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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 22.1912

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Heft 1
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Gischler, W.: Hans Gsell
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https://doi.org/10.11588/diglit.26494#0025

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Hans Gsell. Junger Tiger (Cdelmajolika). Hans Gsell. Kater (Cdelmajolika).

Hans

er Künstler, dessen Tierbildnereien hier durch
einige Bemerkungen begleitet werden sollen,
hat als Maler angefangen und ist als Schüler
des Tiermalers Aügel selbständig zur plastischen Dar-
stcllung gekommen; man möchte sonst meincn, er sei
aus der Werkstatt Gauls hervorgegangen, so nahe steht
er diesern unbestrittenen Meister, wenigstens für den
ersten Blick: die selbe Beobachtung der Drolligkeit junger
Tiere, die selbe Natürlichkeit der Auffassung und die
selbe edle Einfachheit der plastischen Formen. Es ist aber
ein junger Elsasser, der durch Aügel nach München kam
und dort noch heute — also nahe der Schule Hildebrands,
aber merkwürdig unbeeinflußt von ihr — in einem ebenso
intensiven wie erfreulichen Studium begriffen stcht.

Er fing, was das Material betrifft, gewissermaßen
unten, beim Kunsthandwerk, an, indem er mit der Edel-
majolika begann. Das mag bittere Notwendigkeit gewesen
sein; denn Bronze und Marmor sind teuer; sicher aber
hat ihm gerade dieses Material mit der geflossenen
Glasur mehr als anderes gelegen: Sein „junger Tiger"
und der spätere „Kater" sind — wie schließlich alle Er-
zeugnisse der Kleinplastik — kunstgewerbliche Gegen-

Gscll.

stände, aber ihre Form ist groß. Die Glasur verträgt
keine Kleinlichkeiten, die Oberfläche muß, wie sie, mit
einer gewissen Glätte die Form umfließen; aber diese
Glätte kann, vergleichsweise gesprochen, rein plakat-
mäßig eine dekorative Verhüllung der plastischen Auf-
gabe geben — wie die Kopenhagener Porzellane —,
sie kann auch an die Lösung der plastischen Aufgabe
herangehen, indem sie daraus, also aus einer Forderung
des Materials, nur die Grundlage einer strengen Ver-
einfachung gewinnt. Das ist der Fall bei Gsell.

Weder der Tiger noch der Kater lassen sich etwa in
Stein oder Bronze vergrößert denken; der drollige Gegen-
stand, Material und Behandlung sind auf ein Kleinmaß
festgelegt; wohl aber spürt man sofort: die selbe Hand,
die hier scherzhaft arbeitete, wird einen größeren Griff
haben, wenn die größere Aufgabe kommt, sie ist nicht
auf diese Größe und Art festgelegt. Genau genommen
ist dieses Gefühl das, was derartige Kleinarbeiten dem
künstlerischen Gefühl angenehm macht; es empsindet
sofort: hier ist keine Manier, sondern ein künstlerisches
Maß, nur ein Kleinmaß, aber ein bewußt und mit Ge-
schmack angenommenes. Der selbe Gaul, der die drolligen

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