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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (2) — 1920

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Nr. 161 - Nr. 170 (15. Juli - 26. Juli)
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Tageszeitung für die u crlcZüge Bevölkerung der Amtsbezirke Heidelberg, Wiesloch, Ginsheim, Appingen, Eberbach, Mosbach, Buchen, Adelsheim, Boxberg
Tauberbifchofsheim und Wertheim.

Bezugspreis: Monatlich einschl. Trägerlohn 5.— Mk. Anzeigenpreise:
ss ie cinspaltiqe Petitzeile (36 mm breit) so pfg., Reklame-Anzeigen
(»3 mm breit) 2.20 Mk. Bei Wiederholungen Nachlaß nach Tarif.
Geheimmittel-Anzeigen werden nicht ausgenommen.
. Seschästsstunden: 8-'/,6 Uhr. Sprechstunden der Redaktion: 11 -12 Uhr.
-ostscheckkonto Karlsruhe Nr. 22527. Tel.-Adr.: Volkszeitung Heidelberg.

Heidelberg, Montag, 19. Juli 1920
Nr. 164 » 2. Jahrgang

Derantwortl. : Fürinnere u. äußere Politik, Volkswirt schäft u. Feuilleton: Or.
E.Kraus; für Kommunales u. soziale Rundschau: Z.Kahn: für Lokale-:
O.Geibel; für die Anzeigen: H. Hoffmann, sämtlich in Heidelberg
Druck und Verlag der Unterbadischen Verlagsanstalt G.m.b.H., Heidelberg
Geschäftsstelle: Schröderstraße 39.
Fernsprecher: Anzeigen-Annahme 2673, Redaktion 2648.

Nachklänge von Spa.
Das Sonderabkommen der Entente.
Spa, 17. Juli. Havas meldet: Zwischen Grobbritannien, Frank-
reich, Italien, Japan, Belgien und Portugal wurde ein Abkommen
Sterze ichnet, um sofort unter diesen Mächten einige Pro-
bleme zu regeln, die sich aus der Anwendung des Friedensvertrags
ergeben. Die wichtigsten Artikel lauten:
Art. I bestimmt: Die Gesamtsumme, die von Deutschland als
Wiedergutmachung ans Grund des Frkedensvertrags von Versailles zu
zahlen ist, wird nunmehr wie solgt verteilt: Grobbritannien erhält 22
Proz., Frankreich 52 Proz., Italien 1ü Prvz., Belgien 8 Prvz.,
Japan v,75 Proz., Portugal v,75 Proz. und der Rest wird unter Grie-
chenland, Amerika, dem serbisch-kroatisch-slowenischcn Staat und den
anderen Mächten, die auf Wiedergutmachung Anspruch, das gegenwärtig«
Uebereinkommon aber nicht unterzeichnet haben, verteilt.
Art. 2: Die als Wiedergutmachung von Oe st erreich und
Bulgarien zu zahlenden Gesamtsummen werden zusammen mit
der Kontribution für die Ausgaben für die Befreiung der zu der ehe-
maligen österreichisch-ungarischen Monarchie gehörenden Länder, wie folgt
vretcilt: a) zur Hälfte der in Art. 1 angegebenen Proportion, b) von der
anderen Hälfte erhält Italien 4 Ü Prvz. Die restlichen üü Proz.
werden für Griechenland und Rumänien, den jerbisch-lroaklsch-slowenischen
Staat und die anderen Mächte reserviert, die aus Wiedergutmachung An-
spruch, das gegenwärtige Abkommen aber nicht unterzeichnet haben.
Art. 3: Die alliierte» Regierungen werden untereinander die
nötigen Maßnahmen treffen falls nötig durch Gewährung von
Anleihen, die dazu bestimmt sind, seinen Verpflichtungen nqchzukom-
men und alle gleichzeitig zu erledigen — es Deutschland zu ermöglichen,
sich so rasch wie möglich seiner Schulden gegenüber den Alliierten
zu entledigen.
Art. 1Ü reserviert dieRechtePolens gemäß des Vertrages von
Versailles und St. Germain und bestimmt, daß das Uebereinkom-
men auf Polen keine Anwendung findet.
Art. 11 wahrt das Recht der Länder, die Belgien vor dem November
1918 Geld geliehen baden und sieht Bestimmungen vor für die Rückzah-
lung dieser Beträge sofort nach Zahlung der Belgien auf Grund feines
Prioritätsrechts geschuldeten 2lll Milliarden Francs.
Art. 12 wahrt das Recht der Alliierten auf die Kredite, die sie
den ehemals feindlichen Mächten gewährt haben.
Art. 13 bestimmt, daß die Frage der gleichmäßigen Festsetzung der
Kosten der Besatzungsarmeen zurückgestellt werden, um mit
*>en Vereinigten Staaten bekrochen zu werden.
Die Abreise der deutschen Delegation.
Spa, 17. Juli. Der Sonberzug der deutschen Delegation hat
heute Nachmittag 4 Uhr Spa verlassen. Zur Verabschiedung waren
auf dem Bahnhof für die -belgische Regierung der Generalsekretär
her Konferenz Iacquesin und- Graf Duchatsl.
Köln, 17. Juli. Reichskanzler Fehrenbach -ist heute vsr-
mil-iag von Spa kommend hier eingetroffen und nach Freiburg i. Br.
weitergerei-st.
Die deutsche Delegation beim Reichspräsidenten.
Berlin, 18. IM. Der Reichsminister des Auswärtigen,
Dr. Simons. Hal sich nach der Rückkehr Von Spa vom Bahnhof
aus zmn Reichspräsidenten begeben. Später ^sprach der
BizeprSsideck -es Reichsministcriums, Iustizminister Dr. Heinze,
beim dem Reichspräsidenten vor.
Die Durcharbeitung der Ergebnisse von Spa.
Berlin, 18. Juli. Das Kabinett ist Mistern nachmittag zu
einer Sitzung zufammengetreten, an der die aus Spa zurückgekehrten
Minister teilnahmen. Für die nächsten Tage ist folgendes Pro-
gramm vereinbart worden: Am Montag und Dienstag wird das
Kabinett Berichte über die Beschlüsse van Spa entgegennehmen.
Ilm Dienstag abend ist eine Sitzung des Reichstagsausschnsfes für
auswärtige Angelegenheiten in Aussicht genommen. Zu Mitüwvch
sollen die Ministerpräsidenten der Länder zu einer Sitzung einge-
laden werden -und am Donnerstag findet eine Aussprache im Reichs-
wirtschastsrak über die wirtschaftlichen Fragen statt.
Das Ergebnis der parlamentarischen
Feststellungen über Wilsons Friedensaktion.
Der zweite Unterausschuß des parlamentarischen Untersuchungs-
ausschusses veröffentlicht soeben seinen umfangreichen abschließenden
Bericht über die Friedensaktion Wilsons im Jahre
1616/17. Das Schlußergebnis des Berichts lautet:
1. In der durch die Friedeusaktion Wilsons im Winter
1916/17 geschaffenen Eejamtlage waren Anhaltspunkte dafür
vorhanden, daß es möglich sei, zu Friedensbesprechungen zu ge-
lange». Die Reichsregierung hat diese Möglichkeit nicht aus-
genutzt.
2. Die Gründe dafür, daß die erwähnten Möglichkeiten nicht
ausgenutzt worden sind, liegen in dem Beschluß über die Eröff-
nung des uneingeschränkten U-Boot-Krieges vom 9. Januar 1917.
Der Bericht hat die Zustimmung sämtlicher sieben Mitglieder
des Ausschusses, mit Ausnahme des deutsch-nationalen Abgeordneten
Schultz- Bromberg gefunden.
Braitting bei MilleranV.
Paris, 18. IM. Der schwedische M-inisterpräsident Bran-
klng jft, von- London kommend, hier eingetroffen. -Er wird eine
-Unterredung mit dem Ministerpräsidenten MilleraNd haben. Er
'brach M einem Vertreter des „T-emps" über die Aalanbsfvage
6nb erklärte, er habe das Zutrauen, der Oberste Rat werbe sich
winer Verpflichtung, die Frage von Grund aus zu regeln, nicht
sabzichea. Die Bewohner der Aälanbsmseln wollten in voller Frei-
heit über ihr Schicksal entscheiden.
amtliche Darstellung der Ergebnisse oon
Sp».
. Spa, 18. Juli. In einer amtlichen Darstellung der Arbeit
Konferenz «von Spa wich -gesagt, daß die Frage der Wie-evgult-
' auk ßkr nicht -mehr gelöst wurde. Am rascheste« einigte

man sich in der Frage, die Idas schwierigste Problem darzustellen
schien, der der Bestrafung der schuldigen Deutschen. Bei gleichem
Verfahre« würbe man sich auch ähnlich leicht über die beiden ande-
ren Fragen, der der Entwaffnung -und der der KohleMeferung,
halben verständigen können. Leider begann man hier mit einem
Inq-uisitorium und schloß mit einem Verdikt, das einseitig gefällt
würbe. Bei aller Anerkennung der Schmier-i-gkeiten, denen sich die
Alliierten gegenüberbefanden und des guten Willens zum Entgegen-
kommen, so bleiben doch die unterschriebenen Protokolle eine schwere
Belastung für unsere innere und äußere Politik, zumal sie uns auf-
gezwungen wurden. Die von den Alliierten mit großem Nachdruck
verlangte Unterzeichnung der Einmarschklausel wurde abgelehnt. —
Die Regierungserklärung zählt dann die Punkte auf, in denen wir
EntgögeNkomimen und -gewisse Vorteile bei den Verhandlungen -er-
zielt Huben und schließt, daß die Prämie von 5 Goldmark und der
Vorschuß aus lder Differenz des Inlands- und We'lilmavktpr-oises
sofort zur Erhöhung der Lebenshaltung des deutschen Volkes, in
erster Linie der Bergarbeiter, durch deren Mehrarbeit die Duch-
führu-ng der Kohlenlieferu-ng an- die Alliierten ermöglicht wird, ver-
weNdet werbea. Die nötigen Maßnahmen zur Beschaffung auslän-
discher LebenÄmnttelzuftchren sind s-ckcm in Angriff genommen wor-
den. — Im Laufe der Verhandlungen näherte sich die Stellung der
benschen Delegierten der normalen, ohne sie ganz zu erreichen.
Immerhin ist zu -hoffen, däß nun bei der Konferenz in Genf von
vornherein sich die Unterhändler- -in weniger mißtrauischem Geiste
begegnen werden -wie in Spa.
Der Urheber der Berliner antifranzösischen
Kundgebungen.
Berlin, 17. Juli. (WB.) Wie der „Berliner Lokal-
anzeiger" meldet, ist in Verfolg der Vorfälle vorn 16. Jull
vor der französischen Botschaft jetzt als angeblicher Haupt-
schuldiger der Major Haupt, Führer der 1. Abteilung der
Berliner Sicherheitspolizei, ohne jede Kündigung fristlos
enftlassen worden, desgleichen auch die anderen Beamten
des beteiligten Kommandos.
Der Reichswirtschaftsrat zur Konferenz
von Spa.
Berlin, 17. Juli. (WB.) Der vorläufige Reichs-
wirtschaftsrat tritt am 22. Juli zur Beratung des Berichts
der Reichsregierung über die Verhandlungen in Spa zusammen.
Cecil und Grey gegen Lloyd Georger auswärtige
Politik.
Amsterdam, 17. Juli. (WB.) Lord Robert Cecil
sagte in einer Rede in London, ein großer Teil der eng-
lischen Staatsausgaben sei eine Folge der auswärtigen
Politik. Es sei zu befürchten, daß durch diese Polikik die
Rüstungslasten in bedrohlichen Maße vergrößert würden.
Robert'Cecil erklärte zum Schluß, der Völkerbund biete
eine bessere Bürgschaft gegen den Krieg als die Gewalt-
politik.
Amsterdam, 17. Juli. (W.B.) In seiner Rede über
den Völkerbund übte Grey eine scharfe Kritik an der Politik
der Alliierten. Er sagte: Die Alliierten verhandeln jetzt
mit der tatsächlich bestehenden Bolschewistischen Regierung,
die sie vor einigen Monaten zugestandenermaßen vernichten
wollten. Das Hätte meiner Ansicht nach vermieden werden
können. In einem Lande wie Rußland hätte sofort nach
Ausbruch der Revolution die Politik der Nichteinmischung
erklärt werden müssen. Wenn diese Politik nach dem Waffen-
stillstand befolgt worden wäre, so würde Rußland aus dem
Stadium der Revolution sich nach dem Stadium der Evo-
lution entwickelt haben. Das Ergebnis unserer Politik führte
in Rußland die nationaldenkenden Elemente den Bolsche-
wisten zu. Dies hätte vermieden werden können, wenn
zur geeigneten Zeit, nämlich vor Beginn der letzten pol-
nischen Offensiven, der Völkerbund herangezogen worden
wäre.
Die Franzose» in Syrien.
Paris, 17. Juli. (Wolff.) Nach einer „Matin"-
Meldung aus London ist dort das Gerücht verbreitet, die
Franzosen hätten dem Emir Faical ein Mündiges Ulti-
matum gestellt. Syrien solle das französische Mandat und
die französische Sprache als offiziell anerkennen, sowie franzö-
sisches Geld als Zahlungsmittel in Syrien zulassen. Da
nach abgelaufener Frist keine Antwort eingegangen war,
hätten französische Truppen den Vormarsch auf Aleppo
und Damaskus begonnen. Wie man m London sage,
hätten die Araber bis jetzt keinen Widerstand geleistet. Nach
einer weiteren Meldung aus Syrien sind auch die syrischen
Eisenbahnen unter die direkte Kontrolle der Franzosen ge-
stellt worden.
Revision der Kriegsfinanzpolitik in Italien.
Rom, 17. Juli. (Wolff.) Stefani meldet: Die Kammer
genehmigte in geheimer Abstimmung mit 223 gegen 13
Stimmen einen Gesetzentwurf zu der Untersuchung über die
Kriegsausgaben. Ein Zusatzantrag, der die Unter-
suchung auf die politischen Verantwortlichkeiten ausdehnen
wollte, wurde abgelehnt.

I« ElgkW U KEM VN SW.
Von- Dr. E. K r a -u s.
1. Vorbemerkungen.
Die „V-Mszeitung" hat sich während der Verhandlungen in
Spa darauf beschränkt, hie verhNlnismäßig objM-ivön Sitzungs-
oench-te uitd Meldungen so ausführlich wie möglich zu dringen, sie
hat sich dabei jeder -kritischen Stellungnahme enthalten. Einmal
wen die Ereignisse, -Verhandlungen und Resultate dauernd im- Fluß
waren und daher jedes Werturteil jeweils nur eine vorläufige, oft
schon durch die Ereignisse -überholte Bedeutung hätte haben Wunen,'
vor allem aber, weil die laufende Berichterstattung ein Urteil, das
auf einige ObMiv-iM -hatte Anspruch machen können, einfach un-
möglich machte. Neben- knappen -und- spärlichen Wolfsmeldringen
und den sich manchmal allzusehr ins Nebensächliche verlier-rstben
Stimmungsberichten des Vereins deutscher Zeitungsverl-eger war
die Redaktion -ganz -auf die Sv'Nberberichterft'atter der großen- Tages-
zeitungen angawiesen, die natürlich wieder -die einzelnen Vorgänge
ganz unter dem besonderen Gesichtswinkel ihrer politischen und wirt-
schaftlichen Einstellung betrachteten. Authentisches von der deut-
schen Regierung, ihren Reden und Taten bekam man recht wenig
zu lesen und zu hören: bas Allerneueste, was an Meldungen, Stim-
mungsbildern -und Urteilen die Welt -durchschwirrte, stammte -aus
tendenziös gefärbter französischer und englischer Quelle. Man darf
ruhig sagen: .die Havas- und Reuteragenturen, -bizw. die französi-
schen -und -englischen Auswärtigen Armier haben es in dem ver-
gangenen zwei Wochen glänzend verstanden, -die Meinungen der
ganzen Welt in ihrem Sllrne zu beeinflussen, während die audhen-
tifche Bedienung der deutschen Presse durch die deutsche Regierung
eine herzlich schlechte war. Man wird erst im Laufe der nächsten
Wochen, vor allem durch die bevorstehenden Verhandlungen im
Reichstag, über wesentliche Einzelheiten größere Klarheit bekommen-.
Es soll unter diesem Vorbehalt hier -in einer infolge Rm-m-
man-gels allerdings beschränkten Artikelserie zu den Verhandlungen
in Spa, ihren -einzelnen Etappen und Resultaten- Stellung genom-
men weiden, -einmal um Klarheit zu schaffen über unsere politische
und wirtschaftliche Lage, dann aber vor allem, um daraus die Kon-
sequenzen für die Politik unserer Partei zu ziehen.
Als wir am 28. Juni 1919 den Friedensvertrag von 'Versailles
unterschrieben, wußten wir, daß wir -ihn unmöglich in allen feinen
Teilen erfüllen konnten. Und dennoch haben wir unterschrieben,'
weil wir nicht anders konnten, weil wir durch -den Zusammen-bruck
der Front und die Revolution der Willkür unserer Gegner hilflos
preisgegebew waren, weil eine Verweigerung unserer Unterschrift
die Fortsetzung des Krieges, die Besetzung Deutschlands zur Folge
gehabt hatte; zugleich! diurften wir Höffen, daß im Laufe der Zeit
auch indem Ländern- der Sieger sich die Ueberzeugung Bahn brechen
wird, daß bas Schicksal -Deutschlands -mit dem -Schicksal Europas eng
verbunden ist, baß Europa nicht durch Haß und Gewalt, sondern
nur, durch- ernste Gemeinschaftsarbeit wieberaufgebaut -werden -konnte.
Augleich aber besagte unsere Unterschrift, daß wir alle unsere Kräfte
daransetzen werden, um die eingegangenen Verpflichtungen zu er-
füllen. soweit es uns überhaupt möglich ist. Es haitdefte sich dabei
besonders um zwei Dinge, -um den A b bau unseres Heeres
und die W -i eb e rgu- tm a ch u -n g. Es war ganz klar, daß unsere -
Gegner in diesen beiden- Punkten 'keinen Spaß kennen wurden.
Nachdem -er preußisch-deutsche Militarismus einen so großen Teil
Schuld am Ausbruch des Krieges siir sich buchen kann, war es ganz
klar, baß die Sieger uns entwaffnen und uns jede Möglichkeit einer
militärischen Erhebung und Revanche nehmen werden. Hier stimm-
ten auch die Interessen ber Entente mit denen Deutschlands -und
Europas überein. Hier half kein Protest und -keine pharisäische 'Be-
rufung aufs Recht; nach all dem, was sich' unsere Militärs während
des Krieges -geleistet hatte«, war das eine Selbstverständlichkeit.
Dazu 'kam als -ebenso sel-bstverstäMich die Pflicht zur weitestg-chen-
den Wieberg-uslmachun-K Nachdem wir -die Neutralität Belgiens
verletzt hatten und aus „strategischen- Notwendigkeiten" in Belgien
einmarschiert waren, erklärte der damalige Reichskanzler, daß das
ein Unrecht gewesen war, das -wir nach jeder Richtung wiedergut-
machen wollten. Ebenso selvstverstästdlich war -unsere Pflicht der
Wied-ergulm-achrmg für alle die Schäden, die wir, getrieben von
Konkurrenzneid der -deutschen Schwerindustrie, der belgischen Indu-
strie -«gefügt haben durch Deportation der Arbeiter, Stillegung der
Betriebe und Abmontierung ber Fabriken. Dasselbe gilt für dir
zum großen Teil mutwillige Zerstörung Nvrdfrankreichs. Aber der
Friedensvertrag- ging bedeutend- weiter. England benützte die gün-
ti-ge Gelegenheit, um die deutsche Konkurrenz auf dem Weltmarkt
ür absehbare Zeit zu vernichten, indem es uns Kolonien, Handels-
lotte und Auslandse-igcntum wegnahm; -Frankreich holte seinen
alten Plan wieder hervor, den Rhein zu seiner Grenze zu machen.
Ganz ist ihm bas ja nicht gelungen, aber wir wißen aus der Tätig-
keit des Generals Gerard in der Pfalz, wie es diesen
Plan weiter verfolgen ließ; im Osten nahm inan uns lebenswichtige
Produktion-sgebicte weg -und auferlegte uns finanzielle Lallen, die
über unsere Kraft gingen. Unsere Politik konnte nun lediglich die
sein: ehrliche Abrüstung, Anerkennung unserer Pflicht zur weitest-
gehenden Wiedergutmachung, und unter dieser Voraussetzung Hin-
arbeiten auf eine Revision des Versailler Vertrags in allen den
Punkten, in denen er undurchführbar war.
Die Konferenz von Spa hat -gezeigt, daß uns die Enienke noch
mit demselben Geist des Hasses und des Mißtrauens gc-genübertrat
wie in Versailles. Inwieweit hier natürlich englischer Veruich-
tungswille und französischer Chauvinismus am Werke sind, konnten
wir nichts ändern, war es eben unser Schicksal, welches uns die
Kriegspolitik des alten Systems einzedrockt hatte. Aber lag mall
auch ein gut Teil Schuld an Deutschland selbst, Halle das bems-cke
Volk alles getan, um an Stelle des Mißtrauens und der Macht-
politik den Geist der Verständigung und -es Vertrauens zu setzen,
so sckwer es uns auch manchmal die Sieger -machen mochten? Leider
muß hier mit Nein! geantwortet werden und hier lieqt -der
 
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