Architektonische Reise-Eindrücke in England.
Augen, wie es ja auch unmöglich ware, das ganze gute
englische Mobiliar bei uns einzuführen.
Um nun einen Vergleich zwischen der englischen
Möbelkunst und unserer heutigen in Deutschland zu
versuchen: die Engländer scheincn mir doch an einem
Platze, der für uns noch in recht weiter Ferne liegt. Wer
kann sich bei uns für billiges Geld geschmackvoll ein-
richten? Es ist hier nachzuholen, daß eines der großen
Londoner Warenhäuser Einrichtungen von kleinen Woh-
nungen zu fünf Aimmern, das sind: zwei Schlafzimmer,
Drawingroom, Speisezimmer, Küche und ein kleiner
Vorplatz, vollständig eingerichtet, für 100 Pfund, d. h.
2000 Mark verkauft. Wer mit Wohnungseinrichtungen
schon zu tun hatte, weiß, wie unerhört billig dieser Preis
ist. Und was man dafür bekam, war schlicht aber solid
und anständig. Bei uns geben sich heute die Dresdener
Werkstätten große Mühe, billige Möbel zu machen;
Bruno Paul hat die Typenmöbel ins Leben gerufen,
das sollen sein: billige Möbel von einfachsten Grund-
formen. Beide Unternehmungen, die an sich sehr zu
begrüßen sind, rechnen aber geschmacklich nur mit be-
stimmten schlichtesten Ansprüchen und können nicht ver-
glichen werden mit der Produktion des englischen Marktes.
Von unseren üblichen Möbelgeschäften will ich garnicht
reden. Wer da nicht genau weiß, was er will, viel
Geld und lange Aeit und Geduld hat zu suchen, muß
mit recht merkwürdigen Dingen fürlieb nehmen. Nur
alte Stücke zu kaufen ist auch nicht jedermanns Sache,
und bei einem „modernen" Jnnenkünstler sich einrichten
zu lassen, ist zweifelhast im Erfolg und für die Allge-
meinheit zu teuer. Es ist eine Tatsache, daß es in Deutsch-
land heute noch eine ganz schwierige ungelöste Frage ist,
wie ein Mensch von Geschmack sich mit guten modernen
Möbeln versehen kann, ohne viel Geld auszugeben.
Fehlt es an großen Fabriken, die auf der Grundlage
des Gesunden, Eleganten und Lebensfähigen unserer
Tradition moderne gute Ware bieten, die sie infolge
von unzähligen Massenherstellungen zu billigen Preisen
liefern können? Fehlt es uns an der großen Einheitlich-
keit der Tradition, die England zu solch glücklichen Ver-
hältnisscn verholfen hat? Oder fehlt es uns an dem
geschmackbedürftigen Publikum selbst, das durch die
Höhe seiner Anforderungen die Leistungen des Marktes
bestimmt?
Wer vermöchte Antwort auf diese Fragen zu geben
oder gar den Ausweg aus unserer heutigen Richtungs-
losigkeit zu bezeichnen? Wenn man überhaupt noch so
sagen darf: denn ganz ohnc Richtung sind wir ja nun
doch nicht mehr. Es ist gewiß, daß hauptsächlich Bruno
Paul es war, der aus der Unklarheit der modernen Be-
wegung herausgeholfen hat; er hat durch seine Werke
vermehrt auf die Aeit vor etwa 100 Jahren hingcwiesen
und gezeigt, daß jene Formen wirklich belebungsfähig
sind, mehr als dies Schultze-Naumburg durch seine
Werke — wohl nicht durch seine Worte — tat.
Trotzdem lassen die neuesten Ergebnisse auf der
Brüsseler Weltausstellung nicht recht erkennen, wohin
bei uns der Weg geht. Abgesehen davon, daß es sich
dort um die Leistungen der einzelnen Künstler handelte,
nicht um die der Fabriken, ist diesen Räumen nicht ganz
mit Unrecht der Vorwurf eines zu allgcmeincn, inter-
nationalen Charakters gemacht worden. Dies fällt um
so mehr auf, wenn man dann in England gesehen hat,
wie sehr hier alles von nationaler Eigenart geblieben ist.
Man kann nicht von englischen Möbeln erzählen,
ohne sich mit Vergnügen des Eindrucks zu erinnern, den
englische Antiquariate machen. Es ist ein großer Genuß,
in solch einem alten Laden umherzugehen. Dies alte
Holzwerk, Glas, Porzellan usw. ist von einer so anziehen-
den Feinheit und Gcmütlichkeit daß man glaubt,
mitten in die Aeiten jener alten Romane versetzt zu
sein, die so anheimelnd zu lesen sind; ja, glaubt man nicht
angesichts dieser vielen Aeugen alter Aeiten auch die
Geister vieler anderer bis dahin ungelesener Romane
mit einem Male zu kennen? Von dieser Seite her lernt
man England von neuem lieben und denkt nur ungern
an die^Möglichkeit einer ernstlichcn Feindschaft mit uns.
(Schluß folgt.) Hans Schmidt.
on den Hohen Zeiten.
Sprüche des Angelus Pelegrinus.
Karfreitag (Die kleine Passion).
Den eingebornen Sohn gab Gott in die Verachtung,
auf daß das Göttliche sei aller Welt Betrachtung.
Du Mensch verachtest nichts, es sei denn eh geehret,
und hörig bist Du Jhm, der früh mit Schmach beschweret.
Der Geist auf dieser Erd mußt als im 'Elend schleichen,
die Welt mit Gnad und Hohn durft Bettlers Brot ihm
reichen;
doch soll er spät einmal sich solcher Not entschwingen:
dann wird er großen Awangs das bittre Dasein zwingen.
Weihnachten.
ö ),vr»r orsvx'rv (Evangelium Johannis).
Die Söhne Gottes sahen der Menschen
Tichtcr, daß sie schsn waren. (Genesis.)
Siehst Du den Gottes Sohn nach Erdenwesen lüstern?
Hörst Du der Maja Brut ihm heiße Worte flüstern?
Ja wahr! auf irdsches Glück die Himmels Helden jagen,
und um versäumtes Jetzt hör ich die Ewgen klagen.
Ach! ist so wert die Ieit? Jst nicht das Sein vom Argen?
Du Alldurchdringer Geist! Wie bannst Du dich dem
Kargen?
Die Kraft ist je bereit, ja leidet Brunst zu schafsen.
Wer baut der Glut den Herd, dem Starken heilgeWaffen?
Wo sich das Ewig Gut dem Zeitlichen vermählet,
zu enger Haft und Form das Räumliche erwählet:
da keimt des Sehnens Sinn, da heiligt sich die Traucr,
da bebt das Sein im Nu in Glücks zeitlosem Schauer.
Augen, wie es ja auch unmöglich ware, das ganze gute
englische Mobiliar bei uns einzuführen.
Um nun einen Vergleich zwischen der englischen
Möbelkunst und unserer heutigen in Deutschland zu
versuchen: die Engländer scheincn mir doch an einem
Platze, der für uns noch in recht weiter Ferne liegt. Wer
kann sich bei uns für billiges Geld geschmackvoll ein-
richten? Es ist hier nachzuholen, daß eines der großen
Londoner Warenhäuser Einrichtungen von kleinen Woh-
nungen zu fünf Aimmern, das sind: zwei Schlafzimmer,
Drawingroom, Speisezimmer, Küche und ein kleiner
Vorplatz, vollständig eingerichtet, für 100 Pfund, d. h.
2000 Mark verkauft. Wer mit Wohnungseinrichtungen
schon zu tun hatte, weiß, wie unerhört billig dieser Preis
ist. Und was man dafür bekam, war schlicht aber solid
und anständig. Bei uns geben sich heute die Dresdener
Werkstätten große Mühe, billige Möbel zu machen;
Bruno Paul hat die Typenmöbel ins Leben gerufen,
das sollen sein: billige Möbel von einfachsten Grund-
formen. Beide Unternehmungen, die an sich sehr zu
begrüßen sind, rechnen aber geschmacklich nur mit be-
stimmten schlichtesten Ansprüchen und können nicht ver-
glichen werden mit der Produktion des englischen Marktes.
Von unseren üblichen Möbelgeschäften will ich garnicht
reden. Wer da nicht genau weiß, was er will, viel
Geld und lange Aeit und Geduld hat zu suchen, muß
mit recht merkwürdigen Dingen fürlieb nehmen. Nur
alte Stücke zu kaufen ist auch nicht jedermanns Sache,
und bei einem „modernen" Jnnenkünstler sich einrichten
zu lassen, ist zweifelhast im Erfolg und für die Allge-
meinheit zu teuer. Es ist eine Tatsache, daß es in Deutsch-
land heute noch eine ganz schwierige ungelöste Frage ist,
wie ein Mensch von Geschmack sich mit guten modernen
Möbeln versehen kann, ohne viel Geld auszugeben.
Fehlt es an großen Fabriken, die auf der Grundlage
des Gesunden, Eleganten und Lebensfähigen unserer
Tradition moderne gute Ware bieten, die sie infolge
von unzähligen Massenherstellungen zu billigen Preisen
liefern können? Fehlt es uns an der großen Einheitlich-
keit der Tradition, die England zu solch glücklichen Ver-
hältnisscn verholfen hat? Oder fehlt es uns an dem
geschmackbedürftigen Publikum selbst, das durch die
Höhe seiner Anforderungen die Leistungen des Marktes
bestimmt?
Wer vermöchte Antwort auf diese Fragen zu geben
oder gar den Ausweg aus unserer heutigen Richtungs-
losigkeit zu bezeichnen? Wenn man überhaupt noch so
sagen darf: denn ganz ohnc Richtung sind wir ja nun
doch nicht mehr. Es ist gewiß, daß hauptsächlich Bruno
Paul es war, der aus der Unklarheit der modernen Be-
wegung herausgeholfen hat; er hat durch seine Werke
vermehrt auf die Aeit vor etwa 100 Jahren hingcwiesen
und gezeigt, daß jene Formen wirklich belebungsfähig
sind, mehr als dies Schultze-Naumburg durch seine
Werke — wohl nicht durch seine Worte — tat.
Trotzdem lassen die neuesten Ergebnisse auf der
Brüsseler Weltausstellung nicht recht erkennen, wohin
bei uns der Weg geht. Abgesehen davon, daß es sich
dort um die Leistungen der einzelnen Künstler handelte,
nicht um die der Fabriken, ist diesen Räumen nicht ganz
mit Unrecht der Vorwurf eines zu allgcmeincn, inter-
nationalen Charakters gemacht worden. Dies fällt um
so mehr auf, wenn man dann in England gesehen hat,
wie sehr hier alles von nationaler Eigenart geblieben ist.
Man kann nicht von englischen Möbeln erzählen,
ohne sich mit Vergnügen des Eindrucks zu erinnern, den
englische Antiquariate machen. Es ist ein großer Genuß,
in solch einem alten Laden umherzugehen. Dies alte
Holzwerk, Glas, Porzellan usw. ist von einer so anziehen-
den Feinheit und Gcmütlichkeit daß man glaubt,
mitten in die Aeiten jener alten Romane versetzt zu
sein, die so anheimelnd zu lesen sind; ja, glaubt man nicht
angesichts dieser vielen Aeugen alter Aeiten auch die
Geister vieler anderer bis dahin ungelesener Romane
mit einem Male zu kennen? Von dieser Seite her lernt
man England von neuem lieben und denkt nur ungern
an die^Möglichkeit einer ernstlichcn Feindschaft mit uns.
(Schluß folgt.) Hans Schmidt.
on den Hohen Zeiten.
Sprüche des Angelus Pelegrinus.
Karfreitag (Die kleine Passion).
Den eingebornen Sohn gab Gott in die Verachtung,
auf daß das Göttliche sei aller Welt Betrachtung.
Du Mensch verachtest nichts, es sei denn eh geehret,
und hörig bist Du Jhm, der früh mit Schmach beschweret.
Der Geist auf dieser Erd mußt als im 'Elend schleichen,
die Welt mit Gnad und Hohn durft Bettlers Brot ihm
reichen;
doch soll er spät einmal sich solcher Not entschwingen:
dann wird er großen Awangs das bittre Dasein zwingen.
Weihnachten.
ö ),vr»r orsvx'rv (Evangelium Johannis).
Die Söhne Gottes sahen der Menschen
Tichtcr, daß sie schsn waren. (Genesis.)
Siehst Du den Gottes Sohn nach Erdenwesen lüstern?
Hörst Du der Maja Brut ihm heiße Worte flüstern?
Ja wahr! auf irdsches Glück die Himmels Helden jagen,
und um versäumtes Jetzt hör ich die Ewgen klagen.
Ach! ist so wert die Ieit? Jst nicht das Sein vom Argen?
Du Alldurchdringer Geist! Wie bannst Du dich dem
Kargen?
Die Kraft ist je bereit, ja leidet Brunst zu schafsen.
Wer baut der Glut den Herd, dem Starken heilgeWaffen?
Wo sich das Ewig Gut dem Zeitlichen vermählet,
zu enger Haft und Form das Räumliche erwählet:
da keimt des Sehnens Sinn, da heiligt sich die Traucr,
da bebt das Sein im Nu in Glücks zeitlosem Schauer.