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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (2) — 1920

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Nr. 111 - Nr. 120 (15. Mai - 27. Mai)
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Heidelberg, Donnerstag, 20. Mai LS20
Nr. -tiiS * 2. Jahrgang

Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung der Amtsbezirke Heidelberg, Wiesloch, Ginsheim, Eppingen, Eberbach, Mosbach, Buchen, Adelsheim, Boxberg
Tauberbischofsheim und Wertheim.

Verantwort!.: Fürinnereu. äußerepolitik,Dolkswirtschaftu. Feuilleton: Or.
E.Kraus; für Kommunales u.sozialeRundschau: I-Kahn; für Lokales:
O.Geibel; für die Anzeigen: H. Hoffmann, sämtlich in Heidelberg
Druck und Verlag der ilnterbadischen Verlagsanstalt G.m.b.H., Heidelberg
Geschästsstelle: Gchröderstraße 39.
Fernsprecher: Anzeigen-Annahme 2613, Redaktion 2648.

, _
Bezugspreis: Monatlich einschi. Trägerlohn 3.Z0 Mk. Anzeigenpreise:
einspaltige Petitzeile (36 mm breit) 80 pfg., Reklame-Anzeigen
i-3 mm breit) 2.20 Mk. Bei Wiederholungen Nachlaß nach Tarif.
Geheimmittel-Anzeigen werden nicht ausgenommen.
Aeschästsstunden: 8-'/,6llhr. Sprechstunden der Redaktion: 12 ilhr.
Wischeckkonto Karlsruhe Nr. 22S77. Tel.-Adr.: Volkszeitung Heidelberg.


Dir Politischen Falschmünzereien
der Badischen Post.
Das hiesige Organ der Deutschen liberalen Voltspartei, die
"Badische Post", Parteiblatt derer, die für die Aufhebung der
Zwangswirtschaft, für ein Hinaufwuchern der Lebensmittelpreise an
den sogenannten „Wel-tmarktspreis" agitieren, beklagt sich bitter, daß
Aotz der durch die Mitwirkung der Sozialdemokratie geschaffenen
Verfassung, die wohl die freieste und beste aller kapitalifti-
' chen Länder ist, der Brotpreis für den Laib 4 Mk. beträgt. Sie
Äaubt auf Grund dieser kuriosen, um nicht zu sagen, seltsam ge-
buchten Zusammenstellung annehmen zu dürfen, daß jegliche so-
äwlistische Wirtschaftspolitik für gründlich zu Ende gewirtschaftet
pachtet werden muß. Ach nein, liebe Tante von der „Bad. Post",
Brolpreise bauen sich auf die Getreidepreise auf und die liegen in
Dand der auf gleichem Parteiboden stehenden Großagrarier, die zu
'kMer Belieferung ihrer Volksgenossen nur durch 'Druschprämien usw.
Ungehalten werden können.
Weiterhin ist die „Bad. Post" um die strengste Durchführung
As demokratischen Gedankens besorgt. Voll Furcht, ob ein solches
Hecht auch jedem eine freie Meinung erlaubt, ruft sie aus:
Sie sind so frei, daß jeder, der nicht mindestens republikanisch
gesinnt ist, fliegt.
Vielleicht erinnert sich das Blatt, daß in der Reichswehr, die
Schutze der jungen Republik bestimmt ist, es auch einige repu-
Manisch gesinnte Offiziere gab, die eben wegen dieser ihrer eigenen
Meinung von den übrigen Offizieren, wie sieLüttw i tz, Ehrhardt
Usw. verkörpern, nicht nur mißachtet waren, sondern stetig bekämpft
Wurden. Wir dagegen erinnern uns noch sehr gut, daß in den
>agen des Kapp-Putfches die „Bad. Post" mit großer Begeisterung
rwsen Generälen um den Hals gefallen ist. Wie peinlich, diese Er-
mnerung, verdirbt doch das ganze Konzept und die schmerzvolle
Veste einer vernichtend gedachten Kritik an der Pseudo-Demokratie
Vzialistischer Bonzenwirlschast.
Wie man eine Vereinheitlichung des Verkehrswesens mit einer
Schließung der Betriebswerkstätten gleichsam als notwendig sich
Daraus einstellende Folge in Zusammenhang dringt, ist zum min-
Asten rätselhaft. Oder gibt es eine deutschnationale Verkehrspolitik,
uns sagen will, je großzügiger und zentralisierter eine Verkehrs-
UWalt sich auswächst, desto unrentabler wird sie? Vielleicht gehört
Uas schon auf das Konto der Beamten der Post und
Eisenbahn, die zum Schluß des deutsH-(lib.)volksparteilichen
Pamphlets mit der Bemerkung, daß in diesen „sozialisierten" Be-
lieben ein stetiger Rückgang der Lei st unge n vorläge,
fteundlich beehrt werden. Wahrlich, die Beamten werden diese
Richtwürdigung ihrer Leistungen wieder einmal enttäuscht hin-
«ehmen und dann glaubt die „Bäd. Post", eine von sozialem Geist
getragene Arbeitsgemeinschaft propagieren zu können.
, Es war also wieder einmal ein schwerer Remfall trotz der besten
Aufmachung und nicht die Sozialdemokratie wird am 6. Juni einen
bankerott erleben, eher solche Parteien, die sich nur mit Hilfe großer
Heklame über Wasser halten können.

Politische Ueberficht.
Vollständiger Sieg bei den Elternratswahlen in Hamburg.
. Die Elternratswahlen in Hamburg haben mit dem völligen
i e g der Sozialdemokratie geendet. Nach den bisher
Erliegenden Resultaten stellt sich das Ergebnis folgendermaßen dar:
Sozialdemokratie 558 Mandate, Unpolitische Listen 157 Mandate,
S.P. 50 Mandate. Die noch ausstehenden Meldungen können
A der Tatsache nichts ändern, baß der Wahl ein voller Erfolg 'der
Sozialdemokratie gewesen ist, denn auch aus den noch fehlenden Be°
Men lauten die Nachrichten durchweg günstig. Ueberall ist zumin-
dest eine Zweidrittel-Mehrheit zu verzeichnen. Wenn das Derhält-
2w in- den höheren Schulen ein nicht derart günstiges ist wie in
^wlks- und Mittelschulen, so liegt das eben an der Tatsache, daß die
A>heren Lehranstalten noch in ihrer Mehrheit aus kapitalistischen
Pteffen beschicht werden. Die Einheitsschule wird dem hoffentlich
n absehbarer Zeit ein Ende machen. Jedenfalls war der Wahltag
«5! 16. Mai ein verheißungsvoller Auftakt zu der Entscheidungs-
'Nacht am 6. Juni.
Beschränkung -er Wahlfreiheit in Bayern.
A. , M ünchen, 18. Mai. (T.--U.) Die Beschwerde gegen das
Aerbot des Hauptorgans der bayerischen Unabhängigen, „Der
? - die seit 14 Tagen anhängig war, ist nunmehr ver-
Die Unabhängigen haben gegen diese Entschei-
""die bayrische Regierung gerichter mit der Be-
4 uttdung, ß das Verbot des Blattes eine Beeinträchti-
g 1 bedeute und die Handhabe zur An¬
fechtung der Gültigkeit der Wahlen für den Reichstag und auch
den Landtag biete.
Streik -er Hamburger Werftarbeiter.
. . In unserem Bruderorgan dem „H a m b. Ech 0" entnehmen
eine Darlegung der Werftarberterstreikbewegung:
. Am Montag fanden IM Rathaus unter dem Vorsitz des Bür-
^rmeisters Dr. Dieste l und Senator He geman n Verhand-
^Ngen wegen Beilegung des Werftangestelltenstreiks statt. Wäh-
^Nh die Vertreter der Werftangestellten sich bereit erklärten, über
M Differenzpunkte sofort in Ausglerchsverhandlungen einzm
Ahnten die Werftbesitzer a l le Ve rh a no l u n g e n
Zs, trotzdem besonders Bürgermeister Dr. Diestel mit -Ernst und
.stlchhruck darauf hinwies, daß die Haltung öer Unternehmer un-
Wirtschaftsleben neue schwere Schläge versehen wurde. Ulkes
t<Mden half nichts, die Werstbesitzer verlangten bedingungslose Un
^Averfung der Angestellten und ihr Machtwort. Nach brerstnnoiger
mußten die Verhandlungen mit Rücksicht au? die Hauung

Abgelehnte VolksbeglüSer.
Ludwigshafen a. Nh., 20. Mai. In einer von der
Deutschen Volkspartei der Pfalz einberufenen großen öffent-
lichen Versammlung sollte gestern Abend im hiesigen Ge-
sellschaftshaus der bekannte Politiker und Parteiführer der
Deutschen Volkspartei Dr. Stresemann-Berlin über die
politische Lage sprechen. Als Stresemann sprechen wollte,
setzte auf der Galerie ein ohrenbetäubender Lärm ein, sodaß
der Redner nicht zu Worte kommen konnte. Seine wieder-
holten Versuche zu sprechen, wurden jedesmal durch erneutes
Johlen und Pfeifen vereitelt. Die Erregung im
Saale wuchs derart, daß die Versammlung von Seiten der
Parteileitung geschlossen werden mußte. Zum Schluß
wurden noch eine Anzahl Stühle von der Galerie in den
Saal geworfen, sodaß eine Panik ausbrach. Durch die
herabgeworfenen Stühle wurde eine Anzahl Personen ver-
letzt. Ein inzwischen ein getroffenes Polizeiaufgebot stellte
die Ruhe wieder her.
Belagerungszustand und Reichstagswahl.
Berlin, 20. Mai. (Meldung des „Berl. Tagebl.")
Gestern abend wurde in der Nationalversammlung noch
ein Dringlichkeitsantrag eingebracht, der die sofortige
Aufhebung des Belagerungszustandes für das
ganze Reich verlangt.
Unabhängige Landräte.
Berlin, 20. Mai. Der „Berl. Lok. Anz." meldet:
Den Anträgen der Kreistage entsprechend wurden in der
Provinz Sachsen verschiedene Unabhängige zu Landräten
ernannt.
Zur Einführung der Kronenwährung in
Nordschleswig.
Einer Meldung des Berl. Lok.-Anz. aus Flensburg zufolge
müssen in Nordschleswig alle Lebensmittel von Donnerstag
ab in Kronenwährung bezahlt werden und kosten sofort den
dänischen Höchstpreis. Das Kilogramm Butter wird dem-
nach 6 V4 Kronen, also ungefähr 50 Mark, kosten.
Wiederaufnahme der Arbeit in Frankreich.
Paris, 19. Mai. Die Bergleute der Departements
Pas-de-Calais nehmen die Arbeit am Donnerstag wieder auf.
Langsame Klärung in der italienischen
Kabinettrfrage.
Rom, 19. Mai. (Havas.) Nitti hat endgiltig die
Kabinettsbildung übernommen. Man erwartet, daß er bis
Donnerstag das Kabinett gebildet haben wird.

der Unternehmer ergebnislos abgebrochen werben. Wie wir erfah-
ren, dürften die Unternehmer nun zur völligen Aussper-
rung aller Handarbeiter übergehen.
Das Benehmen der Diktatoren ist von einer Rücksichtslosigkeit
ohnegleichen. Seit dem 6. März verlangen die Angestellten eine
Aufbesserung ihrer Gehaltsverhältnisse, die uns zum Teil als ge-
radezu unwürdig bekannt find. Fast drei Monate später noch wa-
gen es -die Herren Werftmachthaber, jede Verhandlung
darüber abzulehnen und beginnen, die Arbeiterschaft auf
die Straße zu setzen. Diese Verhältnisse sind unhalt-
bar und da die Aus-gesperrten der staatlichen Erwerbslosen-unter-
stützung zur Last fallen, so wirb der Staat ein energi-
sches Wort in dieser Sache sprechen.
An das Reichsarbeitsministerium richten wird die Aufforde-
rung, sofort und nachdrücklichst hier einzugreifen. Es geht nickst an,
daß die reaktionären Werstgebieter das gesamte deutsche Wirlfchasts
leben vor in ihrer Tragweite unabsehbare Erschütterungen stellen.
Die Streikleitung hat, um die Betriebsmittel vor der Vernich-
tung Zu bewahren -und Schaden an Leben und Gesundheit der Ar-
beiter zu verhüten, gewisse Notstandsarbeiten ausführen
lassen, und, da die Aerzte eine Behandlung- der erkrankten Arbeiter
ohne Vorlegung eines ordnungsmäßigen -Kran-
kenscheines ablehnten, zwei Personen bestimmt, die das
Ausstellen der Krankenscheine als Notstands-
arbeit e-n -vornehmen sollten. Die Direktion hat diese Arbeit
nicht zugelassen. Die Streikleitung lehnt die Verantwortung für
alle aus diesem Verhalten resultierenden Folgen ab; nicht sie, son-
dern die Direktion hat die Ausführung dieser Notständsarbeiten
sabotiert.
Wie wir vernehmen, wird das Reichsarbeitsm'misterium am
Dienstag einen Kommissar nach Hamburg entsenden, der neue Ver-
. Handlungen zwischen den Werstbefitzern und den streikenden Ange-
stellten anbahnen soll.
Die Partei der „Antikorruption".
B -e r l i n, 18. Mai. Das „Berliner Tageblatt" schreibt: In
der „Deutschen Ze -itun g", die im Text jeden Tag gegen
dieIu d e n hetzt und -im Inseratenteil auch -die Anzeigen jü-
discher Geschäftsinhaber bereitwilligst auf-
nim m t, finden wir in Nr. 187 vom 30. April 1920 die folaende
Anzeige:
, den Vertrieb unserer im eigenen Betriebe hergestellten Stopft
vuchsenpackungen und chemischtechmschen Präparaten wie für unsere

Handelsabteilung — technische Gummi-waren, Treibriemen, Fette und
Oele — suchen wir für die Provinz Brandenburg einen tüchtigen, bei
der Industrie, Staatsbehörden (E i se nb a'h n - Z e nt r a l -
amt) bestens eingeführten Repräsentanten gegen entsprechende Provi-
sion. Höhere Beamte außer Dienst, die sich über ihre Beziehungen
einwandfrei ausweisen können, bitten wir, Bewerbungen mit Bekannt-
gabe entsprechender Referenzen einzur-eichen u. O. 438 an die Geschäfts-
stelle der „Deutschen Zeitung".
Man stelle sich einmal vor, wie dasselbe Blatt gegen -die herr-
schende Korruption- geeifert hätte, wenn in einem gegnerischen Or-
gan „höhere Beamte a. D." mit nachweisbaren Bezie-
hungen zu Amtsstellen gesucht worden wären!

Deutsche Nationalversammlung.
Präsident -Fehrenbach eröffnet die Sitzung um 3.20 Uhr und
gedenkt des verstorbenen Abg. Wurm (U.S.P.), zu dessen -Ehren sich
die Abgeordneten von ihren Plätzen erheben.
Die zweite Beratung des -Gesetzentwurfes über die steuerliche Be-
handlung der im Reichsausgleichgesetz und im Enteignungsgesetz geregel-
ten Ansprüche und Verbindlichkeiten.
Abg. Schiele (D.N.): Die Tragweite des -Entwurfes ist sehr groß
und zum Teil eine Kompensation des Ausgleichsgesetzes, die sofort ange-
nommen werden müßte. Etwas anderes ist es mit den Bestimmungen,
die die Enteignung betreffen.
Abg. Dr. Becker- Hessen (D.B.) begründet Anträge seiner Partei,
welche -die Interessen der Ausländsdeutschen schützen sollen.
Reichsfinanzminister Dr. Wirth: Die Abänderungen im Ausschuß
haben für die Regierung die Grenze des Möglichen erreicht, doch will
die Regierung ihnen zustimmen. Die Anträge Dr. Beckers sind aber für
sie unannehmbar. Die finanzielle Not des Reiches ist so groß, daß wir
nicht alle Ungerechtigkeiten, die aus dem Kriege herstammen, von Reichs'
wegen wieder gut machen können. Die schwebende Schuld -es Reiches,
steigt im Monat um ft—4 Milliarden.
Abg. S chn e i der- Franken^(Bayer. V.P.): Wir stimmen den
Anträgen Becker zu.
Unterstaatssekretär Müller vom Wiederaufbauministerium emp-
fahlt die Annahme des Gesetzes, weil bei seiner Ablehnung die Ausländs-
deutschen die Leidtragenden sein würden.
Der -Gesetzentwurf wird nach weiterer Debatte nach den Beschlüssen
-des Ausschusses mit einer Aenberung gemäß des einen Antrags Becker,
welcher liquidierte landwirtschaftliche Unternehmen in das Gesetz ende-
zieht, angenommen, ebenso in dritter Lesung.
Cs folgt die 2. Beratung des vom Abg. Schneider-Sachsen
(Dem.), Gilding (Ztr.) u. Gen. eingebrachten Gesetzentwurfes über die
weitere Ausdehnung der Berstcherungspflicht der Angestellten-Versiche-
ruug.
Abg. Hoch (Soz.) beantragt die Grenze der Versicherungspflicht
statt auf 15 000 auf 25 000 Mk. hin-aufzu-sehen.
Abg. Kiesling (Ztr.) -bittet, diesen mit unbegründeter Plötzlich
leit gestellten Antrag abzulehnen, ebenso verlangt dies Abg. Weil.
Haussen (Dem.), -da der Antrag Hoch auf Wahlagitation zurückzufüh-
ren sei.
Abg. Dr. Mumm (D.N.) hält eine Hinaufsetzung -der Verficht-
rungspflicht sür zweckmäßig. Der Antrag Hoch sei aber agitatvrisck.
Abg. Dr. M 0 st (D.B.) betont, daß die Deutsche Vvikspartei schon
im vorigen November die Hinauffehung der 'Versicherungspflicht ange-
regt habe.
Präsident F e h r e n d ach teiit mit, daß die Opposition der Rechten
bei -der 2. Lesung keine Schwierigkeiten mache, dagegen gegen eine 3. Le-
sung am morgigen Tage Widerspruch erheben würde.
Unter Streichung des 8 1 wird der Gesetzentwurf im übrigen mich
den Beschlüssen des Ausschusses angenommen, ebenso derjenige bett, -die
Heeresjustitiare. Nach -Erledigung einer Reihe von Petitionen vertagt
sich das Haus um 10)4 Uhr abends auf morgen. Interpellation Lobe
(Soz.) wegen der Verwendung farbiger Truppen im besetzten Gebiete.

Ausland.
Die Vorschläge -er Entschädigungssumme.
Paris, 18. Mai. Der „Matin" schreibt in seinem heutigen
Leitartikel: „Seit der K 0 nferenz v 0 nHythe gibt es bei den
Verbündeten ein Finanzfystem. Die Engländer schlugen als
deutsche Zahlung -bekanntlich die Summe von 100 Milliarden in
Eol-d ohne Zinsen, zahlbar in 30 Jahresraten, vor. Es wur-
den uns 55 Milliarden zugesprochen, aber 55 Milliarden in 30
Jahren ohne Zinsen ergeben, wenn man sie heute eskomptieren
würde, nur ungefähr 28 Milliarden. Die französischeDele-
gati 0 n erklärte, daß diese Vorschläge nicht annehmbar
seien, und der erste Tag der Konferenz brachte nur Unsicherheit. Am
nächsten Tage unterbreitete Herr Millerand Gegenvorschläge, die
eine Summe von 120 M i l l i a r d e n i n G 0 ld m i t Z i n s e n
vorsahen. Frankreich soll von diesen 120 Milliarden- 66 Milliarden
erhalten, also 55 v. H., -denn die Kriegsschäden in unseren zerstörten
Departements erreichen die Summe von 152 Milliarden, und dar
Kapital, das für unsere Pensionen notwendig ist, wird mit 58 Mil-
liarden beziffert. Folglich müßte die Summe für unsere Wiedergut-
machung 210 Milliarden betragen. Die englische Delegation er-
kannte die Berechtigung unserer Forderung an und überließ es den
Finanzsachverständigen, sie zu präzisieren."
Der „Mali" berichtet weiter: „Die englische Regierung hatte
zur Erleichterung der deutschenAnleihen vorgeschlagen, man
solle sich j ed e r g l e i cha rti g en A n l e i h e während eines Zeit-
raumes von 5 Jahren enthalte n. Die französische Delegation,
die auf das Vorrecht, das sie verlangte, verzichten wollte, schlug ein
-anderes System vor und ersuchte England, die Abzahlung des Gut-
habens, das es in Frankreich besitzt (ungefähr 30 Milliarden), den
Zahlungen unterzuordnen, die Deutschland an Frankreich seiften
wird. England hat diese Anregung; günstig ausgenommen, hat aber
keine ewdgültige Antwort ergeben, da es die Forderung
seiner Gläubiger, der Vereinigten Staaten, erst kennen lernen will "
Ein Kabinett Giolitti-Nitti.
R 0 m, 18. Mai. ' (Wolff.) Das „Givvnale b'ILaüa" ver-
öffentlichte eine Unterredung mit Turati, nach dessen Ansicht der
Augenblick, die Zusammenarbeit zwilcken Gi 0 litti und Nitti
 
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