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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 22.1912

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Heft 7
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Bender, Ewald: Bildwerke von Franz Löhr
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https://doi.org/10.11588/diglit.26494#0254

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weichen müssen. Jst das
Werk dann in echtem Ma-
terial ausgesührt, dann zeigt
es alle stolzen Vorzüge hoher
Plastik, eine edle Rlihe, die
ergreift, doch nicht allzusehr.
Denn da die Wirkung auf
die Dauer berechnet ist, be-
darfdas Werk ein er mittleren
Temperatur der Affekte,
einer Mäßigung, die junge
Künstler, solange sie noch
nicht meisterlich sind, zur
Verzweiflung bringen kann.
Delacroirnotierte sich in sein
Tagebuch, man müsse den
frischesten und schönsten Ent-
wurf bei der Ausführung
immer ein wenig „verder-
ben". —

Franz Löhr hat seine stärk-
sten künstlerischen Eindrücke
in Paris erfahren, wo er
lange Jahre lebte und zur-
zeit sich noch aufhält. Und
es zeugt von einer bewun-
dernswerten Selbstandig-
keit, daß er weder dem Ein-
fluß Rodins verfiel, dessen
Jmpressionismus allerdings
seinem Wesen kaum ent-
sprach, noch daß er dem
jüngeren Götzen Maillol
Opfer brachte. Viellcicht ist
ihm dessen Kunst sympa-
thisch, denn beide sind spezi-
fische Rundplastiker. Aber
Maillols Anschaurmg mag
ihm zu begrenzt und zu
„ägyptisch" erschienen sein,
da er doch von aller guten
Kunst zu lernen und die eige-
nen Ausdrucksmittel nur im
Studium, nicht in Nachah-
mung der alten Meister zu
schaffen sich bestrebte.

Einige Daten aus dem
Leben und der künstlerischen
Entwicklung Franz Löhrs
werden interessieren. Er ist
geboren 1874 in Köln, be-
suchte das Realgymnasium
und erlernte dann in Hanau
zunächstin einerGoldwaren-
fabrik, später 2s^ Jahre lang
an der dortigen Aeichen-
akademie die technische Be-
arbeitung der Metalle, Ent-
werfen und Modellieren von
Schmuck und Silbergegen-
ständen. War dann 1s-^

Franz Löhr. WMensmensch.

Franz Löhr.

Eingeschlafen (Skizze, Gips).

Jahre in Heilbronn in einer
Silberwarenfabrik als Iise-
leur tätig und begab sich nun
zrim ersten Male nach Paris.
Auch hier beschäftigte er sich
anfangs nur mit Aiselieren
und Modellieren von Gold-
und Silberschmuck, besuchte
aber, nachdem er sein Tage-
>verk als Aiseleur vollbracht,
den Abendakt in einer Aka-
demie. „Die Darstellung",
so erzählt er selbst, „des nack-
ten Körpers, des Menschen
in all seinen Bewegungen
und Passionen, dieses zu er-
reichen, das wäre für mich
zurzeit das Höchste gewesen,
und gleichzeitig war aber
auch mein Entschluß gefaßt
und ich wählte die Plastik
zum Ausdrucksmittel nieiner
Jdeen. Anfangs versuchtc
ich mich in Portratplastiken,
etwas spätcr dann in figür-
lichen Reliefs, aber imnrer
noch mein Metier als Aise-
leur weiterbetreibend." Nach
zweijährigem Aufenthalt
mußte er Paris verlassen,
um in Köln seinem Vater
eine Stütze im Geschäft zu
sein, hielt es aber dort in der
Enge nicht aus und erreichte,
daß er in Düsseldorf dieMa-
demie besuchen durfte, wo
er zwei Jahre unter Röber,
Spatz und Peter Janssen
zeichnete. Der Tod des Va-
ters unterbrach jäh sein Stu-
dium, es folgt eine traurige
Aeit der Brotarbeit im elter-
lichen Haus, und dann zog
es ihn immer stärker nach
Paris; hat von da an nur
mehr gebildhauert. „Einen
Lehrer in der Plastik", so
schließt sein Bericht über sich
selbst, „habe ich nicht ge-
habt, jedoch verdanke ich
vicldem Umgang nlit intelli-
genten Menschen, mehr noch
den häufigen Besuchen des
Louvre, dem Beschauen und
Michhineinvertiefen in die
alte Kunst, vor allem der
Ägypter, Griechen und Go-
tiker, am meisten aber dem
fortwährenden Studium
nach der Natur."

Ewald Bender.

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