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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 6.1906/​1907

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Heft 29
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Kainzbauer, Ludwig: Das Vermieten von Kunstwerken
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https://doi.org/10.11588/diglit.52068#0405

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Die Werkstatt der Kunst

keäaktem: HeUrvag.

VI. ^akrg. I)eft 29. 1Z. ^prll 190^.

In ciieseni ^eile unserer LeitsckriN erteilen wir jeclern Künstler clas freie Mort. Mir sorgen äafür, cisss keinerlei
Angriffe auf Personen oclsr Genossensckaftsn abgeclruckt wercten, okne clsss vorder ctsr TIngegrisfens clie Wöglickkeit gekabt
Karte, in clernselben lZetts ;ri erwiclsrn. Oie lieüLktion kält srL> vollständig unparteiisck unä gibt cturck cisn TIbclruck keineswegs
- eine Tlsbsreinstirnrnung rnit cisn auf Liese Meise vorgotragenen Meinungen ;u erkennen.

Vas Vermieten von Kunstwerken. )

Da die geehrte Redaktion aufsordert, sich zu
diesem Kapitel zu äußern, bin ich so frei, mein
Schärflein beizutragen.
Es ist feder Vorschlag aufs wärmste zu begrüßen,
welcher dem Grundsätze hilft: „Kein Kunstwerk ins Ate-
lier zurück", also auch das Vermieten von Kunstwerken.
Wenn man sich aber tiefer in die Sache hinein-
denkt und sich eine klare Vorstellung von der Tech-
nik dieses Vermietens macht, so kommt man sofort
in Widerspruch mit der Losung: „Los vom Kunst-
händler resp. vom Unternehmer!"
Line ganze Anzahl von Fragen treten auf den
plan, die vielleicht nicht ohne Schwierigkeit zu lösen
sind. Auf Vorschlag des cherrn Robert Erdmann
sind alle Kunstwerke, die zu vermieten sind, im
Kataloge bezeichnet. Der Künstler hat nun zu über-
legen, ob er sein Kunstwerk zur Vermietung an-
melden soll oder nicht. Da er zuerst auf Verkauf
rechnen muß, so müßte mit der Vermietung bis am
Ende der betreffenden Ausstellung abgewartet werden.
Die Eventualität „verkäuflich" oder „vermietbar"
würde hier der anzumeldende Mittelweg sein, denn
es wird sich kaum ein Künstler finden, der sein
Werk nur zu vermieten hat, ich glaube, alle wollen
lieber verkaufen, obwohl, wie wir später sehen
werden, das Vermieten (mit Geschäftsgeist betrieben,
das ist der chaken) sehr einträglich wäre.
Bleiben wir nun beim Vermieten. Sollen alle
Gattungen Kunstwerke vermietet werden, so tritt die
erste Schwierigkeit zutage, nämlich die Vermietung
von Kunstwerken sehr kleiner Dimension und Ge-
wicht, welche zwar leicht hinzuschaffen, aber leider
ebenso leicht wegzuschaffen sind, wie durch Diebstahl,
Weiterverleihen (siehe Bücher!) oder auf irgend eine
Weise zerstört werden können. Wenn das bei
großen, schweren Werken nicht leicht möglich ist, so
sind auch diese vor aller Art Beschädigung nicht sicher,
am aller unsichersten aber in Privathäusern, wo z. B.
das stützen der Wohnungen, also auch der Bilder, meist
von ungeschickten fänden besorgt wird. Za, selbst
der bsausherr merkt es meist nicht, daß er seine
Kunstwerke durch seine guten Zigarren und seine
gewohnte pfeife arg schädigt. Und gerade in solchen
Orten, wo man das Bildermieten am notwendigsten
i) Da das Genießen und Studium der Kunstwerke
durch unsere ausgezeichneten Reproduktionstechniken sehr
erleichtert und bequem gemacht ist, ist die Rentabilität von
vornherein fraglich.

brauchte, wo z. B. keine Kunstsammlungen sind,
herrscht naturgemäß das größte Unverständnis der
Konservierung und somit die unbewußte Barbarei.
Ulan sieht also, daß es für Kunstwerke und somit
für den vermietenden Künstler gefährlich ist.
Dieser Gefahr kann in zwei Richtungen be-
gegnet werden, nämlich, daß der Mieter für die
tadellose Erhaltung des Kunstwerkes garantiert.
Welcher Mieter wird sich nun entschließen das zu
tun? Er wäre bei ersten Meistern in so großem
Obligo, daß er ein Vermögen haben müßte, welches
ihm schon im vorhinein gestattet, solche Kunstwerke
zu kaufen. Stellen wir uns vor, ein Mieter mietet
einen Menzel, einen Böcklin und einen Klinger, so
macht das eine Garantiesumme von, gering gerech-
net, s00 000 Mk. aus. Um diese Garantiesumme
riskieren zu können, muß es ein Mieter mit einem
Vermögen von mindestens 30000000 Mk. sein. Und
so geht es auch mit den stufenweisen Werten min-
derer Kunstwerke, die naturgemäß wieder von
minder reichen Leuten gemietet würden.
Nun gibt es aber z. B. gegen Feuersgefahr
und Wasser Versicherungen, die sich aber bei Kunst-
werken erfahrungsgemäß nur mit großen Prämien
herbeilassen. Für andere oder alle Arten von Be-
schädigungen müßte erst eine Kunstwerke-Versicherungs-
anstalt geschaffen werden. Die Versicherungskosten
würden naturgemäß hohe sein.
Wenn nun diese Schwierigkeit überwunden wäre,
entsteht sofort die Frage, was für ein chonorar für
ein zu mietendes Kunstwerk zu entrichten wäre.
Dieses chonorar könnte der Künstler bestimmen, wie
er glaubt, daß die Vernichtungswahrscheinlichkeit
möglichst groß ist. Daß besonders Oelbilder in den
Wohnungen nicht besser werden, weiß seder, auch
wenn ihnen nichts Gewaltsames geschieht, also be-
kommt der Künstler sein Bild so zurück, daß er cs
mindestens reinigen und neu firnissen muß. Aller-
dings würde eine Glastafel schützen, aber diese ist
eine neue Gefahr, wenn sie eingeschlagen wird, kann
das Bild sehr beschädigt werden. So muß also
der Künstler folgende Rechnung machen: sagen wir,
das Bild ist (000 Mk. wert.

Kapitalzinsen . . .
-- 1-0 Mk.
Abnützung....
k"/« — k» „
Rahmenbeschädigung
Reinigen und Firnis
!°/„ -- ko „
Summa 70 Mk.
 
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