Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein
— 22.1912
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https://doi.org/10.11588/diglit.26494#0371
DOI Heft:
Heft 10
DOI Artikel:Grolman, Adolf von: Moderne Buchkunst, 2: Einband und Papier
DOI Seite / Zitierlink:https://doi.org/10.11588/diglit.26494#0371
Abb. 1. Einbändc des Derlags Georg Müller, München.
Moderne Buchkunst
II. Einband und Papier.
er typogrnphischen Gestaltung des Buches gesellt
sich nls nicht minder wichtig die Ausstattccng
durch Papier nnd Einband. Jeder, der eine
Bibliothek besitzt, weiß leider, daß die Sünden des
19. Jahrhunderts nach diesen beiden Richtungen fast
noch schlimmer sind, als die im
Buchdruck selbst. Wahrend man
aber fast bis zur Wende des
18. Jahrhunderts zcwückgehen
muß, um einem mit guten Let-
tcrn geschmackvoll gesetzten Buche
zu begegnen und jedenfalls nach
dem Tode Goethes ein solches
vergeblich suchen wird, setzt der
Verfall der außeren Ausstattnng
des Buches anscheinend etwas
später ein. Aum mindesten ist
bis zur Mitte des Jahrhunderts,
wie auch in anderen Gewerben,
noch die technische Qualität
des Papiers cind des Einbandes
eine anständige. Man kann
sich hiervon leicht überzeugen,
wenn man von dem Bücher-
brett etwa die vom Vater aus
der ersten Hälfte des Jahr-
hunderts ererbten Klassiker her-
abnimmt und damit die eige-
nen Anschaffungen aus den
70 er und 80 er Jahren ver-
gleicht. Während das Papier der älteren Bücher durch-
gehend gut erhalten ist, wird man unter den Neuerwer-
bungen kaum einen Band finden, dessen Ränder nicht
braun geworden sind.
Und nun gar die Einbände! Sitzen die Bücher aus
der Aeit Gutenbergs noch heute
fest in ihren Rücken, so wackeln
die selbst gekauften fast alle in
den Scharnieren, und das gilt
nicht nur für die fertig vom
Buchhändler bezogenen Ma-
schinenbände, nein, auch die
Herren Buchbinder begnügten
sich zum mindesten bei allen
einfachen Bänden, die Bücher
genau, wie es beim Maschinen-
band geschieht, einfach in die
Deckel mit dem Vorsatzpapier
einzukleben. Ein einnialiges
Hinfallen genügte, um solch ein
Buch, wenn es etwas schwerer
war, aus dem Einband zu lösen.
Und wie stand es mit dem Ma-
terial? Entweder schlechtester
Kaliko (beim Verlegerband meist
in ordinärstem Knallrot, Knall-
blau und mit schauderhaften in
Golddruck gepreßten Ornamen-
ten überladen) oder ein Leder,
das uns heute schon zwischen
Z4I
Moderne Buchkunst
II. Einband und Papier.
er typogrnphischen Gestaltung des Buches gesellt
sich nls nicht minder wichtig die Ausstattccng
durch Papier nnd Einband. Jeder, der eine
Bibliothek besitzt, weiß leider, daß die Sünden des
19. Jahrhunderts nach diesen beiden Richtungen fast
noch schlimmer sind, als die im
Buchdruck selbst. Wahrend man
aber fast bis zur Wende des
18. Jahrhunderts zcwückgehen
muß, um einem mit guten Let-
tcrn geschmackvoll gesetzten Buche
zu begegnen und jedenfalls nach
dem Tode Goethes ein solches
vergeblich suchen wird, setzt der
Verfall der außeren Ausstattnng
des Buches anscheinend etwas
später ein. Aum mindesten ist
bis zur Mitte des Jahrhunderts,
wie auch in anderen Gewerben,
noch die technische Qualität
des Papiers cind des Einbandes
eine anständige. Man kann
sich hiervon leicht überzeugen,
wenn man von dem Bücher-
brett etwa die vom Vater aus
der ersten Hälfte des Jahr-
hunderts ererbten Klassiker her-
abnimmt und damit die eige-
nen Anschaffungen aus den
70 er und 80 er Jahren ver-
gleicht. Während das Papier der älteren Bücher durch-
gehend gut erhalten ist, wird man unter den Neuerwer-
bungen kaum einen Band finden, dessen Ränder nicht
braun geworden sind.
Und nun gar die Einbände! Sitzen die Bücher aus
der Aeit Gutenbergs noch heute
fest in ihren Rücken, so wackeln
die selbst gekauften fast alle in
den Scharnieren, und das gilt
nicht nur für die fertig vom
Buchhändler bezogenen Ma-
schinenbände, nein, auch die
Herren Buchbinder begnügten
sich zum mindesten bei allen
einfachen Bänden, die Bücher
genau, wie es beim Maschinen-
band geschieht, einfach in die
Deckel mit dem Vorsatzpapier
einzukleben. Ein einnialiges
Hinfallen genügte, um solch ein
Buch, wenn es etwas schwerer
war, aus dem Einband zu lösen.
Und wie stand es mit dem Ma-
terial? Entweder schlechtester
Kaliko (beim Verlegerband meist
in ordinärstem Knallrot, Knall-
blau und mit schauderhaften in
Golddruck gepreßten Ornamen-
ten überladen) oder ein Leder,
das uns heute schon zwischen
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