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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Editor]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 22.1912

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Heft 6
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Brinckmann, Albert E.: Stadtbaukunst des 18. Jahrhunderts in Metz: ein @Mahnwort an die moderne Stadt
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https://doi.org/10.11588/diglit.26494#0215

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Abb. 1. Plan von Blondel für die Umgebung des Domes.

(Aus A. C. Brinckmann, Deutsche Stadtbaukunst in der Vergangenheit. Verlag H. Keller, Frankfurt a. M., 1911.)

Stadtbaukunst des 18. Jahrhunderts in Meh

Ein Mahnwort an die moderne Stadt.

ine Stadt, die sich nicht durch besondere Schön-
heit auszeichnet — und das ist auch Metz — wird
mit Hingebung darauf zu achten haben, das für
sich zu bewahren, was die Kunst des Stadtbaus früherer
Jahrhunderte ihr schenkte. Besinnung und Selbsterkennt-
nis werden ihr gezeigt haben, daß sie mit der Bewahrung
dieses oder jenes historisch und künstlerisch wertvollen,
einzelnen Baues mehr für die Kunstgeschichte wie für
ihren eigenen Gesamtorganismus gesorgt hat. Denn
jene Ströme von Lebendigkeit und Kraft, jene be-
schwingten Rhythmen, die wir in manchen Teilen alter
Stadte mit unserer ganzen Körperlichkeit spüren,
sind nicht die Wirkungen einzelncr Baulichkeiten, sondern
größerer architektonischer Situationen. Die Stadt wird
daher wissen, wo diese Schwerpunktc ihrer Anlage liegen,
ihr Verstandnis für ebendiese wird über das Begreifen
hinaus zur Tat werden und sie wird selbst ihre schöpfe-
rische Kraft dafür einzusctzen wissen. Lebendige Pflege
der baukünstlerischen Tradition, Entwicklung des Ge-
gebenen, das geht über Denkmalpflege. Es gilt, eine
höhere und tiefere Gesinnung zu zeigcn als den klein-
mütigen Wunsch, das, was man hat, möglichst langsam
zu verlieren.

Von dieser nicht allein konservierenden, sondern sogar
schöpferischen Gesinnung ist bei dem schnellen Wachstum
unserer Städte kaum etwas zu spüren. Sie breiten sich
über alle Grenzen aus, die neuen Quartiere erscheinen
manchmal frisch und lebensvoll, dabei stirbt der Kern ab.
War dieser Stadtkern ein Gefüge von Einzelheiten, in
sich geschlossener Platze, reizvoller Straßenblicke, so ging
die Umwandlung für den flüchtigen Betrachter unbemerkt
vor sich, hatte dagegen eine frühere Aeit diesen Kern
zu einem zusammenhangenden und weit ausgemessenen
Organismus umgewandelt, in dem sich das Einzelne
durch seine Beziehung zum Ganzen wertete, so würden,
sollte man glauben, falsche Eingriffe in denselben den
Einspruch vieler Bürger erregen. Das ist nun fast nie
der Fall. Aus mehreren Gründen. Einmal ist das Ver-
haltnis der meisten Stadtbewohner zur Stadt nur ein
wirtschaftliches. Soweit es dabei den Stadtbau angeht,
bestimmt in erster Linie die Boden- und Bauspekulation.
Der Spekulant steht aber erfahrungsgemaß stadtbau-
künstlerischen Fragen vornehmlich in der Altstadt gleich-
gültig gcgenüber. Aweitens arbeiten Stadtbauamt und
Fiskus meist so geheimnisvoll, daß die Oeffentlichkeit
verlernen mußte, an baulichen Dingen Anteil zu nehmen.
 
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