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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 14.1879

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Vermischte Nachrichten.

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Auch die jetzt zu den Schätzsn des Louvre gehörigen Bronze-
büsten des Kaisers Augustus und seinsr Gemahlin Livia
schlummerten bis zum Jahre 1816 in der Tiefe eines Feldes un-
weit Neuilly-le-Rsal. Obgleich der niedergekauertsn Gestalt
der Göttin der Kopf, beide Arme, der rechte Fuß und der
ganze untere Theil des linken Beines fehlen, bleibt die
Aehnlichkeit mit der im Alterthume bsrühmten, häufig in
Variationen wiederholten Gruppe „Venus mit Amor im
Bade", von welcher leider nur Bruchstücke auf uns gekommen
sind, unvsrkennbar. Ein niedliches Kinderhändchen, frsilich
wenig mehr als Rsste der zarten Finger, deutet auf dsm
Rücken der in schönstem Grscchetto gemeißelten Statue die
frühere Anwesenheit Amor's, des Schalkes, an. Der ganze
Charakter der Ausführung trägt den Stempel der nach-
alexandrinischen Epoche, wo der Orisnt schon seinen Einfluß
auf die griechischs Kunst geltend gemacht hatte. Ravaisson
hält die „Venus von Vienne" für eine Nachbildung des
Originales eines berühmten, nach Alexander lebsnden, klein-
asiatischen Bildhausrs und begründet drese Ansicht in einer
der Akademie der Wissenschaftsn, bei einer ihrer letzten Zu-
sammenkünfts vorgelegtsn Abhandlung durch verschiedene
Stellen aus Autoren des Alterthums.

Vermischte Nachrichten.

« Semper-Museum. Eine Anzahl von ehemaligen
Schülern und Verehrern des Meisters haben sich zusammen-
gefunden und beschlosfen, das Andenken des Verstorbensn
durch Gründung eines Semper-Museums in Zürich zu
ehrsn. Das Museum soll nach dem Vorbilde des Schinkel-
Museums in Berlin vorzugsweise aus Handzeichnungen,
Entwürfen und Modellen der Werke Semper's bestehen und
auf diese Weise ein möglichst unifasssndes Bild von der
künstlerischen Wirksamkeit des großen Architekten gswähren.
Das mit der Ausführung der Sachs betraute Komits, welches
den Architekten Alb. Müller zum Präsidenten und den
Architekten Alex. Koch zum Quästor wählte, wendet sich
zunächst an alle Besitzer von Werken Ssmper's der obigen
bezeichneten Kategorien mit der Bitts, diess Arbeiten dem
Museum zuzuwenden, und fordert zugleich die Kollegen,
Schüler und Freunde des Verswigten zu pekuniären Bsiträgen
für das Museum auf. Wir find überzsugt, daß das schöne
Unternshmen allseitig freudigen Beifall und lebhafte Unter-
stützung finden wird. Beiträgs und Einsendungen sind
nach Zürich an dsn Architekten Koch, Bleichsrweg 374 zu
adressiren.

0. Museum in New-Bork. Die Ueberführung der
Sammlungen des städtischen Museums nach dem dafür er-
richteten Gebäude im Central-Park ist jetzt vollendet. Ueber
ein Jahr hatten die Vorbereitungen gedauert, und der Um-
zug ist glücklich bewerkstelligt, ohns daß dabei auch nur ein
Gegenstand beschädigt oder zerstört worden wäre. Bsi der
jährlichen Versammlung des Vorstandes am 12. Mai wurde
der General Cesnola einstimmig zum Dirsktor erwählt, die
glücklichste Wahl, welche getroffen werden konnte; ist es doch
bekanntlich Cesnola, dem das Museum seinen Hauptreichthum
in den cyprischen Alterthümern verdankt, der dis günstigeren
Anerbietungen Englands abwies und dadurch der Anstalt
die eigentliche Grundlage gsgeben hat. Die Thatkraft und
der Eifer, welche Cesnola im Dienste der Kunst und Alter-
thumskunde bewiesen, sowie seine umfassenden Kenntnisse
auf diesem Felde bürgen dafür, daß unter ssiner Leitung zur
Bereicherung des Museums geschehen wird, was die Mittel
irgend erlauben. Die Aufgabe, diese Mittsl herbeizuschaffen,
ist dabei freilich die Hauptsache und unter allsn Ümständen
eine schwierige. So freigebig man in New-Uork im Allge-
meinen ist, so schnell Tausende und Hunderttausende für
gemeinnützige, besonders für wohlthätige Zwecks hergegeben
werden, so große Summen reiche Kunstfreunde auf ihre
Privatsammlungen verwenden, so ist bsi der Masse der
Kunstsinn doch nicht hinlänglich entwickelt, um mit gleicher
Bereitwilligkeit den Anforderungen zur Förderung künst-
lsrischer Zivecke entgegenzukommen. Seit mshreren Jahren
hat es an den Fonds zum Ankauf von Gegenständen und
Sammlungen gefehlt, welche dem Museum zur Zierde gereicht
haben würden und spätsr von Philadelphia, Boston und

anderen Städten srworben wurden. Gerade jetzt wäre es
ausnehmend wünschsnswerth, Mittel zur Vsrfügung zu haben,
und der Vorstand hat deshalb das kunstfreundliche Publikum
um 15U,üvv Dollars angsrufen, um zunächst dis Avcry'sche
keramische und die King'sche Cameensammlung, Gipsabgüsss,
architektonische Modelle und Alterthümer anzukaufsn. Ferner
will man eins Sammlung gründen, um die Geschichte und
den Fortschritt dsr Kunstgewerbs zu veranschaulichen, bs-
stehend aus dem rohen Material, dem Material in Len ver-
schiedenen Stadien der Bearbeitung und endlich dem voll-
endeten Werk nebst den Modellen dsr dabei angewsndeten
Werkzeuge und Maschinen. Auch ein Fonds für Vorträge
übsr Kunst und eine Schule für Kunstgewerbe werden an-
gsstrebt, allss erreichbare Dings in siner so reichsn Stadt,
die früher oder später gewiß in's Leben gerufen werden, ob
aber schon in der nächsten Zukunft, scheint ungewiß. Einst-
weilen hat der Vorstand, ohns das Ergebniß'des Aufrufes
abzuwarten, aus eigensn Mitteln 10,000 Dollars zur Er-
wsrbung der Avery'schen Sammlung hergegeben. Es ist
nicht das erste Opfer, wslches diese Kunstfrsunde bringen,
dsnn bei dsm bisher so geringen Jnteresse des großen PÜbli-
kums haben sie schon mehr als sinmal über ünvermeidliche
Deficits hinweggeholfen.

ö. Der Neubau der Stuttgarter Kuustschule, über den
wir mehrfach bsrichtet, ist nunmehr, so dringend nöthig er
auch erscheiut, in unabsehbare Ferne gerückt und vislleicht
ganz vereitslt worden. Die Kammer der Abgeordnsten hat
nämlich die von den Ministerien des Kultus und der Fi-
nanzen in Uebereinstimmung mit dem einstimmigen Beschlusss
der Lehrerkonferenz der Kunstschuls eingebrachten Anträgs
in der Sitzung vom 22. Juli mit vierzig gsgen sechsund-
drsißig Stimmen verworfsn. Nachdem bereits 1876 für den
damals geplanten Bau 6V0,VVV Mark bewilligt worden waren,
wegen einer bedeutendenVerbesserungdes Bauplanes aber eins
erneute Vorlage erfolgen mußte, gingen nun dis neuen An-
träge dahin: zwei durch die Urbnnstraße getrennte, für Schul-
zwecks bestimmte Gebäude zu erbausn und hierfür die Summe
von 516,50V Mark zu bswilligen, für die dadurch erzielts
Ersparnitz von 43,500 Mark aber ein Ausstellungsgebäuds
an der Neckarstraße zu errichten, um auch sndlich diesem
längst fühlbar gewordenen Äangel abzuhslfen. Beide Mi-
nist'er und mehrere Redner aus der -Kammer begründeten
und vertheidigten diese Vorlags in überzeugsnder Weise.
Der Referent, Prof. Baumgärtner, aber beantragte die Ab-
lehnung und wurde von verschiedenen Seiten lebhaft unter-
stützt. ' Nach vierstündiger Verhandlung wurds darauf dis
Gsnehmigung vsrweigert, dagegen ein Antrag des Abgeord-
neten Mnyer, die Regierung aufzufordern, provisorische
Atelisrs einzurichten, um dem gegenwärtigen Bedürfnitz
abzuhelfen, an eine Kommission zur Prüfung verwiesen.
Die Gründe, welche gegen die Vorlage geltend gsmacht
wurden, bezogen sich hauptsächlich auf dis'Lage des Bau-
platzes, dis eine Theilung der Baulichkeiten nöthig macht
und eine spätere Erweiterüng hindert, weshalb andere Plätze,
z. B. an dsr Thierarzneischule odsr am Allesnplatze, viel
geeigneter erschiensn. Die Regierung mügs dort die Kunst-
schule erbauen und hierfür nun Plan und Kostennnschläge
vorlegsn. Andsre wünschten die Vereinigung der Kunstschuls
mit einer Kunstgewerbeschuls und dafür bezügliche Vorlagen;
ein Redner ging aber sogar so weit, vorzuschlagen, über-
haupt kein neues Gebäude auszuführen, sondsrn die ganzs
Kunstschule aufzuheben, da man sich in München weit besser
ausbilden könne, wie ja die meisten Württemberger ihrs
Kenntnisse im Auslands erworben hätten. Alle diese Be-
denksn waren ssit Jahren mündlich und schriftlich wiederholt
geäußert und rsiflich in maßgebenden Kreisen srwogen wor-
den, ohne datz man sich von ihrsr Richtigkeit überzeugen
konnte. Vielmehr erklärte sich das gesammte Lehrerkollegium
in seltener Uebereinstimmung entschieden gegen dieselben,
und ein Mitglied desselben, Professor v. Lübke, der beruhmte
Kunsthistoriksr, vertheidigte den gewählten Bauplatz und die
hierfür entworfenen Pläne in mehrersn Zsitungsartikeln mit
Eifer und Geist. Es mutz daher in hohem Grade über-
raschsn, daß die Kammer die von der kompstenten Behörds
und von der Stnatsregisrung dringend empfohlenen An-
träge verworfen hat. Es wird dadiirch nicht nur das un-
erguickliche Provisorium auf unzuträglichs Weise verlängert,
 
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