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Jahrbuch für Photographie und Reproduktionstechnik — 15.1901

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Pringsheim, E.; Gradenwitz, O.: Photographische Reconstruction von Palimpsesten
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https://doi.org/10.11588/diglit.32120#0073

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Photographische Reconstruction von Palimpsesten.

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neuerer Zeit hat die chemische Bearbeitung Fortschritte ge-
macht, gefährlich bleibt sie imtner. Hier kann die Photo-
graphie eintreten, die nicht nur völlig unschädlich ist, sondern,
wie dies zu forensischen und astronomischen Zwecken längst
ausgeübt wird, wohl befähigt, Bilder herzustellen, bei denen
die Contraste in der Lichtwirkung stärker sind, als auf dem
Originale, und welche daher dem Auge mehr Detaiis sichtbar
niachen, als das Original es vermag.

Bei Palimpsesten stellt sich der Photographie die neue
Aufgabe dar, auf dem Bilde die spätere Schrift verschwinden
und die Urkunde dem Auge in der Gestalt erscheinen zu
lassen, welche sie vor der Entstehung der zweiten Schrift hatte.

Diese Aufgabe wird durch folgende Methode gelöst.

Es werden zwei Negative A und B hergestellt, welche
geometrisch congruent, aber in der Wiedergabe der Inten-
sitätsverhältnisse sehr verschieden sind. A zeigt die ältere
Schrift inöglichst schwach, die jüngere deutlich (Fig. 6), B die
ältere möglichst eben so stark wie die jiingere (Fig. 7). Von B
wird ein Diapositiv B‘ gefertigt und dieses auf das Negativ A so
gelegt, dass die empfindlichen Schichten sich berühreu und die
entsprechenden Theile beider Bilder sich decken. Wenn man
die beiden aufeinandergelegten Platten im durchgehenden
Lichte betrachtet, so sieht man im günstigen Falle die ältere
Schrift allein, dunkel auf hellerem Grunde. Denn es ist

Grund ältere Schrift jüngere Schrift

Negativ A dunkel dunkel hell

Positiv B hell dunkel dunkel

Also im durch-

gehenden Lichte: dunkel -j- hell dunkel-j-dunkel hell -)- dunkel.

Ist hierbei die Dichtigkeit der Platten so getroffen, dass
hell -[- dunkel —"dunkel -|- liell

ist, so unterscheidet sich die jüngere Sclirift nicht rnehr vom
Grunde, und es tritt nur die ältere Schrift dunkel auf mincler
clunklem Grunde hervor.

Von den aufeinandergelegten Platten kann man dann
ein copirfähiges Negativ C anfertigen, welches nur die ältere
Schrift aufweist.

Dieses Verfahren wurde an einem der Ivöniglichen Biblio-
thek zu Berlin gehörigen Manuskripte erprobt, bei welchem
clie neuere Schrift intensiv schwarz war, die ältere, viel
grössere und ziemlich gut erhaltene einen gelblichen Ton zeigte.

Das Negativ A wurde auf einer Eosinsilberplatte (von
Schleussner) mit Hilfe einer Gelbscheibe hergestellt, lange
exponirt und ziemlich flau entwickelt; das Negativ B auf
gewöhnlicher Bromsilbergelatineplatte (Sachs) gut exponirt
 
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