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Auge, Oliver; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Handlungsspielräume fürstlicher Politik im Mittelalter: der südliche Ostseeraum von der Mitte des 12. Jahrhunderts bis in die frühe Reformationszeit — Mittelalter-Forschungen, Band 28: Ostfildern, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.34741#0335

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320

V. Fürstliches Rangbewußtsein und dynastische Repräsentation

die Taufe mit dem den Mecklenburgern eigentümlichen Glaubenseifer: So cyjcrz'y wztren
sie [die Vorfahren Magnus' II., O. A.] he tüYeWic/ze gesöfze ttnü üer tw/a/zren Rctz'yz'ozz ztttzor-
Jecüten. [...] Wie sie ztücr Citrisiiiciten ytzttzMn einzttoiti ge/ossei / üztüen sie so izesienziig &-
izey ge/zoiiezz / &s sie Meitze tzziezierweriigiceii /zcrzzac/zcr ziooozz oizireiizezz Mutzen / sozzzieriic/z sein
ziie Fürsten se/zr eiterig gewesen / üie ongenozuzuene Gö'iiiz'c/ze Reiigion oori/zzzzseizen. Krantz
spricht im folgenden gar von einer /zez'iz'geüzi izrzznsf zu ize/ürüerzzng zier Reiigion. Als Aus-
weis für diesen Glaubenseifer stünden die vielen Pilgerfahrten der mecklenburgischen
Fürsten ins Hl. Land."' Ähnliches lesen wir auch in den von Nikolaus Marschalk verfaß-
ten Fürstenbiographien." Die Mecklenburger ließen demgemäß eine kontinuierliche
Wallfahrtstradition bzw. Pilgerideologie propagieren, die ihres realen Hintergrunds tat-
sächlich nicht entbehrte: Schon der erste christliche Angehörige der Dynastie Pribislav
begleitete den sächsischen Herzog Heinrich den Löwen ins Hl. Land.'"' Heinrich I. mit
dem vielsagenden Beinamen »der Pilger« reiste nach der Geburt seiner Söhne nach Jeru-
salem und geriet im Nahen Osten für Jahre in Gefangenschaft. Sein Sohn Heinrich II.
begegnet als Pilger nach Roccamadour. Zu Magnus II. und seinem Bruder Balthasar wis-
sen wir von zwei bzw. sogar von drei Pilgerreisen. Noch 1519 plante Albrecht VII. nach
der Manier seiner Vorfahren eine Bef/züzrf nach Jerusalem, die aber nicht mehr zustande
kam.'" Die Propagierung fürstlicher Pietät um 1500 hatte im übrigen schon ihre monu-
mentalen Vorläufer. So deuten Ilka S. Minneker und Dietrich W. Poeck die in der ersten
Hälfte des 15. Jahrhunderts erfolgte Errichtung einer Begräbnisgruft im Doberaner
Münster als Ausdruck einer besonderen Bedeutung des Jerusalemgedankens im Selbst-
verständnis der mecklenburgischen Dynastie. Die Gruft wurde nämlich in einer Okto-
gonalform angelegt und griff damit die Nachbildungstradition des Hl. Grabes von Jeru-
salem auf!"
Die pommerschen Greifen standen den benachbarten Mecklenburgern hinsicht-
lich ihrer Pilgertradition kaum nach.'" Auch in ihrem Selbstverständnis nahm die Vor-
stellung besonderer Religiosität und Frömmigkeit breiten Raum ein. Das kann wiede-
rum, wie auch bei den Mecklenburgern, als eine Antwort auf den gewissen Makel in
ihrer Geschichte gedeutet werden: Denn ihre Vorfahren hatten beim Eintritt in die

118 Krantz 1600, S. 516.
119 Z.B. bei der Vita Heinrichs des Pilgers (RÖPCKE 1995, S. 100f.: [...] Mt er sic/; norgenozzzzzzen, ZMctz
Jerzzsotezzz zzz reisen zznd Ms /zeitige Grotz onzzztzeten [...]), Heinrichs IV. (ebda., S. 114: Hezzrz'ctz wor ein
gnr Jrozzzzzzer Fürst; ZMcMezzz er zzz seiner Jzzgend zzz Jerzzsotezzz zzzzzz Ritter gescüLgezz [...]), Magnus' II.
(ebda., S. 116: Er word onnoctz in seiner Jzzgenü zzzzzz Ritter zzz Jerzzsotezzz gesctzüzgen [...]. Zweyzzzotzt rei-
sete er zzzz't nieten Vornetzzzzen nnctz Rozzz, zznd zwor ez'nzzzotzt zzzr Zeit des Potzsfs Sz'xti des Vz'ertezz, non
wetctzezzz zznd dozzzz non der Vdter Versozzzzzztzzzzg er zzzz't sonderMtzrer Etzrerwez'szzzzg ozzgenozzzzzzen zznd
oten onderzz dergesfott Jürgezogen word, doss er djjezzttictz in der Rosten zzzz't der gütdenen Rose tzesctzezz-
ctcet worden.), - besonders ausführlich - Balthasars (ebda., S. 118: Er wor ein setzr gütiger, gotts/üre/;-
tiger Herr, dezzz geistiz'cizezz Sfonde zzzz't (zo'ctzster Wotzigewogentzeit zzzgeftzon, ots wetctzezzz er nz'zzzzzzer etwos
notzzzz, sondern gezzzeizzigiictz wos gotz. Die getzeiiige Oerter iietzte er ützer die zzzossen frejjtictz, weswegen er
zzzzzz Ritter dosettzst sictz sctztogen tiess, Cozzzposfett in Spozziezz, wosettzst des tzeitigen Jocotzi Kirctze, izzgtei-
ctzen ozzctz die Stodt Rozzz tzeszzctzte er zzzz't sondertzotzrezzz Bedoctzt [...] dezzz Jogen wor er Jost setzr ergetzen,
doctz otzer nersd'zzzzzte er deswegen den Gottesdienst nz'ctzt. ln sez'nezzz tetzten Wz'tten tzeotzoctztete er gor
Jreygetzig die Etzre Gottes.) oder Heinrichs V. (ebda., S. 120: An die geistiicizen Güttzer tegte er so gor
treizze gewottsozzze Hond, doss er nietzzzetzr ein eijriger Besctzützer wor ottes dessen, so geistticiz gezzezzzzet
word, zznd nz'ctzt ottez'n non seinen Hzzterttzozzezz, sondern ozzciz non den Azzswd'rfz'gen eintzettz'g Jür einen
Ez'etztzotzer zznd ez'ntzige Zzzjtzzctzf des wotzren Gottesdienstes getzotten wordezz). - Dazu auch G. WERNER
2002, S. 188.
120 Vgl. dazu und zum Folgenden Voss 1902; WiGGER 1875; BoLL 1849; LiscH 1843.
121 LAS, Bestand 2.12-1/7 Reisen mecklenburgischer Fürsten, Nr. 1228, fase. 13.
122 MlNNEKER 2007) S. 152ff.; MlNNEKER/POECK 1999, S. 31f.
123 Vgl. zu den Herzogen von Pommern als Pilgern etwa NoLTE 1998 u. 1997) S. 92; ZDRENKA1995.
 
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