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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 14.1916

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Heft 7
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Scheffler, Karl: Die Ausstellung der freien Sezession
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https://doi.org/10.11588/diglit.4751#0343

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«I

CURT HERRMANN, FASANEN

Verwandtes oder Gegensätzliches anschaulich zusam-
mengefasst worden ist. Die Wände sind zum Teil
von ausserordentlich dekorativer Wirkung; und
eben dadurch erscheinen die einzelnen Bilder dann
in ihrem Eigenwert gesteigert. In vielen Fällen
hält die Regiewirkung freilich nicht stand. Zuerst
entschlüpft einem angesichts einiger dieser wirkungs-
vollen Wände ein überraschtes „Donnerwetter!"
Untersucht man die Bilder dann im einzelnen auf
ihren absoluten künstlerischen Wert, so zeigt es
sich, dass sie in dem Maasse schwächer werden, wie
das Auge sie isoliert. Die Qualität vieler der aus-
gestellten Bilder hält weniger als der Gesamtein-
druck verspricht. Es ist ein wenig wie im Theater,
wenn dort die mit reichen dekorativen Mitteln
arbeitende Regie die Einzelleistung des Schauspielers
aufsaugt. Man macht die seltsame Erfahrung -
nicht einmal nur, sondern eigentlich überall vor
den Arbeiten der jüngeren Künstler —, dass vier
oder fünf Bilder eines Malers so im Nebeneinander
viel stärker scheinen, als sie es sind; ja, hier und da
wirken vier oder fünf nebeneinanderhängende Bil-
der fast wie ein einziges fortlaufendes Werk. Man

könnte darum auch das Lob, das der Hänge-
kommission laut gespendet werden muss, proble-
matisch erscheinen lassen, indem man sagt: die Bil-
der sind zu gut gehängt worden. Während die
Anordnung die Werke aufs beste zur Wirkung
bringt, verbirgt sie thatsächlich auch deren Schwä-
chen. Es waren so dekorative Wände nur zu er-
zielen, das sieht man bald ein, weil in den die
Hauptsäle beherrschenden Bildern der sogenannten
Expressionisten das Dekorative stark betont ist.
Alles Dekorative aber ist seinem innersten Wesen
nach auf Konvention angewiesen, auf „Stil". Die
Bilder eines Expressionisten sind unter sich, die Bil-
der verschiedener Maler dieser Richtung sind ein-
ander in wesentlichen Punkten so ähnlich, weil den
jungen Künstlern der Stil wichtiger erscheint als der
persönlicheEindruck. Die Formen haben überall einen
verwandten ornamentalen Schwung, die Farben sind,
in all ihrer romantisch übersteigerten Prächtigkeit,
mehr oder weniger Paletten färben; die einzelnen
Bilder erscheinen nicht notwendig, es sind nicht
kleine Welten, die alles Leben einzuschliessen
scheinen, sondern Niederschläge einer malerischen

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