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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 6.1906/​1907

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Künstler und Kunstindustrie / Juristisches / Ein Preisauschreiben der Akademie des Bauwesens in Berlin / Die Kunstmalerei St. Lukas / Dressler Jahrbuch der Kunst pro 1907 / Eröffnete Ausstellungen (Fortsetzung) / Laufende Preisausschreiben / Erledigte Preisausschreiben / Denkmäler / Architektur / Staatsaufträge etc. / Staatsankäufe etc. / Aus Galerien und Museen / Aus Akademien und Kunstschulen / Personal-Nachrichten / Auszeichnungen und Medaillen / Todesfälle / Aus Künstler- und Kunst-Vereienen / Auktionen / Vom Kunsthandel / Vermischtes / Literatur / Werbung
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https://doi.org/10.11588/diglit.52068#0055

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heft
durch eine Rundfrage die Ansichten einer Reihe
von Kunstgewerblern kennen zu lernen. Inzwischen
werden wir, um uns keinen Täuschungen hinzugeben,
besser daran tun, damit zu rechnen, daß die Ver-
hältnisse noch eine ganze Weile so bleiben, wie sie
früher waren und zu 99 Prozent heute noch sind.
Im Jahre f9Os/O2, als man sich im Rhein-
land anschickte, die Düsseldorfer Ausstellung zu be-
schicken (nach harter Bearbeitung durch einen In-
tellektuellen), hatte eine lithographische Anstalt mich
„herangezogen", um mit ihr eine Auswahl Bunt-
und Vorsatzpapiere zusammenzustellen. Ich habe
mich über das Beginnen der Firma gefreut; ich
ging mit Begeisterung an die Sache und glaubte,
eine „neue Aera" des Kunstgewerbes breche an.
Für meine Entwürfe verlangte ich nur ganz mäßige
Honorare, weil ich meinte, annehmen zu können,
der Mann sei von der neuen Idee gemeinsamer
Arbeit durchdrungen und müsse erst allmählich
an anständige Honorare gewöhnt werden, und
weil ich auch glaubte, mit den: kommenden Erfolg
würde er von selbst mit besseren Vorschlägen zu
meinen Gunsten hervortreten. Ich scheute weder
Zeit noch sonstige Auslagen; ich wollte vor allem
das Vertrauen des Geschäftsmannes zu mir recht-
fertigen und ein gutes Resultat und ein ersprieß-
liches, weiteres Zusammenarbeiten in Zukunft er-
zielen. Auch zu anderen Druckarbeiten hatte ich noch
Entwürfe geliefert. Die Ausstellung kam heran.
Meine Mitarbeiterschaft war gar nicht erwähnt.
Er bekam eine Medaille; diese prangt heute auf
dem Briefbogen. Die Firma hatte erreicht, was sie
wollte; ich — d. h. der Künstler —- war nun über-
flüssig. Gelegentlich einer Farbenabstimmung brachte
ich einmal das Musterbuch einer Konkurrenzfirma
zur Ansicht mit. Unter irgend einein Vorwande be-
gehrte man das Heft dazubehalten und nach kurzer
Zeit waren unserer Auswahl vier bis fünf Entleh-
nungen aus diesem obigen Musterheft einverleibt.
Nun ist die Firma auf Grund der Düsseldorfer Aus-
stellung u. s. w. eingeführt, wo aber nun die Muster
Herkommen, erfährt niemand. Uni eine meiner letzten
größeren Arbeiten, welche mehrere Jahre zur Publi-
kation in Anspruch nahm, führe ich schon seit Be-
ginn der Veröffentlichung einen fortgesetzten stillen
Kampf. Die Firma sucht, wo sie nur kann, meinen
Namen zu verschweigen oder wenigstens die Bedeu-
tung meiner Mitarbeit herunterzudrücken und ich
bin infolgedessen gezwungen, wo ich kann, meine
Autorschaft zu betonen. Nun kommt es darauf an,
in wessen Fingern sich die größere Macht befindet.
Den Künstlern steht meines Erachtens nur ein
weg offen, um sich den Lohn und die Freude an
ihrer Arbeit zu erhalten: durch eigene Organi-
sationen zur Selbständigkeit zu gelangen. Die
Münchener Werkstätten für Kunst im Handwerk haben
das gleich anfangs richtig erkannt. Und von dieser
Vereinigung von Künstlern hat auch das moderne
Kunstgewerbe bisher das Beste empfangen. U. 0.-8.

§7

Nachwort der Schriftleitung: Nach den ge-
machten Erfahrungen kann man es den Künstlern
freilich nicht verdenken, wenn sie sich zunächst ab-
wartend, in: höchsten Grade zweifelnd verhalten,
wenn sie die Zukunft dieser Dinge in sehr schwarzem
Lichte sehen. Allein unser Verfasser gibt ja schon
sehr richtig den Weg an, auf welchem unter allen
Umständen eine energische Wahrung der Rechte der
Künstler zu erreichen wäre: machtvoller Zu-
sammenschluß zu eigenen Organisationen.
Im übrigen wäre eine Meinungsäußerung der in
Betracht kommenden Künstlerschaft allerdings sehr zu
begrüßen, weshalb wir uns erlauben, dazu einzuladen.
Juristisches.
Ist ein künstlerisch tätiger Architekt ein
Gewerbetreibender?
Gelegentlich der Klage eines Kaufmanns gegen
einen Architekten auf Bezahlung von Leinwand,
welche der Kläger dem Beklagten zur Herstellung
von Arbeiten für ein Ausstellungsgebäude geliefert
hatte, hatte das Gericht die Frage zu untersuchen,
ob der geltend gemachte Anspruch bereits verjährt
sei. Es war daher von Wichtigkeit, festzustellen, ob
der Beklagte ein Gewerbetreibender und ob die
Lieferung für seinen Gewerbebetrieb erfolgt sei; denn
bekanntlich verjähren solche Ansprüche später als
Ansprüche gegen Personen, welche kein Gewerbe
betreiben. Das Gberlandesgericht Köln hat nun,
wie die „Süddeutsche Bauhütte" mitteilt, dahin
erkannt, daß der in Frage kommende Architekt nicht
als Gewerbetreibender anzusehen sei. Allerdings ist
die von ihm ausgeübte Tätigkeit dauernd auf Er-
zielung von Gewinn gerichtet. Indessen genügt das
nicht zur Feststellung des Begriffs „Gewerbe", viel-
mehr kommt es besonders auch auf die Art der
Tätigkeit an. Beispielsweise scheiden, obwohl sie
dauernd Gewinn erstreben, Aerzte, Rechtsanwälte,
Gelehrte, Künstler, Schriftsteller u. s. w. aus, welche
eine freie, wissenschaftliche, künstlerische Tätigkeit ent-
falten. Diesen bevorzugten Berufsständen sind Archi-
tekten hinzuzuzählen, wenn ihre Tätigkeit vor-
wiegend eine freie künstlerische ist. Nicht jeder
Architekt ist also zu dieser Kategorie zu zählen, be-
sonders diejenigen nicht, bei denen der gewerbliche
Zweck, die Erzielung des Unternehmergewinns, in
den Vordergrund tritt; sie bleiben auch weiter Ge-
werbetreibende. Ein Architekt jedoch, welcher sich
in der Regel darauf beschränkt, Entwürfe zu Bauten,
jllläne und Zeichnungen auszuarbeiten, der sich seine
Kunst bezahlen läßt, und dem nach der Art, wie
er arbeitet, das Ansehen eines Künstlers zukommt,
ist kein Gewerbetreibender, wenn er auch in ein-
zelnen Fällen seine Hläne selbst ausführt. — Wendet
man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall an,
so kommt man zu dem Ergebnis, daß der Beklagte
kein Gewerbetreibender sei, und demgemäß war der
gegen ihn erhobene Anspruch verjährt.

Die Werkstatt der Kunst.
 
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