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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (2) — 1920

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Nr. 101 - Nr. 110 (3. Mai - 14. Mai)
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Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung der Amtsbezirke Heidelberg, Wiesloch, Ginsheim, Eppingen, Gberbach, Mosbach, Buchen, Adelsheim, Boxberg,
Tauberbischofsheim und Wertheim.

Bezugspreis: Monatlich einschl. Trägerlohn 3.S0 Mk. Anzeigenpreise:
Die einspaltige Petitzeile (36 mm breit) 70 pfg., Reklame-Anzeigen
(93 mm breit) 2.20 Mk. Bei Wiederholungen Nachlaß nach Tarif.
Gehelmmittel-Anzeigen werden nicht ausgenommen.
GesÄäftsstunden: s-'/,6ilhr. Sprechstun den der Redaktion: 11-12 Uhr.
Postscheckkonto Karlsruhe Nr. 22577. Tel.-Adr.: Volkszeitung Heidelberg.

Heidelberg, Mittwoch, S. Mai 1lS20
Rr. ^03 » 2. Jahrgang

Verantwort!.: Für innereu. äußerepolitik,Volkswirtschaf!u. Feuilleton: Dr.
E.Kraus: für Kommunales u. soziale Rundschau: I.Kahn: für Lokales:
O.Geibel: für die Anzeigen: H-Hoffmann, sämtlich in Heidelberg
Druck und Verlag der ilnterbadischen Verlagsanstalt G. m. b. H., Heidelberg
Geschäftsstelle: Schröderstraße 3S.
Fernsprecher: Anzeigen-Annahme 2673, Redaktiori 2648.
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Rückblick.
Kr. Heidelberg, den 5. Mai.
I.
Immer deutlicher treten in den letzten Wochen und Monaten
.aus dem Dunkel der Gegenwart, aus den Trümmerhaufen des
Weltkrieges die internationalen Fragen der Weltpvlitik und Welt-
wirtschaft ans Licht. Immer mehr scheint dieser furchtbare Völker-
krieg wieder einmal ein Spezialfall jener weltgeschichtlichen Hegel-
schen „List der Vernunft" gewesen zu sein; nur darum scheinen die
Völker in wahnsinniger Verblendung fünf Jahre wie die wilden
Tiere gegeneinander gewütet zu haben, damit der Menschheit umso
-larer und tiefer die Erkenntnis ihrer Solidarität ihres Äuf-einan-
der-Angewiesen-seins aufdämmert. Mit jedem Tag nimmt diese Er-
kenntnis trotz gewaltiger entgegenstehender Hemmungen zu; der
Frankfurter Wi rts ch a f tsk o n g r eß am 1. und 2. Mai
war ein bedeutender Auftakt, die Brüsseler internationale Finanz-
konferenz am 25. Mai wird ein weiterer beachtenswerter Schritt
ruf dieser Linie sein. Auch die Konferenz von San Remo muß un-
rer denselben Gesichtspunkten gewertet werden. Wohl sind dort zu-
nächst nur die alliierten Siegermächte beieinander gewesen, um un-
gelöste Probleme der Pariser Friedenskonferenz zu lösen, so die
Adriafrage und die türkische Frage. Aber schon bei derdeutschen
Frage, welche als die zunächst wichtigste Frage des europäischen
Wiederaufbaus von Nitti und Lloyd George auf die Tagesordnung
,eseht worden war, zeigte sich, daß man hier vor Problemkom-
plexen stehe, die nicht mehr einseitig vom machtpolitkschen Siegerstand-
punkt aus gelöst werden können. Und so hat man sich denn nach
deftigem hin und-her dahin geeinigt, mit Deutschland in persönliche
'Unterhandlungen über alle die schwebenden Fragen einzutreten.
Immer deutlicher wird es den Alliierten, daß man im Versailler
Friedensvertrag gewisse kontinental- und weltwirtschaftliche Grund-
gesetze verletzt hat, was man jetzt auf irgend eine Art wieder revi-
dieren möchte.
Bei der Beurteilung der Beschlüsse von San Remo versagt die
bürgerliche Gefchichtsideologie vollkommen, weshalb
auch die bürgerliche Presse in ihren Gesichtspunkten haltlos hin- und
herpendelt und jeden Tag einen anderen Standpunkt einnimmt.
Meistens werden die Dinge so dargestellt, daß zwar England
(und ebenso Nitti) aus pazifistischen und humanistischen Kulturten-
denzen heraus immer mehr von seiner Kriegspolitik abrücke und be-
reit sei, Deutschland wieder als gleichberechtigten politischen Faktor
anzuerkennen und mit ihm zu verhandeln, daß aber Frankreich
in blindem Haß und unersättlicher Herrschsucht von all dem nichts
wissen wolle und möglichst darauf ausgehe, Deutschland vollständig
zu zertreten. So und ähnlich rauschts im bürgerlichen Blätterwald
und es gibt dort genug Politiker, die auf der Ausnutzung dieses eng-
lisch-französischen Gegensatzes die deutsche Außenpolitik aufbauen
wollen. Und doch schlagen die Tatsachen solchen Beurteilungen voll-
ständig ins Gesicht! Was hat denn Frankreich in San Remo er-
reicht. Es darf den Maingau besetzt hatten, bis die Truppen in der
reutralen Zone auf die vorgeschriebene Stärke herabgemindert sind,
außerdem soll die Entwaffnung Deutschlands auf ein Söldnerheer
von 100 000 Mann wirklich durchgeführt werden; dazu noch ein
Mandat über Syrien. Und- was hat England erreicht? Nichts mehr
und nichts weniger als die Krönung seiner asiatischen
D r i e nt P o l i t i k. England ist jetzt wirklich auf dem Gipfel seiner
Weltmacht angelangt: die Türkei ist zerschlagen, Konstantinopel und
die Dardanellen stehen genau wie der Suezkanal unter englischer
Kontrolle, vor allem aber hat England jetzt Mesopotamien endgültig
seinem Weltreich einverleibt. Nur von diesem machtvollen Siege
her ist Englands Haltung gegenüber Deutschland zu erklären. Damit
kommen wir zum Kernpunkt: nur von der ökonomischen Ge-
schichtsauffassung her -sind diese außenpolitischen Fragen
richtig zu klären. England ist der eigentliche wirtschaftspolitische
Sieger in diesem Weltkrieg; Deutschlands Flotte ist ihm ausgeliefert,
Deutschlands weltwirtschaftliche Konkurrenz hat es in absehbarer
Zeit nicht zu fürchten, die Balkanisierung des türkischen Reiches ist
ihm gelungen und damit die antienglische Macht des religiösen Mv-
hammedamsmus, die England in Indien gefährlich werden konnte,
gebrochen. Nur e,ne Gefahr droht ihm noch: der Bolschewis-
Mus. Als Bockwerk gegen diesen hat es Deutschland in seine Rech-
nung eingestellt; darum sein Entgegenkommen.
Ganz anders muß Frankreich das deutsche Problem sehen. Es
bat in diesem Krieg furchtbar gelitten; ganz abgesehen von! den wahw-
stnnigen Menschenverlusten find seine volkswirtschaftlich wertvollen
nordfranzösischen Gefilde in einen Trümmerhaufen verwandelt.
Frankreichs einzige Hoffnung ist die Hilfe Deutschlands, seine Kohle
und seine Entschädigungssumme. Darum wacht es so ängstlich —
nut neidischem Seitenblick auf England, wie die Rede Barthous in
der französischen Kammer gezeigt hat — über die buchstäbliche
Durchführung des Friedensvertrages; darum aber auch erklärt es
be, jeder Gelegenheit, selbst in dem Notenwechsel anläßlich der Be-
setzung Frankfurts, daß es zu jeder wirtschaftlichen Zusammenarbeit
mit Deutschland bereit sei: weil nur engste, wirtschaftliche Gemein-
schaftsarbeit beide'wiederaufbauen kann. Das sind die großen ö k o-
n o m i s ch e n H i 'N t ergründe, von denen her wir die englische
und französische Diplomatie sehen müssen. Davon wird unser Erfolg
in Spaa und Brüssel abhängig sein.
Je drängender die Wiederaufdaufragen werden, je gegensätz-'
sicher zugleich sich die politischen Verwicklungen in Europa ge-
stalten, umso lauter ertönt bei allen Einsichtigen der Ruf nach dem
Völkerbund, ttüberall erstehen Vereinigungen (Ligen) für Völker-
bundspropaganda; vor allem in der Schweiz entfaltet dieselbe eine
fieberhafte Tätigkeit, um bei der Volksabsttmmung den Beitritt der
Schweiz zum Völkerbund zu erreichen: Wie wir bereits öfters be-
tont haben, steht hier der durchaus richtige Gedanke im Vorder-
grund: je rascher der jetzige Bund der Entente sich zu einem
wirtlichen Völkerbund erweitert, umso gesicherter ist uer Friede
Europas. Der Weltkrieg hat so viele und schwere Fragen geschaf-
f?» npr allem aber haben die Friedensverträge von Versailles und

Die Tätigkeit des Untersuchungsausschusses
im Reichsrvehrminifterium.
Berlin, 4. Mai. (Amtlich.) Das unter der Leitung des
parlamentarischen Unterstaatssekretärs Stock arbeitende Ünter-
suchungsamt über die M ä rzv v r g ä n g e hat bisher vierzehn
Fälle erledigt und dem Reichswehrminister vvrgeschlagen,
die Generäle v. H ü l s e n, v. Le t t ow - B o r b e ck, S t r e m p e l,
die Obersten Freiherr v. Wan gen heim und v. Ledebvur,
den Oberstleutnant v. Kleewitz und den Major Matthias
unter Anklage zu stellen und vom Dienste zu entheben,
ferner den General Freiherrn v. d. Hör st, den Oberstleutnant
Wetzell und die Majore v. S y d v w, v. B oek zu b e u r lau -
den und gleichfalls unter Anklage zu stellen und die Fälle im Ge-
fangenlager von Chemnitz betr. den Generalmajor Wile und
den Oberstleutnant Fabeck wegen mangelnder Beweise niederzu-
schlagen.
Die Verteilung der deutschen Kriegsflotte.
Amsterdam, 4. Mai. Dem Telegraaf zufolge wurde
im englischen Unterhause regierungsseitig mitgeteilt, daß
die ausgelieferten deutschen Kriegsschiffe folgendermaßen
verteilt werden sollen: England erhält 6 Kriegsschiffe und
124 U-Boote, Frankreich 2 Kriegsschiffe und 38 U-Boote,
Japan und Amerika je 2 Kriegsschiffe und Italien 7 U-Boote.
Italien erhält auch die im Scapa-Flow versenkten deutschen
Kriegsschiffe (Heiterkeit).
Die Wahlen für den polnischen Reichstag.
Bromberg, 4. Mai. Das Ergebnis der Wahlen zum
p o l n i s ch en Rei ch s t a g, die am 2. Mai in P o mmerel len
und Westgreußen stattfanden, liegt noch nicht vollständig vor,
doch läßt sich schon jetzt feststellen, daß die Stimmen der
Deutschen trotz der großen Abwanderung über Erwarten
st a t t l i ch eZ iffer n aufweilen. Die Wahlbeteiligung war leb-
haft. In einer Reihe von Orten haben die deutschen Stimmen
sogar rveitaus die Mehrheit. So wurden abgegeben in Graudenz
6 364 deutsche gegen 3731 polnische, in Könitz 2439 deutsche gegen
717 polnische Stimme». In Thorn-Stadt betrugen die polnischen
Stimmen 9911 und die deutschen 4918, in Thorn-Land die deutschen
5666 und die polnischen 13 706. Selbst in der sogenannten polni-
schen Kurve, die schon im Frieden 58—75 Prozent polnische Be-
völkerung hatte, erreichten die deutschen Stimmen eine unerwartete
Höhe.
Die polnische Offensive gegen Rußland.
Amsterdam, 4. Mai. Die „Times" meldet aus
Warschau, daß laut Meldung des Generalstabschefs seit
Beginn der polnischen Offensive 26000 Gefangene ge-
macht und 105 Geschütze, 808 Maschinengewehre und
2 Panzerzüge, 2 Tanks, sowie viel Kriegsmaterial er-
beutet wurde.
Endgültige Festsetzung der dänischen
Ministerliste.
Kopenhagens. Mai. Der König erteilte folgender Mi-
nisterliste seine Zustimmung: Ministerpräsident und Finanzminister
der frühere Minister Neergaard, Minister des Aeußeren Ge-
sandter Harald Svvenius, Kirchenminister der frühere Mi-
nister Christensen, Verteidigungsminister der frühere Minister
Berntsen, Minister des Innern der frühere Minister Berg,
Unterrichtsminister der frühere Minister Jacob Appel, Ver-
kehrsminister Direktor Sleb sag er, Iustizminifter Landrichter
Rytteer, Landwirsschastsminister Vorsteher der Landwirtschafts-
schule Madsen-Mygdal, Handelsminifter Großkaufmann
Tyge Rothe.
Die kommende Konferenz in Spaa.
Mailand, 4. Mai. Die „Tribuna" schreibt über die
Konferenz in Spaa, es sei noch nicht sicher, daß Nitti dort-
hin gehen werde mit Rücksicht auf den Zusammentritt des
Parlamentes. Nitti hätte Scialoja mit der Vertretung
Italiens in Spaa beauftragt u. vorgezogen für den Fall,
daß nicht Lloyd George und Millerandpersönlich dort-
hin gehen würden, sodaß wie in San Remo die Zusammen-
kunft den Charakter einer Konferenz der Staatsoberhäupter
tragen würde, Nitti ihr nicht gut fernbleiben könnte.
Englands Haltung gegenüber Irland.
London, 4. Mai. Sicherem Vernehmen nach soll
sich der englische Ministerrat in verschiedenen Sitzungen
dahin schlüssig geworden sein, daß an eine Änderung der
Verwaltungsverhältnisse in Irland nicht gedacht werden
könne. Immerhin bestehe aber der allgemeine Wunsch, die
Homerule-Frage in versönlichem Geiste zu lösen. Gegen-
über anderslautenden Gerüchten werde versichert, daß Lord
Grey Vizekanzler von Irland bleibe.
Anerkennung eines Sinnfeinsr-Parlaments.
London, 4. Mai. Der Gemeinderat von Dublin
faßte einen Beschluß, in dem das Sinnfeiner-Parlament
als rechtgiltig anerkannt wird und in dem sich der Ge-
meinderat verpflichtet, alle von diesem Parlament getroffenen
Maßnahmen und Verordnungen auzu erkennen

St. Germain so viele neue politische und wirtschaftliche Gegensätze
erzeugt, daß wenn diese Dinge weiterhin in das Belieben einer ge-
heimen Kabinettspolitik gestellt werden, Europa traurigen Konflik-
ten, vielleicht seinem Untergang entgegengeht. „Revision des
F r i ed e n sv e r 1 r a g e s" ist daher der Ruf, mit dem alle diese
Völkerbundligen in den Kampf ziehen. Aber eine gerechte Revision
ist eben nur möglich durch einen gerechten.Völkerbund. Wir werden
auch weiterhin dieser Völkerbundsbewegung unser Augenmerk wid-
men. Leider findet sie in der breiten deusschen Oeffentlichkeit nicht
das gebührende Echo; der bürgerliche Blätterwald hallt täglich nur
von den alten nationalistischen Schlagworten wieder. Umso mehr
hat die sozialdemokratische Presse die Pflicht, Völkerbundspolitik zu
treiben; mit dem alten nationalen Souveränitätsstandpunkt kann
die Welt nicht wieder aufgebaut werden.
Für den Südosten Europas von allergrößter Bedeutung ist det
Ausfall der Kammerwahlen der Tschecho-Slvwakei. Die Sozialisiert
haben einen glänzenden Sieg errungen, der selbst die kühnsten Er-
wartungen übertraf. Von den 6 040 258 Wählern haben sich
2 292 688, also 38 Proz. für den Sozialismus entschieden. In der
neuen Nationalversammlung stehen 137 bürgerlichen Mandaten 122
(einschließlich der tschechischen Nationalsozialisten 144) sozialdemo-
kratische Mandate gegenüber. Die deutschen Sozialdemokraten
werden nahezu die Hälfte aller deutschen Mandate innehaben. Der
Sieg der tschechischen Sozialdemokraten muß besonders hoch gewertet
werben, da sie mit Ausbruch der Revolution an der Koalitionsregie-
rung teilgenommen hat. Am meisten überrascht aber hat das Resul-
tat in der agrarischen Slowakei; auch von den slowakischen Manda-
ten wird etwa die Hälfte den Sozialdemokraten zufallen. Darin
drückt sich! nicht nur der Protest des Landes gegen das militärische
Regime der tschechischen Regierung, nicht nur die Forderung der
slowakischen Kleinbauern nach der Enteignung der magyarischen
Grundherren aus; die riesige Stimmenzahl, die der Sozialismus
gerade in der Slowakei gesammelt hat, ist zugleich auch Ker Protest
der Slowakei gegen den ungarischen weißen Terror, der nach dem
slowakischen Boden giert. (Wiener Arbeiterzeitung.) Der sozialisti-
sche Sieg der Tschiechv-Slowakei wird für die nationalen Probleme
dieses Staates, vor allem aber für seine Politik bezüglich Deutsch-
lands und Oesterreichs von allergrößter Bedeutung sein. Geht die-
ser Sieg doch gleichzeitig Hand in Hand mit einer vernichtenden
Schlappe der Nationaldemokraten unter Dr. Kramarschs Führung.
(Schluß folgt morgen.)

Politische UeLerficht
Die Finanzierung der Meuterer.
Der Berl. „Freiheit" geht zu ihrer Behauptung, daß das
Unternehmen der Marinebrigade Ehrhardt u. a. auch von dem an--
tisemitischen „Deutschen Volksdund" finanziert werde, folgende Be-
richtigung zu:
1. Es ist unwahr, daß der Deutsche Volksbund irgendrvelche
Organisationen, die einen Umsturz planen, finanziert. 2. Es ist un-
wahr, daß im Bureau des Deutschen Volksbunbes Material vor-
handen wäre, welches das Licht der Oeffentlichkeit zu scheuen
brauchte.
Wahr ist vielmehr, daß der Deutsche Volksbund das revolu-
tionäre Judentum bekämpft, um unserem Volke endlich Ruhe zu
geben.
Der Volksbund bestreitet also nur, daß er keine Organisationen
finanziert, die den Umsturz planen. Daß er mit der Brigade
Ehrhardt in Verbindung steht, bestreitet er hingegen nicht. Und
bas ist ja auch ganz erklärlich, denn er hat mit dieser Truppe ja das
gemeinsame Ziel: den Kampf gegen das angeblich „revolutio-
näre Judentum". Auf diesem Wege wollen ja auch die Verbrecher
mit dem Hakenkreuz zur Herrschaft kommen.
Die Entwaffnung Deutschlands.
Ueber die Bewaffnung und Entwaffnung Deutschlands macht
die „Neue Zürcher Atg." interessante Angaben: Nach dem Friedens-^
vertrag find Deutschland die Festungen im Osten und Südosten zu-
gestanden worden. Die Festung Königserg besitzt augen-
blicklich 578 schwere, 55V leichte Geschütze und 69 Flugabwehr-
geschütze. In Königsstein befinden sich 44 schwere, 28 leichte
Geschütze und 18 Flugabwehrgeschütze. Nach Auffassung der En-
tentekvmmission ist diese Bestückung zu groß. In Deutschland
glaubt man aber ein gutes Recht dafür zu haben, weil ja die
Lage des Reiches eine andere geworden ist und
diese Festungen für die Verteidigung eine erhöhte Bedeutung ge-
wonnen haben. Weiter wird darauf hingewiesen, daß die deutsche
Regierung schon am 15. Januar angeboten hatte, 12 000 leichte
Geschütze, 217 Flugabwehrkanonen, 2500 schwere Kanonen, 1358
Minenwerser, 21676 Maschinengewehre, 377 000 Gewehre, 15)4
Millionen Artillerie- und 28)4 Millionen Infanteriepatronen ab-
zuliefern, die auch sofort vom Reichswehrministerium übergeben
worden sind. Der Streitpunkt dreht sich zurzeit darum, ob
das Material der zerschlagenen Instrumente der
Entente ausgeliefert werden soll. Bei der Entblößung Deutsch-
lands von Kupfer, Zinn und anderen Metallen durch
die Auslieferung hat die deutsche Volkswirtschaft eine schwere Schä-
digung erfahren. Am 10. März 1920 verfügt« Deutschland über
152 Dienst- und 300 Referveflugzeuge. Der Befehl ist ergangen,
auch das letzte auszuliefern. Zu Händen der alliierten
Hauptmächte sind 400 Flugzeuge und 820 Flug moto-
ren bereitgestellt worden. Das Reichsheer bestand am 5. April
aus 11 525 Offizieren und 220 018 Mannschaften. Infolge der
Märzumuhen konnte noch nicht die gewünschte Verringerung ein-
treten. Am 15. Mai wird aber die Zahl von 200 OVO Mann er-
reicht fein, die Deutschland dis zum 10. Juli hallen darf. In
Ententekressen werden deshalb höhere Stärken ausgerechnet, well
z. B. die A bw i ck l u n g s st e l l e n hinzugerechnet werden, die
gar nicht mehr dem Machtbereick des Reichswehrministeriums un-
 
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