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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 6.1906/​1907

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Schur, Ernst: Die Zulassung der Frauen zur Akademie
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Die Grosse Berliner Kunstausstellung 1907
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Schliepmann, Hans: Kunst und Wirtschaft, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.52068#0448

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Die Werkstatt der Kunst.

Heft 32.

^0

da der Selbstbehauxtungswille des Mannes oft nicht
so hart in ihnen entwickelt ist, wie sie die Ent-
wicklung verfolgen, ihr Urteil klären und aufrichtig
das Können andrer anerkennen und wie sehr sie noch
allenthalben bei den großen Ausstellungen zurück-
gesetzt sind. Und diesen: ernsten und entbehrungs-
wie enttäuschungsreichen Beruf gegenüber, der immer
nur mit dem Einsetzen der ganzen Persönlichkeit
rechnet, wird der Einwand erhoben: es könnten
Verwechslungen zwischen Modellen und Künstlerinnen
erfolgen und darum habe es bei den bestehenden
Verhältnissen zu bleiben.
-t- 4-
-r-
Dies war im Vorfahr. Ls sind Kultur-
dokumente. Um des willen seien sie niedriger ge-
hängt. Und als in diesem Jahr, wie im Anfang
gesagt wurde, der Abgeordnete Münsterberg in
der Sitzung vom H6. April wiederum auf diese
Frage zurückkam, da fand sich niemand mehr,
der sich so bloßstellen wollte, wie die Redner des
Vorjahrs. Es erfolgte allerdings auch keine direkte
Zustimmung. Man sieht, wie schnell oft eine Ent-
wicklung sich durchsetzt. Hoffen wir, daß die nächste
Etappe die Zulassung bringt. Schon deswegen, weil
es kein angenehmes Gefühl ist, daß eine so große Kluft
zwischen der allgemeinen kulturellen Entwicklung und
den maßgebenden Behörden besteht, von denen die
Regelung der Kulturfragen, wenigstens in äußerlicher
Hinsicht, doch abhängt. lernst Lckur.
Oie Grosse berliner Kunstausstellung
190^.
Die Große Berliner Kunstausstellung ;y07 wurde
am 27. April von dem Vorsitzenden der Ausstellungskom-
miffion, Naler Gtto H. Engel, mit einer Ansprache er-
öffnet. Dieselbe hatte folgenden Wortlaut: „Wir über-
nehmen den Auftrag, eine für Berlin und die Berliner
Künstlerschaft würdige und bedeutende Kunstausstellung zu
veranstalten und stehen nun am Tage der Vollendung. Im
inneren Zusammenhang mit den beiden letzten Ausstellungen,
die rein deutschen Lharakter trugen und die in der Land-
schafter-Ausstellung (t9O5) und in der Retrospektiven (l°>06)
die deutsche Kunst wieder zu Ehren bringen sollten gegen-
über einer gewissen Ueberschätzung des Ausländischen, haben
wir es diesmal für richtig gehalten, die ausländische Kunst
in beschränktem Umfang heranzuziehen, wir haben da-
bei besonders die ausländische Kunst im Auge ge-
habt, die hervorragend nationalen Lharakter
trägt und die darum selbst von dem Interesse ihrer Nation
getragen wird, um damit zur Anschauung zu bringen,
welche Bedeutung es für die Kunst hat, wenn sie mit
ihren Arbeiten in den Geist ihrer Nation ein-
dringt, weil dann auch die Nation ein größeres Interesse
und Verständnis für die Kunst findet.
Der Mehrheit der Künstler ist das kein fremdes Ziel,
sie befindet sich vielmehr auf diesem Wege, und unsere
Ausstellung wird das zur Erscheinung bringen in allen
ihren Teilen: in der Malerei, der Bildhauerei und den
graphischen Künsten, in der Baukunst und namentlich auch
im Kunstgewerbe. Dabei haben wir überall das Bestreben
gehabt, das Beste auf allen Gebieten der Kunst, was er-
reichbar war, zur Anschauung zu bringen.

Im Zusammenhang damit haben wir eine Bildnis-
galerie geschaffen, in welcher wir das Porträt in seiner
Vollendung zeigen. Hier beschränken wir uns nicht darauf,
die lebenden Künstler heranzuziehen, sondern auch Meister
der Vergangenheit. Die Individualitäten einzelner hervor-
ragender Künstler bringen wir in einigen Sonderausstellungen
zur Geltung: Artur Kampf, Hugo Lederer, Johannes
Bossard, Fritz Burger, Bruno Paul, Karl Langhammer,
Martin Schauß, Iettmar, Schmutzer und andere. Wir
waren auch bestrebt, dem Gebäude den Eindruck der Ein-
heitlichkeit und Vornehmheit aufzuprägen, entsprechend der
Bedeutung der Ausstellung. Der Architekt der Ausstellung,
Herr Bruno Möhring und Herr Maler Hans Looschen haben
darin ein Werk geschaffen, das der Anerkennung sicher sein
dürfte. Die Tatsache, daß ein sehr großer Teil der Be-
sucher von der Stadtbahn her die Ausstellung betritt, ver-
anlaßte uns, der Nordfront des Gebäudes eine würdigere
Gestaltung zu geben. Der große Plastiksaal, der dort den
Lingangsraum bildet, wurde nach Plänen B. Möhrings
umgebaut.
Die kunstgewerbliche Abteilung konnte leider nicht
zur Eröffnung fertiggestellt werden, doch liegen die Gründe
darin, daß die Herstellung einer solchen Abteilung längerer
Zeit bedarf."
Zum Schluß dankte der Vorsitzende namens der Aus-
stellungskommission dem Minister und bat ihn, die Eröffnung
vorzunehmen.
Nachdem diesem Wunsche entsprochen war, erfolgte
der erste Rundgang, an den sich ein Festessen der Künstler-
schaft im Saalbau des blumengeschmückten Parkes anschloß.
Kunst unä Mrtscbaft.^)
Von Hans Schliepmann, Kgl. Baurat.
Der Hausschwamm Kapitalismus, der das Gebäude
menschlicher Gesittung mehr und mehr durchsetzt, reckt feine
schleimigen Fäden immer weiter. Was vor Jahren noch
Märchen war, „der gekaufte Ruhm", wird bald ganz an der
Tagesordnung sein. Die gekrümmten Buckel ihrerSchmarotzer,
die Preise ihrer Rennpferde, der Kommerzienrat oder irgend
eine Knopflochausblühung genügen den Geldmächtigen nicht
mehr; und die Zeit ist vorauszusehen, wo ein zukünftiger
Vanderbilt nerogleich auch als Dichterkomponist, Maler und
Baumeister Lorbeer einheimst, der durch rechtmäßigen Kauf-
vertrag von namenlosen hungernden Künstlern auf ihn
übergegangen ist. Der Fall Knauer, der im vorigen Herbst
die Presse beschäftigte, ist nur eine ziemlich weit vorgeschobene
Etappe auf dieser Bahn des Kapitalistenruhmes. Ein Mann
ohne jede künstlerische Vorbildung, der nicht zehn Striche
zu zeichnen weiß, der aber feine Zeit erfaßt hat, baut als
„Boswau 6c Knauer, Architekten" (himmlisch, diese Mehrzahl
mit dem Strohmann!) das Neue Schauspielhaus in Berlin.
Seine Architekten müssen sich kontraktlich verpflichten, über
ihren geistigen Anteil an den Ausführungen der Firma
reinen Mund zu halten. Nur der eigentliche Zeichner des
Theaters, Herr Architekt Hermann Fröhlich, hat diese nieder-
trächtige Klausel nicht unterschrieben und schlägt Lärm,
weil irr dem splendiden Reklamemachwerk des knauerischen
Gastmahlsgenossen, des Ehrenxrofessors Ludwig pietsch,
zwar über den Gastronomen ein geräumiges Lob enthalten,
der eigentliche Erfinder des planes aber erst hinter den
„Aucharchitekten" und Schwägern des Herrn Knauer so
en pussunt mit aufgeführt wird. Ich hoffe, daß eine ein-
geleitete Klage des Herrn Fröhlich diesen Herrn Knauer
der Geffentlichkeit noch etwas näher bringt. Denn man
soll ihm nicht vergessen, daß er immerhin einen neuen
Rekord geschaffen hat. Architekturfirmen, die im wesentlichen
mit fremdem Kalbe pflügten, hat es schon lange Zeit gegeben,
und wer sich die Finger damit beschmutzen wollte, könnte
H Mit der freundlichen Erlaubnis des Herausgebers,
des Herrn Marimilian Harden, der „Zukunft" lyO7, Nr. 27,
entnommen.
 
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