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Auge, Oliver; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Handlungsspielräume fürstlicher Politik im Mittelalter: der südliche Ostseeraum von der Mitte des 12. Jahrhunderts bis in die frühe Reformationszeit — Mittelalter-Forschungen, Band 28: Ostfildern, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.34741#0339

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324

V. Fürstliches Rangbewußtsein und dynastische Repräsentation

nichts ausrichten können, er die Mecdeindnryer ztdd rerHiddirn^ er/ör&rt nnd anjjye-
nowwen / mit deren dnei/J er die anderen großen Vd'icicer yezdinnei / nnd dznen in seinem %&zng
die Wiidüdzr mit den anderen dennciz dürfen Ländern znsc/m^en / nderyeden.^ Gegen die Otto-
nenkaiser hätten die Mecklenburger ebenso mit nMnciteriey giüc/c gekämpft, so daß deren
Heerführer ihnen oftmals ihre Zelte smnpf niien, was siege/mH, als Beute überlassen muß-
ten. Der Humanist Krantz verband somit offenkundig das von Kirchberg rezipierte
Wissen mit seiner eigenen Begeisterung für die Antike und siedelte die Ursprünge der
Mecklenburger hinter dem zur Franken- und Ottonenzeit einsetzenden Kirchberg in
der Antike an."'
Der bereits genannte Nikolaus Marschalk übertrumpfte schließlich seine historio-
graphischen Vorgänger Kirchberg und Krantz^ und schuf mit seinem augenscheinlich
von ihm selbst ganz frei erfundenen Konstrukt einer Abstammung der mecklenburgi-
schen Fürsten von den antiken Herulern und speziell von deren sagenhaften König,
dem Amazonensohn Anthyrius, etwas absolut neues und weit über die Historiographie
vor ihm hinausgehendes: Er schrieb die Genealogie der Mecklenburger um rund 1.000
Jahre weiter als Kirchberg lückenlos bis in die Zeit Alexanders des Großen zurück, in
dessen Heer Anthyrius als Hauptmann gedient haben sollte."' Marschalk verheiratete
Anthyrius im übrigen auffallender Weise mit einer gotischen=schwedischen Prinzessin
und Anthyrius' unmittelbare Nachfolger fast sämtlich auch mit Töchtern aus skandina-
vischen Königshäusern.^ Damit konnte der Autor im nachhinein die ehemals starke
Verbindung der Mecklenburger zu diesem Raum und ebenso das mecklenburgische In-
termezzo auf dem schwedischen Königsthron von 1364 bis 1389 besser begründen und
mehr noch, nämlich die nach wie vor bestehenden politischen Ambitionen der Meck-
lenburger im Ostseeraum legitimieren.^"
Bereits in seinem ersten historiographischen Werk, der Reimchronik zur Geschichte
des mecklenburgischen Fürstenhauses, hatte Marschalk berichtet, daß Anthyrius nach
Alexanders Tod eine bunte Schar von Gefolgsleuten, auf griechisch Obotriten, um sich
gesammelt habe, um mit diesen in sein ursprüngliches Herkunftsland an der Ostsee zu-
rückzukehren und dort ein Reich zu begründen.^ Im Wappen hätten sie den Ochsenkopf
geführt zur Erinnerung an Alexanders Pferd Bukephalos, das einen Ochsenkopf beses-
sen habe.'" Die Bezeichnung Obotriten wie auch das Wappentier, das selbstredend auch

145 Ebda., S. 516.
146 Damit erweist er sich natürlich als ein typischer Vertreter des Humanismus. Siehe dazu allge-
mein etwa MuHLACK 2001, S. 16. - Zum generellen Verfahren der damaligen Historiker siehe
HELMRATH 2003.
147 Vgl. zu den Abhängigkeiten CoRDSHAGEN 2000; HELMRATH 2005, S. 370.
148 RÖPCKE 1995, S. 18. - Vgl. dazu auch MürrELMANN 1876, S. llff. und HOFMEISTER 1896. Siehe
dazu insgesamt neben G. WERNER 2002, S. 172ff. auch ELSMANN 2001.
149 RÖPCKE 1995, S. 18ff.: Anthyrius °° Symbulla von Schweden (siehe die Abb. im Anhang), An-
thyrius II. °c Marina von Dänemark, Huterus °° Juditha von Finnland, Visilaus °° Tiburina von
Norwegen, Vitislaus °° Anarnia von Schweden. - Zur Gleichsetzung der späteren Schweden mit
den antik-mittelalterlichen Goten siehe z. B. MÖRKE 1996.
150 Magnus II. machte sich angeblich zeitweilig Hoffnungen, den schwedischen Königsthron zu
besteigen (siehe dazu PRiEBATSCH 1898, III, S. 75), und sein Sohn Albrecht VII. sollte später noch
lange Jahre - freilich vergebliche und kostspielige - Hoffnungen auf den dänischen Königsthron
hegen (dazu SELLMER1999 u. 1995; HoFFMANN 1983).
151 Marschalk, Chronicon, fol. 7r: Die zeit do Jioifcd sodcd Mnnge?nncd / Einer der Herren?! nnnd /orcdfe
die rncd / Der nod nn'f sied eynn grosse Scdor / Die worden genonf Odefrifenn Jnrwor / Dos ist in drigi-
scder Sprncde Horde, / Sooii gesogf die Bnnfe gorde [...].
152 Ebda., fol. 8v: Denn OcdssendopJJ/nrfe die Scdore do ode / Ans Aiexonders gedecdfnns nnnd scdode /
Donn er eynn p/erdf Ende Bncepdoins genonf / Dos dode einen OcdsendopJJ woi dedonnf [...].
 
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