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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 6.1906/​1907

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Das Vermieten von Kunstwerken
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Moderne Kunstauktionen
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35H Die Werkstatt der Kunst. Heft 26.

daß die Bilder nur geliehen sind, das Interesse viel
reger erhalten wird, da wir wissen, daß sie uns zu
einem bestimmten Tage wieder abgenommen werden,
wir pflegen ja auch, vergleichsweise gesagt, unsere
Journale fleißiger zu lesen als die Bücher, die in
unseren Schränken stehen.
wen ich noch nicht überzeugt habe, den möchte
ich noch an den wert einer guten bjausmusik er-
innern. Jeder Musikliebende wird mir zugeben,
daß er gerade dieser wenn nicht die schönsten, so
doch die meisten schönen Stunden verdankt. In
gleicher weise soll nun die Kunst der Walerei ins
khaus getragen werden; dorthin, wo man am ehesten
Ruhe hat, und mithin am genußfähigsten ist. wir
haben also, kurz zusammengefaßt, praktischen Nutzen,
dahin gehend, daß das allgemeine Interesse reger
werden wird, da fast jeder in der Lage sein wird,
sein Zimmer, jedenfalls hin und wieder, mit einen:
ihm zusagenden Kunstwerk zu schmücken und zweitens
den höher anzuschlagenden ideellen Vorteil, daß eine
wirkliche Kunstpflege, besser gesagt, ein wirklicher
Kunstgenuß ermöglicht werden wird, daß in dem
Maße, wie die Menschen genießen lernen, sie auch
ein Urteil gewinnen und so rückwirkend von kunst-
gebildeten Laien ein wohltätiger Einfluß auf das
Schaffen unserer Künstler zu erhoffen ist. Die Kunst
der Malerei könnte also in umfangreichster weise
Gemeingut werden, und zwar so, wie es ihrer stillen
Wirkungsart entspricht.
Auf eine andere künstlerische Frage ernstester
Art möchte ich noch Hinweisen: wir sehen überall
im Kunstgewerbc und in der Anfertigung unseres
Pausgerätes, in der Ausstattung unserer Inncnräume,
ein wundervolles, erfolgreiches Ningen nach einem
.neuen reinen Stil; es geht ein frischer, gesunder Zug
durch die Werke der auf diesem Gebiete tätigen
Künstler, wie wichtig wäre es nun für unsere
Maler, wenn sie in umfassenderer weise als bisher
prüfen könnten, wie sich ihre Bilder, welche sie sich
zum Schmucke solcher Wohnungen gedacht haben, in
praxi zu denselben stellen. Ich könnte mir denken,
daß diese Probe viele Künstler recht nachdenklich
stimmen würde, aber dieses Nachdenken wäre wieder
zum Vorteil der Kunst; denn die Möglichkeit wäre
gegeben, daß die Malerei Anschluß gewönne an den-
jenigen Zweig der Kunstbestrebung, der an: ehesten
geeignet erscheint, uns aus dem Kunstwirrwarr unserer
Zeit hinauszuführen. Für die Bildniskunst würde
das bedeuten: Erlösung von Einseitigkeit und Ober-
flächlichkeit. Doch sicherlich werden die Maler, wenn
meine Anregung, wie ich hoffe, in die Tat umgesetzt
werden sollte, nicht mehr mißmutig und nutzlos Arbeit
auf Arbeit häufen, sondern sie werden mit Freude
schaffe:: können, indem sie die Gewißheit haben, daß
eine große Menge feinfühlender Menschen hinter
ihnen steht, welche gelernt hat, zu sehen und zu
genießenl (Es wäre sehr zu begrüßen, wenn die
Künstler sich zu diesem Vorschläge äußerten. Die
Schriftleitung.)

Moäerne Kunstauktionen.
Vor geraumer Zeit gelangte eines Tages aus
Köln ein Schreiben an uns, in welchem uns ver-
schiedene Mitteilungen gemacht wurden über eine
gewisse Art von Kunstauktionen, welche in Köln
stattfänden. Da sei z. B. vor kurze::: im „Stadt-
anzeiger" zu lesen gewesen, daß eine gerichtliche
Gemäldeversteigerung bei dein perru A. Baldauf,
pohestraße, werde abgehalten werden. Auf den
Wunsch des uns schreibenden perru, der bei dieser
Gelegenheit einige gute Bilder auf wohlfeile Art zu
erwerben hoffte, seien zunächst zwei holländische
Marinestücke, bezeichnet „Lacroi" und mit gewaltigen
Goldrahmen versehen, zur Versteigerung gelangt. Der
Ausrufer erklärte, daß die Bilder mit dein Preise
von 3^0 Mk. für jedes Stück bezeichnet seien und
die Versteigerung des ersten Bildes begann. Dec
gepfändete perr Baldauf bot 30 Mk., der
betreffende Ansteigerer 33 Akk., perr Baldauf weiter
und so fort, bis zu::: Preise von 80 Mk. das Bild
dem genannten perru zugeschlagen wurde mit dem
Rechte, zu demselben Preise auch das andere Marine-
stück erwerben zu können, was geschah, piuterher
stellte es sich aber heraus, daß die erworbenen Ge-
mälde einen künstlerischen wert nicht besäßen, sondern
als minderwertige Kopien eines schwachen Künstlers
zu betrachten seien. Schließlich wurde in den: Schreiben
an uns darauf hingewiesen, daß, nach vielfacher
Meinung in Köln, bei diesen Versteigerungen,
trotzdem sie gerichtliche seien, nicht alles ganz in
Ordnung sein könne, wofür aber kein Beweis zu
erbringen sei. Nach Lage der Dinge ließ sich damals
gegen diese Versteigerungen nichts unternehmen.
Jetzt aber hat pcrru Baldauf sein Schicksal
erreicht, jetzt haben sich jene Vermutungen über
den unlauteren Grund, auf welchen: sich jene Ver-
steigerungen aufbauten, als richtig erwiesen, jetzt hat
das Gericht über das ganze Geschäftsgebaren des
perrn Baldauf eine Klarstellung gebracht, ein ver-
nichtendes Urteil gefällt, wie sich aus dem folgenden
Berichte des „Stadtanzeigers" der Kölnischen Zeitung
des näheren ergibt:
Der Gemäldehändler Alois Baldauf in Köln, ein
geborener Tiroler aus dem Kreise Meran, war angeklagt,
zu Köln in den Jahren und tyos, in der Absicht den
Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen,
in öffentlichen Bekanntmachungen und in Mitteilungen,
welche auf einen größeren Kreis von Personen bestimmt
waren, über die Beschaffenheit von Waren, über die Ver-
anlassung und den Zweck der Verkäufe, unwahre und zur
Irreführung des Publikums geeignete Angaben tatsächlicher
Art gemacht zu haben (Vergehen gegen Z H des Gesetzes
über den unlauteren Wettbewerb vom 27. Mai I8Y6). Der
Antrag auf Bestrafung ging von zwei Kölner Kunsthändlern
und von dem Verein gegen Unwesen in Pandel und Ge-
werbe aus. Baldauf betreibt seit dem Frühjahr
Köln einen Bilderhandel, hauptsächlich in der Form von
Versteigerungen, welche er in seinem früheren Geschäfts-
lokal, pohe Straße vornehmen ließ. Lr beauftragte
damit einen Auktionator, bot aber vielfach die Bilder selbst
aus. Das wurde ihm polizeilich untersagt. Auf eine Be-
schwerde wegen dieses Verbotes äußerte sich der Pandels-
 
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