohl nicht empfinden können und die Erbſchaft war
ihr eine höchſt willkommene.

Als wackere tüchtige Hausfrau hatte ihr die
Kiſte mit Leinen und Kleidungsſtücken wohl die
meiſte Freude gemacht und ſo machte ſie ſich denn
eines Abends daran, ſie ordentlich durchzuſehen, um
Stück für Stück zu ordnen und ihr einen Platz an—



bl nicht ſchützen und vor jedem Unfall. be-

zumweijen, Da war von allem in Hülle und FÜle,




MM, Weber, D3urgweg.





Brauerei Ir, Ziegler.
;1o baß fie ihre Lebtage nidht mehr an neue An-
ſchaffungen auf dem Gebiete der Wäſche und Garderobe
Zzu denken brauchte.

Ganz auf dem Grund des Koffers, welcher die
Gegenſtände enthielt, fand ſie noch ein zuſammen—
gewickeltes Päckchen, Kinderwäſche enthaltend. Anna's
Verwunderung über die feinen, mit Spitzen beſetzten
Sächelchen war eine berechtigte, denn die Kinder
der Verwandten des alten Stadtſchreibers hatten
gewiß nicht ſo feine leinene Hemdchen, geſtickte Jäck⸗
chen und Häubchen getragen. Das Bündel enthielt
die geſamte Ausſtattung für ein neu geborenes Kind
wie vielleicht das Kind einer der vornehmen, reichen
Leute ſie bei der Geburt empfangen würde.

Während Anna die Sachen noch ſo gedanken⸗—
voll durch ihre Hand gleiten ließ ſah ſie in der
Ecke eines Tuches einen geſtickten Namen oder viel—
mehr die Buchftaben Ch. . Die Stideret war änßerft
kunſtfertig mit feinen Epheublättchen und zierlichen
Ranken. Anna hielt es kaum für möglich, daß eine
Frauenhand eine ſolche Arbeit herſtellen könne. Nach⸗
denklich wickelte ſie die Gegenſtände endlich wieder
zuſammen, ihre Anblicke hatten ſo ſeltſame Gedanken
und Betrachtungen in ihr wachgerufen, über welche
ihr Mann, wenn er ſie durchſchaut, gewiß herzlich
gelacht hätte.

So beſchloß ſie, ihrem Gatten vorläufig nichts
von demſelben Funde zu ſagen. Vielleicht hatte er
nicht einmal etwas zu bedeuten. Sie legte daher alles
an denſelben Platz, an dem ſie es gefunden; möglich,
daß ihr eines Tages Aufſchluß über den Fund wurde.

Am anderen Morgen war plötzlich eines ihrer
Kinder erkrankt und über neuen Sorgen war der
Gedanke an ihren Fund verloren gegangen.

Die Zeit war vorübergerauſcht, ein Jahr nach dem
anderen. Franz Garmer hatte ſeine Nachforſchungen
nach der „roten Lieſe“ energiſch genug fortgeſetzt,
ohne irgend welchen Erfolg verzeichnen zu können.
Sie war wie von der Erde verfwunden und —
er dachte doch bisweilen daran, daß nicht allein das
Leben des alten Stadtſchreibers durch ihn zum vor⸗










(Die drei ersten Sätze )

Gesungen von Frau Gross,

mann,





Liste circuliert.


ZU





















Gallerie Mk. 2,—

Der Ausschuss.


Chriftbaum:Berlojung betr.






Das Comite.

Abend-Essen


Hochachtungsvoll





(en

müässigen Preisen



198 am Markt 198.



; zeitigen Abſchluß gebracht ſei, ſondern auch dasjenige
einer jungen Mädchenblüte, die er mit Argliſt in
ein furchtbares Verderben gelockt.

Fraͤnz Garmer hatte ſich in den Taumel der
Welt geftürzt, um zu vergeffen und es war ihın
zum Teil gelungen, Er, der Sohn eines hoch ange:
jehenen Mannes fand Freunde genug, die iYım be-
hilflidH waren, das Vermögen, das ihn fein Vater
hinterlaſſen, zu vergeuden. Er ſtreute mit vollen
Händen aus und es fanden ſich Viele in ſeinem
Gefolge, die bereit waren, es aufzunehmen.

Sas Leben konnte indeſſen nicht ſo fortgehen.
Franz Garmer's Vormund wünſchte, daß er die
Üniverſität beſuche und er hatte dieſem Wunſche nach⸗
gegeben, weniger, weil er das Notwendige eines
ſolchen Schrittes einſah, als vielmehr weil das Leben,
wie er es jetzt führte, ihn zu langweilen anfing.

So war er nach Bonn gegangen, doch nicht
um ſich jetzt einem eifrigen Studium hinzugeben,
als vielmehr um das begonnene Leben fortzuſetzen.
Franz Garmer verſtand es, ſich das Renommee zu
erwerben, daß keiner ſeiner Studiengenoſſen es ihm
im Trinken und Zechen zuvorthat und faſt allmorgent⸗
lich fand er ſich in einem Zuſtand, der in ihm das
Bedürfnis weckte, auf's Neue in einem Taumel Zer⸗
ſtreuung zu ſuchen.

Die „rote Lieſe“ hatte Franz Garmer mit der
Zeit doch etwas vergeſſen. Nur noch ſelten hatte
ihn der Gedanke an ſene Zeit beſchäftigt, in der ihn
ſein ſchlechter Charakter zu dem boshafteſten Streich
ſeines Lebens verleitet hatte, bis er nun plötzlich
wieder auf das Lebhafteſte an ihn erinnert werden ſollte.

Es war an einem ſonnigen Sonntagmorgen,
als er mit einigen Kameraden zum Thor hinaus—
wanderte, einen Ausflug zu machen. Die Geſellſchaft
kam an dem einſamen Hauſe des Kaufmanns Sand
vorüber, welches zum Teil von Buſchwerk verdeckt,
an der rechten Seite des Weges lag. Das Haus
war eine hübſche kleine Beſißung und die jungen
Leute blieben, ſich über die reizende Villa eifrig unter⸗
haltend einige Augenblide an dem eifernen Sitter-
pförtchen ſtehen. Da kamen drei Frauengeſtalten







J. Sommer, Hauptſtraße 52.
den mittleren Kiesweg entlang. Zwei vor nen
waren über die erfte Jugend hinaus und wenn fie
aud) immer noch recht anſehnliche Mädchen waren,
neben der Dritten, die zwiſchen ihnen ging, mußten
ihre Vorzüge ganz und gar verfhwinden.

Wie eine thaufriſche Roſenkn oſpe {ah das junge
Mädchen in dem hellen Kleide aus. Ihre mittel—
große, ſchlanke Geſtalt, leicht und graziös in all
ihren Bewegungen, hatte etwas unendlich Zierliches
und Anmutiges, ohne dabei ſchwächlich zu erſcheinen.
Das Geſicht war friſch und roſig, die Züge regel—
mäßig und der Mund war wunderbar fein geformt.

Das Geſpräch der jungen Männer war bei
Annäherung der drei Frauengeſtalten unwillkürlich
verſtummt. Ihre Augen hingen vor Allem an der
Mittleren, Jüngſten. Garmer wurde abwechſelnd
rot und bleich, aber er brachte keinen Laut über
ſeine Lippen.

Nun kamen die Mädchen lachend und plaudernd
näher; ein filberhelles Lachen tönte hHerüber und
ſchien SGarmer bis in das Innerfte feineS Herzens
zu treffen. Wer war das Mäddhen? Sejehen Hatte
er dieſe Augen, diejeS rotbraune, goldſchimmernde,
krauſe Haar.

Jetzt trafen ihn ihre Augen. Starr, durchdringend
ruhten ſie einen Augenblick auf ſeinem erregten Ant⸗
litze; aber gleichzeitig war auch die letzte Spur von
Farbe aus ihrem Geſichte gewichen. Ihre Lippen
flüſterten etwas — ſie ſagte wohl der einen ihrer
Begleiterinnen, daß ſie ſich nicht wohl befinde, denn
unmittelbar darauf wandten fih die drei Mädchen
zum Sehen,

„Das war fie,“ fagte Paul Horn, Garmer's
befter Freund,

„Wer?“ fragte Garmer,

„Ja — wer!“ entgegnete dieſer lachend. „Wenn
man’8 nur in Erfahrung bringen fönnte! Irgend
eine Prinzeſſin wird's doch fein; fieht fie nicht ge-
rade ſo aus?“

(Forſetzung folgt.)


 
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