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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (2) — 1920

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Nr. 161 - Nr. 170 (15. Juli - 26. Juli)
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Man hätte sich mit dem Einmarsch abgefunden, wenn man die

Verantwort!.: Fürlnnereu. äußerepotttll,Dottswirtschaftu. Zeuilkekon: vr.
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O.Geibet-, für die Anzeigen: H. Hoffmann, säm
Geschäftsstelle: Schrödersträße ZS.

G. Kraus-, für Kommunales u. soziale Rundschau: Z.Kahn,- für Lokale«:
O.Geibet-, für die Anzeigen: H. Hoffmann, sämtlich in Heidelberg
Druck und Verlag der llnterbadischen VerlagSanstalt G.m.v.H., Heidelberg
Geschäftsstelle: Schrödersträße ZS.
Femsprecherr Anzeigen-Annahme 2673, Redaktion 2648.

Heidelberg, Mittwoch, 21. Juli 1920
Nr. 106 * 2. Jahrgang


Kageszeiiung für die werttätige Bevölkerung der Amtsbezirke Heidelberg, Wiesloch, Sinsheim, Sppingen, Eberbach, Mosbach, Buchen, Adelsheim, Boxberg
Tauberbischofsheim und Wertheim.


die
Tonnen bleiben
Eisenbahn und Schiffahrt, der Gas-, „ _
noch 71)4 Mill. To. für Industrie, Lanbwirtschas. »...
2>on den 71)4 Mill. To. sind indes noch abzurechnen dre Kompen-
salionsmengen an Kohlen, die wir an die neutralen 'Staaten (Schweiz
Holland, Skandinavien) liefern, um Kredite und Lebensmittel zu
bekommen. Und nun sollten wir nach dem Friedensvertrag der
Entente ca. 40 Millionen Tonnen jährlich liefern. Es ist klar daß
damit einfach jede wirtschaftliche Produktion zusammengebr'ochen
wäre. Unter den bisherigen Lieferungen haben wir im Mai mit
962 000 Tonnen den Höchststand erreicht, also knapp 1 Million. Es
war ganz klar, daß wir hier in Spa eine Revision des Friedens-
vertrags von Versailles durchsetzen mußten. Wir wissen, daß wir
zur Wiedergutmachung verpflichtet find, daß wir Frankreich nickt
nur weitestgehend helfen müssen, sein zerstörtes Gebiet wieder auf-
zubauen, sondern, daß wir ihm auch den Kohlenausfall dec zerstörten
nordfranzösischen Bergwerke ersehen müssen. Aber Frankreich for-
dert mehr, als man als gerecht anerkennen kann. Den Ausfall an
nordfranzösischer Kohle hat es fast vollständig durch die Ausbeutung
des Saargebietes gedeckt. Aber Frankreich will von uns — und
zwar als Kriegsentschädigung, nicht im Austausch — die Kohle für
die neue Eisenindustrie in Elsaß-Lothringen; die französische Schwer-
industrie sucht hier der deutschen Schwerindustrie das Leben zu
unterbinden. Belgien will Kohle von uns 'haben, trotzdem es
eben erst wieder Kohlenausfuhrland geworden ist (s. „Volkswirt-
schaftliche Rundschau" der „Volksztg." vom setzten Samstag); Ita-
lien will billige deutsche Kohle für die englische, die ihm in zu ge-
ringen Mengen und zu teuer geliefert wird. Die Kohlennot ist
international, sie kann nur durch internationale Produktionsgemeiw-
schaft gelöst werden; aber immer noch will die Entente ihre Bedürf-
nisse durch einseitiges Siegerdiktat lösen.
Wir wußten, daß es in Spa zu einem gewaltigen Ringen kom-
men werde; es muß Aar ausgesprochen werden: wir haben etwas
erreicht, die Konferenz ist nicht vergebens gewesen. Zuerst schien
eine Einigung so gut wie ausgeschlossen; die deutsche Delegation gab
als Höchstgrenze ihrer Lieferungsmöglichteit 1—1,2 Mill. To. an,
die ev. noch bei ausreichender Lebensmittelversorgung der Berg-
arbeiter auf 1,6—1,8 Mill. To. gesteigert werden können, die En-
tente verlangte als Minimallieferung 2,4 Mill. To. pro Monat, die
Konferenz schien zu scheitern. Die Entente drohte mit dem soforti-
gen Eimnarsch ins Ruhrgebiet; die deutsche Delegation halte in
ihrem eigenen Schoße eine schwere Krise durchzutämpfen. Schließ-
lich machte Dr. Simons ein letztes Angebot der Verstän-
digung. Wir erklärten uns trotz größter Bedenken zur Lieferung
von 2 Mill. To. Kohle bereit, knüpften daran aber verschiedene Be-
dingungen-. Einmal müsse uns ein sicherer Anteil (Ich Mill. To.)
an der oberschlesischen Kohlenproduktion zugestanden werden, sodann
forderten wir Anrechnung der Kohle zum Weltmarktpreis, während
nach dem Friedensvertrag uns diese Kohlenlieferungen, lediglich zum
deutschen Inlandspreis auf das Wiebergutmachungskonto angerech-
net werden sollen. Außerdem tut eine bessere Ernährung der Berg-
arbeiter und ein Kredit für Lebensmittel und Rohstoffe der deutschen
Wirtschaft dringend not. Im P ri nzip ging die Entente auf die-
sen letzten deutschen Vorschlag ein, die Erfüllung unserer Forderun-
gen wird uns aber nur zum Teil zugeftanden. Die Entente konnte
sich nicht dazu verstehen, die deutschen Kohlenlieferu-ngen nach dem
Weltmarktpreis zu bezahlen; Frankreich und Italien, welche
die Gelegenheit benützen wollen, um billige Kohlen zu bekommen,
leisteten zu große Widerstände, die Kohle wird uns zum Inlands-
preis auf das WiedergutnrachunsÄonto angerechnet. Zu diesem

Außenminister Dr. Simons über Spa.
Berlin, 20. Juli. Der Außenminister Dr. Si¬
mons sprach sich heute zu einem Kreis von Pressever-
tretern über das Ergebnis der Spa er Konferenz aus:
Unmittelbar nach der Rückkehr der Minister von Spa gingen
durch die Presse Meldungen über angebliche Rücktritts¬
absichten dieses oder jenes Ministers. Diese Nachrichten, so
betonte der Minister, sind mit der größten Vorsicht aufzunehmen.
Er könne nicht behaupten, daß sämtliche Minister bei der Bespre¬
chung aller Fragen einer Meinung gewesen seien, aber wenn Be¬
schlüsse gefaßt wurden, so werden sie
jetzt hier mit allen Kräften durchgeführt
werden. Er habe keinen Grund anzunehmen, daß wir in Spa Er¬
folge errungen hätten, di« Lasten bleiben dieselben. Es handelte
sich nur um die Folgen der Erfüllung ober Nichterfüllung des
Friedensvertrags. Die Entente müßte sich Aar darüber sein, daß
es ihr zwar offen bleibt, Zwangsmaßregeln aller Art gegen uns zu
ergreifen, daß aber unsere Fähigkeit zur Wiedergutmachung
notwendigerweise bei zu scharfer Anspannung der Schraube leiden
müßte.
Anfangs stand Frankreich allein mit seinen Forderungen; es
hatte sich ja auch mit Frankfurt und Darmstadt gehörig blamiert.
Aber Millerand hat sein Bestreben durchzusetzen gewußt,
England und Italien für seine Absichten zu gewinnen. Das war
wahrscheinlich der Erfolg von San Remo und der nachfolgenden
Ententekonferenzen. In Spa waren alle Alliierten in dieser Frage
vollkommen einig. Selbst Graf Sforza war mit dem Ein¬
marsch einverstanden, wenn wir hinter unserer Pflichtlieferung von
2 Millionen Tonnen zurückbleiben. Dem deutschen Außenminister
war das während der Verhandlungen klar und es hätte, so ver¬
sicherte er, nicht der martialischen Gesichter der Generäle Foch und
Wilson bedurft, die man vor ihm aufgepflanzt hatte.
Das Kabinett war der Meinung, daß man trotzdem nicht un¬
bedingt die Unterschrift unter das Kohlenabkommen setzen müßte.
Man hätte sich mit dem Einmarsch abgefunden, wenn man die —.
llederzeugung gehabt -Ätz Hch-- der Deregativn ange-

öer Sachverständigen seien den Ministern doch später einige Be-
denken über die unbedingte Richtigkeit der gegebenen Unterlagen ge-
kommen, zumal 1—2 ausschlaggebende Momente bekannt wurden,
nämlich 1. die Möglichkeit einer stärkeren Ausnutzung der deutschen
Braunkohle für die heimischen Betriebe und 2. die Möglichkeit, die
deutsche Steinkohlenproduktion stärker zu erfassen. Es werden noch
immer eiire ganze Menge Kohlen an Stellen geliefert, die die Regie-
rung nicht für die richtigen erachtet. Das Bestreben der Reichs-
regierung wird darauf hinausgehen, hier eine strengere Kontrolle
«inzurichten.
Nicht ganz unähnlich war die Lage bei der militärischen Frage.
Die klare Rechtslage war di«, daß wir bis zum 10. b. M. alles das
erfüllt haben mutzten, wofür uns nun «ine länger« Frist be-
willigt wurde. Daß diese Fristen noch immer - ukurz sinh, daran
kann kein Zweifel bestehen. Wenn die Alliierten wer die wirklichen
Verhältnisse bei uns bester unterrichtet gewesen wären, so hätten
sie uns auch hier noch einen längeren Termin zugestanden. Immer-
hin ist der Minister der Ueberzeugung, daß sich in den zugestandenen
8—6 Monaten vieles tun läßt, um unseren ehrlichen und guten
Willen zu beweisen, um dann, wenn sich die Notwendigkeit dazu
bringend ergeben sollte, noch einige Modifikationen zu verlangen.
Minister Simons hält es für die einzig richtige und mögliche Politik,
daß wir das, was wir unterschrieben haben, ehrlich und gewissenhaft
durchführen und es nicht dabei bewenden zu lasten, auf «ine
Revision des Friedensvertrags
hinzuarbeiten. Wir müßten di« Alliierten dazu gewinnen und hierbei
unterstützen.
Inwirtschaftlicher Beziehung ist die Lage folgende: Wir
hatten das Diktat vom Wiedergutmachungsausschuß bekommen, mo-
natlich 3 400 000 Donnen Kohlen- abzuliefern, und zwar sollten dies«
ganzen Lieferungen uns lediglich auf die Wiedergutmachungskosten
angerechnet werden. Wir haben erreicht, daß
1. diese Lieferungen auf 2 Millionen herabgesetzt wurden -und
daß uns hierfür der Friedenspreis in Deutschland ungerech-
net wird,
2. daß wir ein« Prämie von 5 Goldmark pro Tonn« in bar
erhalten,
3. daß für di« Landkohlen ein Vorschuß gezahlt wird, der
den Unterschied zwischen Inlandspreis plus Prämie und dem Welch
Marktpreis entspricht, während uns für Seekohlen der v v l l e A us -
l a n d spreis angerechnet wird.
Dieser Lösung konnten wir nur zustimmen, wenn uns für den
Ausfall an Ruhrkohlen, die für unsere Industrie dringenbbe-
-nötigt werden, eine stärker« Belieferung mit vberschlesi-
scher Kohle zugesagt wurde, die -heute zum größten Tell nach
Polen geht. Das wollte uns Lloyd George nicht versprechen,
aber er stand uns zu, daß -eine Kommission eingesetzt werden soll,
in der wir.als gleichberechtigt vertreten -sein werden und in der die
alliierten Vertreter dahin zu instruieren sind, unseren Bedürfnissen
Rechnung zu tragen. Auf eine bestimmte Summe hätten 'sich unsere
Sachverständigen nicht versteift, nachdem diese Zusage im allge-
meinen gegeben worden sei.
Der Minister kam dann noch auf den 4. Punkt der Tagesord-
nung, der Festsetzung unserer finanziellen Leistungen zu spre-
chen. Diese Frage sei bei uns bisher nur skizzenhaft behandelt
worden. Es sei für die neu« Regierung ausgeschlossen, hier un-
mittelbar an die von der früheren Regierung geleistete Vorarbeit
anzuknüpfen, da doch deren Geistesverfassung in mancher Hinsicht
eine etwas andere war. Die Entente wünscht« selbst nicht, wie von
Herrn Dr. Simons ernsthaft versichert wurde, die sofortige Be-
handlung dieser Frage in Spa, da die Summen, die die Deutschen
dort hätten nennen können, für die Volksmeinung namentlich

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in Frankreich unerträglich hätten sein müssen. Man will diesen
Punkt in Genf unter veränderten Verhältnissen in aller Ruhe be-
handeln. Nach Genf werden nur wenige Sachverständige
kommen, deren Zahl auf 2 beschränkt sein wirb. Die Zeit stehtnvch
nicht fest. Man habe uns in durchaus entgegenkommender Welse
gefragt, wann es uns am besten paffen würde. Dr. Simons nimmt
un, daß dies in etwa 4—5 Wochen der Fall sein wird. Bis dahin
haben wir Zeit, unsere Pläne auszubauen und die tecch
Nischen Vorbereitungen Keffer z« gestalten, als es in Spa der Fall
war. Zum Schluß sprach der Munster noch die Hoffnung auf em
vertrauensvolles Zusammenarbeiten mit der Presse aus.
Die Stellung der Parteien zu Spa.
Berlin, 20. Juli. Heute abend um 7 Uhr tritt der Aus-
schuß des Reichstags für auswärtige Angelegenheiten im Auswär-
tigen Amt zusammen, um die Berichte des Reichskanzlers
unb des Reichsministers des Aeußeren über das Er-
gebnis der Konferenz in Spa entgegenzunehmen. In dieser Kom-
missionÄsitzung werden die Parteien zum ersten Mal« die Gelegen-
heit haben, ihrer Auffassung über die in Spa erzielten Resultate
Ausdruck zu verleihen.
Wie die „Nationalzeitung" aus parlamentarischen Kreisen er-
fährt, glaubt man, daß die Deutsch-Demokraten, das Zen-
trum und wühl auch die Sozialdemokratie den Beschluß der deut-
schen Spa-Delegation gut heißen werde. In diesen Kreisen
herrscht die Ansicht vor, daß- das, was in Spa erreicht werden konnte,
dort tatsächlich erreicht worden sei und daß insbesondere Reichs-
minister Dr. Simons die Interessen des Reiches mit Wurde zu
vertreten wußte. Dio Deutschnationale Volksparte,
wird freilich, wie man erfährt, ein klares Nein sagen ganz rm
Sinne ihrer Politik. Auch di« Unabhängigen werden sich
höchst wahrscheinlich gegen das Abkommen «rklären, -das sie als
einen vollen Erfolg der rein kapitalistischen Interessenpofttt-k bezeig
nen. Die Haltung der Deutschen Volkspartei >st "vch
nichtvöllig geklärt. Während sich viele Kreise der Volks-
partei abwartend verhalten, folgen- ander« H-ugo Sünnes, der
sichgegen das Abkommen von Spa erklärt. Man erwartet aber,


Deutschlands Neutralität im Osten.
Berlin, 21. Juli. In der heutigen Nummer des
„Reichsanzeigers" wird nachstehende Bekanntmachung des
Reichspräsidenten veröffentlicht; In der zwischen der polnischen
Republik und der russischen Sowjetrepublik entstandenen
kriegerischen Entwickelung hat Deutschland, das sich mit
beiden Staaten im Friedenszustand befindet, bisher volle
Neutralität bewahrt und wird diese Neutralität auch weiterhin
beobachten. Ich weise demzufolge daraufhin, daß für jeder-
mann im Reiche und für Deutsche im Ausland die Ver-
pflichtung besteht, sich aller Handlungen zu enthalten, die
der Neutralität zuwiderlaufen, (gez.) Ebert, Simons. Diese
Diese Bekanntmachung wird den Regierungen in Warschau
und Moskau amtlich zur Kenntnis gebracht.
Lenin will eine gemeinsame Grenze mit
Deutschland.
Berlin, 21. Juli. (Priv.-Tel.) Wie der Berliner
Lokalanzeiger aus Rotterdam meldet, enthält das amtliche
Organ Lenins die Erklärung, daß Rußland industrielle und
wirtschaftliche Beziehungen eine gemeinsame Grenze mit
Deutschland erforderlich machten. Die Offensive gegen die
Polen werde nicht eher aufhören, als bis diese Grenze
wieder hergestellt sein werde.
Stinnes als Kriegsverbrecher.
Amsterdanr, 20. Juli. Im Unterhause wurde gestern
die Frage an die englische Regierung gerichtet, ob die
Alliierten nicht die Aburteilung von Hugo Sünnes verlangt
hatten, da doch dieser für die Zerstörung der belgischen
Bergwerke verantwortlich sei. Bonar Law erwiderte, es sei
nicht beabsichtigt, weitere Namen auf die Liste der Kriegs-
verbrecher zu setzen. Auf jeden Fall gehe diese Frage ledig-
lich die belgische Regierung an, die übrigens gegen die Reise
des Herrn Stinnes nach Belgien keinen Einspruch erhoben
hätte.
Rußland gegen englische Vermittlung.
England nicht unparteiisch. — Direkte Verhandlungen
mit Pole«.
Paris, 20. Juli. (W.B.) Nach einer Tempsmeldung
ist die Antwort der Sowjetregierung auf das Waffen-
ftillftandsangebot der englischen Regierung bereits eingetroffen.
Die Bolschewisten weigern sich, an einer Londoner
Konferenz teiHunehmen, da die englische Regierung nicht
unparteiisch sei. Sie will auch nicht mit Vertretern der
baltischen Staaten verhandeln, da Sowjetrußland mit diesen
im Frieden lebe. Mit den Polen will Rußland direkt
verhandeln. Die Sowjetregierung erklärt sogar, daß sie
Polen eine günstigere Grenze vorschlagen werde, als es
die englische Regierung getan habe.
Außerdem weigert sich die Sowjetregierung, mit Ge-
neral Wrangel zu verhandeln, dieser müßte sich ergeben, l

M WW tzkl MkM M SU
Von Dr. E. Kraus.
3. Die Kvhlensrage.
Die Frag« Ker Bestrafung der Kriegsverbrech er,
m« als 2. Punkt auf der Tagesordnung stand, fand ziemlich rasch
und lautlos ihr« Erledigung durch eine -Verständigung der juristischen
Sachverständigen untereinander. Man hat -darüber in -den Ver-
Hand-Iungsberichten recht rvenig gehört, zu Reibungen scheint es nicht
gekommen zu sein
Man ging sofort zum 3. Punkt über, welcher den ganzen Rest
der Verhandlungen ausfüllt«, zur Kohlenfrage. Noch mehr
wie in der Entwaffnungsfrage platzten hier die Gegensätze aufein-
ander, ja es gab 24 Stunden, in denen man die Ententegeneräl«
nach Spa -holte — als ob die je imstande wären, Wirtschaftsfragen
zu lösen — und auf dem Sprunge war, ins Ruhrgebiet einzumar-
schieren. In der Kohlenfrage konzentriert sich die -ganze Macht-
politik des Friedensvertrags von Versailles, es handelt sich hier
um den Kampf zwischen der siegreichen Industrie
der Entente, di« natürlich den Vorsprung, den sie durch unsere
Niederlage gewonnen hat, restlos auf unsere Kosten auszunützen
bestrebt ist, un -d der deutschen Industrie, die natürlich trotz
des unglücklichen Kriegsausgangs nicht nur weiterleben will und
muß, sondern auch in absehbarer Zeit wieder eine günstige Position
auf dem Weltmarkt erobern will. Wiederholt schon haben wir dar-
auf hingewie-fen, daß eine sozialistische Produktionsgemeinschaft aller
Rohstoffländer di« beste Lösung für all« diese volkswirtschaftlichen
Existenzpr-vbleine wäre. Aber solange daran nicht zu -denken ist,
bestand unsere Aufgabe in Spa darin, unter voller Anerkennung der
berechtigten Ansprüche unserer Gegner möglichst viel Entgegenkom-
men für die deutschen Existenznotwendigkeiten herauszuschlagen.
Wie liegen denn die Dinge? 1913 hatte Deutsch-
land ein« Kohlenproduktion- von 191)4 Millionen Tonnen, davon
aus dem Ruhrgebiet 114)4 Mill. To (60,22 Proz.), aus Oberschle-
sien 43,44 Mill. To (22,35 Proz.) und aus dem Saargebiet 17
Mill. To. (3,95 Proz.). Für das Jahr 1920 wird mit einer Koh-
lenprod-uktion -von 126 Millionen Tonnen gerechnet (ohne Saar, ein-
schließlich Oberschlesien, -dessen staatliche Zugehörigkeit ja erst durch
- t^^ftmmuna festgelegt werden soll). Von diesen 126 Mil4
Selbstverbrauchs der Zecken
"MMawwerke
^Hausbrand.
 
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