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Heidelberger Anzeiger: unparteiische Tageszeitung für jedermann: Heidelberger Anzeiger: unparteiische Tageszeitung für jedermann — 1886

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Nr. 201 - Nr. 210 (31. August - 10. September)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42545#0657

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Erſcheint täglich, Sonntags ausge⸗

nommen. Preis monatlich 20 Pfg.

mit dem Illuſtrierten Unterhaltungs⸗

blatt 32 Pfg. — Wird in der ganzen

Stadt verteilt und an den Siraßen:
ecken angeſchlagen.












Alle Zuſendungen werden Franto
erbeten.

Für die Aufnahme von Anzeige

an beſtimmt vorgeſchriebenen Tagen,

wird keine Verantwortlichkeit über—
nommen.



— ——— —



Mr. 207.

Dienstag, den 7, September





Die gefamte Mannfchaft wird. aufgefordert,
Donnerstag, den 9. September, morgen? Halb
10 Uhr im vollftändiger Uniform (Turok) im
Sprigenhanuß anzutreten.

Z. A.
Das Commando: Carl Müller.

Fidelia.

Das uns aus Veranlaſſung der 21jäh⸗
rigen Stiftungsfeier von einem alten Mit⸗
Qliede überreichte Präfent ift beim Lokal⸗

wirt ausgeſtellt.
Der Vorſtand.

Dankſagung.
Für die vielen Beweiſe herzlicher Teilnahme
an dem ſchweren Verluſte unſerer teueren, unvergeß⸗
lichen Mutter, Großmutter, Tante und Schwägerin

Frau Barbara Sanbert
ı geb. Welker,
ſowie für die reichen Blumenſpenden, insbeſondere
Herrn Pfarrer Schneider für die erhebende
Grabrede, ſagen allen unſern innigſten Dank.

Die trauernden Hinterbliebenen.
Neuenheim, den 7. September 1886,

Reſtauration neben
dem bayeriſchen Hof.

Im Anſtich hochfeines Lagerbier, friſch
gebackene Fiſche, ſchonſt hergerichtete Gar⸗
ten·Wiriſchaft.



N €. Oppel.
Sortwährend Hammelsbhrufl

40 Pfg.

Kalbsbruſt

50 Pig.

VYh. Gutermann,
Nachſolger von GeFr. Schaaf.

Citronen,
her Dugend 1 3iE., 100 Stück:






iſt, nachdem insbeſondere (gemäß 8
vom 20. Nov. 1861, Artikel 1
Synodal- und Gemeindeordnung) am

4 der landesherrlichen Verordnung


letzten Sonntag von einer ſehr zahl⸗


kirchlichen Pflichten erfüllt haben.



Dr. Rieks, Stadtpfarrer.




1) Vorlage de Budgets.

Gemeinde: Berfammlung betr.











fortſetzen.




Otto Petters.



Kon






Edmund von Koenig.


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Durch eigene Schuld.

Roman von A Lütetsburg.
¶ Fortſetzung.)

„Sie ſind zu ſpät gekommen, Doktor,“ ſagte
r mit einer Slimme, die den metalliſchen Klang
Etloren hatte, welche ihr eigentümlich war. „Wollen

ie einnial näher treten?
Bei dieſen Worten ſchob er den ſeidenen Vor⸗
Se von dem Eingange zurück, welcher dieſen ver⸗
Ro Zögernd trat Doktor Leonhard. ein; der Atem
it te ihm, Nie Hatte fein Auge Joldhe Herrlich:
& zn geſchaut, ſein Fuß nie weichere Teppiche berührt,
— nicht in den Häuſern der Wohlhabendſten, in
uhe et dann und wann einmal gekommen war
wa nicht die Pradt und Herrlichkeit, die Yn umgab,
Yon 5, die den Atem des jungen Doktors ſtocken
— Jah er do nichts von alledem. Seine
Da gen ruhten unverwandt auf dem Antlitz der mürchen⸗
ſchönen Frau, die da mit geſchloſſenen Augen

fſeibenen Kiſffen und Polftern ruhte.
jr „Zu [pät!“ Hatte fein Begleiter nicht fo ge«
da ochen? Armer Thor! Wollte er damit ſagen,
en 5 diefeß junge Weib tot fei? So wenig verfiand

eben und Tod zu unterſcheiden? Dieſer ſanfte
we von Röte. hekundete ja, daß das vofige Blut
8 d Adern durchfirömte und wars nicht, al
bob le herrliche, nur zum Teil verhüllte Büfte, fih

und ſenkie?

do „Treken ſie näher, Doktor — ich fürchte —
28 Nein, ich will nicht lügen in dieſer Stunde
ig und eine elende, erbärmliche Lüge wäre e8, wolte
eg Jagen; ich fürchte — fie ifttot Nein, ich fürchte

nicht — ich hoͤffe es.“
üch Der Arzt fuhr zurück vor dem wilden, unHeint-
die 8 Blick in den Augen des Mannes, Und dog,
bon“ len, männlichen Geſichtszüge bekundeten nichis

der Leidenſchaft, die in ſelnen Augen aufblitzte.

Doktor Leonhard trat an Das Lager. Seine

Welch unſeliges Schickſal hatte hier gewaltet?

Er kam zu ſpaͤt — ſie war tot! Als er endlich
ihre Hand ergriff und den Arm mit prüfenden
Fingern umſpannte, war's ihm, als wolle die Todes-⸗
kälte auch ihn in ihren Bann nehmen. Das Geſicht
der Daliegenden war roſig angehaucht, aber nur
von dem mattroſa Licht der Ampel, die von der
Decke herabhing.

„Sie ift tot,“ fagte Doktor Leonhard nach einer
Pauſe langſam und feſt.

Da zudte der große, fattlide Mann dennoch
zuſammen und ber Schatten, der über feine Stirn
flog, war gewiß nicht das freudige Erſchrecken erfüllter
Hoffnung. Seine Hand griff nach der Lehne eines
leichten, zierlichen Seſſels und dieſer knackte unter
dem Frampfhaften Druck, mit welchem die Finger
ihn umſpannten.

„Tot?“ murmelte er.

Nicht länger als eine Minute ſtand er ſo, das
Bild namenloſer Verzweiflung, zuſammengebrochen
wie ein Eichbaum, den der Blitz niederſchmetterte.
Dann richtete er ſich auf; ein tiefer Senfzer ent:
ſchlüpfte feinen Lippen — und die mächtige Bewe⸗—
guͤng war überwunden. Er reichte dem Arzt die
Hand.

„Ooktor, es liegt mir daran, daß ſie keine
böſe Meinung von mir mit fortnehmen. Es giebt
Verwickelungen im menſchlichen Leben, für welche
nur der Tod die einzige Löſung iſt. Das, was
zwiſchen mir und meinem Weibe liegt, konnte nur
ber Tod ausgleichen und darum ſagte ich: „Ich
fürchte nicht, daß ſie tot iſt, ſondern ich hoffe es,
um ihretz und um meinetwillen.“

„So Habe id meine Aufgabe erfüllt?“ fragte
Doktor Leonhard nach einer Laufe.

„Noch nicht, Doktor. Krönen Sie ihre Güte,
indem fie mich von der leßten. Sorge befreien.
Sie — Hat ein Kind geboren.“

Die legien Worte famen bleifchwer über feine
Lippen, während Röte und Bläffe in feinem Antlig



Hand ſtreckte ſich aus, aber er wagie nicht, die zarten

wechſelten.





RPaufe zu unterbrechen.

„Es lebt — aber id lann das Kind nicht
bei mir behalten,“ entgegnete der Andere, jedes
Wort Haftig hervorſtoßend, wie man [ich eines unan-
genehmen Auftrages entledigt. „ES joll bei Fremden
aufwacdhjen und ih möchte Sie. dringend Bitten,
für das Kind ein Unterfommen zu fuchen. An Geld
ſoll es nicht fehlen; ich will Shnen jo viel geben,
als Sie forbern und alljährlich eine gleiche Summe
für feinen Unterhalt an ihre Adrefje gelangen lafjen ;
auch im Fall jeine8 Todes Sorge tragen, daß Ihnen
keine Koſten erwachſen. Ich bitte, nehmen Sie das
Kind mit, fuhr er dringender fort, Sie thun nicht
allein mir, auch jener Toten und dem Kinde ſelbſt
eine Wohlthat, wenn Sie es in gute Hände geben
Wenn es hier bliebe, wäre es ſein und mein Unglück.“

Doktor Leonhand ſah den Mann verwundert
an, er fand kaum eine Entgegnung auf dieſes ſeltſame
Anfinnen. Sein vis-a-vis mochte eine Ahnung von
dem Haben, was in der Seele des Arztes vorging,
denn in feinem Antlig prägte fich eine tiefe Trauer aus.

„Ooktor, ich ſchwöre Ihnen, daß ich des Kindes
Beſtes will. Seine Mutter iſt tot und ich möchte
nicht, daß Jemand von der Exiſtenz dieſes Kindes
erfuͤhre — ich habe ſchwerwichtige Gründe dafür.
Ich kenne Sie als einen ehrenwerten Charakter,
ich weiß, daß ſie eine übernommene Pflicht treu
und redlih erfüllen werben und darum vertraue
ich Ihnen das Wohl des Kindes an. Haben Sie
Mitleid mit einem beflagenswerten Mann: — wenn
Sie die Sorge für das Kind nicht übernehmen,
ſo bleibt mir nichts übrig, al8 noch in diejer Nacht
ein anderes Unterfommen für dasjelbe zu fuchen.“

Der Doktor befand fi in einer |MYlimmın
Lage. Ihm Hätte unendlidh viel daran gelegen,
das hier obwaltende Seheimnis zu ergründen. Er
blickte feſt in das Antlig des fremden Mannes und
mußte fi fagen, daß nichts darin war, was irgend
ein Mißtrauen gegen ihn hätte erweden können.
Mitten über der Nafe, zwifchen beiden Brauen be-
merfte man zwar eine gerade, tiefe Kalte, wie man

ſie nicht ſelten bei leidenſchaftlichen Charakteren findet,
aber der Doktor war nicht geneigt, fie als ein Zeichen
anzufehen, daß der Mann jemals im Stande fein
würde, etwas UnredhtesS zu begehen. Dennoch konnte
er nicht Jogleich zu einem Entſchluſſe kommen.

„Befinnen Sie fih nicht lange, Doktor,“ fuhr
der Mann fort. „Nehmen Sie mir die Sorge ab.
Geben Sie das Kind guten hlirgerlidHen Leuten in
Pflege. Hier ift das Vermögen, das dem Kinde
verbleiben fol. Die Zinfen werden daS Koftgeld
decken, das Kapital mag dazu. dienen, feine Zukunft
ficher zu ftellen. Sollte das Kind eher ferben, fo
wird e8 Ihnen als ein Zeichen der unbegrenzten
Dankbarkeit zufallen, dafılr, daß Sie mir eine [were
Sorge vom Herzen genommen Haben.“

Noch immer gab der Doktor Feine Antwort;
ev mußte überlegen, ob ır das, was von ihn gefordert
wurde, au) Übernehmen durfte. Konnte e8 ein
Unrecht fein? die Mutter des Kindes war tot, der
eigene Vater gab e8 in feine Obhut, die Berheim-
lichung dieſes kleinen Geſchöpfes konnte dem Manne
keinen Vorteil bringen. „Ich werde das Kind zu
mir nehmen, mein Herr,“ ſagte er endlich entſchloſſen;
„geben Sie e8 mir in Sottes Namen. Ich will ‚es
fromm und Hrifilich erziehen und wenn Sie eines
TageS die Sehnjucht zu ihrem eigenen Fleilh und
Blut treibt, fo werden Sie e&8 wohl geborgen und
behütet finden,“

Der Mann zuckte zufammen, feine Stirn ver-
finſterte ſich. Offenbar ſchwebte eine Heftige Ent:
gegnung auf feinen Lippen, aber er unterdrückte
ſie — wozu etwas erörtern, was nun ein für allemal
abgethan war.

Ich danke Ihnen, Doktor,“ ſagte er dann
tiefaufatmnend. „Verweilen Sie hier einige Augen—
blide, id) werde das Kind holen. Sie finden eines
Tages eine Erklärung für das, was Sie hier in
dieſer Nacht erlebt haben, und ein Mann von
Ehre wie Sie es ſind, wird ſagen, daß ich nicht
anders handeln konnte, wie id) es gethan habe,“

Der Mann war hinauSgegangen, Dokıor Leon:
hHarb- befand ſich allein. Noch einmal fHaute er





ſich in den prachtvoll ausgefiatteten Räumen um,
die ſo ganz geeignet ſchlenen, eine Stätte des
Glücks und des Friedens zu ſein. Seltſame Welt!

Dem Doktot blieb indeſſen nicht lange Zeit
zu philoſophieren, denn nach wenigen Augenblicken
erſchien der Herr wieder auf der Schwelle, ein in
feine Leinwand und Spitzen gehüllles Kind auf
dem Arm.

„Hier haben Sie e8, Doktor,“ fagte er kurz.

Der Doktor nahın das Kind; e8 war ein zartes
Geſchöpf, ſo klein, wie er es nie im Leben geſehen.
Ein eigentümliches Gefühl überkam ihn, als er es
in ſeinen Armen hielt und dann auf den Vater
blickte, der es ſo finſter anſchaute.

Sie werden die Güte haben, mein Herr und
mir noch eine Umhüllung geben — ich kann das
Kind nicht ſo hinaustragen.“

Im nächſten Augenblick war das kleine Geſchöpf
in einen weichen Shawl gehüllt.

„Und hier das Kapital, e8 ſind zwanzigtauſend
Sulden. Verwenden fie e8 zum Nugen des Kindes
— wie fie e8 wollen.“

Der Doktor nahm den dien Brief entgegen
und ſchob ihn in die Bruſttaſche ſeines Rockes

„Ich bin bereit,“ entgegnete Doktor Leonhard,
„doch wollen fie mir zuvor geftatten in ihrer Gegen:
wart dem Kinde, ein Zeichen aufzudrüden. Es ſind
ſo ſeltſame Umſtände, die das kleine Geſchöpf bei
ſeinem Eintritt in das Leben begleiten, daß es wohl
am Platze ſein dürfte, es mit einem Mal zu ver—
ſehen, welches ſeinen Angehörigen und ihm ſelbſt
eines Tages

„Niemals,“ unterbrach der Herr den Doktor
mit harter Stimme. „Ihm — und mir wird am
wohlften ſein, wenn es durch nichts an die Vergangen⸗
heit erinnert werden kann.“

Das Geſicht des Arztes nahm den Ausdruck
ruhiger Entſchloſſenheit an.

„Mein Herr, nur unter diejen Umfländen nehme
ic) das Kind mit mir,“ fagte ev Kalt,

Fortſetzung folgt.)


 
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