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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 14.1879

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Smninlungm und Ausstellungen,

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eröffnsts Ausstellung lehren und um so mehr eine heilsams
Schule für Viele werden, als in derselben neben modernen
Leistungen auch mustcrgiltige Arbeiten früherer Zeitalter
Platz gefunden, Jndem sie dazu beitragen werde, die Er-
kenntniß der zu erstrebenden Ziele zu vervollkommnen, iverde
sie zugleich dadurch, daß sie den Werth des schon Geleisteten
zeige, die Zuvsrsicht des Arbeiters kräftigen und steigern,
Nach dem Schluß der Rede vertheilte sich dre Versammlung
in die Räume des Ausstellungsgebäudes, und überall gab
sich eine lsbendige Anerkennung des Unternshmens kund,
dem wir hiermit den besten Erfolg wünschen,

Die Eröffnung des Pariser „Salon" fand am 12, Mai
statt, Man schreiöt darüber der N, Fr, Pr.: „Die kunst-
sinnige Bevölkerung von Paris brachte der diesjährigen
Kunstausstsllung ein um so lebhafteres Jnteresss entgegen,
als voriges Jahr der „Salon" von der Weltausstellung
verdunkelt wurde, Die große Mehrzahl dsr hervorragenden
einheimischen, sowie nahezu alle fremden Kiinstler hatten im
vorjährigen „Salon", welcher in einen secundären Rang
versetzt worden war, nichts ausgestellt, Mit um so er-
wartungsvollerer Spannung snh man daher dsr diesjährigen
Ausstellung entgegen, von welcher es hieß, sie werde ihre
Vorgängerinnen an Glanz überstrahlen, Jn der That ließ
schon die enorme Zahl der Anmeldungen, mindestens was
den numcrischen Reichthum betrifft, Außerordentliches er-
warten, Jn Kreisen, welche mit Künstler-Ateliers Berüh-
rungen pflegen, sprnch man überdies von sensationellen Pro-
duktionen, der großen Zahl guter Erzeugnisse gar nicht zu
gedenken — kurz, der „Salon" von 1879 versprach, die
Proportionen eines großen Kunstereignisses anzunehmen,
Heute, den 12, Mai nun, um nahezu zwei Wochen später
als in früheren Jahren, wurden die Thüren des Jndustrie-
Palastes dem Riesenstrome der Neugierigen und Kunstfreunde
offiziell geöffnet, Die eigentstche „Premisre" ist aber schon
gestern in Scene gegangen, am Tags des klassischen „vsr-
nissnAs", an welchem die Oelgemälde gofirnißt, an die
Statuen die letzte Hand gelegt, vor Allcm aber die ent-
scheidsnde Kritik der öffentlichen Meinung über dio Kunst-
werke gefällt wird, Mit der dem rechten Pariser eigenen
Lüsternheit nach „Primeurs" jeder Art haben Tausende und
aber Tausende alle erlaubten oder unerlaubten Mittel auf-
geboten, um einen Blick hinter die Coulissen werfen zu
können, ehe die Allerwelts-Vorstellung begonnsn hat, Man
schätzt die Zahl der Bevorzugten, welche schon gestern, den
penetranten Firnißgeruch nicht scheuend, dem „vsrnissnAS"
beigewohnt haben, auf nicht weniger als zwanzigtausend,
Was Paris an Notabilitäten zählte, Künstler, Schriftsteller,
Diplomaten, Politiker, Journalisten, Aristokratie und vor
Allem dis elegante Damenwelt in allen ihren Nuancen, war
also schon gestern im „Salon" zu finden, Diese Ausstellung,
welche unter so günstigen Verhältnissen zu Stande kommt,
unterschsidet sich in mancher Beziehung nicht unvortheilhaft
von ihren Vorgängerinnen; sie steht jedsnfalls, sowohl was
die hervorragenden Werke, als auch was das Niveau dss
Durchschnittes botrifft, hinter den glänzendsten derselben nicht
zurück, Numerisch aber übertrifft die diesjährige Ausstellung
alle vorhergehenden, Man denke sich in einer Flucht von
29 weitläufigen Sälen die enorme Zahl von 3019 Oel-
gemälden, 1707 Zeichnungen, 429 Stichen, Radirungen und
Lithographien und in der zu einem reizenden Blumen-Par-
terre umgestalteten ebenerdigen Riesenhalle 715 Skulpturen
veremigt, im Ganzen also 5891 Kunstobjekte, d, i, um 1090
mehr als im vorjährigen Salon ausgestellt waren, Eine
andere Eigenthümlichkeit der diesjährigen Ausstcllung ist die
große Betheiligung ausländischer, namentlich englischer, bel-
gischer, osterreichischer und italienischer Künstler, Anderer-
seits vermißt man unter den Ausstellern einige hervorragende
Namen, wie Göröme, Meissonier, Munkacsu, Chaplin und
Ribot,"

V. Jm Deutschcn Gewcrbc-Museuni ist gegenwärtig die
vor Kurzem angekaufte, ebenso umfangreiche wie in ihrer
Art völlig einzig dastehende von Brandt'sche Samm-
lung chinesischer und japanischer Kunstgegenstände in über-
stchtlicher und geschmackvoller Anordnung zur öffentlichen
Ausstellung gelangt, So sehr der seit Jahren fortdauernd
zunehmende Jmport aus jenen beiden Ländern die Kenntniß
ihrer mannigfachen kunstindustrisllsn Erzeugnisse und die

dsnselben gebiihrende hohe Werthschätzung bei uns verbreitet
hat, so giebt doch erst ein so stattliches Ensemble, wie es
uns hier entgegentritt, einen völlig zutreffenden Begriff von
der gsradszu erstaunlichen Fülle künstlerischer Schönheit und
der nicht minder beivunderungswürdigen souveränen tech-
nischen Meisterschaft, über die das vielgestaltige kunstgewerb-
liche Schaffen beider Völker gebistet, Unter dsn denkbar
günstigsten Verhältnissen von dem früheren Minister-Präsi-
denten in Peddo, gegenwärtigen Gesandten des deutschen
Reiches in Peking, Lerrn M, von Brandt, seit Jahren an-
gelegt und mit feinem Kennerblick fort und fort vervoll-
ständigt, umfaßt die Sammlung fast sämmtliche Zweige ost-
asiatischer Kunstindustrie, beschrünkt sich dabei aber unter
vollständigem Ausschluß aller gewöhnlichen Marktwaare auf
die erlessnsten Probestücke und vereinigt in sich vor allem
eine in gleicher Reichhaltigkeit, nicht blos in Deutschland, zum
zweiten Mal überhaupt kaum vorhandene Auswahl der
besten Produkte ülterer Zeit, Kostbare, in Seide und Gold-
brokat gearbeitete Prachtgewünder nebst reichgemusterten
Stoffen und Stickereien, denen sich drei herrliche chinesische
Teppichs in Seide und Seidensammet hinzugesellen, reprä-
sentiren die blühende Textilindustrie beider Länder, Daran
schließen sich japanesische Papiertapeten und zahlreiche Male-
reien auf Papier und Seide, unter denen eins stattliche
Kollektion von Fächern mit oft entzückend anmuthiger Deko-
ration zu erwähnen ist. Zwei in Lackmalerei ausgeführte
mehrtheilige japanische Wandschirme, deren miniaturartig
behandelte figürliche Darstellungen durch die geistreichste
Frische der Erfindung und Charakteristik fesseln, nebst einer
alten, in gefchnittenein Lack hergestellten chinesischen Wand
leiten sodann zu den seltensten Lackarbeiten über, von welchen
außer einem'originellen Schränkchen in Gestalt eines Schiffes
aus geschnittenem rothen Lack vor allem ein mit ganz ähnlich
behandeltem Ueberzug versehenes Glasgefäß, zwei schlanke
Vasen, die nach Art von Zellenemail dekorirt sind, verschie-
dene Stücke aus völlig metallisch wirkendem Goldlack, und
namentlich auch zwei große, in ebenso reicher wie vollendet
harmonischer Farbengebung mit unvergleichlichem Geschick
bemalte Theebretter die eingehendste Beachtung fordern. Auf
gleicher Höhe tadelloser Vollendung stehen ferner die in Jade
geschnittenen Arbeitsn, unter denen ein zierliches Schreibzeug
in Gestalt eines Kürbisblüthenzweigs auffällt, die unüber-
trefflichen Schnitzereien in Holz und Elfenbein und die zum
Theil verschiedenfarbigen und in Gold und Silber tauschirten
Bronzearbeiten, von denen in der gegenwärtigen Ausstellung
ein schwungvoll geformtes, mit Silber eingelegtes Bscken
mit zwei mächtigen emaillirten kupfernen Kohlenbehältern,
zwei kolossalen Vasen und zwei flachen Schüsseln in fein-
getönter hellfarbiger Emaillirung zu einer imposanten Gruppe
vereinigt ist, der sich überdieS noch ein aus acht großen
Emailplatten zusammengesetzter Wandschirm anschließt. Eine
ansehnlichs Kollektion von Stücken mannigfaltigster Form
und Größe, unter welchen nur auf die graziös bemalte Thee-
kanne aus dem Sommerpalast zu Peking ausdrücklich hin-
gswiesen sein möge, illustrirt neben jenen Prachtstücken so-
wohl die verschiedenartigen Techniken als auch die gssammte
geschichtliche Entwickelung des Emails in Japan und China,
und daran reihen sich wieder auf der einen Seite die ganz
eigenartigen, mit translucidem Schmelz in vertieften Feldern
gezierten silbernen Vuman-Arbeiten, sowie die in Gold und
Silber mit Hinzunahme von Perlen, von verschiedenfarbigem
Schmelz und aufgelegten blauen Federn gefertigten chine-
sischen Schmucksachen, in denen die üppige Phantastik der
aus Blüthenzweigen und frei schwebenden Schmetterlingen,
aus Schlangcn, Drachen und anderem Gethier sich gestal-
tenden Formen im Verein mit der denkbar raffinirtesten
Technik wahrhaft wunderbare Schöpfungen hervorruft, Den
Beschluß der ganzen Sammlung endlich bilden die werth-
vollsten Porzellane, Fayencen und Stsingutwaaren beider
Länder sowie ganze Reihen — darunter allein 110 Tabak-
fläschchen — von Vasen, Flaschsn, Schalen und Dosen aus
chinefischem Glas, das, in Europa bisher fast unbekannt,
uns hier zum ersten Male in höchster technischer Vollendung
und in einsm fast unerschöpflichen Reichthum bald glühend
leuchtender, bald weich nnd mild getönter Farben ent-
gegentritt.
 
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