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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 6.1906/​1907

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Müller, Richard; Petersen, Hans von; Schlichting, Max: Die Kunst auf der Weltausstellung in St. Louis
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Die Grundsteinlegung des Deuschen Museums in München / Von der Hessischen Landesausstellung des Jahres 1908 / Von der Genossenschft der bildenden Künstler Wiens / Die Kunst in Böhmen / Eröffnete Ausstellungen (Fortsetzung) / Laufende Preisauschreiben / Erledigtte Preisausschreiben / Denkmäler / Architektur / Staatsaufträge etc. / Staatsankäufe etc. / Aus Galerien und Museen / Aus Akademien un Kunstschulen / Stiftungen / Todesfälle / Aus Künstler- und Kunst-Vereinen / Vermischtes / Literatur unf Kusntblätter / Werbung
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https://doi.org/10.11588/diglit.52068#0111

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Heft 8.

Die Werkstatt der Kunst.

nicht zu breiten, matten Poudergoldrahmen waren
dem Gesamteindrucke dieser Abteilung günstig, die
allerdings keine vollkommene Repräsentation fran-
zösischer Kunst war. Das charakteristische Merkmal
der englischen Ausstellung war die außerordent-
liche Ruhe und Ausgeglichenheit der Arbeiten. Na-
turalismus und pleinairismus waren mehr oder
weniger stilisiert und angewandt auf ideale, vielleicht
sogar süßlich zu nennende Motive. Die große Menge
der Figurenbilder bei fast gänzlichem Mangel der
patriotischen oder Repräsentationsbilder, fiel hier auf.
Hervorzuheben ist noch die in England besonders
ausgebildete Aquarelltechnik.
Belgien zeigte unter Vorantritt seiner hervor-
ragenden Landschafter ein einheitliches Gesamtbild,
wie wir es auf internationalen Ausstellungen immer
zu sehen gewohnt sind. Die Schilderung der einheimi-
schen Landschaft unter dem Einstusse der weichen, ost
nebligen Atmosphäre, der malerischen alten Städte mit
charakteristischen Figuren belebt, die Darstellung wei-
dender Viehherden, des Meeres und des Lebens am
Strande, dies alles aber von rein koloristischem Stand-
punkt aus gesehen und bei aller Frische, Farben-
freudigkeit und Freiheit der Technik, ehrlich und gut
gezeichnet und gemalt, ist das Gebiet der belgischen
Malerei. Der Gesamteindruck der Säle Hollands
war ein überaus einheitlicher infolge der vielfach
sehr ähnlichen Motive — häufig der Darstellung
heimischer Flachlandschaft mit Tierstaffage -—- und
der auch oft ähnlichen Maltechnik. Einige vortreff-
liche Marinebilder, auch Porträts und breitgemalte
Stadtbilder brachten erwünschte Abwechslung. Ganz
besonders wurde die gleichmäßige Gesamtwirkung
noch dadurch erhöht, daß fast alle Bilder in ganz
blitzenden blanken Goldrahmen prangten. In der
japanischen Abteilung erzielte die ursprüngliche
japanische Kunst des Geschmacks und der Teppich-
wirkung größeren Erfolg, als der versuch, Szenen
in europäischer Art perspektivisch zu schildern. Die
übrigen Staaten, unter denen Mester re ich und auch
Ungarn noch rühmlich hervorzuheben sind, waren
jeder in ihrer besonderen Art vertreten. Den größ-
ten Raum, und für europäische Beobachter vielleicht
am meisten Interesse beanspruchte die amerika-
nische Abteilung. Sie war gut gehängt und sicher-
lich von einer strengen Jury ausgewählt.
Während nun fast alle übrigen Länder bestimmte
charakteristische Merkmale in ihrer Malerei zeigen,
fehlten diese hier ganz. Eine spezifisch amerikanische
Kunst, wenigstens in Bezug auf Malerei, gibt es
noch nicht, hingegen findet man außerordentlich viel
Anklänge besonders an Paris und an München.
Die Figuren, auch in modernem Kostüme, vor allem
aber das Porträt überwiegen. Ein auf das Liebens-
würdige gerichteter Geschmack ist vorherrschend, der
sowohl Motiv wie Technik nie herb erscheinen läßt.
In der Landschaft zeigen sich mehrere Anfänge der
Schilderung amerikanischer Großstädte. Auch bei deu
Amerikanern sieht man die Aquarelltechnik, wie über-

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Haupt alles Technische der Malerei mit außerordent-
licher Geschicklichkeit ausgebildet. Wohl mit Rück-
sicht auf das heimische Publikum ist die Rahmung
vieler Bilder besonders prunkvoll, wobei der breite
Goldrahmen oft noch in einem besonderen Plüsch-
rahmen und dann noch unter Glas ruht.
Die Verkaufsresultate sind in der Kunst-
abteilung gering gewesen, und zwar mit Ausnahme
von Schweden fast für jedes Land, ein Beweis, daß
an dem geringen finanziellen Ergebnisse nicht die be-
sondere Zusammensetzung irgend einer Ausstellung
schuld ist, sondern daß allgemeine Gründe vorliegen
müssen. In erster Linie kommt hier der hohe Ein-
gangszoll in Amerika, sZ vom Hundert, in Be-
tracht. Es erscheint besonders unbillig, wenn man
bedenkt, daß Amerika in der Kunst viel mehr als
auf anderen Gebieten von Europa abhängig ist, was
durch das Studium der amerikanischen Künstler in
Rom, Paris, München und Berlin deutlich offenbar
wird. Als Repressalie ist den Leitungen der großen
Kunstausstellungen zu empfehlen, von den aus Ame-
rika kommenden Kunstwerken eine höhere Verkaufs-
provision zu fordern. Ferner ist aber bei der Beur-
teilung der offiziellen Verkaufsresultate zu berück-
sichtigen, daß große öffentliche Kunstausstel-
lungen mit ihrer unmittelbaren Verbindung
von Künstler und Käufer in Amerika nicht
üblich sind. Man ist dort gewähnt, nur beim Kunst-
händler zu kaufen, der als sachverständiger Berater
angesehen wird. Der Einfluß der Ausstellung kann
also nur ein indirekter sein. Er kann die Kunst-
händler bestimmen, den Verkauf deutscher Kunstwerke
mehr zu bevorzugen, deren Empfehlung durch die
amerikanischen Medaillen erleichtert wird, und er
kann das amerikanische Publikum veranlassen, bei
der üblichen Luropareise mehr als bisher auch
Deutschland zu berücksichtigen. Schließlich ist es selbst-
verständlich, daß eine Kunstausstellung im Auslande
nicht nur den Zweck hat, ein finanzielles Ergebnis
zu erzielen, vielmehr in erster Linie mit dazu be-
rufen ist, für die Repräsentation des Deutschen Reichs
im Auslands zu wirken.
Richard Müller. Hans v. Petersen.
Max Schlichting.
Vie Grunästemlsgung
cles veutscken Museums in München.
Am s3. November ist in München in Gegen-
wart des deutschen Kaisers und des Regenten von
Bayern die Grundsteinlegung des Deutschen Mu-
seums erfolgt, welches, wie wir schon mitteilten, nach
den Plänen des Meisters Or. Gabriel von Seidl
erbaut werden wird, welcher mit seinem Entwurf
aus dem Wettbewerb als Sieger hervorging. Die
Grundsteinlegung gab der Stadt Veranlassung zu
großen Feierlichkeiten und insbesondere der Mün-
chener Künstlerschaft wiederum, wie im Sommer
 
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