Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Anzeiger: unparteiische Tageszeitung für jedermann: Heidelberger Anzeiger: unparteiische Tageszeitung für jedermann — 1886

DOI issue:
Nr. 11 - Nr. 20 (14.Januar - 25. Januar )
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.42545#0037

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext


Erſchelnt täglich, Sonntags ausge»

Kommen, Preis monatlich 20 Pig.

mit dem Illuſtrierten Unterhaltungs⸗

Hat 32 fg. — Wird In der ganzen

Stadt verteilt und an den Straßen⸗
ecken angeſchlagen.

— — ¡ ¡„ „ N MAM























Ale Zufendungen werben frant 0
erbeten,

Für die Aufnahme bon Anzeigen

an beſtimmt vorgeſchriebenen Tagen

wird keine Verantwortlichteit üher
Kommen.




Montag, den 18, Januar

1886









E



3 Duich Bormittlung de8 Herrn Charles Hg.
Cm erhielt bie Quifenheilanftalt von. dem
Ommittee of the English Church fünfzig Mark,

Wofür beftens dankt
Dr. Oppenheimer.

Bach-Verein.

„Vom 19. Januar an finden regel-

Mmässige Proben statt, wie folgt;
lenstag !28 bis !29 Vorbereitungs-
Damen-Chor (Beethoven, Messe),

Dienstag 129 bis 1210 Chorprobe zur
Cantate von Bach,

Donnerstag 8 bis 4210 Gesamt -Chor-
Probe in Verbindung, mit dem akade-
Mischen Gesangverein.

D Zugleich wird bemerkt, dass am
Onnerstag, den 21. Januar im An-

Schlusse an die Probe eine General-
$rsammlung stattfindet. Tages-Ord-

Nung: Wahl‘ des Vorstandes,

Kranken-Anterflüßungs-Bundder
Schneider, (€. 9.)

R Heute abend 8 Uhr Beitrag-Erhebung,
chenſchaſts· Bericht der Hauptkaffe vom
LQuartal, Rechenſchaftsbericht der hieſigen
Zahlftell⸗ vom IV. Quartal. — Sänmiliche
itglieder werden erſucht, ihre Quittungs⸗

ücher abzugeben
Der Vorſtand.

Zither Verein.

Heute abend 8 Uhr Probe.

Falken Quartelt.

__ Heute abend präci8 8 Uhr.
Heidelberger Curn-Verein,

Rn Die Turnübungen finden

!
















ftatt: Montag, Donnerstag
und Sam8tag abend 8 Uhr.
Der Tururalt.

Hol {
olz Verſteigerung.
Die Pflege Schönau verſteigert
Montag, den 25. Januar,
im Sahr vormittags 10 Uhr,

i Öfen In Schönau, au3 den Abteilungen
Ne Sarg merlage und Schwarzſuhl bei heſſ.
hauſen:

* buchene, 34 eichene Nutzholzſtangen, 18 Ster

Nutzſcheitholz, 282 Sier buch. Scheit⸗ uud

otzholz 125 Ster buch., 2 Ster eich., 425 Ster

chtes LBrügelholz, 2450 Stück buchene,

00 Stüc gemijdhte Wellen.

Sör Waldhüter Sattler in MichelbucH zeigt die
3er anf Verlangen vor.

Main-Nedar-Bahn,

% Um 20. d. Mis., vormittags 9 Uhr
erden im Bahnhofe Heidelberg der Main-
‘Tar-Bahn 300 Stück außrangierte Bahn-

wellen loz? weiſe zur öffentlichen Vir⸗
eigerung gebracht.

Der Bau⸗Inſpektor:
— Dittmar.

Bekanntmachung.

Die auf dem Friedhofe an der Rohr⸗
aherſtraße fi befindlihe 9 Meter Lange
A 5 Meter breite einftöcige Halle wird
* Mittwoch, den 20. d. M., nach⸗
8 ittags 4 Uhr auf dem Platze auf den
ruch verſteigert, wozu Kaufliebhaber
ugeladen werden.
w Dieſelbe eignet ſich zur Wiederver⸗
endung als Wirtſchaftshalle.
Heidelberg, den 16. Januar 1886.

Stadtbau⸗Amt.

Das Fräulein von Birkenweiler.
(34. Fortſetzung.)
Sollte ſie die Hände in den Schoß legen, während
Da icht ſchon an ihrem Untergange gearbeitet wurde ?
der Cinzige, was ihr einige Beforgniffe einflößte, war
{n Sedanfe an den Satten, aber doch hoffte fie
39 wenn der erfte Sturm vorliber war, zu Über-
ich, daß e8 feinen Ausweg gebe als den von ihr
fig Sc Dlagenen und er. würde fich fügen, wie er
üb Teither allen Anordnungen feiner ihm bei Weitem
Megenen Gattin gefügt Hatte.
5 „Sa, fie war ihres Siege8 gewiß und trug den
Yen wieder Höher und zuverfichtlidher. Segen
N Ei bald nachdem fie ihren SGemahl von feinem
Zur. den derſelbe am Morgen unternommen hatte,
Do ickkehren ſah, begab ſie ſich in deſſen Arbeitszimmer,
zu er nach wie vor einen großen Teil des Tages
verbringen pflegte,
Vera Der Freiherr Hatte fi im Laufe der Zeit ftartk
a Obgleich noch jung, machte er doch, nicht
au er durch ſein mürriſches, finſteres Weſen, als
Älte durch das graue Haar, den Eindru eines
Ten Mannes. In feinem ganzen Aeußern lag
Mehr Scheues, Zurüchaltendes, es gelang ihm nicht
und einem Menſchen offen in's Auge zu ſchauen
Iedeg Berdem zeigte er fi außerordentlich ſchreckhaft.
ungewöhnliche Geräuſch, jede ungewöhnliche
die A Nung verfebte Ihn in eine Angit und Unruhe,
er nicht zu beherrfchen vermochte,
beſia wifchen dem Freiheren und feiner Gemahlin
Tand ein eigen lümliches Verhältnis. Es vergingen
A und Wochen, ohne daß die Gatten fih auch
jogay nders als gelegentlich ſahen — man wollte
und ‚ehaupten, daß ſie ſich abſichtlich auswichen
Sem einesfalls hatte der junge Freiherr in feiner
Ablin das gefunden, was er zu finden erwartet.
älije on Liebe oder auch nur Zuneigung war
eb en dieſen beiden Menſchen, die für ein. ganzes
n Aneinander gefettet waren, niemals die Rede
fing die Leidenſchaſt, welche Franz von Birkenweiler
für ſeine ſchöne Frau gefühlt, war längſt



Diele:
















A

AU Bde

felderstrasse 25, oberhalb d. Fi

—* Pianofortefabrik & Magazin. Alt-
Mehrjährige Garantie: |}

enne

—7 — *

Wohlthätigkeitsverein — Suppenanftalt.
In den jetzigen Raͤumlichkeiten unſerer Suppenanſtalt (Marſtallgebäude) haben
wir die Mögliheit erlangt, in dem Zimmer neben der Küche an einem eigenen
Schalter Supbenbortionen zum Berkaufe (10 Pfg) an den Kochtagen (Montag,
Mittwoch, Freitag) abzugeben und die gekaufte Suppe in demjelben Zimmer efjen
zu lajjen. Die unentgeltlidhe Verabreidhung von Suppe erfolgt nach wie vor
an dem Küchenfhalter des Hausgangs.

Strümpfe fönnen alle Montag von 10—12 ebendajelbit gekauft und be-


jtraße 1) entgegen.
Abteilung IV. des Frauenvereins.

Bremeneck.
Morgen Dienstag abend, präcis halb 9 Uhr

Konzert-Soirege

gerne in ihrer Wohnung (Quijen



Preis-Kegeln.
Heute Montag abend 8 Uhr Fortſetzung.
Die Spiel-Kommillion.





Danksagung.

Für die unserm geliebten Sohne, dem Student

Thilo von Selchow

während seines achtwöchentlichen schweren Krankenlagers
in der Universitäts - Klinik zu Teil gewordene treue auf-
opfernde Fürsorge und Pflege, wie nicht minder für die
aus Anlass seines Dahinscheidens allseitigst bethätigte,
überaus wohlthuende Teilnahme, wie dieselbe sich nament-




lein GoppE und des Pianiften Adolf Hartmann.
Entrce 30 _Pfs. Programm an der Kasse.















8 Reichhaltiges | x Vollständige
[Lager aller Arten Hermann Reiske, Bureau
Geschäfts- Plöckstrasse 77 Einricſkungen.
je | Copir-
Bücher | Fahr ik-Lager Pressen.
billigkken Preiſen Geschüfts-Büchern Kaufmänniſche
Anfertigung | — à il % Im 1 | Druckſachen.
von Tim se
Extro-Ziniaturen HUB. a NES / Linlir-, Faginir-
nach | Stuttgart. ;






beliebiger Angabe. |

A | Perforir-Anslalt, |
Bed .





ie fen,

fowie andere Fledden werden gründlich entfernt in der


V. Meſſerſchmidt,

Ecke der Ingrimſtraße und Apothekergaſſe.




Ein neues Nähr-u. Genussmittel für Kranke u. Gesunde
ist das einzigste der verschiedenen vor der Antwer-
pener Weltausstellung prämiirten Pepton- Präparate,
welchem die höchste Auszeichnung — das Ehren-
Diplom zuerkannt wurde. Die Jury begründete diese
Auszeichnung dadurch, dass es bisher Dr, Kochs
allein gelungen sei, ein echtes, sich Jahre lang hal-
tendes Fleisch-Pepton herzustellen, die Wichtigkeit
dieser Entdeckung sei offenbar, und würde dieselbe
Europa unschätzbare Dienste erweisen

Vorräthig in Apotheken, Droguen-, Kolonialwaaren-
und Delicatessen - Handlungen in Blechdosen a 1 Ko.. in Töpfen & 100
u. 225 Gramm, in Tafeln & 200 Gramm u. in Schachteln von 30 Gramm
__ Verkaufspreise auf den Packungen verzeichnet.

In Heidelberg bei: |
Wilh. Bürkle, Delikatessengeschäft; Georg Groebe, Delikatessen- J
geschäft; Fr. Jenke, Apotheker; F. Naumann, Apotheker, el

verkauf























ME








Bekannimachung.
Am Mittwoch, den 20. d. Mts.,
nachmittags 2 Uhr
verſteigern wir auf dem oberen Holzlauer
ca. 50 Stück ſteinerne Einfriedigur gspfoſten
don 3,10—-3,20 Meter € Dhe, Jamt den hiezu
gehörenden Sodelplatten, wozu Liebhaber

eingeladen werden.
Heidelberg, den 16. Januar 1886.
Stadtbauamt.

Zu kaufen geſucht
ein gebrauchtes Velociped. Offerten unter N7
an die Exped. d. Bl.

verraucht, ſchon damals, als er einen tieferen Blick
in ihr hartes, erbarmungsloſes Herz gethan. Wie
bitter war er betrogen! Ein ſchwacher Charakter





G:fällige Aufträge jeder Art für die Striek-
maſchine werden entgegengenommen, Unterſtraße 18,
3. Stock.

ſie jeden Reiz verloren. Er hatte ſich in einen Seſſel
beim Feuer niedergelaſſen und die Füße gegen
den blanken Roſt geſtemmt. So ſaß er, in dumpfe


lich auch in dem letzten akademischen Geleit aussprach,
verstatten sich ihren tiefgerührtesten Dank auf diesem Wege

abzustatten
Die trauernden Eltern.
Heidelherg, den 16. Januar 1886.



Rationelle Behandlung aller Zahn- und Mund-Krankheiten.
Künstlicher Zahnersatz.
Barth,
Heidelberg, Hauptstrasse Nr. 136.
Jede Zahnoperation, Zahnziehen, Nervtöten, Plombiren etc.
wird schmerzlos ausgeführt.





Flaschenbier,

bayrische und Pilsener Brauart
empfiehlt. die

Fr. Schroedl’sche Bierbrauerel,

Detail- Verkauf bei
C. Maehler, Rohrbacherstrasse Nr. 16,
6. Hofmann, Bergheimerstrasse Nr. 15 und
A. Becker, Mittelbadgasse Nr. 1.

V Zur Bequemlichkeit meiner verehrl, Kunden im Ööstl. Stadtteile habe ich in meinem
| Hause Mittelbadgasse Nr. 1 eine Telephon-Verbindung mit der Brauerei zur gefl Be-
8 nutzung errichtet,






























tze’s Bernstein-Oel-Lackfarbe

Kaum Selbit-Ladieren yon Fussböden in bekannter borzügliher Qualität, Aiederlage bei
. ur, Barkle, vorm. Karl Keller Wwe,

AA LAU
H. NESTLES KINDERMEHL

15jähriger Krfolg.

91 Anszeichnungen,

Zahlreiche

8 Ehrendiplome ZEUGNISSE
und er ersten 1u..g@. mischen

AR

A utoritäte



8 Goldene Medaillen.







Zu verkaufen eın Gas Berfdhlag, geeiguet Sinthürtger Mietderfhrank, Zimmers und
für Mbteilung eines Zimmer8 oder Labens. Zu Küchentiſche billig zu verkaufen, Untereneckar⸗
erfragen Heuwailt 8 ſtraße Nr. 5.
die alte Hirnverbrannte Berfon aus der Klaufey „Und Du Kannft in der hat glauben, Tant®
hat ihre Hand im Spiele. Wenn wir dem nicht] Karoline Hätte dazu ihre Einwilligung gegeben ?“
ent/dhieden entgegentreten, fo ift anzunehmen, daß „Das heißt?“



fühlte er doch, daß eine andere Frau einen guten
Einfluß auf ihn Hätte ausüben -Fönnen, der ihn vor
einer großen Sünde bewahrt Hätte,

Nachdem Franz von Birkenweiler den erften
Echritt gethan, das Kind feines Bruders um fein
Erbteil zu betrügen, war er auf der Bahn der
Sünde raftloS vorwärts getrieben, die erfie niedrige
Handlung Hatte alle anderen nach ſich gezogen
und fo bitter er auch bereute, [o gern er auch Das
Geſchehene ungeſchehen gemacht hätte, es gab Feine
Umfehr mehr Was würde die Welt dazu jagen,
wenn der Freiherr von Birkenweiler fich als ein
Betrüger gewöhnlidhen Schlages entpuppte?

Aber die Sünde, weldhe er begangen, zehrte an
ſeinem Lebensmark und er mußte ſie ſchwer, ſchwer
büßen. Keine Freude erhellte mehr ſein Leben und
ſelbſt der Strudel von Vergnügungen, in den er
ſich geſtürzt, um zu vergeſſen, brachke ihm doch keine
Ruͤhe bor den Schreckgeſpenſtern, die ihn unabläſſig
quälten. Da gab es kein Entrinnen.

Und es waͤr, als ob der Anblick ſeiner ſchönen
Gemahlin ihm noch beſondere Schmerzen bereite
und befondere Unruhe verurfache. So mied er ihn,
wo er nur fonnte und verwünichte den Zag, wo
ihre. {trahlenden Augen, die nun längſt ihren Glanz
verloren, ihn entzlickt,

An diefem Abend jaß er fill in feinem Zimmer.
Obſchon es noch im Hochſommer war und obſchon
die Sonne den Tag über vom wolkenloſen, tiefblauen
Himmel niedergebrannt hatte, fror den Freiherrn
doch, als er das hohe, luftige Gemach betrat und
er hatte dem Diener befohlen, das Feuer im Kamin
zu entzünden. — Nun fladerte die Flamme luftig
empor und beleuchtete mit ihrem roten Schein die
prächtige Einrichtung des ZimmerS, die wertvollen
Gemälde berühmter Meiſter und die zierlichen Sta—
tuetten, die kunſtvollen, altertümlichen Vaſen und
noch manche andere Dinge, um deſſen Beſitz man
ihn wohl beneidet haben mochte — für ihn hatten





Träumereien verloren, in jedenfalls nicht freundliche
Betrachtungen vertieft.

Da wurde die Thlir geöffnet und das kaum
merkliche Knarren derſelben jtörte ihn nicht in feinem
Sinnen. Wer konnte eS fein? Wer kam zu ihm?
Seine Freunde nannten ihn einen Menfdhenfeind
und Hatten fih längft nicht mehr um ihn gefümmert.
Sein Kammerdiener ? Der Freiherr war es gewohnt,
daß Dderfelbe um ihn befhäftigt war, ohne daß es
im auch nur einfiel, ein Wort zu fprechen, weil
fein Herr e8 nicht Kebte,

Äber plötzlich fuhr der Freiherr zuſammen, er
hatte das Rauſchen eines ſeidenen Gewandes gehört
uͤnd ehe er ſich noch beſinnen konnte, ſtand Frau
von Birkenweiler an ſeiner Seite und ihre ſcharfen
Augen waren mit durchdringendem Ausdruck auf
ihn gerichtet. Eine finſtere Wolke lagerte auf ſeiner
Stirn und es war beinahe etwas Feindſeliges in
dem Blick, womit er dem ihrigen begegnete. Sie
entfärbte ſich leicht. Es war eine ſchwere Aufgabe,
die ſie zu löſen hatte, denn nicht zum erſten Male
ſagte ihr der Freiherr, daß die Stunde kommen
werde, wo ſie ihre Handlungsweiſe dem Kinde ſeines
Bruders gegenüber ſchwer bereuen werde. So weit
war fie nun freilich noch nicht, Jondern fie fithlte
ſich im Gegenteil entſchloſſener als je, nun auch
das begonnene Werk zu Ende zu führen, wenn nicht
mit dem Willen ihres Gatten, dann ohne denſelben.

„Franz,“ begann ſie mit ſtockender Stimme,
trotzdem ſie ſich auf dieſen Augenblick wohl vor⸗
bereitet hatte, „es hat ſich etwas zugetragen, oder
vielmehr, ich befürchte, es iſt etwas im Gange, das
uns ſehr auf unſerer Hut ſein laſſen muß.“

Et wandte ihr jeßt voll ſein Geſicht zu und fie
ſagte ſich, daß ſie in der begonnenen Weiſe nicht viel
weiter kommen würde. Sobald ſie irgend ein Zeichen
von Unſicherheit verriet, durfte ſie nicht daran denken,
ihn ihren Plänen geneigt zu machen.

Ja es iſt etwas im Gange und ich fürchte,

all' unſer Mühen ſeither ein vergebliches war.“

„Das heißt Dein Mühen, Melanie,“ ſagte
der Freiherr kalt und ohne ein Zeichen von Schreck
und Unruͤhe, denn er hatte ſich lange Jahre hindurch
mit dem Gedanken vertraut gemacht, daß es eines
Tages ſo kommen würde.

„Barin einen Unterſchied machen zu wollen,
wäre thöricht genug,“ ſagte ſie mit Hohn. „Es
war nicht minder Dein als mein Wille, daß das
Teſtament des alten Freiherrn uneröffnet blieb und
wie wäre dieſes möglich geweſen, wenn Tante Karoline
jemals in Erfahrung gebracht hätte, daß Paul ein
Kind, eine Erbin hinterließ?

Der Freiherr ſeufzte tief auf und ſtarrte in die
Feuerglut.

„Du biſt ein Narr, Franz und ohne Deine
unverzeihliche Schwäche würde es niemals notwendig
geweſen ſein, in der Weiſe gegen das Kind aufzu-
kreten, wie ich es gethan habe.“

Er ſah ſie erſtaunt an und ein bitteres Lächeln
umſpielte ſeinen Mund.

„Willſt Du mich auch dafür verantwortlich
machen?“

„Mit großem Recht — die ganze Angelegenheit
hätte damals gleich und gründlich zu Ende geführt
werden müſſen.“

„Du ſprichſt in Rätſeln.“

Die Freiherrin wurde immer mutiger, immer
entſchloſſener — die anfängliche Unſicherheit war
vollſtändig überwunden.

„Ich befleißige mich, deutlich zu ſprechen und
wenn Du mich nicht verſtehſt, ſo liegt das wohl in
Deiner Schwerfälligkeit. Das Teſtament Deines
Vaters mußte vernichtet werden.“

Der Freiherr ſah feine Gemahlin mit einem
Ausdruck an, der Hätte bedeuten Fönnen, er bezweifle,
daß fie im vollen Befiß ihres Verftandes jet.

„Wer hätte es thun ſollen?“

„Du!“





Der Freiherr war bei dieſen Worten aufgeſtanden.
Seine Stimme hatte einen heiſeren, drohenden Klang
und die Freihertin ſchien für einen Moment bei dieſer
unerwarteten Wendung ihre Ruhe verloren zu haben.
Aber Hier galt Fein Zögern, kein Schwanken — es
mußte zu Ende geführt werden.

„Du Hätteft Dich auf jeden Fall in den Beſitz
des Dokumentes jeben müſſen.“

„Mit andern Worten : Ih Hättees ſtehlen müſſen.“

„Das ift ein harter Ausdruck, aber wenn
Du ihn dafür wählen willft, fo Iäßt fih dagegen
nicht fagen. Das ändert an der Thatjache, daß
die Handlung auf jeden Fall ausgeführt werden
mußte, nichts.“

Nur mit Mühe beherrfchte fich der Freiherr.
Sein legter Reſt von Stolz trieb ihm das Blut
bei dieſer Zumutung in die Wangen und mit
untuhigen Schritten ging er einige Male in dem
Semad auf und nieder und blieb dann vor feiner
Gemahlin ſtehen, die. allen feinen Bewegungen
mit geſpanntert Aufmerkſamkeit gefolgt war. Er
Hatte vergeffen, daß er eineS Tages einen gleichen
Gedanken gehabt.

„Noch nie Hat ein Freiherr von Birken tweiler
ſich zu einer ſolchen Handlungsweife erniedrigt,“
jagte er tief aufathmend. —

„Du irrſt Dich; einer Deiner Vorfahren **

Sie {tote plöglid; der Blikfivahl glühenden
Haſſes, welder fie aus den Augen ihres Satten
traf, brachte fie zum Schweigen. Rn

„Und Du glaubt, ich ſoll dem Beiſpiel dieſes
Vorfahren, der fo viel Elend, fo viel Sammer in
unjere Familie gebracht hat, folgen?“ fam e8 In
ſchneidendem Hohne Über feine Lippen.

„Es iſt ein Aft der Notwehr, der Selbſterhaltung,
Du bift e8 mir, Du bift e& Deinem Kinde ſchuldig.

„Niemals! Weder Du noch Margot können
von mnir verlangen, daß ich zum Diebe werde —
eher ſterben.“ (Fortſ. folgt.)


 
Annotationen