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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 14.1916

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Heft 9
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Chronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.4751#0485

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als das kleinere Übel und für durchaus verwen-
dungsfähig hielr. So entschloss man sich schliesslich
trotz der früheren Bedenken, den Bau in Staatsbesitz
zu übernehmen. Es sollte in absehbarer Zeit die Neue
Pinakothek durch innere Umbauten auf die Höhe
eines modernen Galeriegebäudes gebracht werden.
Durch die Vereinigung des bisher im Erdgeschoss
untergebrachten Antiquariums mit der Vasensamm-
lung in dem Kunstausstellungsgebiiude am Königs-
platz (das so lange der Sezession als Heim diente),
wollte man auch für die moderne Plastik geeignete
Ausstellungsräume im Erdgeschoss des alten Hauses
schaffen. Dies war die Lage, die der Generaldirektor
Dr. Dörnhöffer bei seinem Amtsantritt vorfand. Dörn-
höffer konnte sich nicht entschliessen die zuletzt geneh-
migten Pläne glatt zu übernehmen. Er war der Ansicht,
dass die ursprüngliche Tschudische Idee irgendwie doch
zur Ausführung gelangen müsse. Wenn es auch nicht
möglich war, ganz darauf zurückzugreifen, zumal neben
den schon oben angedeuteten Schwierigkeiten inzwischen
die Neue Pinakothek in Staatsbesitz übergegangen war
und in die neuen Berechnungen einbezogen werden
musste, so hielt Dörnhöffer doch daran fest, dass ein
Neubau kommen müsse, der in irgendwelcherräumlicher
Verbindung mit den beiden Pinakotheken stünde. Alle
jetzt erforderlichen Umänderungen sollten im Hinblick
auf den zukünftigen Neubau erfolgen, vor allem aber
nichts Unnötiges jetzt zur Ausführung gelangen. Die
neuen Pläne Dörnhöffers, die vor kurzem auch die
Billigung der bayerischen Kammer gefunden haben
und mit deren Ausführung noch im Laufe dieses
Jahres begonnen wird, zeigen, dass Dörnhöffer allen
in Betracht kommenden Sammlungen Luft und Be-
wegung verschaffen will, vor allem aber, dass es ihm
darauf ankommt, den Bestand an guter, moderner
Malerei und Plastik, über den der bayerische Staat
verfügt, möglichst bald in wirklich modernen Räumen
dem Publikum vorzuführen. Die Neue Pinakothek
soll dauernd erhalten werden als eine vorwiegend
nationale Galerie aus dem Zeitalter Ludwigs I., der
eine Auslese deutscher Gemälde des siebzehnten
und achtzehnten Jahrhunderts (die gegenwärtig in
München so gut wie gar nicht vertreten sind) an-
gegliedert werden soll. Im Erdgeschoss der Neuen
Pinakothek wird die Graphische Sammlung definitiv
untergebracht werden, die sich dort ganz anders wird
ausbreiten können, als in den bisherigen Räumen in der
Alten Pinakothek.

Der Plan Dörnhöffers, die moderne Malerei und
Plastik in einem grossen an die Neue Pinakothek an-
schliessenden Bau unterzubringen, hat die Billigung der
massgebenden Stellen gefunden, nur muss mit der Aus-
führung nach den Worten des bayerischen Kultusministers
auf bessere Zeiten gewartet werden. Die ursprünglich
geplante vereinigte Aufstellung von Vasensammlung
und Antiquarium in dem Kunstausstellungsgebäude am

Königsplatz gegenüber der Glyptothek, wird vorläufig
nicht erfolgen, sondern die neuere Malerei und Plastik
werden in dem bisherigen Sezessionshaus ihren Einzug
halten. Nichtsdestoweniger wird die antike Kleinkunst
schon bis auf weiteres in einem Teil des Erdgeschosses
der Alten Pinakothek zur Aufstellung gelangen und
zwar in dem sehr breiten südlichen Gang, während ein
Teil der nach Norden gehenden Räume im Erdgeschoss
Galeriezwecken nützlich gemacht werden soll. Es wird
dadurch nicht nur das noch immer überfüllte Haupt-
geschoss der Alten Pinakothek entlastet werden, indem
man etwa die altniederländischen Gemälde ausderSamm-
lung Boisseree dort aufstellt, sondern es wird vielleicht
auch noch Platz genug für eine kleine sogenannte
Studiengalerie bleiben.

Die Nachteile der nunmehr zur Ausführung ge-
langenden Projekte, die zeitweise räumliche Trennung
eines Teiles der modernen Kunst von den Gemälde-
galerien, die Unterbringung der antiken Kleinkunst in
der Alten Pinakothek, die relative Raumknappheit des
Sezessionsgebäudes wird wohl reichlich aufgehoben
durch die ausserordentlichen Verbesserungen, die sie
den früheren Verhältnissen gegenüber mit sich bringen.
Es ist höchste Zeit, dass die Graphische Sammlung gute
Arbeits- und Ausstellungsräume erhält, um ihre grossen
Schätze dem weiteren Publikum wirklich zugänglich zu
machen. Der Ausbau der grossen Ludoviciana ist wohl
so gedacht, dass neben den Werken des bayerischen
Barock und Rokoko, die aus verschiedenen Beständen
entnommen und auch durch Ankäufe ergänzt werden
sollen, die deutsche Malerei der ersten Hälfte des neun-
zehnten Jahrhunderts in ähnlicher Weise, wie in der
Berliner Nationalgalerie vertreten sein soll, möglichst
so, dass neben der guten Münchener Malerei jener Zeit
die übrige deutsche Kunst mit solchen Werken zu Worte
kommt, die gerade für die Münchener Kunst besonderes
Interesse besitzen. Dass im Gebäude am Königsplatz
Leibl und sein Kreis, Marees, Liebermann und Slevogt,
sowie die französischen Gemälde und die Arbeiten van
Goghs und Hodlers ganz anders zur Geltung kommen
werden als in den ihnen bisher zugewiesenen Räumen
der Neuen Pinakothek, bedarf wohl keiner langen Aus-
einandersetzung. Was der bayerische Staat an guter,
moderner, deutscher und ausländischer Plastik besitzt,
wird auch den sonst Eingeweihteren zum ersten Male
klar werden. Freilich, das Haus am Königsplatz ist nicht
besonders umfangreich und diejenigen modernen Bilder,
die nicht ganz ersten Ranges sind, werden es sich später-
hin manchmal gefallen lassen müssen, zeitweise ins Depot
zu verschwinden, um vor allem guten Neuerwerbungen
Platz zu machen. Selbstverständlich wird bei dieser
Neuordnung die schon von Braune kräftig betriebene
Säuberung der Galerie von minderwertigen Bildern in
noch gesteigertem Maass zu leisten sein, wobei bemerkt
werden soll, dass sehr vieles von dem, was für die Mün-
chener Sammlungen überflüssig und nicht qualitätvoll

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