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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (2) — 1920

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Nr. 141 - Nr. 150 (22. Juni - 2. Juli)
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Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung der Amtsbezirke Heidelberg, Wiesloch, Sinsheim, Eppingen, (Zberbach, Mosbach, Buchen, Adelsheim, Norberg
Tauberbischofsheim und Wertheim.


Bezugspreis: Monatlich einschi. TrSgerlvhn Z.Z0 Mk. Anzeigenpreise:
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Heidelberg, Mittwoch, 23. Juni 4V20
Nr. 142 » 2. Jahrgang


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Verantwort!.: Für innereu. äußerepolitihDolkswirtschastu. Feuilleton: Or.
S.Kraus» für Kommunales u. soziale Rundschau: I. Kahm für Lokales:
O.Geibel; für die Anzeigen: H. Hoffmann, sämtlich in Heidelberg
Druck und Verlag der ilnterbadischen Derlagsanstalt G. m. b. H., Heidelberg
Geschäftsstelle: Schröderstraße 39.
^^^^em^recher^lnze^en-Annahme^^Z^edattE^^^^^

destheaters; <
der ganzen Geschichte Schluß machen. Dem
soll man es verantworten, ein« >

gewerde nicht dauernd aufre

Frag« bleiben, da die Dozenten nie festbesoldete Beanüen werden könne»,
vH« daß die Wissenschaft und die akademische Freiheit leidet. Dagegen
werden wir eine Vermehrung der Lehraufträge durchführen und di«
Honorare für Lehraufträge erhöhen.
Abg. Straub (Ztr.) weist darauf hin, daß Krieg und Revolution
und Staat,
" g des
litzstimmung.

gegenüber der Republik zu vsr-
Gesmnung ausgeübt werden soll.

M killkl nem MM».
Hochschuldebatte im Landtag

vH« daß die Wissenschaft und die akademische Freiheit leidet. Dag
werden wir eine Vermehrung der Lehraufträge durchführen und
Honorare für Lehraufträge erhöhen.
Abg. Straub (Ztr.) weist darauf hin, daß Krieg
auch einen Verlust an materiellen Gütern bracht«. Kirche und S
Gemeinde und Schul« sollten Zusammengehen. Di« Beschneidung
Elternrechte in der badischen Verfassung erregte vielerorts Mitzstimm
Die Art und Weise, wie auf der Reichsschulkonserenz getagt wurde, be-
dauern wir. Welche Stellung nahm die badische Regierung »uf der
Reichsschulkonferenz ein und welche Folgerungen zieht sie aus ihr? Di«
Religion darf nicht noch weiter zurückgedrängt werden. Stärkend auf
den Tharatter wirkt auch die humanistische Bildung. Di« Berufung d«t
Lehrkräfte für die Hochschulen darf nur Sach« d«r Regierung
sein, im Benehmen mit den Fakultäten. Die Regierung trägt jedoch di«
Verantwortung vor dem Landtag. Bei den damaligen Vorgängen
an der Technischen Hochschule spielten gewisse Imponderabilien
")>t, die den Antisemitismus erklärlich machen. Wir bedauern
die Vorgänge. Der Antisemitismus besteht und er hat durch di« Vor-
' st i in der
lehnen den Anti-
semitismus ab, aber wir können uns nicht der Auffassung der Kost. Kraus
anschließen. Ls ist nicht richtig, daß die jüdische Philosophie bahn-
brechend auf die deutsche Philosophie wirkte. Wir lehnen den Dichter
Auswüchse. Man sollte
> Februar auch der

Unruhen in Ravensburg und Ulm.
S t u t t ga r t, 23. Juni. Um gegen die drückende Notlage des
Mnm Mannes zu demonstrieren, hatten die vereinigten Gewerk-
schaften für gestern nachmittag zu Kundgebungen m allen größeren
Orten des Landes aufgerufen, die die U n a b h ä n g i ge n dazu be-
nutzten, ihre alte Forderung von der Diktatur des Proletariats von
neuen zu erheben. Während in Stuttgart und den meisten Orten
die Kundgebungen ohne Ruhestörung verliefen, kam es in U l m uns
Ravensburg zu Zusammenstößen mit der Polizei bezw
der R e ichsu>« h r. In Ulm wurde der Oberamtmann und der
Oberbürgermeister mißhandelt. Im Rathaus, das von der Polizei-
wchr mit Waffengewalt in Besitz genommen werden mutzte, wurden
alle Fenster eingeschlagen und die Akten aus die Straße geworfen.
Beim Sturm auf das Rathaus gab.es unter der Menge Tote
und Verwundete. Auch einige Polizeiwehrmannschaften
wurden schon beim Anmarsch erheblich verletzt. In Ravens-
burg wurde das Oberamlmanngebäude beträchtlich beschädigt, so-
daß die Reichswehr einschreilen mußte. Auch hier gab cs Ver-
luste aus beiden Seiten der Ausrührer. Das Verlangen aus Aus-
lieferung der Waffen der Einwohnerwehr wurde in beiden Orten
abgstehnt und die Einwohnerwehren mobilisiert. In Aale bemäch-
tigten sich die radikalen Elemente des Waffendepvts dm Einwohner-
wehr und raubten es vollständig aus. Der dortige Oberamtmann
verhandelt mit den Aufrührern über die Herausgabe der Waffen
durch Vermittlung der Gewerkschaftsführer.

Das Ergebnis der thüringischen Landtags-
wahlen.
Weimar, 22. Juni. (Wolff.) Bei den Wahlen zum 1 h ü°
/i ng is ch en Landtag wurden nach den bisherigen Feststellungen
abgegeben für die Deutschnationalen 34128, die Deutsche Volkspar-
wi 96125, Demokraten 49 921, den Landbund 92 745, die Mehr-
heitssozialisten 87 726, Unabhängigen 159 512 und Kommunisten
5858 Stimmen. Es fehlen die altenburgischen Landorte und die
aelsten meimngischen Landorte.

52. öffentlich« Sitzung.
Ar. K a rl s ruh e, 22. Juni.
Präsident Kopf eröffnet di« Sitzung um 3.50 Uhr.
Auf eine kurze Anfrage des Abg. Karl (D.N.) bezug!. Ausfuhr
von Malzextrakt durch di« Firma Morgenrots» tritt Rogierungsrat Pfi-
sterer mit, daß zur Tilgung von Valutaschulden die Ausfuhr gestattet
worden sei, da mitgeteilt worden war, es sei genügend Vorrat da, nach-
dem nun hierin eine Aenderuna eingetreten ist, ist di« badische Regierung
zur Zurücknahme der Ausfuhrbewilligung vorstellig ge-
worden.
Abg. Stock!nger (Soz.) berichtet namens des Haushaltungsausschusses
über den
Etat des Ministeriums des Kultus und Unterrichts
soweit er nicht bereits beraten und genehmigt ist. Unter allen Umständen
muß, wie in der Kommission betont wurde, die Selbständigkeit der Uni-
versitäten und der Landesschulverwaltung gegenüber dem Reich aufrecht-
erhalten bleiben. Angeregt wurde die Schaffung einer ordentlichen Pro-
fessur für Steuerrechi und Völkerrecht. Der sozialdemokratische
Antrag, bei den Immatrikulationen an Hochschulen auf die republikanische
Staatsverfasfung hinzuweisen, wurde von den bürgerlichen Parteien a b -
gelehnt, da sie glaubten, daß ein Zwang hier nichts erreiche und sich
die Studenten erst allmählich in den neuen Staat hineinleben würden, in
einer Entschließung lehnt« das Rektorat der Freiburger Universität es ab,
im Sinne des loziatdemokratischen Antrags zu wirken. Durch den
Mangel an Heizmaterial erfuhr der Unterrichtsbetrieb aller Schulen
empfindliche Störungen. Des längeren wurde in der Kommission der
Fall Kunz besprochen. Aufs neue verlangt wurde die Verstaatlichung
der H a u sh a l t sf H u I en, und zwar muß dieses Verlangen energisch
gefördert werden. Für die körperliche Ertüchtigung der Ju-
gend sind für später weitere größere Beträge gewünsch! worden. Betont
wurde, daß Ersparnisse wegen die Trennung von freier Kunst und Kunst-
gewerbe nicht dauernd aufrechterhaiten werden kann und deshalb eine
Verbindung der Lehrkräfte für bildende Kunst und Kunstgewerbe in die
Wege geleitet. Große Sorgen macht das Defizit des Karlsruher Lau-
em Vertreter des Zentrums meinte, man sollt« mit
acheu. Demgegenüber ist zu sagen, wie
uralt« Kunststätte mit einem Federstrich
zu beseitigen. Man hofft durch Beiziehung der Umgegend und durch den
Theaterkulturverband stärkend zu wirken. Für die Theaterpofition stimm-
ten die Sozialdemokraten und die Demokraten, dagegen zrvei Mitglieder
des Zentrums. An dem Vertrag, der bis 1924 läuft, wird also nichts
geändert. Der Haushaltsausschuß beantragt Genehmigung der vorge-
tragenen Positionen des Etats des Ministeriums des Kultus und Unter-
richts. Die Interpellationen Marum und Mayer-Karlsruhe über di«
Eingriffe an der Technischen Hochschule, die bereits im März behandelt
wurden, sind durch di« damalige Aussprache als erledigt zu betrachten.
Abg. Dr. Königsberger (Soz.) begründet den sozialdemokrati-
schen Antrag, daß die Studierenden der drei Hochschulen bei jeder
Immatrikulation auf die republikanische Verfassung hinge-
wiesen werden und daß di« Hochschule erwartet, daß die Studierenden
in Reden und Benehmen Achtung vor den Grundsätzen der Verfassung
zeigen. Nachdem an den Universitäten nicht der Jahrestag der Ver-
fassung gefeiert wird, ist dieser Antrag sehr zweckmäßig. Viele gkademi-
schen Kreise, die nach der Revolution umfielen, wollen jetzt von der
Republik wenig mehr willen — sie hat ja auch keine Orden und Titel zu
vergeben. (Heiterkeit.) Nachdem die Studierenden, die im Kriege Offi-
ziere waren, viele Vorrechte verloren haben, schieben sie dies der Repu-
blik zu. Die Gesinnung mancher Studentenkreise beleuchtet der soeben
verhandelte Mordprozeß in Thales. Eine republikanische Unterweisung
wäre daher sehr angebracht. Mit offizieller Nachsicht wird in Freiburger
Umversitätsorganen deutschnationale Politik getrieben, was der Mehrheit
des Volkes widerspricht. Dieselbe Achtung, die die Dozenten früher gegen-
über der Monarchie verlangten, ist jetzt
langen, ohne daß ein Zwang auf die .
Unsere Partei tritt in jeder Hins cht für alle Studierenden ein, die sich
in einer Notlage befinden und wir machten eine Reihe praktischer Vor-
schläge für dis Universitäten. Wir wünschen also eine Milderung der
Gegensätze von Volk und Universität.
Abg. Dr. Goth ein (Dem.): Der Antrag Königsberger verrät nicht
viel Kenntnis der Psychologie der Studenten. Man sollte ihnen ihre
Freiheit lasten, soweit sie nicht Mißbrauch damit treiben. Die Studenten
sind heute viel mehr als früher geneigt, sich mit Andersdenkenden aus-
einanderzusetzen. Die Studenten würden bei Annahme des Antrages
sagen: „geschenkt", deshalb wollen wir uns die Annahme des Antrages
schenken. Redner begründet seine Interpellation über die wirtschaft-
liche Notlage der minderbemittelten Dozenten und Studierenden.
Angesichts der teueren Bücherpreise gewinnen die Forderungen für die
Seminare und für die Universitätsbibliothek erhöhte Bedeutung. Bei den
mensa academica ist für die unverheirateten Dozenten ein Dozenten-
zimmer notwendig, da gerade die unbemittelten Dozenten sich in sehr
schwierigen Verhältnissen befinden. Ls sind deshalb auch Zuschüsse an
die Dozenten angebracht. Doch sollten diese nicht zu einer ständigen Ein-
richtung werden. Denn aus dem Gebiete des geistigen Lebens muß der
freie Wettbewerb herrschen. Die Bänke der -Heidelberger Universität
lassen viel zu wünschen übrig.
Unterrichtsmimster Hummel will gleich eine Reihe Fragen behan-
deln, die in der noch folgenden Generaldebatte zu behandeln sind. Zum
Fall Kunz ist festzustellen, daß die Niederlegung des Religionsunterrichts
in keinem Zusammenhang mit dem Disziplinarverfahren steht. Wenn
man die Studenten auf Len Boden der jetzigen Staaisauffastung bringen
will, so ist der Antrag Königsberger hierzu ungeeignet. Die nüchterne
Arbeit der Republik gibt der akademischen Jugend wenig Ursache zur
Begeisterung. Die Verbindung von Republik und akademischer I u g end
schaffen wir am besten durch aufbauende Arbeit. Ich bitte deshalb, dem
Antrag Königsberger nicht zuzustimmen. ' Zwecks einer gewissen Be-
hebung der Notlage der Studenten errichteten wir in Freiburg eine mensa
academica, an der 1200 Studenten zweimal am Tage zusammen für 5 Mk.
speisen können. Wir hoffen auch für Heidelberg eine entsprechende Ein-
richtung schaffen zu können. Zur Behebung der Büchernotlage ist eine
große Aktion vom Reiche einaeleit«t, denn bi« hohen Bücherpreise sind
eine Gefahr für die Wissenschaft. Hier muß deshalb mit großen Mitteln
eingegrifsen werden. Die Privatdozentur wird immer eine schmerzliche

Kein Vertrauensvotum der
Sozialdemokraten.
Berlin, 22. Juni. Die sozialdemokratische
Oraktion des Reichstags hat in ihrer heutigen
Sitzung beschlossen, der von dem Abg. Fehrenbach
»orgeschlagenen Koalitionsregierung aus Demokraten,
Zentrum und Deutscher Bolkspartei gegenüber im
neuen Reichstag nicht ein Vertrauensvotum
zu bekunden, sondern Stimmenthaltung zu
üben. Da diese Stellungnahme der Sozialdemokraten
in direktem Widerspruch steht zu der Voraussetzung,
dis die Deutsch-demokratische Partei als unbedingt
notwendig für ihren Eintritt in das Kabinett Fehren-
bach gestellt hatte, ergibt sich eine ganz neue Si-
tuation, über di» erst dis kommenden Tage Klarheit
bringen können.
Aus der Deutsch-demokratischen Fraktion
wird zu der Lage folgende Erklärung abgegeben:
Nachdem die demokratische Fraktion von der Stellung
der Sozialdemokraten Kenntnis erhalten hat, trat sie
zu einer Sitzung zusammen. Man war sich darüber
klar, daß unter diesen Umständen eine Regierung, die,
vom Vertrauen der Mehrheit' des Parlaments getragen,
in Spaa verhandeln könne, auf der beabsichtigten
Grundlage nicht gebildet werden könne und man
vor einer ganz neuen Situation stehe.
Der „Vorwärts" zu der neue« Situation.
Berlin, 23. Ium. (Priv.-Meldg. Berl. Morgenblatt.) Zu
den neuen SchwierigkeitenderKabknettsbildung
wird dem „Vorwärts" berichtet: Gegen 5 Stimmen beschloß die so-
zialdemokratische Reichslagssraktion gestern bei der Ver-
trauensabstimmung, die der Abgabe der Regierungserklä-
rung im neuen Reichstage folgen werde, Stimmenthaltung zu üben.
Die Fraktion glaubt nach Erwägung aller Gründe nicht weiter gehen
zu können, da sich die Abgabe eines Vertrauens-
votums für eine Regierung, d«en Mitglieder der Deutschen
Volkspartei angeboren, mit ihrer Auffassung nicht ver-
trage. Die Fraktion beabsichtige, ihre Stimmenthaltung so zu
motivieren, daß der neuen Regierung in ihrer Stellung der Entente
gegenüber in Spaa keine Schwierigkeiten erwach-
sen. Der heutige Tag, heißt es weiter im „Vorwärts", muß ent-
scheiden, ob das Schiff Fehrenbachs, das kurz vor dem Hafen
,us Minen aufgelaufen ist, scheitert oder ob dir Schäden reparierbar
sind. Es ist zur Stunde noch nicht festzustellen, ob die Demok ra-
ten in der Frage des Mittelblocks wirklich schon das letzte
Wort gesprochen haben. Verschiedenen Morgenblättern zu-
folge war es bis Mitternacht noch ungewiß, ob die Deutsche Dem.
Partei sich mit der neuen Hinauszögerung des verlangten Ver-
trauensvotums zufrieden geben oder von den Koali-
tionsverhandlungen zurücktreten werde.

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an der Technischen Hochschule spieli
ustt, die den Antisemitismus erklärst
die Vorgänge. ist. " stststst 2 ,st„. , ..
ganze im Kriege Nahrung bekommen; man darf ihn jedoch nicht
Weife wie Abg. Kraus und Abg. Marum abtun. Wir lehnen bei
Auffassung Les Koll. Kraus
jüdische Philosophie bahn-
... .... Wir Ichnen den Dichter
Heine ab und machen Front gegen jüdische Auswüchse
auf jüdischer Seite mehr Zurückhaltung üben, wie im Fel
„Volksfrcund" und die „Franks. Zeitung" m«inte. Dagegen ist die Hal-
tung der „Süddeutschen Zeitung" zu verurteilen. Wir bedauern aber
die damalige Haltung des „Volksfreund" und hatten die damalige Red«
des Abg. Kraus politisch und philosophisch für wenig geschickt. Wir
west-n jeden Eingriff in das Berusungsrecht zurück, verlangen jedoch da»
Koalitions- und VersammlunMecht für di« Studenten. Den Antrag
Königsberger über di« Belehrung der Studenten bei der Imma-
trikulation halten wir für unzweckmäßig.
Abg. Dr. Kraus (Soz.):
Eingangs möchte ich feststellen, baß wir ganz uni» gar keine
Gegnerin der Universitäten sind. Eine Partei, die von Mar; hrr
aus dem Boden der Wissenschaft steht, muß der Wissenschaft freund-
lich gegeirübrrstehen. Das darf uns jedoch nicht hindern, MMö'nde
zu Ligen, die sich besonders nn Geiste der Universitäten z-igtcn. Wenn
man das Treiben Her Studenten steht, so kommt man zu -er Ansicht,
daß sie etwas ernster genommen werden wollen als sie Abg. Grthem
nimmt, indem er ihr Tun als Scherz ausnimmt. Es handelt sich bei
den Universitäten um sine Institution, die mit den Mitteln des
Volkes betrieben wird und die nicht in Widerspruch mit dem
treuen demokratischen Staat stehen darf. Wir können daher von den
Studenten Achtung vor dem neuen Staat verlangen, was eigent-
lich selbstverständlich sein sollte. Wir schreiben keine Gesinnung vor.
Mag ein Student nun k»mmunistisch oder deutschnativnal sein, das
hat mit dem Antrag nichts zu tun. Was wir wollen ist nur, daß
der Republik Achtung entgegengebracht wird. Die akademischen Mit-
teilungsblätter diene» dazu, um Politik gegen die Sozialdemokratie
zu machen; diese Mitteilungen sollten inneren Studentenfragen die-
nen. Menn in diesen akademischen Mitteilungen gegen den Unter-
richtsministcr polemisiert wir-, dann sind nicht wir diejenigen, die die
Autorität untergraben. Gegenüber dem Mitteilungsblatt ist sestzu-
stellen, daß der badische Staat für die Universitäten tat was er
konnte. Wir können nichts dafür, daß wir die Konkursmasse
desReiches nach dem Kriege übernehmen mußten. Es ist daran
zu erinnern, daß der frühere Staat für den Militäretat das zwei-
fache ausaab als für den Kuliuretat. Der Staat hat das Rocht eine
gewisse Aussicht über die Institutionen auszuüben, die vom Gelde
des Volkes bestehen. Wenn die Universitäten private Forschungs-
stätten wären, dann könnten Lehrer und Schüler machen, was sie
wollen. Die Dinge liegen jedoch anders. Was ich feiner Zett zu den
Vorgängen an derTechnifchen Hoch schule sagte, halte
ich aufrecht. Ich muß sagen, daß ich nicht nur bei den Forschungen
über die neue Zeit sondern auch bei früheren Jahrhunderten auf be-
deutende jüdische Philosophen gestoßen bin, so viel Gerechtigkeit muß
man haben. Denn unser Kulturleben ist nicht nur vom germanischen
Geist beeinflußt worden, wie sestgestellt werden muß. Es war em
Fehler, daß die Geistesarbeiter nicht von jeher gemeinsam mit den
Handarbeitern zusammengearbeitet haben. Wenn heute die Geistes-
arbeiter in wirtschaftlicher Notlage sind, so ist daran doch nicht die
Sozialdemokratie schuld. Für Heidelberg ist wie für Freiburg di«
Einrichtung eines mensa academica nötig. Aus den Beiträgen der
bemittelten Studenten oder deren Eltern sollten Mittel für die Se-
minare und Bibliotheken gewonnen werden. Wenn ich auch ein
Freund des Gymnasiums bi», jo ist doch nicht ohne weiteres zu ent-
zchriden, ob es erhalten zu werden braucht. Denn man kann sich
eine produktivere Einrichtung als das öjährige Gymnasium denken.
Dringend notwendig ist eine Umgestaltung unserer Ge-
schjchtsbüche r. Ich möchte nicht jo boshaft sein, das neuliche
Frag- und Antwortspiek in der „Süddeutschen Zeitung" als Lehrbuch
über den Krieg für die Schulen nach deutschnationalem System in
späterer Zeit vorzujchlagen. Abg. M a y e r - Karlsruhe: Abwar-
ten.) Das Lehrbuch der Geschichte von Mugle stellt die Ursachen
mrd die Entwicklung des Weltkrieges objektiv dar. Unsere Geschichts-
bildung muß aus eine andere Grundlage gestelli werden. Eine völlig
falsche Darstellung der Revolution gibt das Geschichtsbuch von Pro".
Dr. Robert Goldschmidt, das die Revolution herabseht und das So-
zialistengesetz verteidigt. Die Erziehung, die ihre Moral auf das
Kaisertum aufbaute, mußte zusammcnbrechen. Deshalb brauchen
wir eine sichere Erziehung. (Beifall bei den Sozialdemokraten.)

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