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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (2) — 1920

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Nr. 151 - Nr. 160 (3. Juli - 14. Juli)
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Tageszettung für die werktätige Bevölkerung der AmtSdezirke Heidelberg, Wiesloch, Gmsheim, Eppmgen, Eberbach, Mosbach, Buche», Adelsheim, Doxber-
Tauberbischofsheim und Wertheim.

Bezugspreis: Monatlich einschl. Trägerlohn S.— Mk. Anzeigenpreise:
Vie einspaltige peützeike (36 inm breit) 80 Pfg., Reklame-Anzeigen
(YZ mrn breit) 2.20 M. Bei Wiederholungen Nachlaß nach Tarif.
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Heidelberg, Gamsiag, ^0. Juli ^920
7lr. -157 * 2. Jahrgang

Verantwort!.: Für innereu. äußerepolitik,Volkswirtschaft». Feuilleton: Or.
'K-Kraus; fürKommunaleS ».sozialeRundschau: I.Kahn- fürTokales:
O.Geibel; für die Anzeigen: H. Hoffmann, sämtlich in Heidelberg
Druck und Verlag der Llnterbadischen Verlagsanstalt G. m. b. H., Heidelberg
Geschäftsstelle: Schröderstraße 39.
Fernsprecher: Anzeigen-Annahme 2673, Redaktion 2648.




« WM» W A
Die Entwaffnung unterzeichnet?

Spa, 9. Juli. (Meldung der Agentur Ha-vas.) Die Deut-
schen haben das von den Alliierten vorgeschlagE Abkommen um
11.15 Uhr vormittags unterzeichnt, nachdem sie erklärt Haden, Latz
keine Bedingung des FriedeNsvertmges von Versailles sie zwirnen
würde, deutsche Gebietsbesetzungen sich gefallen zu lassen. Ls sei
denn im Falle der Nichterfüllung der Wiedergutmachungen.
Spa, 9. Juli. (Meldung der Agentur Havas.) Wie der Ver-
treter des „W. T. B." erfährt, ist die deutsche Regierung -einstim-
mig -u dem En-schluß gekommen, das, die von der Entente in der
gestrigen Konferenz gestellten Bedingungen in der Frage der Ent-
waffnung und der Herabsetzung der Heereskörper anzunehmen seien.
Die vorgesehenen Strafbestimmungen bei Nichterfüllung dieser Be-
dingungen seien jedock eine Aenderung des Versailler Vertrages zu
deren Unterzeichnung die deutsche Regierung der vorherigen Zu-
stimmung der geseggebirschen aMoren bedürfen. Mau hofft, das;
in der heutigen Sitzung der Konferenz eine Forme! gefunden wird,
welchen diesen Bedenken der deutschen Regierung Rechnung trägt.

Die Entwaffnung der Sicherheitspolizei.
Wie die „Germania" zuverlässig erfährt, traf in den Morgenstun-
den bei der Reicksregierung in Berlin ein Telegramm ein, wonach unter
der „Entwaffnung der Sicherheitspolizei" keineswegs deren völlige Ent-
waffnung oder gar deren Auflösung zu verstehen fei, sondern vielmehr
die Einziehung schwerer Waffen und die Entmilitarisierung der Sicher-
heitswehr, die als» als allgemeine Polizeitruppe fsrtdestehen würde.
Die Bestrafung der Kriegsverbrecher. — Die
Kohlenfrage.
Spa, 9. Juli. (W.B.) Die Konferenz trat nach der Erledi-
gung der militärischen Fragen in die Besprechung der Frage der
sogenannten Kriegsverbrecher ein. Nach Ausführungen des deut-
schen Iusttzmimsters schlug Lloyd George vor, die Einzelheiten der
'Frage einer Besprechung der Iu-stizminister zu überlasten. Die
Sitzung wurde nach 1 Uhr vertagt. Die nächste Sitzung, in welcher
die Iustizmmister die Bestrafungsfrage besprechen werden, findet
nachmittags 3 Uhr im Schlöffe Pretneüse statt.
Die Plenarsitzung findet nachmittags Uhr statt, um die
Beratung -über die Kohlensrage zu beginnen.
Reichsministcr Geßler, General v. Seeckt sowie die militäri-
schen und Marinefachverständigrn sind heute abgereist. Nachmittags
werden erwartet: Dernburg, Rathenau, Bankdirektor von Staust,
Bankdirektor von Urbig, Bergwerksdirektor Lübsen-Essen und Ge-
heimrat von Flotvw. Staatssekretär Älbert begibt sich nachmittags
vorübergehend nach Berlin zurück.
Deutsche Sitzung über die Kohlenfrage.
S p a, Ist. Juli. Nach Schlust der Sitzung der Konferenz tra-
gen di; deutschen Minister zusammen. Die Sachverständigen für die
Kohleiffrage wurden nach der Billa des Reichskanzlers Fehrenbach
berufen, um die Entscheidung der Alliierten zu prüfen, um 9 'il Uhr
begann und sich sehr lange hinzog. Vor der heutigen Vormittag-
sitzung der Konferenz wird eine Versammlung des Obersten Rates
zur Besprechung der polnisch-russischen Frage stattfmden.
Frankreichs Prioritätsrecht auf alle deutschen
Kohlenlieferungen.
Spa, 9. Juli. Die Konferenz trat um 1L11 Uhr zusannnen. Präsi-
dent de la Lroir forderte die deutschen Delegierten auf, ihre Antwort
bei». Unterzeichnung des Protokolle« mitzuteilen. Die deutsche Delegation
erklärte sich bereit, zur Unterzeichnung der militärischen Bestimmungen;
setzte aber auseinander, dah sie di« protokollarischen Strafbestiuunungen
der Alliierten dem Reichstage unterbreiten mühte: Lloyd George be-
merkte, er sehe nicht ein, was der Reichstag mit den Strafbestimmungen
zu tun habe, da doch das Recht, Abänderungen vorzunehmen, de» Alliier-
ten zustünde und übrigens ausschließlich bereits in dem Schlußsatz vom
19. 1. 29, den Deutschland unterzeichnet habe, vorgesehen seien. Der
Reichskanzler nahm die Argumentation Lloyd Georges an und erklärte,
die Delegation werde unterzeichnen. Die Sitzung wurde sodann auf
kurze Zelt unterbrochen zur Unterzeichnung des Protokolls. Nach Wie-
deraufnahme der Sitzung wurde die Frage der Kriegsschuldigen bespro-
chen. Ius-i.pninister Heinze setzte auseinander, wie weit das Verfahren
vorgeschritten sei. Lloyd George schlug vor, die Einzelheit«» der Frage
einer Besprechung der Iustizmmister überlassen. Die deutsche Dele-
gation stimmte dem zu. Die Sonderbesprechung der Iustizminister führte
zu dem Beschluß eines Uebercinkommens, durch das dem deutschen Reichs-
gericht der direkte Verkehr mit den Justizbehörden der Alliierten ohne
Benutzung des diplomatischen Weges zur Beschleunigung des Verfah-
rens ermöglicht wird. Das Abkommen wurde in der um --5 Uhr wie-
der zusammeugetretenrn Konferenz genehmigt und unterschrieben. Als-
dann wurde die Frage der Kohlenlieferungen besprochen. Millerand
machte längere Ausführungen, die darin gipfelten, daß Deutschland mit
den durch den FrWensvertrag ausbedungcnen KodlcEeferungen im Rück-
stände sei. Die Alliierten hätten deshalb bestimmte Beschlüsse gefaßt, die
sie Deutschland zur Unterzeichnung vorlegten. Nach diesen Beschlüsse»
wird de» Kohlenlieserungc« an Frankreich ein Prioritätsrecht aus allen
deutschen Förderungen gesichert. Eine alliierte Kontrollkommission wird
-n Berlin emgerickkek und Deutschland zur Vorlage eines genauen Kohken-
i. serunqsploiies aufgejordert. Bei Nichterfüllung sind bestimmte Straf-
maßnübmcn in Aussicht genommen. Reichsmimster Dr. Simons er-
klärte, daß die deutsche Regierung außerstande sei, ohne eingehende Be-
wachungen -rät de» Sachverständigen sich zu äußer». Es wurde daraus
st ne neue Sitzung aus Samstag vorn,. 11 Uhr anberaumt.

Fünfter Tag der Konferenz.
S p a, 9. Juki. (W.B.) Am Abend des 8. Juli fanden noch
mehrfach Besprechungen der Minister/ Md -Sachverständigen über
die Forderungen der Entente statt. Unaufhörlich spielten Telegraph
und Telephon, um -die Verbindung mit den in Bersin weilenden
Mitgliedern der Regierung aufzunchmen uttd den Reichspräsiden-
ten, die Führer der politischen Parteien und den Reichsrat von dem
Ernst der Ereignisse zü benachrichtigen. Ein banger Druck lastete
auf uns allen. Was würde werden, wenn wir alle die Strafbe-
stimmungen, welche die Besetzung des Ruhrgebiets in Aussicht stel-
len, unterschreiben? Handelt es sich doch um eine ganz neue For-
derung der Entente, da dec Friedensvertrag von Besetzungen im
Falle nichterfüllter Bedingungen nichts weiß. Es war klar, baß
die nächsten Stunden die Entscheidung bringen müßten, daß starke
Tr-üppenmaffsn, Franzosen und Belgier, an der Grenze bereit stau-
ben und nach den Geschehniffen der letzten Tage konnte kein Zwei-
fel fein, daß die Entente sofort einmarschieren würbe, läuft doch
morgen, wenn es zu keiner Verständigung kommt, die Frist, die für
die Herabsetzung des Heeres auf 100 000 Mann gestellt wurde, ab
und muß doch bis zum 10. Juli die völlige militärische Räumung
des Ruhrgebiets durchgeführt sein. Die in Berlin weilenden fünf
Mitglieädr 'des Kabinetts (sieben Minister sind in Spa anwesend)
teilten mit, daß sie den in Spa weilenden Ministern völlig freie
Hand lassen, da sie in Spa einen besseren Einblick in die Erfor-
dernisse des Augenblicks hätten. Der Vormittag brachte immer
wieder neue Beratung in der Villa des Lorblers. Nach 10 X- Uhr,
kurz vor Beginn der Sitzung, verließen die Minister die Villa, um
sich nach dem Schloß de la Prctneufe zu begeben. Es wurde bald
bekannt, daß bei den schweren Folgen, die bei Nichtannahme der
Forderungen- der Alliierten eintre-ten würde, die Regierung einstim-
mig ihre Annahme beschlossen habe, daß jedoch ebenso einstimmig
die Auffassung vertreten wurde, daß e? sich bei -en vorgesehenen
Strafbestimmungen klar und deutlich um eine Abänderung des Ver-
sailler Vertrages haMe, zu deren Unterzeichnung die Regierung
vorher die Zustimmung des Reichstags und des Neichsrats hätte
einholen müssen. Es besteht jedoch die größte Hoffnung, daß ihre
Bedanken seitens der Entente nicht unberücksichtigt bleiben werden.
12 Uhr mittags. Die militärffchen Sachverständigen, an ihrer
Spitze Genera! von Seeckt, sind wieder zurück. Im Schloß de la
Pretnouse bespricht man bereits die Frage der Bestrafungen.
In Ententt-kreisen spricht man davon, daß die militärischen
Sachverständigen folgende Vorschläge für die Herabsetzung der
Reichswehr -im Obersten Rat vorgelegt haben: Herabsetzung auf
150 000 Mann bis August 1920, Herabsetzung auf 100 000 Mann
bis 1. September 1920. Pei Besprechungen des Obersten Rates
machte Millerand starke Bedeuten gegen diese Lösung geltend und
bestand auf einer längeren Frist. Man einigte sich schließlich auf
die bereits bekannten Vorschläge. In den Vorschlägen war die Be-
setzung weiterer deutscher Gebiete bei Nichterfüllung der Bedin-
gungen vorgesehen, jedoch das Rührgebiet nicht namentlich ge-
kannt. Die Ruhrgebietsklausel ist auf Anregung Lloyd Gcorg-es
in die endgültigen Bedingungen ausgenommen worden.
Vollständiger Zusammenbruch der polnischen
Front.
Kopenh age n, 10. 8mi. Aus Polen in Helsingfors einge-
troffene Meldungen bestätigen, daß die militärische Lage in Polen
Verzweifelt ist. Der russische Durchbruch am Pripet wird mit un-
geheurer Kraft durchgeführt. Südlich vou Kowno erfolgte ein neuer
Durchbruch; auf der ganzen Front befindet sich das polnische Heer
in panikartiger Flucht. Von den Karpathen bis an die Beresina ist
die polnische Front in vollkommener Auflösung.
Polen zum Frieden bereit.
Warschau, 9. Juli. (W.B.) Das Ministerium des
Äußern richtete an die Konferenz in Spa eine Note, in
der es heißt: Polen ist jeden Augenblick bereit, Frieden zu
schließen nach dem Grundsatz des Selbstbestimmungsrechtes
der Bevölkerung, die zwischen Polen und Rußland wohnt.
Das polnische Heer schützt Europa vor der bolschewistischsn
Woge. Das polnische Volk steht zum Schutze seines
heimischen Herdes auf. Polen braucht, wenn es zum
weiteren Kampfe gezwungen wird, die ausgiebige materielle
und moralische Hilfe der Alliierten.
Warschau, 9. Juli. (W.B.) Der Vollzugsausschuß
der sozialistischen Partei fordert in einem Manifest die
Regierung auf, sich mit der Sowjetregierung wegen Friedens-
aerhandlungen in Verbindung zu setzen.
Nordschlerrvig bei Dänemark.
Kopenhagen, 9. Juli. Heute vormittag fand unter
dem Vorsitze des Königs ein Staatsrat statt, in der der
König den am 5. Juli in Paris unterzeichneten Vertrag
mit den Alliierten betr. die Uebertragung der Souveränität
über Nordschleswig an Dänemark ratifiziert. Ferner unter-
zeichnete er das Gesetz über die Einverleibung Nordschleswigs
in Dänemark. Aus diesem Anlaß erschien eine königliche
Botschaft an das Volk. Als der König die Unterzeichnungen
vornahm, gäben die Forts Salut und die Kirchenglocken
läuteten. Später fand ein Festgottesdienst statt. Mittags
begibt sich der König in der Tracht Danebrog nach Nord-
schleswig, wo er morgen die Grenze zu Pferde überschreiten
wird.

Der unabhängige Verrat an der
deutschen Arbeiterbewegung.
Ki-. Heidelberg, 10. Juli.
Widder haben wir darauf hingewiesen, daß Politik und
galtst ^-er U.S.P. ein großes Verbrechen an -er deutschen Arbeiter-
bewegung darstellen; die spätere objektive polst. Gefchichtchchreibüng
»"Ar Urteil -erhärten. Schon ihre Vorläufer unter dem „radi-
kalen Fmgel der alten Partei tragen «inen großen- Teil der Ver-
ankvortnng an-er Tatsache, daß der Sozialdemokratie im Novem-
ber «.„18, als sie durch idie Revolution zur politischen Macht gelangt
war. auf vielen Gebieten die Kraft und Fähigkeit zu wirklicher
positiver polnischer und wirtschaftlicher Arbeit fehlte. Man glaubte
ja in doktrinärem Hochmut sich um die-schweren Probleme prakti-
jchcr Staats- und Wirtschaftspolitik nicht kümmern zu brauchen; in
fatzch verstandenem Marxismus wartete man auf das große Wun-
der des onfammenbruchs der bürgerlichen Gesell,chaftsordnunz und
bildete sich ein, daß das „Proletariat" am Tage nach der Revo-
tution, wenn -es die Macht in die Hand genommen habe, ganz von
ielbst wisse, wie es dieselbe zu gebrauchen habe. Alle Mahnungen
einsichtiger Politiker, praktisch-, erfahrener Männer nützten nichts,
dogmatisch wurden sie in den Wind geschlagen, denn es war ja so
schön, „radikal" zu sein.
Im Jahre 1916 vollzog -sich dann das Verhängnis. Der Tag,
an dem die „Unabhängige Arbeitsgemeinschaft" der Haase, Lede-
bour und Genoffen sich gerrenmt von der alten Sozialdemokratie im
Reichstag etablierte, war der schwärzeste Tag in der sozialistischen
Arbeiterbewegung Deutschlands, ja der ganzen Wett; an jenem Tag
begann das Elend, das seither unaufhaltsam seinen Lauf nimmt.
Mögen die Gründe noch so schwerwiegend gewesen fein, die es
rechtfertigten, mit der offiziellen Politik der Sozialdemokratie nicht
mehr restlos einverstanden zu fein, zur politischen Spaltung durfte
man es unter keinen Umständen treiben. Denn das mußte man
doch von seinem Marr gelernt haben: einig kann die Arbeiterschaft
alles, getrennt nichts. -Auch darüber mußten sich Männer, die weit-
blickende politische Führer sein wollen, vollständig klar sein: mochte
der Krieg für Deutschland ausgehen wie er wollte, eine Spaltung
der Sozialdemokratie mußte unter allen Umständen eine Schwächung
ihrer Stoßkraft im Gefolge haben. Angenommen, der Krieg wärt
für Deutschland durch einen Verständigungsfrieden.beendet worden
Wenn auch die Monarchie als solche beibchalten worden wäre, so
wäre doch mit einer weitgehenden Demokratisierung der Verfas-
sung, unseres ganzen Staats- und Wirtschaftslebens zu rechnen
gewesen. Wann hätte nun die Arbeiterschaft diese innen- und
außenpolitische Entwicklung besser in der Richtung ihres Zieles be-
beeinfluffen können: wenn sie eine geschloffene, klare mrd etnueutig«
Politik getrieben hätte, oder wenn sie in zwei Parteien gespülter
sich gegenseitig bekämpft hätte? Die Antwort erübrigt sich wohl.
Nun ist es Uber ganz anders gekommen. Der Krieg endet«
mit unserer Niederlage, mit dem völligen Zusammenbruch des alter
Systems; einzig die Sozialdemokratie halte das Vertrauen der weit-
aus größten Masse des Volkes noch hinter sich. Nun galt es, diese-
Vertrauen zu festigsn und zn vertiefen durch wirklich sozialdemo-
kratische Politik. Jetzt zeigte sich das ganze Unheil und Verbrecher,
der unabhängigen Spaltung und ihre wahren Ursachen. Die Un-
abhängigen waren nicht Gegner der Kriegskredite, sondern Gegnei
der Demokratie, sie bekämpften als ihren größten Feind Nicht die
Reaktion, sondern die Sozialdemokratie. Das war der Inhalt des
sozialistischen Bruderkampfes vom 9. November 1918 bis heut«
und wenn Vieles nicht erreicht wurde, was hätte erreicht werde»
sollen und können, wenn wir in- Deutschland wieder eine bürgerliche
Regierung und die Reaktion Halbwegs im Sattel haben, wenn aus
der entscheidenden Wettkonferenz in Spa kein sozialdemokratischei
Minister die Interessen des deutschen Proletariats vertritt: an alle-
dem trägt die wahnsinnige Spaltungspolitik der U.S.P. die Schuld.
Immer mehr haben die Unabhängigen den Boden der Demokratie,
des Parlaments verlassen, die Diktatur der Gewalt ist -von ihnen
auf den Schild gehoben worden; alle, -die sich nicht dazu bekennen
wollen, werden ausgeschlossen, sofern sie einen freiwilligen Austritt
nicht vorziehen. ....
Aber nicht nur die deutsche Arbeiterbewegung haben die Un-
abhängigen gesprengt und iahmgelegt, auch die In-ternationale haben
sie zur Ohnmacht verurteilt. Auf ihrem letzten Parteitag in
L e i p z i g haben sie gegen die einsichtigen Argumente Hilferdings
den Anschluß an die b.ollschewistifche. Internationale beschlossen, trotz
der demagogischen Angriffe, die gerade Lenin in Wort und
Schrift stets gegen die deutschen Unabhängigen losgelaffen hatte.
Zur Zeit findet in Moskau der Kongreß des Vollzugsausschusses
der dritten Internationale statt. An diesen Kongreß richteten, wie
wir gestern in einein Telegramm berichteten, die Unabhängigen ein
Schreiben mit der Bitte um Aufnahme in die 3. Internationale.
Aber die Unabhängigen haben sich schwer getäuscht, wenn sie glaub-
ten, bedingungslos absoldiert zu werden, hatten doch die Bolsche-
wisten stets erklärt, mit den Thomas, Kautsk y, Hilfer -
d i n g, Crispie n und Turati nichts zu tun haben zu wollen.
Zehn Punkte sind der U.S.P. als Aufnahmebedingungen gestellt
worden, davon laufet der zehnte klipp und klar:
„Die Unabhängigen muffen sich mit Spartakus vereinigen."
Soweit also ist es mit -er U.S.P. gekommen! Stets hat sie
sich in.demagogischen Phrasen gerühmt, die echte alle Sozialdemo-
kratie auf -cm Boden des Erfurter Programms zu sein und jetzt
Wallfahrtet sie nach — Moskau, zum bolschewistischen Parteipapft
Lenin und bittet um Ausnahme in die alleinseligmachende 3. Inter-
nationale. Und das zu derselben Stunde, wo die e n g l i j ch e A r >
 
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