Wahl und Thronfolge
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die bezeichnenderweise besonders bei Dynastiewechseln und problematischen Herr-
schererhebungen durchgeführt wurden, so in den Jahren 1002, 1024, 1125 und 1138.^
Noch im Spätmittelalter konnte es in solchen Fällen zu einer förmlichen Nachwahl
(Wilhelm von Holland, 1252)^ oder zumindest zu nachträglichen Stimmabgaben (zum
Beispiel bei Karl IV. 1349) kommen.^
Wie das Spätmittelalter auf Reichsebene vor allem durch die Luxemburger, Wit-
telsbacher und Habsburger geprägt wurde, so stellten bekanntlich auch im Hochmittel-
alter im Wesentlichen drei Dynastien die römisch-deutschen Könige. Statt eines regen
Wechsels hatten diese jedoch nacheinander die Herrschaft inne, so dass der Wahl vor
allem bei den besagten Herrschaftsübergängen zwischen Ottonen und Saliern (1024)
oder Saliern und Staufern (1125,1127/1138) besondere Bedeutung zukam. Für die Unter-
suchung der Wahlformen ist man daher mit dem Problem konfrontiert, dass diese aus
verschiedenen Episoden konstruiert werden müssen und man hierfür nicht wie im
Spätmittelalter auf eine kontinuierliche Entwicklung zurückgreift. Hinzu kommt zum
einen, dass die Überlieferung häufig allzu lückenhaft ist und nur selten Einblicke in
den Hergang der Wahl ermöglicht. Zum anderen können auch die wenigen ausführli-
chen Berichte, wie die Sachsengeschichte Widukinds von Corvey zu 919 und 936, Wipos
Gesta Chuonradi zu 1024 oder die Narratio de electione Lotharii zu 1125, für eine Re-
konstruktion der Ereignisse in der Regel nur unter - teilweise erheblichen - Abstrichen
herangezogen werden.^ Nicht zufällig beschäftigt sich zumeist eine ganze Reihe von
Einzelstudien oder zusammenhängenden Arbeiten immer wieder gezielt mit bestimm-
ten Herrschererhebungen,^ die aufgrund der unterschiedlichen Angaben der Quellen
auf vielfältige Art und Weise gedeutet werden können.
Vielzahl von Elementen kurz behandelt, wobei Quellen des gesamten Mittelalters zusammen-
getragen werden.
23 Vgl. hierzu ScHMiDT, Königsumritt und Huldigung, sowie zusammenfassend ScHMiDT, Umritt.
24 Siehe unten, Kapitel 7.2.1.
25 Siehe unten, Kapitel 5.9.4.
26 Von der Fülle an Literatur kann hier nur auf eine Auswahl verwiesen werden: Zu 919 vgl. die
grundsätzliche Debatte zwischen Johannes Fried und Gerd Althoff (zur Argumentation siehe
KoLMER, Wie Historiker streiten, hier besonders S. 86f.), die jedoch nicht zu einer wirklichen
Einigung, sondern eher zur Beibehaltung und Bekräftigung der früheren Positionen geführt
hat (vgl. ALTHOFF, Ottonen, S. 29-45; FRIED, Zu Gast im Mittelalter, S. 47-80, im Wesentlich basie-
rend auf älteren Aufsätzen). Zu 936 siehe KELLER, Widukinds Bericht; zu 1024 REunNG, Kur in
Deutschland und Frankreich, S. 14-35, REunNG, Entwicklung der Wahlformen, S. 232-241 und
RoGGE, Die deutschen Könige im Mittelalter, S. 14-17; zu 1125 REunNG, Kur in Deutschland und
Frankreich, S. 143-173, REunNG, Entwicklung der Wahlformen, S. 257-262, ScHMiDT, Königs-
wahl und Thronfolge, S. 47-52, NoNN, Geblütsrecht, Wahlrecht, Königswahl, RoGGE, Die deut-
schen Könige im Mittelalter, S. 22-25 und zrüetzt ScHNEiDMÜLLER, Mittelalterliche Geschichts-
schreibung als Überzeugungsstrategie; zu 1138 REunNG, Kur in Deutschland und Frankreich,
S. 175-117; ScHMiDT, Königswahl und Thronfolge, S. 69-90; VoNES-LiEBENSTEiN, Neue Aspekte
zur Wahl Konrads III.; PAULER, War König Konrads III. Wahl irregulär?; LuBicH, Beobachtungen
zur Wahl Konrads III. Bezeichnenderweise sah sich KELLER, Schwäbische Herzoge als Thron-
bewerber, S. 148 hinsichtlich der Vorgänge in Forchheim 1077 zu dem Einschub genötigt: »sei es
im Verhalten der Großen, sei es im Bericht der Geschichtsschreiber«.
27 Siehe zu 1002 z. B. SCHNEIDER, Königserhebung Heinrichs II.; ScHLESiNGER, Erbfolge und Wahl;
KELLER, Schwäbische Herzoge als Thronbewerber, S. 133-145; PATZOLD, Königserhebungen zwi-
schen Erbrecht und Wahlrecht?. Die ersten beiden Aufsätze erschienen kurioserweise im selben
Jahr, wobei Reinhard Schneider die Arbeit seinem Lehrer Walter Schlesinger widmete, dessen
Ausführungen wiederum in der Festschrift für Hermann Heimpel erschienen. Zu wider-
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die bezeichnenderweise besonders bei Dynastiewechseln und problematischen Herr-
schererhebungen durchgeführt wurden, so in den Jahren 1002, 1024, 1125 und 1138.^
Noch im Spätmittelalter konnte es in solchen Fällen zu einer förmlichen Nachwahl
(Wilhelm von Holland, 1252)^ oder zumindest zu nachträglichen Stimmabgaben (zum
Beispiel bei Karl IV. 1349) kommen.^
Wie das Spätmittelalter auf Reichsebene vor allem durch die Luxemburger, Wit-
telsbacher und Habsburger geprägt wurde, so stellten bekanntlich auch im Hochmittel-
alter im Wesentlichen drei Dynastien die römisch-deutschen Könige. Statt eines regen
Wechsels hatten diese jedoch nacheinander die Herrschaft inne, so dass der Wahl vor
allem bei den besagten Herrschaftsübergängen zwischen Ottonen und Saliern (1024)
oder Saliern und Staufern (1125,1127/1138) besondere Bedeutung zukam. Für die Unter-
suchung der Wahlformen ist man daher mit dem Problem konfrontiert, dass diese aus
verschiedenen Episoden konstruiert werden müssen und man hierfür nicht wie im
Spätmittelalter auf eine kontinuierliche Entwicklung zurückgreift. Hinzu kommt zum
einen, dass die Überlieferung häufig allzu lückenhaft ist und nur selten Einblicke in
den Hergang der Wahl ermöglicht. Zum anderen können auch die wenigen ausführli-
chen Berichte, wie die Sachsengeschichte Widukinds von Corvey zu 919 und 936, Wipos
Gesta Chuonradi zu 1024 oder die Narratio de electione Lotharii zu 1125, für eine Re-
konstruktion der Ereignisse in der Regel nur unter - teilweise erheblichen - Abstrichen
herangezogen werden.^ Nicht zufällig beschäftigt sich zumeist eine ganze Reihe von
Einzelstudien oder zusammenhängenden Arbeiten immer wieder gezielt mit bestimm-
ten Herrschererhebungen,^ die aufgrund der unterschiedlichen Angaben der Quellen
auf vielfältige Art und Weise gedeutet werden können.
Vielzahl von Elementen kurz behandelt, wobei Quellen des gesamten Mittelalters zusammen-
getragen werden.
23 Vgl. hierzu ScHMiDT, Königsumritt und Huldigung, sowie zusammenfassend ScHMiDT, Umritt.
24 Siehe unten, Kapitel 7.2.1.
25 Siehe unten, Kapitel 5.9.4.
26 Von der Fülle an Literatur kann hier nur auf eine Auswahl verwiesen werden: Zu 919 vgl. die
grundsätzliche Debatte zwischen Johannes Fried und Gerd Althoff (zur Argumentation siehe
KoLMER, Wie Historiker streiten, hier besonders S. 86f.), die jedoch nicht zu einer wirklichen
Einigung, sondern eher zur Beibehaltung und Bekräftigung der früheren Positionen geführt
hat (vgl. ALTHOFF, Ottonen, S. 29-45; FRIED, Zu Gast im Mittelalter, S. 47-80, im Wesentlich basie-
rend auf älteren Aufsätzen). Zu 936 siehe KELLER, Widukinds Bericht; zu 1024 REunNG, Kur in
Deutschland und Frankreich, S. 14-35, REunNG, Entwicklung der Wahlformen, S. 232-241 und
RoGGE, Die deutschen Könige im Mittelalter, S. 14-17; zu 1125 REunNG, Kur in Deutschland und
Frankreich, S. 143-173, REunNG, Entwicklung der Wahlformen, S. 257-262, ScHMiDT, Königs-
wahl und Thronfolge, S. 47-52, NoNN, Geblütsrecht, Wahlrecht, Königswahl, RoGGE, Die deut-
schen Könige im Mittelalter, S. 22-25 und zrüetzt ScHNEiDMÜLLER, Mittelalterliche Geschichts-
schreibung als Überzeugungsstrategie; zu 1138 REunNG, Kur in Deutschland und Frankreich,
S. 175-117; ScHMiDT, Königswahl und Thronfolge, S. 69-90; VoNES-LiEBENSTEiN, Neue Aspekte
zur Wahl Konrads III.; PAULER, War König Konrads III. Wahl irregulär?; LuBicH, Beobachtungen
zur Wahl Konrads III. Bezeichnenderweise sah sich KELLER, Schwäbische Herzoge als Thron-
bewerber, S. 148 hinsichtlich der Vorgänge in Forchheim 1077 zu dem Einschub genötigt: »sei es
im Verhalten der Großen, sei es im Bericht der Geschichtsschreiber«.
27 Siehe zu 1002 z. B. SCHNEIDER, Königserhebung Heinrichs II.; ScHLESiNGER, Erbfolge und Wahl;
KELLER, Schwäbische Herzoge als Thronbewerber, S. 133-145; PATZOLD, Königserhebungen zwi-
schen Erbrecht und Wahlrecht?. Die ersten beiden Aufsätze erschienen kurioserweise im selben
Jahr, wobei Reinhard Schneider die Arbeit seinem Lehrer Walter Schlesinger widmete, dessen
Ausführungen wiederum in der Festschrift für Hermann Heimpel erschienen. Zu wider-