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Auge, Oliver; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Handlungsspielräume fürstlicher Politik im Mittelalter: der südliche Ostseeraum von der Mitte des 12. Jahrhunderts bis in die frühe Reformationszeit — Mittelalter-Forschungen, Band 28: Ostfildern, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.34741#0253

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238

III. Fürst, Familie und Dynastie

in der Nachbarschaft und verbuchte für sich gleichzeitig einen rangmäßigen Prestigege-
winn. Von insgesamt 15 Ehen entfallen bei den Männern dreizehn auf die Ebene der
Reichsfürsten, nur eine war nicht reichsfürstlich (Wunstorf). Letztere Eheschließung
wird durch einen Blick auf die wirtschaftlichen Möglichkeiten der damaligen Wolgas-
ter verständlich: Sie ging nämlich Barnim VIII. von Pommern-Wolgast-Rügen/Barth um
1435 ein, als das Herzogtum Pommern-Wolgast selbst nochmals viergeteilt war. Seine
Schwester Sophia wurde etwa zur selben Zeit mit einem Werler vermählt, was den da-
mals eher engen dynastischen Spielraum unterstreicht. Von den Wolgaster Töchtern
war damit bereits die Rede. Mit zwölf zu einer Ehe heirateten sie in der überwiegenden
Mehrheit fürstlich, davon einmal nichtreichsfürstlich (Schlesien, 1516). Die nichtfürstli-
che Heirat der Agnes mit Konrad von Tannrode zu Straussfurt um 1393 steht für sich
allein, ohne daß wir dafür einen näheren Grund erfahren. Freilich gehörte Agnes mit
ihrer Schwester Sophia nur einer Nebenlinie an, die mit ihnen beiden auch erlosch. Als
günstig erwies sich indes die 1518 geschlossene Ehe von Bogislaws X. Tochter Sophia
mit Herzog Friedrich von Schleswig: Er wurde fünf Jahre später dänischer König.
Zusammenfassend läßt sich also feststellen, daß bei allen Linien der von uns be-
handelten Häuser im relevanten Untersuchungszeitraum fürstliche Eheschließungen
mit insgesamt 86 (männlich) bzw. 62 (weiblich) Ehen, d. h. 77)08 (76,8 aller männlichen
bzw. 77)5 aller weiblichen) Prozent eindeutig dominieren und die wirklich breite Masse
der Ehen ausmachen. Königliche Ehen - 14 männlicherseits und sechs weiblicherseits
oder 12,5 Prozent aller männlichen bzw. 7)5 Prozent aller weiblichen oder zusammen 10
Prozent aller vorkommenden Ehen - begegnen gehäuft in der Frühzeit, also bis vor 1300,
vor allem in Richtung Skandinavien und Polen, bei der Linie Mecklenburg-Schwerin
darüberhinaus in der Zeit der besonderen Machtentfaltung unter Heinrich II. und Al-
brecht, bei Pommern-Stolp infolge zweier günstiger Heiraten mit Polen und Mecklen-
burg.
Doch gilt es zu differenzieren, um den so entstandenen Eindruck eines auf Dauer
qualitativ vergleichsweise hochwertigen Konnubiums, wie er teilweise auch in bisheri-
gen Arbeiten vermittelt wird^°, in angemessener Weise zu relativieren. Damit kommen
wir zur Frage, welcher Ehepartner oder welche Ehepartnerin denn genau geheiratet
wurde, was zu unserem weiteren Punkt überleitet: der geographischen Verortung der
Eheschließungen. Von den Heiraten der Werler, die ständisch im Laufe der Zeit mehr
und mehr absanken und genau genommen spätestens seit der Mitte des 14. Jahrhun-
derts nicht mehr ohne weiteres einfach in eine Reihe mit den Reichsfürsten gestellt wer-
den dürfen, und ihrer mecklenburgischen Verwandten waren 16 Eheschließungen, also
acht männlicher- und acht weiblicherseits, sog. Linienheiraten, entweder zwischen ein-
zelnen Werler oder zwischen Werler und Mecklenburger Linien.^" So kommt nicht nur

240 HEROLD 1997 ermittelt für die Töchter der Pommernherzöge den fünften Rang unter den rang-
mäßig ersten 20 Dynastien des Reiches, für die der Mecklenburger den neunten; für die Söhne
kommt er im Falle Pommerns auf Platz zehn, bei Mecklenburg auf Rang elf; MoRAw 1997
S. 133ff. kommt für die Söhne und Töchter Pommerns und Mecklenburgs auf Rang acht bzw.
zehn.
241 Die Zahl wäre natürlich noch höher, wenn man alle geplanten Ehen mitberücksichtigen würde,
die aber wegen des genealogischen Zufalls nicht realisiert wurden. So sollte etwa Johann IV. von
Werle-Goldberg die mecklenburgische Prinzessin Euphemia heiraten (Verlobung 1366), doch
verstarb er vor Vollzug der Heirat im Jahre 1374: RuDLOFF 1786, S. 493. Magnus I. von Mecklen-
burg-Schwerin war erst mit einer Werle-Goldbergschen Prinzessin (1355), danach mit Katharina
von Werle-Güstrow (nach 1356) sowie mit Jutta, Tochter des Herzogs Erich von Sachsen-Lauen-
burg, (1360) verlobt gewesen, bevor der dann aber 1362 Elisabeth von Pommern ehelichte. Die
aus dieser Ehe hervorgehende, oben schon erwähnte Euphemia aber sollte späterhin Lorenz'
 
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