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Auge, Oliver; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Handlungsspielräume fürstlicher Politik im Mittelalter: der südliche Ostseeraum von der Mitte des 12. Jahrhunderts bis in die frühe Reformationszeit — Mittelalter-Forschungen, Band 28: Ostfildern, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.34741#0299

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IV. Die verfassungsrechtliche Stellung

gische Gesandte Eitelwolf vom Stain nach Hause berichtetet* Der Herzog, so Stain wei-
ter, habe die Ladung aufgrund seiner Zusage, dem König zu dienen, erhalten. Um so
beflissener entschuldigte sich Bogislaw dann freilich, wenn er einem Reichstag fern-
blieb. So schrieb er am 29. Oktober 1513 an den Kaiser, daß er weder ein Ladungsschrei-
ben für den vergangenen Kölner Reichstag noch eine Mitteilung über die dortigen Ver-
handlungen und Beschlüsse erhalten habe."' Das Ladungsschreiben für den nächsten
Tag in Worms sei dagegen erst heute bei ihm eingegangen, so daß weder er selbst noch
einer seiner Gesandten daran teilnehmen könne. Er wolle sich aber in dem, was die
Reichsversammlung einträchtig beschließe und was billig sei, gehorsam verhalten. Auf
einem beiliegenden Zettel betonte der Herzog dann nochmals, daß er eine Einladung zu
allen Reichstagen wünsche. Aber die Ladungsschreiben würden ihm jeweils entweder
gar nicht oder zu spät ausgehändigt, so daß er nicht selbst kommen oder Vertreter
schicken könne. Und als gewissen Seitenhieb auf Brandenburg fügte er hinzu: Er wisse
nicht, wer ihn auf diese Weise zu einem Ungehorsamen abstempeln wolle. Bogislaw
hatte, wenn wir diese Zeilen richtig lesen, die Bedeutung der Reichstagsbesuche für
seine Pläne eindeutig erkannt.
Ähnlich wie Belehnungsakte und Reichstagsbesuche vermittelte eine Rats- oder
»Beamtentätigkeit« die Möglichkeit zur persönlichen Kontaktaufnahme mit dem Reichs-
oberhaupt und bot auf diesem Wege die Chance, sich seiner Unterstützung bei der Si-
cherung oder Gewinnung eigener Handlungsspielräume zu vergewissern. Was vorher
über die Reichstagsbesuche gesagt wurde, trifft dabei auch für die Rats- und Beamten-
tätigkeit zu: Vor dem Zeitalter Maximilians ist sie für die Lürsten aus dem Norden des
Reiches »als extrem punktuell und sporadisch zu bezeichnen«, und »das gleiche gilt für
die ehrenamtliche Titulatur als königlicher Rat«." ' Gleichwohl treffen wir mehrfach so-
wohl pommersche als auch mecklenburgische Lürsten in dieser Position an. Barnims III.
Sohn Swantibor z. B. wirkte seit 1399 als delegierter Hofrichter König Wenzels.*^ Seine
Söhne Otto und Kasimir wurden 1417 von Sigismund gegen ein Jahrgeld von 1.000
Rhein. Gulden zu Dienern angenommen, wobei Sigismund eine Erhöhung des Betrags
auf 2.000 Gulden in Aussicht stellte, sobald einer der beiden Herzoge ständig an seinem
Hof weilen würde."' Kasimir begegnet 1428/29 in der Lunktion als Rat Sigismunds bei
der Eintreibung der jährlich von der Reichsstadt Lübeck zu entrichtenden Stadtsteuer."''
Ein jährliches Gehalt in Höhe von stattlichen 1.000 Rhein. Gulden sicherte sich auch Bal-
thasar von Werle-Wenden, als er im gleichen Jahr von Sigismund als Diener angenom-
men wurdet
Ende 1449 bzw. Anfang 1450 forderte Friedrich III. den mecklenburgischen Herzog
Heinrich IV. auf, Kurfürst Friedrich II. von Sachsen mit Reiter- und Fußtruppen gegen
den brandenburgischen Kurfürsten beizustehen"", und 1451 wünschte er von demsel-

181 LA Merseburg, Rep. X, Nr. 24, fase. 2 M, fol. lOf.
182 Dazu und zum Folgenden HHStA Wien, Bestand Max. 30 (alt 23b)/1513 X, fol. 113f.
183 So MoRAw 1990, S. 60.
184 RTA ÄR 111.3, Nr. 86-88, 96, 98, 100. - MoRAw 1990, S. 60. Er hielt sich seitdem vornehmlich au-
ßerhalb Pommerns auf und überließ die Regierung in Stettin seinem jüngeren Bruder Bogis-
law VII.: ZDRENKA 1997 u. 1995a. - Swantibor war über den Vater und seine Ehe mit der Tochter
des Nürnberger Burggrafen Albrecht, Anna von Zollern, schon vorab fest in das pommersch-
luxemburgische Beziehungsgeflecht eingebunden. Vgl. dazu ScHWENNiCKE 1984, 111.1, Tf. 2. -
Siehe zu Swantibor I./III. auch WEHRMANN 1908.
185 RIXI.l,Nr.2371.
186 LUB 1.7 Nr. 169,233,249,304,345,348.
187 RIX.l,Nr.2511.
188 RKFrlll XI, Nr. 110. - EiBL 2006, S. 48.
 
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