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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (2) — 1920

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Nr. 191 - Nr. 200 (19. August - 30. August)
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Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung der Amtsbezirke Heidelberg, Wiesloch, Ginsheim, Eppingen, Sberbach, Mosbach, Buchen, Adelsheim, Boxberg
Tauberbischofsheim und Wertheim.

Äezugspreis: Monatlich einschl. Trägerlohn 5.— Ml. Anzeigenpreise
Die einspaltige Petitzeile (36 mm breit) SV Pfg., Reklame-Anzeigen
(SZ mm breit) 2.20 Ml. Lei Wiederholungen Nachlaß nach Taris.
Geheimmittel-Anzeigen werden nicht ausgenommen.
Geschäftsstunden : 8-'/,6llhr. Sprechstunden der Redaktion: 11-12 Uhr.
Postscheckkonto Karlsruhe Nr. 22577. Tel.-Adr.: Volkszeitung Heidelberg.

Heidelberg, Freitag, 20. August ^920
Nr. 192 » 2. Jahrgang

Verantwort!.: Für inneren, äußere Politik, Volkswirt schaftu. Feuilleton: Or
S.Kraus: für Kommunales u. soziale Rundschau: Z. V.:O.Geibel, für
Lok :S. Geidel; für die Anzeigen: H. Hoffmann, sämtl. in Heidelberg
Oruck und Verlag der ilnterbadischen Verlagsanstalt G. m.b.H., Heidelberg
Geschäftsstelle: Schröderstraße ZS.
Fernsprecher: Anzeigen-An nähme 2673, Redaktion 2S48.

Die Verhandlungen in Minsk.

Minsk kein Versailles!
Erklärung des russischen Chefdelegierten
London, 18. Aug. (Reuter.) Eine heute in London ein-
getroffene Moskauer amtliche Meldung besagt: Die russisch-
polmsche WaffcnMstandskonserenz ist Dienstag abend 7 Uhr er-
öffnet und auf Mittwoch vertagt worden.
London, 18. Aug. (Hollandsch. Nieuwsbureau.) Dem
Korresporrdenten des „Daily Herold" erklärte Danschersky, der
Führer der russischen Abordnung Alle Sitzungen der Frie-
denzkonferenz würden öffentlich sein. Wir haben,
sagte er, keinerlei Absicht das Versailler Geheimversahren
nachzuahmen, noch nach Versailler Muster den Frieden zu dik-
tieren. Wir wollen aufmerksam und auf alle polnischen Argu-
mente hören und hoffen, daß wir die bereits veröffentlichten
Friodensbedingungen beibehalten können, da wir nicht die
Absicht haben, irgendwelche verständigen Aenderungen, die
von der Gegenseite verlangt werden sollten, abzulehnen. Ruß-
land wünscht ehrlich ben Frieden und wird sein Möglichstes
tu», um die Verantwortung für ein Mißlingen der Konferenz
nicht ragen zu müssen. Die Hauptgrundsähe der russischen Politik
gründen sich aus vollständige Anerkennung von Polens
Unabhängigkeit und feiner Souveränität. Wir
wollen jedwede Einmischung in die inneren Angelegenheiten Polens
vermechen. Die wichtigsten Punkte betreffen lediglich die Sicher-
heiten, die wir gegen agressive Pläne Polens verlangen muffen.
Keinerlei neue Forderungen werden den bereits ver-
öffentlichten hmzugefügt werden. — Der Korrespondent fügt hinzu,
daß der Wnnsch nach Frieden im russischen Volk ebenso aufrichtig
wie intensiv ist.
Polens Haltung.
Amsterdam, 19. Aug. Der polnische Mitarbeiter des
„Evening Standard" erfährt aus guter Quelle, daß die polnischen
Delegierten sich weigern, der Bestimmung betr. die Entwaffnung
des polnischen Heeres zuzustimmen, wenn die Russen nicht eben-
falls zur Enttvaffnung übergehen. Ferner ist Polen nicht bereit,
Erleichterungen für den Verkehr zwischen Rußland und Deutsch-
land durch polnisches Gebiet zuzusichern.
Der Krieg im Osten.
Der Erfolg der polnischen Gegenoffensive.
Warschau, 20. Aug. Offizielles Lommunique
bespolnischen Ministerpräsidenten: An der Nord-
front sind die feindlichen Truppen des Kavalleriedetachements,
das zum Angriff auf die Weichsel bestimmt ist, auf heftigen Wider-
stand gestoßen. Der Widerstand der Truppen der Garnison
Wioclaw war so groß, daß alle Angriffe abgeschlagen wurden. Als
der Feind die Nutzlosigkeit seiner Anstrengungen einsah, beschoß er
die Stadt. Zahlreiche Gebäude, darunter auch die Kathedrale
haben bedeutenden Schaden gelitten. Die Bolschewisten haben
Lautenberg angegriffen, das nur von schwachen polnischen Truppen
besetzt war Der Angriff des Generals Sikowskis, der in der Ge-
gend von Lublin angesetst worden« ist, stieß auf erbitterten Wider-
stand des Feindes. Es konnte festgestellt werden, daß die bolsche-
schewWschen Befehlshaber ihre Infanterieabteilungen unter An-
wendung von Zwangsmitteln in den Kampf treiben. Die Beute
der letzten Tage belief sich auf nahezu 2000 Gefangene, einige
Dutzend M.-G. und zahlreiche Munition. In der Verteidigungs-
zone der Hauptstadt griff der Feind ergebnislos an. Im Verlause
der Kämpfe am 16. Aug. hat die litauisch-ruthenische Division das
185. und 196. Bolschewistenregiment aufgericben. Abteilungen der
10. Division haben dem Feind 4 Geschütze, 8 M.-G. und eine
große Zahl Gefangene abgenommen. Der rechte Flügel unserer
Verteidigungstruppen unterstützt unsere Offensive im Zentrum. Un-
sere Abteilungen dringen unaufhörlich in der Richtung von Nowo-
Minsk vor. Unsere Flieger haben überall ein überstürztes Zurück-
weichen von zahlreichen feindlichen Trainkolonnen festgestellt. Im
Süden ist die 58 feindliche Division vollständg Mchlagen. Auf der
Südfront zwischen Bug und Iwvwa spielen sich Kämpfe gegen die
Vorhuten einer Division ab.
Presseftimrnen.
London, 19. Aug. „Daily Expre ß" schreibt zur Lage
auf dem russisch-polnischen Kriegsschauplatz: Der unerwartete Um-
Mag in der Lage ist auf die Tatsache zurückzuführen, daß der
schnelle Vormarsch der russischen Truppen, die größtenteils aus Rei-
terei bestanden, durch den schnellen Rückzug der Polen auf die Stel-
lungen vor Warschau ermutigt wurde. Dort stießen nun die Ruf-
lau auf starke Verteidigungsanlagen, gegen die die Russen ohne
Ichwere Artillerie und genügender Infanterie machtlos waren.
. Berlin-, 20. Aug. (Priv.-Tel.) Zum polnischen Gegenstoß
wird der „Voss. Ztg." von ihrem militärischen Mitarbeiter geschrie-
ar"'., De* weitere Erfolg wird davon abhängen, ob die Polen es
oerhaupt 'chon mit der russischen Hauptmacht zu tun haben oder
"Ur mit den schnell vor gedrungen en schwachen Kräften.

Verstärkung der Wrangel-Front.
Haag, 19. Aug. Englischen Meldungen zufolge sahen sich
die Russen genötigt, wegen der vermehrten Tätigkeit des Generals
Wrangel mindestens eine Division von der polnischen Front zurück-
zunehmen und diese Truppen nach der Südfront zu entsenden.
Die Russen in Gefahr, über die ostpreusiische
Grenze gedrängt zu werden.
Berlin, 19. Aug. (Priv.-Tel.) Nach neuesten Telegrammen
aus W aFs ch a u. die auch von General Weygand bestätigt werden,
macht die polnische Gegenoffensive weitere Fort-
schritte. Die Bolschewisten litten überdies an Munitionsman-
gel. Offenbar strebt die polnische Heeresleitnug dahin, den Feind
von Osten zu umklammern, ihm den Rückzug abzu-
sch neiden und ihn gegen die ostpreußische Grenze zu drücken.
Sofern es den Bolschewisten nicht gelingt, den bisherigen, Vormarsch
der Polen entscheidend aufzuhalten, bleibt ihnen nur der Ueber-
kritk auf deutsches Gebiet.
Gespannte und bedrohliche Lage in Kattowitz.
Beuthen (Oberschlesien), 20. Aug. Katowitz war gestern
nachmittag ruhig. Die Spannung hält jedoch an. Der Theater-
platz ist durch französische Kavallerie besetzt. Patrouillen mit auf-
gepflanztem Seitengewehr durchziehen die Stadt. Die Sicherheits-
polizei erhielt Verstärkungen. Italienische Truppen sind eingetrof-
fen. Ihre Stärke ist unbekannt. Die PlebisMommission für
Deutschland erließ einen Aufruf, worin alle deutsch denkenden Ober-
fchtesier aufgefvrdert werden, Ruhe und Ordnung zu wahren.
Berlin, 20. Aug. (Priv.-Tel.) Wie eine mehrheitssozia-
listische Korrespondenz erfährt, wird die Situation in Kattowitz von
dem Staatssekretär für öffentliche Ordnung und Sicherheit als
äußerst gespannt und bedrohlich angesehen.
Königsberg, 19. Aug. Im Vorgehen des bolschewisti-
schen Nordflügels gegen di« Weichsel scheint infolge der Rückwir-
kung der Lag« vor Warschau ein Stillstand einzutreten. Südöstlich
von Warschau hat die polnische Gegenoffensive auf der ganzen
Front die Eisenbahnlinie Siedlez-Luckow überschritten. Die Ort«
sind in polnischer Hand. Die Gsgenoffensivflanke wurde durch die
Eroberung von Wienice und Mvldawa durch die Polen befestigt.
Die unmittelbare Gefährdung Warschaus aus Norden und südöst-
licher Richtung ist vorläufig beseitigt. In der Richtung Lemberg
haben die Bolschewisten den Bug überschritten.

Internationale Arbeitersolidarität.
Berlin, 19. Aug. (Priv.-Tel.) Aus Mailand wird
nach einem Telegramm des „B. T." gemeldet: Der ita-
lienische Gewerkschaftsbund hat einen Meinungs-
austausch mit den Gewerkschaften Englands und Frank-
reichs gehabt und die vollständige Neutralität des
italienischen Proletariats für die Verhinderung eines Ein-
griffs der Alliierten in Rußland zugesichert. Er betont
auch weiter, alles aufzubieten, um die Entsendung von
Waffen und Munition zu verhindern.
Zürich, 19. Aug. Die gestern hier abgehaltene Dele -
gierten-Versammlung der Personal-Union des
Eidgenössischen Personals bezeichnete es als unbe-
dingt notwendig, zur Verhinderung neuer kriegerischer Kon-
flikte sich international solidarisch zu erklären und alle
Truppen- und Kriegsmitteltransporte durch die Schweiz
unbedingt zu verhindern. Die Regierung wurde aufge-
sordert, die nötigen Maßnahmen zu ergreifen; bis zu deren
Inkrafttreten werden die nötigen schweizerischen Eisenbahner-
verbände selbst zu Abwehrmaßnahmen greifen.
Abänderungsanträge zur Völkerbundsakte.
London, 19. Äug. Der Völkerbundsrat teilt mit,
daß die dänische, norwegische und schwedische Regierung
vier Zusatzanträge zur Völkerbundsakte eingereicht haben
zum Zwecke einer Prüfung durch die Völkerbundsversamm-
lung in Genf.
Der I.Antragsieht einenZusammentritt einer alljährlichen
Versammlung des Völkerbundes mit einem bestimmten
Datum vor.
Der 2. Antrag die Einberufung einer Sondertagung der
Völkerbundsversammlung an irgend einem Datum auf Er-
suchen von 10 Mitgliedern des Völkerbundes.
Der 3. Antrag verlangt die Pflicht der Einberufung
des Schiedsgerichts.
Der 4. Antrag schlägt eine Abänderung der wirtschaft-
lichen Blockade vor.
Genf, 19. Aug. Der Weltkirchenkongreß nahm in
seiner gestrigen Sitzung eine Entschließung an, in welcher
die auf dem Kongreß vertretenen achtzig Kirchen von
40 Nationen den Völkerbund begrüßen und sich zur vollen
Unterstützung des Völkerbundes durch die Kirchen ver-
pflichten. Die Kirchen verpflichten sich ferner, die Mit-
glieder der Kirchen mit dem Bewußtsein zu erfüllen, es sei
Pflicht die Bestrebungen des Völkerbundes zu unterstützen.

Politische Ueberficht.
Der französische Militarismus.
Th. Wolff schreibt im „Berliner Tagblatk" über öle
jetzige französische Politik:
Man kann jetzt nicht nach Osten blicken, ohne sich dazwischen
immer wieder umzuwenden und n a ch We ste n zu sehen. Zu vie-
les deutet darauf hin, daß der französische Militarismus zu einem
neuen Sprunge bereit ist oder doch eine Einschüchterungsaktion er-
wägt. Das polnische Zwinguri, das man töricht genug, gegen
Deutschland errichtet zu haben glaubte, existiert nicht mehr. Selbst
wenn der polnische Staat in den äußeren Formen ziemlich unver-
ändert bleiben sollt«, wird er, am russischen Zügel gehalten, nicht
mehr ein williges Werkzeug der Pariser Strategen sein. Die pol-
nische Armee, die mit so wenig Blutverguß zurückwich, war von
französischen Offizieren organisiert. Es ist der Leitsatz fast «der gan-
zen Pariser Presse, daß man den empfangenen Schlag mit einem
Schlage gegen Deutschland beantworten müsse, und die Wünsche
richten sich auf eine Trennung des deutschen Südens vom Norden,
und mindestens wieder aus das Ruhrgebiet. Die Frist für die Koh-
lenlieferungen und für die Entwaffnung läuft vorläufig noch nicht
ab und darum könnte man nicht sagen, daß Deutschland seine Ver-
pflichtungen irchi erfüllt habe, und wäre genötigt, nach anderem
Vorwand auszuspähen. Für alle Fälle lhat man den Vorschlag, die
Affäre der französischen Bvtschaftsfahne vor -den Völkerbund zu
bringen, abgelehn: und sich diese Angelegenheit so für spätere Be-
nutzung reserviert. Das Auftreten der Franzosen im Saargebret
paßt durchaus in dieses Bild. Auch damit will man in dem Au-
genblick der östlichen Katastrophe fühlbar machen, baß der Wille
Frankreichs Gescj; für uns und für das europäische Festland sei.
Weil die deutsche Bevölkerung des Saargebietes die aufgezwungene
französische Herrschaft nicht mit überquellender Liebe begrüßt hat,
und weil die Eisenbahner streiken, unterdrückt man die Zeitungen,
verfolgt man die Deutfchgcsimtten, sperrt man alle Verdächtigen
ein. Mit unverhülltem Zynismus rühmen die Berichterstatter der
Bvul-oardprcsse das „energische" und „heilsame" Vorgehen eds
französischen Militärs. Man hat den ehemaligen Abgeordneten
Ollmert verhaftet, hat Papiere bei ihm gefunden, die sich auf eine
Propaganda des in Berlin installierten, von der Reichskanzlei ab-
hängenden „Heimatdienstes" beziehen, und hat ein „Komplott", ein
„complvt pange.maniste", entdeckt. Es ist möglich — wer möchte
die Hand ins Feuer legen? —, daß auch dort Tapsigkeiten began-
gen wurden, aber eine deutsch« Regierung tut selbstverständlich nur
ihre Pflicht, wenn-sie die deutsche Bevölkerung des Saargebietes zu
treuem Ausharren ermutigen läßt. Wie hat Frankreich mehr als
vierzig Jahre lang über die Unterdrückung seiner Propaganda, über
die Schikanierung seiner Anhänger in Elsaß-Lothringen geklagt und
gezürnt, wie hat es seine Anklagen durch die ganze Welt tönen las-
sen, und Elsaß-Lothringen war wenigstens staatsrechtlich und nach
dem Wortlaut eines Vertrages deutsches Land! Das Saargebiet
ist sogar durch den Versailler Vertrag nicht französisch geworden,
die Bevölkerung soll nach fünfzehn Jahren über ihr Schicksal ent-
scheiden, vorläufig regiert dort der Völkerbund, den freilich die
Franzvjen wie ein Puppcnspiel tanzen lassen, und es ist ein« Ver-
letzung des Völkerrechts, wenn man auch nur einen einzigen Saar-
deutschen seiner Gefühle oder Gefühlsäußerungen wegen verfolgt
Aber Frankreich, das heute di« einzige starke Militärmacht auf dem
Kontingent ist, glaubt, sich mit kleinen Bedenken nicht abgeben zu
brauchen, und fürchtet auch den Einspruch seiner Alliierten nicht
sehr. Es hat nun oft genug, und eben erst in der Wrangel-Affäre
wieder, gezeigt, wie England sich nach einigen platonischen
Aeußerungen des Mißfallens schnell beruhigt, und darum könntt
man in Paris, ohne sich viel um London und Rom zu kümmern
auch jetzt den Entschluß fassen, mit rascher Tat selbständig vorzuge-
hen. Im November 1840, als Syrien dem von Frankreich gegen
die Palmekstonsche Politik unterstützten Mehemet-Ali verloren-
gegangen war, interpellierte in der französischen Kammer Thierr
den Minister des Aeußeren Guizot und erklärte, daß ihn immer der
Gedanke geleitet habe: „Wenn Frankreich zurückweicht, steigt es
von seinem Range herab." Lr erklärte weiter, daß nach solchem
Zurückweichen die politischen Gegner des Regims berechtigt sein
würden, zu sagen: „Die Regierung sieht der größten Erniedrigung
zu, die uns noch widerfahren ist." Die kriegerisch aufreizenden Re-
den, die er damals und später hielt, haben nicht verhindert, daß
Thiers dann, genau wie seine französischen Nachfolger, den Frie-
densfreund spielte, als der Krieg wirklich ausgdbrochen war. Heute
reden und schreiben die französischen Politiker und Journalisten -un-
gefähr so über Polen, wie Thiers im November 1840 über den
Orient sprach.
Das Versagen der Finanzverwaltung
Im ganzen Reich lesen wir von Demonstrationen und Prote-
sten gegen den Steuerabzug. So unvernünftig der Kampf gegen
den monatlichen Steuerabzug an sich ist, so ist es eben doch begreif-
lich, wenn man steht, daß immer wieder die Festbesoldeten, die An-
gestellten und Arbeiter bis zum Aeußersten herangezogen werden,
während bei Besitz und Vermögen kaum der Anfang einer Steuer-
erhebung gemacht wird. Seit Jahren ist das Reichsnvtvpfer-
g-esetz beschlossen, und wieder ist der Termin allein zur Steuererklä-
rung auf Ende September hinausgeschoben; die „Frankfurter Zei-
tung" schreibt darüber:
Wir müssen gestehen, wir kommen da nicht mehr mit: Da-
Reichs»,otopfergesctz ist Mitte Dezember vorigen Jahres von der
Nationalvcrsamnllung verabschiedet, am 31. Dezember ausgefertigt
-und verkündet worden. Und in den acht Monaten, die seitdem ver-
flossen sind, hat die Finanzverwaltung nicht genügend Zeit gefun-
den^ sich über die Grundsätze seiner Durchführung klar zu werden,
sollte cs nicht möglich gewesen sein, die paar Mal hunderttausend
Veranlagungssormulare drucken zu lassen und zu verteilen? Di«
 
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