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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (2) — 1920

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Nr. 161 - Nr. 170 (15. Juli - 26. Juli)
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TLlcr-g für die u ntätige Bevöilerung der Amtsbezirke Heidelberg, Wiesloch, Sinsheim, Eppingen, überbach, Mosbach, Buchen, Adelsheim, Boxberg
Tauberbifchofsheim und Wertheim.

2czu! sp!c!e: Monatlich einschl. Trägerlohn 3.— Ml. Anzeigenpreise:
Tstc cinspastige Petitzeile (36 mm breit) 80 Pfg., Reklame-Anzeigen
0-3 N-IN breit, r.20 M. Lei Wiederholungen Nachlaß nach Tarif.
Geheimmittel-Anzelgen werden nicht ausgenommen.
. stsstunden: 8-tthr. Sprechstunden der Redaktion: 11-irLlhr.
j. e i c ü lonto Karlsruhe Nr. 22Z77. Tel.-Adr.: Volks-eldmg Heidelberg.

Heidelberg, Freitag, 23. Lull ^920
Nr. » 2. Jahrgang

Derontwortl.: Fürinnereu. äußerePolitik,Volkswirtschaft».Feuilleton: Or.
E.Kraus, für Kommunales u. soziale Rundschau: I.Kahn,- für Lokale»:
O.Gelbel-, für die Anzeigen: H. Hoffmann, sämtlich in Heidelberg
Druckund Verlag der ilnterbadischen Derlagsanstalt G.m.b.H., Heidelberg
Geschäftsstelle: Schröderstraße ZS.
Fernsprecher: Anzeigen-Annahme 2673, Redaktion 2648.

Der Krieg im Osten.
Kein Einmarsch der Bolschewisten.
Berlin, 22. Juli. Im Hinblick aus den Vormarsch der
Bolschewisten und die Bedrohung Ostpreußens verössentlicht die
..Rote Fahn e", das Organ der kommunistischen Partei, solgende
Erklärung:
Wir deutschen Kommunisten habe« stets erklärt und erklären
auch heute noch, daß die deutsch« proletarische Revolution allein
Lache derdeutschenArbeiterist und daß sie nicht mit Hilfe
kcr Roten Armee Sowjetrußlands zum Siege geführt werden könne.
Wir wissen uns darin mit unseren siegreichen russischen Brüdern
durchaus einig. Die Russen werden die deutsche Grenze
nicht überschreiten, sie werden der deutschen Konterrevo-
lution nicht den Gefallen tun ,einen Vorwand zum Angriff auf
Rußland und zur Errichtung der Militärdiktatur in Deutschland zu
geben.
Die „Nationalzeitung" veröffentlicht ein Interview mit dem
Berliner Vertreter der Sowjetregierung, Herrn Wigdvr Kopp,
über die Frage, ob für Ostpreußen die Gefahr einer bolschewistischen
Invasion bestehe. Herr Kopp äußerte sich folgendermaßen: Ich
möchte dem weitverbreiteten Glauben entgegentreten, daß wir nach
Ostpreußen oder überhaupt nach Deutschland einmarschieren wollen.
Das wollen wir aus zwei Gründen nicht:
1. wurde dieser Einmarsch den Krieg mit einem Lande bedeute»,
mit dem wir in Frieden leben und mit dem wir die wirtschaftliche«
Beziehungen aufzünehmen dringend wüschen.
2. aber könnte ein russischer Einmarsch in Ostpreußen unmittel-
bar die schärfste nationale Reaktion in Deutsch-
land Hervorrufen. Und das liegt sicherlich nicht in unserer Ab-
sicht. Auch unser militärisches Vorgehen zeigt, daß wir Ost-
preußen nicht bedrohen. Wir haken ja Litauen ge-
räumt und damit den bequemsten und nächstgelegenen Weg nach
Deutschlatch aufgegeben. Ich muß es wiederhole«' Wir - enke «
nicht daran, in ein Land einzubrechen, mit dem wir in enge
wirtschaftliche Beziehungen zu kommen wünschen.
Der „Rationakzeitung" zufolge haben die Alliierten ri» Er-
suche» Polens, ihm die von Deutschland jetzt abzuiiesernden Kriegs-
materialien und Waffen zur Verwendung gegen die Bolschewisten
zn überlasten, abgeschlagen.
Dagegen berichtet die „Post", daß Pariser Blättermeldungen
zufolge ei« Verlangen der Alliierten an Deutschland, dir Hilfs-
tr uppen für Polen durch deutsches Gebiet zu trans-
portieren, an die deutsche Regierung unterwegs sei. In Ber-
lin ist ein solches Ersuchen jedenfalls noch nicht eingetroffen. Immer-
hin bereiten sich England und Frankreich vor, Polen militärisch
zu unterstützen. Havas meldet: Die schnelle Veränderung der Lage
an der polnischen Front hat das französische Ministerium bestimmt,
in Uebereinstimmung mit den anderen Alliierten die Kriegs-
bereitschaft eines Teiles des französischen Heeres auszusprechen.
Der „Malin" meldet ausLondon: Der Kriegsminister ver-
fügte die Einberufung der Mannschaften für das 1. und 2.
Territorialarmeekorps. Der „Temps" meldet: Der Beschluß des
Obersten Rates in der militärischen Unterstützung Polens laute auf
die Mobilisierung von 16 Divisionen für Polen.
Die ersten Transporte stehen bereits vor ihrem Abmarsch.
Die „Times" melden einem Basler Telegramm der „National-
zeitung" zufolge aus Bukarest: Die Rote Armee hat den
D nie st er überschritten und damit die Rückeroberung
von Bessarabien ausgenommen. Die russische Rote Armee
gehe gegen den Pruth vor.
Die Basler „Nationalzeitung" meldet aus Wien: Die kom-
munistischen Blätter berichten, daß Lenin durch ein Manifest alle
slawischen Völker auffordern wird, ihre gegenwärtigen Regierungen
'»urch Sowjetregierungen zu ersetzen.
Polnischer Heeresbericht. — Groduo und Dubno von den
Bolschewisten genommen.
Warschau, 22. Juli. Polnischer Heeresbericht vom 21.:
Feindliche Abteilungen haben Grodnv besetzt und tragen den An-
griff an der Chaussee Grobno—Lukow an vor. Unsere Truppen
kämpfen bei Bakum. Dieser Ort ging eine Zeitlang verloren, wurde
aber durch einen Gegenangriff zurückgewonnen. Die Bolschewisten
versuchten, bei Luna und Wola und an der Stadt entlang auf jeden
Fall burchzubrechsn. Heftige bolschewistische Angriffe auf der
ganzen Staralime, die besonders gegen den Brückenkopf von Plo-
nim gerichtet waren. Es entspannen sich heftige Kämpfe zwischen
Slonim und Bialawa. Die Bolschewisten sammelten für diese
Aktion Infameriedivisionen. Sie erlitten beim Passieren der Stara
große Verluste. Im PoleUe-Abschnitte haben unsere Abteilungen
feindliche Angriffe abgewiesen und warfen bolschewistische Abtei-
lungen auf das Vorfeld zurück. Oestlich der Front wußte General
Balacowitsch alle Angriffe zu vereiteln, trotzdem die Bolschewisten
auf dem engen Raum eine Division und große Artilleriemaffen an-
gesammelt hatten. Im Süden mußten unsere Truppen nach -helden-
mütigem Kampfe Dubno räumen. Bei Wolock-owice hatte eine
800 Mann starke bolschewistische Artillerieabteilung unsere Linie
durckbrochen, -wurde aber unter schweren Verlusten Kurückgcworfen.
In der Nacht vom 19. zum 20. ging ein ganzes kubanisches Kosaken-
regiment mit seinen Offizieren zu uns über. Es haben sich viele
Regimenter der Donkosaken der Armee des Generals Wrangl am-
geschloffen und diese damit um 21 (XX) Mann verstärkt.
Berlin, 23. Juli. (Priv.-Tvl.) Nach einer Meldung des
Berliner „Lok.°Anz," aus Warschau ist dort die Nachricht aus
Paris eingetroffen, daß Ende dieses Monats die ersten Truppen-
transporte aus Frankreich in Polen eintrefsen werden. Die Trans-

porte werden voraussichtlich über See gehen und in Danzig aus-
geschifft werden.
Berlin, 23. Juli. (Priv.-Tel.) Wie die „Vvff. Ztg." aus
Warschau meldet, hat der Polnische Landesverieidigungsrat be-
schlossen, den englischen Rat zu befolgen und ein Waffenstillstands-
angvbor direkt nach Moskau zu -richten. Um dem Angebot größe-
ren Nachdruck zu verleihen, soll ein Kvalitiolw-Kabinett aus allen
Parteien gebildet werden unter besonderer Berücksichtigung der
Bauernpartei und der Sozialisten.
Paris, 22. Juli. Nach -einer Meldung der „Chicago Tri-
büne" soll die Evakuierung Warschaus von der Zivilbevölkerung
schon begonnen haben. Ein großer Teil der Bevölkerung fei zur
Abreise bereit.

Syrien.
Paris, 22. Juli. (W.B.) Nach einer Havasmeldung
aus Beirut hat Emir Feisal folgende Punkte von General
Gourands Bedingungen angenommen: Anerkenuungs des
Mandats Frankreichs über Syrien; Frankreich erhält das
Recht zuerkannt, über die Eisenbahnlinie Rayak-Aleppo zu
verfügen, Besetzung von Aleppo und der Bahnstation
zwischen Aleppo und Nayak, sofortige Einstellung der Zwangs-
aushebungen; die Armee des Scherifen auf die Stärke vom
1. Dezember 1919 zurückzuführen; das syrische Geld erhält
Kurswert; Bestrafung der Urheber der gegen französische
Soldaten begangenen Attentate.
Paris, 22. Juli. (W.B.) Nach einer Havasmeldung
aus Beirut hat General Gourand eine Proklamation an
die Bevölkerung der Städte Homs, Aleppo, Hama und
Damaskus erlassen, um die Bevölkerung, die für Ordnung
und Frieden ist, aufzufordern, sich den Franzosen anzu-
schließen, deren Absicht es sei, die Extremisten zur Ruhe zu
bringen, die seit langem dis Entwickelung des Landes
verhinderten.
AdriarwpLl von den Griechen besetzt.
London, 22. Juli. (W.B.) Der Korrespondent des
„Daily Erpreß" in Konstantinopel telegraphiert, daß im
türkischen Kriegsministerium die Nachricht eingelaufen sei,
die Griechen hätten am Dienstag vormittag Adrianopel
besetzt. Auf ihrem Rückzug hätten die Türken Feuer in
Adrianopel gelegt. Die Brücke zwischen Tschatal und Lüle
Burgas sei zerstört worden.
Sforza vor der italienischen Kammer über Spa.
Rom, 22. Juli. Der Minister bes Aeußeren Graf Sforza
erklärte iw Beantwortung einer Anfrage über die auswärtige Poli-
tik in der Kammer zur Kohlemfrage: Nach dem Vertrag von Ver-
sailles hätte Italien Deutschland die Anleihe verweigern können,
die sich aus dem Unterschied zwischen dem im Friedensvertrag fest-
gesetzten Mindestpreise und dem jetzigen wirklichen Freise ergibt.
Aber dann würden die deutschen Bergarbeiter nicht gearbeitet haben
und dann hätte bas Ruhrgebiet besetzt werden müssen, um Kohlen
zu erhalten. Dies fei durch seine Vermittlung verhindert worden.
Weiter sagte er, um zu einem Urteil über Spa zu gelangen, müsse
-man vor allem -an die Abgründe denken, die sich vor der Konferenz
aufgetan hätten, wenn sie plötzlich abgebrochen worden wäre, -wie
man es einmal befürchtet habe. Mein ganzes Bestreben ging da-
hin, diese Gefahr zu verhindern- und Europa auf einen fruchtbareren
Weg zu bringen. Ich hoffe, daß das Werk von Spa Früchte tragen
wird. Niemand ist völlig zufriedengestelft von Spa wcggegangen.
Auf jeden Fall sind aber die Grundlagen zur europäischen Zusam-
menarbeit gelegt -worden. Es fehlten auch nicht neue Erscheinungen
in den Annalen der Diplomatie. Sv wurde ein Vertreter der
Bergarbeiter zugelassen, um den Standpunkt seiner Arbellsgenossen
barzulegen. Ich glaube sagen zu dürfen, daß Italien mit Spa zu-,
frieden sein kann und daß wir in der Konferenz eine glückverheißende
Etappe auf dem Wege zu einer europäischen Regelung sehen können.
Die Unruhen in Italien.
Die „Avanti"-Druckerei zerstört!
Rationalistenexzesse in Rom.
Ro m, 21. Juli. Manifestanten drangen in die Druckerei der
römischen Ausgabe bes „Avanti" ein, zerstörten die Maschinen und
schleppten bie Zeitungen nach einem benachbarten Platz, wo sie sie
verbrannten. Den Zeitungsverkäufern wurde der „Avanti" ent-
rissen und daraus -unter Absinguug vaterländischer Lieder in den
Straßen im Zentrum der Stadt Fackeln gemacht. — „Lpoca" ver-
sichert, daß ein 24stündiger Generalstreik ausgerufen werden wird.
Mailand, 22. Juli. Infolge der Vorfälle in der Druckerei
des „Avanti" in Rom haben alle Zeitungen am Orte dem sozia-
listischen Organ ihre Druckeinrichtung zm Verfügung gestellt. Die
Leitung des ,Manti" nahm das Angebot -des Blattes „E-poca" an.
Trotzdem- konnte -der „Avanti" nicht erscheinen, da die Demonstran-
ten die Zeitungsträgeriniren aus dem Gebäude nicht herausließen.
Die Demonstrationen nahmen- einen äußerst heftigen Charakter an,
in deren Verlauf die beiden Deputierten Modigliani und Delcicesare
verletzt -wurden. Modigliani trug eine schwer« Kopfverletzung da-
von, so bah er sofort in ein Krankenhaus verbracht werden mußte.
Mailand, 22. Juki. Der „Cvrriere Hella Sera" aus Tu-
rin meldet, daß es dort infolge der Nachrichten aus Rom zu De-
monstrationen gekommen ist, bei denen versA-iedene Offiziere schwer
mißhandelt und verletzt wurden.

Politische Ueberficht.
Die Berichterstattung vor dem Reichswirtschastsrat.
der l i n, 22. Juli. Im vorläufigen Reichswirtschastsrat er-
stattete Reichswirtzchaftsmini-ster Scholz Bericht über die Ver-
handlungen in- Spa und legte die außerordentlichen Schwierigkeiten
die für bie deutsche Delegation zu überwinden waren. Er
persönlich halte das Abkommen von- Spa für eine vielleicht uner-
trägliche Belastung des deutschen Wirtschafts-
lebens. Unter allen Umständen bedeute das Abkommen eine
unerhörte Belastung der deutschen Bergarbeiterschaft.
Anderseits sei es voraussichtlich nicht zu vermeiden, daß der deut-
schen Industrie neue Einschränkungen auserleg-t werden, die schon
die gegenwärtigen Beschränkungen -kaum ertragen könne. Dann
werd« aber auch die deutsche Industrie nicht so große Repara-
tionsleistungen aufbcingen. Eine Mchrförderung an Kohle
sei nur denkbar, wenn die deutsche Arbeiterschaft diese Leistung
vollbringen wolle. Die Steigerung der Kohlenproduktton sei daher
in erster Linie eine Arbeiterfrage -und deshalb müßten den Arbei-
tern- alle möglichen Erleichterungen verschafft werden. Trotzdem
werde er alles tun, damit das Abkommen erfüllt werden könne.
Deutschland habe die Verpflichtung munmehr- übernommen und
müßte nun auch alles daransetzen, um die Verpflichtungen zu er-
füllen.
Dann führte der Reichsarbeitsminister Dr. Brauns u. a.
aus: Angesichts der Verhandlungen in Spa bemächtigte sich der
Bergarbeiter eine große Erregung. Gerade die Bergarbeiter, sagte
der Minister, halten sehr zähe an ihren Rechten fest, nun sollten
sie sich infolge der Drohung der Entente vor her Gewalt beugen.
Die Bergarbeiter fühlten sich durchaus solidarisch mit der ganzen
Arbeiterschaft Deutschlands und sie müßten- nunmehr befürchten-
daß die -Forderungen der Entente dazu führen müßten, baß die
deutsche Industrie ljMgelegt und dadurch bie Arbeitslosigkeit noch
vermehrt würde. Ferner fürchteten die Bergarbeiter, daß auf -dem
Wege über das Kohlenabkommcn in Spa die Frage der normalen
Schichtdauer in einer für sie ungünstigen Weise gelöst werden sollte.
Mit dieser Stimmung der Bergardetterschast muß auch die Wirt-
schaftspolitik hüben und drüben rechnen. Gleichwohl hoffe ich,
-daß die Bergarbeiter endgültige Beschlüsse nicht in der Erregung
des Augenblickes fasten werden. Die Bergarbeiter wollen nun das
Ueberschichtenabkommen kündigen -und bas Arbeitsmimsterium lei-
tete deshalb schon Verhandlungen mit ihnen ein, wovon wir uns
ein günstiges Ergebnis versprechen. Wir hoffen auf die Möglich-
keit, das Abkommen von Spa so zu erfüllen, daß deshalb unser
deutsches Wirtschaftsleben nicht vollständig zu erschüttern braucht.
Jedenfalls möchte ich seststellen, daß die deutschen Arbeiter bereit
sind-, am Wiederaufbau des zerstörten Europa, aber auch der deut-
schen Wirtschaft tatkräftig mitzuwirken. Anderseits muß alles ge-
schehen, um den Bergbau nach der technischen Seite zu- heben.
Reichsminister für Ernährung -und Landwirtschaft Hermes
legte dar: Um feste Grundlagen für die Verbesserung der Ernäh-
rung zu schaffen, wird das Reichsernährungsministerium in- Ver-
bindung mit dem Wirtschastsministerium und dem- Arbeitsmimste-
rium mit den Bergarbeiterorganisationen zu einer Besprechung
zusammentreten. Vor allen Dingen ist ein« schnelle Ver-
besserung des Brotes vorgesehen. Im Ernährungsmini-
sterium -wird ein einheitlicher Plan für bie Ernährungswirtschaft
der nächsten Jahre zugleich mit einem Einfuhrprogramm ausge-
arbeitet.

Ausland.
Lloyd George vor dem Unterhaus.
Eine versöhnliche Rebe.
London, 21. Juli. Lloyd George hat gestern seiirr
Rede über die allgemeine Lage in Europa gehalten. Er sprach in
erster Linie über die Lage in Polen- und wies darauf hin, daß
Polen ein Fr-eiwilligenheer von 300 000 Mann ausgestellt habe,
daß es im Interesse Europas liege, daß Polen nicht ver-
schwind«. Der englische Gesandte in Berlin sei nach Polen
gereist und es sei möglich, daß Marschall Foch später
gleichfalls dorchingehen werde. Dann -sprach Lloyd George
über
die Konferenz in Spa.
Er erklärte, man hätte es den Deutschen ermöglicht, eine Begegnung
mit den Alliierten in einer etwas ruhigeren Umgebung
und Atmosphäre zu haben, wo beiderseits auch das Tem-
perament etwas ruhiger sein könnte und man hätte den Eindruck
gewonnen, daß der deutsche Reichskanzler und Dr. Simons zwei
sehr ehrenwerte Leute seien, die ihr Bestes leisteten, um den Ver-
sailler Friedensvertrag zur Durchführung zu bringen. Sehr wich-
tige Entscheidungen seien in- Spa getroffen worden, sowohl für
jedes Land besonders, als auch für -die Einheit der Alliierten. Lloyd
George wies besonders aus -den Schiffsraum hin, der den
Alliierten -bereits aus-geliefert wurde, ferner auf die Kohlen-
lief e r u n g e n. Er sagte, man habe jetzt die Ueberzeu g u n g,
daß Deutschland sich ernstlich um die Frage der Wieder-
gutmachung kümmere und versuche, diese Frage zu lösen. Man
trage sich ernsthaft mit dem Gedanken, eine international«
Anleihe aufzunehmen, um Deutschland in die Lage zu versetz««,
seinen Verpflichtungen auch wirklich nachzukommen. Di« Sach-
verständigen würden in den nächsten Wochen dies« Frag«
näher beraten. Die
Frage der Entwafsung
wäre eines der s chwierigsten Probleme. Was bie Schiffe
anbelangt, könne inan fast keine weiteren Fortschritte mehr erzrel-en.
Es seien- nur noch wenige Schiffe und wenig Mate-
rial abzuliefern. Alle großen Kriegsschiffe, Unterseeboote und
Torpedojäger seien bereits ab geliefert. Ende September
 
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