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Büttner, Andreas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der Weg zur Krone: Rituale der Herrschererhebung im spätmittelalterlichen Reich — Mittelalter-Forschungen, Band 35,1: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34718#0203

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188

Herrschererhebungen des Spätmittelalters

5.2 Die Herrschererhebung Richards von Cornwall (1257)

5.2.1 Die gekaufte Wahl
Das Leben Wilhelms von Holland wurde nach etwa siebenjähriger Regierungszeit
durch diejenigen beendet, die ihm maßgeblich dabei geholfen hatten, den Aachener Kö-
nigsthron in Besitz zu nehmen: Am 28. Januar 1256 brach er während eines Kriegszugs
gegen die Friesen im Eis ein und wurde erschlagen.'"" Als sein Tod im Reich bekannt
wurde, begannen unter den Fürsten und Städten Verhandlungen bezüglich der Wahl
eines neuen Königs. Durch die Wahl Alfons' X. von Kastilien durch Pisa im März, die
Ansprüche des Schwagers Wilhelms von Holland, Graf Hermann von Henneberg, die
Initiative des sächsischen Herzogs zugunsten des Markgrafen Otto von Brandenburg
im August und die zuerst im Juni eindeutig fassbaren Bemühungen Richards von Corn-
wall waren mehrere Kandidaten im Gespräch. Schließlich gelang es Richard, dem Bru-
der des englischen Königs Heinrich III., sich der Stimmen der Erzbischöfe von Köln und
Mainz sowie des Pfalzgrafen bei Rhein zu versichern, so dass er Ende des Jahres 1256
gegenüber deren Boten die Annahme der Wahl verkünden konnte."^ Seinen potentiel-
len Wählern musste er dafür umfassende Zugeständnisse machen, welche schriftlich
festgehalten wurden und unter anderem hohe Geldzahlungen beinhalteten.^

105 RI V 1,2 Nr. 5286b; UmicH, Geschichte des römischen Königs Wilhelm von Holland, S. 118f.;
HiNTZE, Das Königtum Wilhelms von Holland, S. 214.
106 RI V,l,2 Nr. 5288a und 5289. Zu den Vorgängen und Verhandlungen seit dem Tod Wilhelms siehe
KocH, Richard von Cornwall, S. 109-119, LEMCKE, Beiträge zur Geschichte König Richards von
Cornwall, S. 8-15 sowie HurrMAN, Mz'üapz'f zzzc cf cgo cnzzz corozzzdw, S. 78-83, am besten jedoch
GROTEN, Konrad von Hochstaden, S. 483-505. Dass Heinrich III. die Wahl seines Bruders bereits
früh förderte, um den Erwerb Siziliens für seinen Sohn Edmund voranzubringen, wie es gele-
gentlich die ältere Forschung annahm (so noch SCHWAB, Richard von Cornwall, Sp. 810), ist von
HiLPERT, Richard of Cornwall's candidature, S. 188 in Frage gestellt und von GROTEN, Konrad
von Hochstaden, S. 490f. (ohne den Verweis auf Hilpert) zurückgewiesen worden. Die genauen
Vorgänge auf dem Weihnachtsparlament in Westminster, d. h., ob die englischen Magnaten
fälschlich über die bereits erfolgte oder nur über die in Kürze beabsichtigte Königswahl infor-
miert wurden, ist von der Forschung immer wieder unterschiedlich interpretiert worden: Vgl.
HiLPERT, Richard of Cornwall's candidature, S. 189-195, der von einer »comedy« spricht (S. 190);
dagegen GROTEN, Konrad von Hochstaden, S. 504-507 und WEILER, Matthew Paris, besonders
S. 75: »The news conveyed at the Christmas parliament was thus probably less a carefully staged
comedy, than an embroidered and embellished, but nonetheless accurate representation of
what the king and his court knew at the time.« Eine Einbettung der Doppelwahl von 1257 in den
europäischen Kontext unternimmt KAUFHOLD, Deutsches Interregnum und europäische Politik,
S. 27-97.
107 Vgl. hierzu KocH, Richard von Cornwall, S. 120-122; HAIDER, Schriftliche Wahlversprechen,
S. 122-130; GROTEN, Konrad von Hochstaden, S. 501-505; STEHKÄMPER, Geld bei deutschen Kö-
nigswahlen, S. 210-212, wo die Beträge ebenfalls in den europäischen Kontext »großer Staats-
aktionen« eingeordnet werden und dadurch keineswegs so unvorstellbar hoch erscheinen, wie
mancher Zeitgenosse meinte. Die urkundlich überlieferten Geldversprechungen von 8000 Mark
Sterling an den Kölner Erzbischof sollten dessen Mwrcs zzozz zzzodz'cos cf cxpczzsas propfcr prcsczzs
MCgoczHZ?: decken (MGH Const. 2, Nr. 383, S. 483, § 5). Dies ist der erste Fall, in dem die Geldzah-
lungen zur Deckung der Unkosten der Wahl erscheinen, wenngleich die Beträge gestaffelt an
gewisse auf die Zukunft bezogene Ereignisse gebunden sind und keine Abrechnung der bereits
entstandenen Kosten darstellen.
 
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