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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 22.1912

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Heft 11
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Edelmaier, L.: Frankenthaler Porzellan
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https://doi.org/10.11588/diglit.26494#0405

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Abb. 1. Rechende Bauersfrau. Dämchen mit Larve.

Frankenthaler Porzellan.

L^^n dcr Strnße, dic das alte Heidelberg von West
nach Ost durchzieht, steht ein imposantcs Patrizicr-
haus aus der Barockzeit. Es ist das stattliche, rote
Sandsteingebaude, in dem — seit ihrer Übersiedelung aus
dem Otto-Heinrichsbau des Heidelberger Schlosses (1908)
— die Stadtischen Sammlungen untergebracht sind. Für
die Sommernionate (Juli und August) 1912 wurden
die drei schönsten Raume dieses stilvollen Bauwerkes,
das sogenannte Pompejanische Aimmer, der Stucksaal
und das Seidentapetenzimmer, einem besonders er-
habenen Awecke geweiht: die alte kurpsalzische Residenz
hat es unternommen, den ganzen Reichtum ihrer köst-
lichen Porzellane aus der Frankenthaler Glanzzeit, wie
er seither versteckt und unbekannt in den Vitrinen und
Schranken der vornehmen Pfälzerfamilien verstreut
war, zu sammeln und in dem stilechten Rahmen der
lichten Barocksäle zum strahlenden Bilde zu einen.

Die Städte Mannheim und München haben schon
vordem glänzende Ausstellungen veranstaltet, die Ein-
blick in die Schönheit der Frankenthaler Kunstschätze
gaben. Jm Bayerischen Nationalmuseum (Sommer
1909) brachte man es, mit Hilfe auswärtiger Samm-
lungen, einschließlich dem Bestand des königlichen Be-
sitzes, auf 1028 Stücke. Die Stadt Heidelberg hat es
sich aber zur Aufgabe gemacht, nur Eigentum aus
dem Privatbesitz der Heidelberger Einwohner-
schaft vorzuführen, und hat, bei strengster Auswahl
des gebotencn Materiales, die stattliche Aahl von 1003
Modellen zusammengebracht.

Die Veranstaltung entspringt dem glücklichen Ge-
danken des, in der Geschichte des Barock und Rokoko
hervorragendbewanderten,Konservators derSamm-
lungen, Herrn Karl Lohmeyer. Seinem unermüd-
lichen Forschungseifer ist es auch zu danken, daß mit der
jetzigen Ausstellung der Stadt Heidelberg eine große
Aahl(58Stücke) hervorragender Modelle bekannt werden,

die in der bisher über Frankenthal erschienenen Literatur,
auch in dem prächtigen Sammelwerk Friedrich H. Ho f-
manns (München 1911) nicht genannt sind. Unter
diesen neuentdeckten Kunstschätzen findet man besonders
schöne Modelle von einem der Künstler frühester Periode,
dem — überhaupt erst wieder durch Hofmann identi-
fizierten —Johann Friedrich Lück (1761—64).

Die Frankenthaler Manufaktur entstand zu einer
Aeit, da die Herstellung der Porzellane nicht mehr in den
geheimnisvollen Laboratorien einzelner Chemiker und
Alchimisten ausgebrütet wurde. Die Tage, in denen sich
Haupt- und Staatsaktionen an den Besitz der wunder-
baren keramischen Erzeugnisse aus dem himmlischen
Reich und dem Land der aufgehenden Sonne knüpften,
da die Könige ihre schönsten Regimenter um den Besitz
der leidenschaftlich begehrten Porzellanware verhandelten,
waren überwunden. Als der kunstliebende Kurfürst
Carl Theodor von der Psalz im Jahre 1755 den
Straßburger Fayencefabrikanten Hannong zur Grün-
dung der Frankenthaler Manufaktur veranlaßte, war
die Kenntnis der Hartporzellanherstellung bereits be-
kannt geworden, und fast alle Höfe des 18. Jahrhunderts
befaßten sich mit der Fabrikation der zierlichen Kost-
barkeiten. Die Fabrik Carl Theodors bestand 45 Jahre
lang und produzierte während dieser Aeit die köstlichsten
Perlen des Rokokos in spielendem Überfluß.

Die Frankenthaler Künstler sind, wie dies das Los
der alten Kleinmeister war, der Erinnerung späterer
Generationen entschwunden. Nur der Kenner und
Sammler horcht auf, wenn heute ihr Name genannt wird.
Viele Kräfte aber mußten zusammenwirken, bis es
nach 100 Jahren wieder gelang, einen leitenden Faden
durch das Labyrinth dieser Kunstbetätigung, ihrer
Perioden und Namen zu ziehen. Unter den Modellen
der Heidelberger Ausstellung findet der entzückte Lieb-
haber übersichtlich geordnet die seltenen Aeichen der

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