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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (6): Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden — 1895

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No. 9 - No. 16 (2. Februar - 27. Februar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42838#0033
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Jur: Deutschtum,

finden m dem wöchentlich 2mal erscheinendei^Badischen VolkSdsten"
die weiteste Verbreitung und kostet die viergespaltene Garmondzeile
oder de^en Raum nur 10 Pfg., bei mehrmaliger Aufnahme wird
bedeutender Rabatt gewährt.

auf den „Badischen VolkSboteu" können jederzeit bei allen kaiserl.
Postanstallen, den Briefträgern, sowie unseren Agenturen gemacht
werden. — Preis vierteljährlich durch oie Post bezogen 1 M. 25 Pf.,
bei unseren Agenturen 1 Mk., bei der Expedition abgeholt 80 Pf.

Hvgcln der: beutsch-sozicrt'en Wefcwm-Wcuter in Händelr und des
Hündischen Wnuewbundes.



Heidelberg, den 2. Februar 1893.



Wit dem 1. Aekruar
beginnt eine neue Bestellung auf unsere Zeitung
zum Preise von SV: Pfg. für die Monate


Jebrmcrr und

Wir bitten unsere Gesinnungsfreunde, den im Inseraten-
teil befindlichen Bestellzettel zu benutzen.


KMLcuung.
Wegen der bekannten Vorgänge in der frei-
finnigen Versammlung vom 26. d. M. sandte
ich Herrn Dr. Eberhard-Nürnberg die Auf-
forderung, seine Worte zurückzunehmen oder mir
anderweitige Genugthuung zu geben. Herr Dr.
Eberhard verweigert beides und verweist
mich auf den Weg der Privatklage. Nach
meinen Ehrbegriffen ist jeder weitere Schritt
meinerseits fortan unnötig. Das Urteil, das
der betr. Herr sich selbst gesprochen, bedarf keiner
gerichtlichen Bestätigung.
Adolf Stein.

Der Antrag Kanitz.
Die Wirtschaftliche Vereinigung des Reichstages
hat bekanntlich am Freitag Abend ihre langen Berat-
ungen über den Antrag Kanitz, betreffend die Verstaat-
lichung der Getreide-Einfuhr mit dem Beschlüsse be-
endigt, die von der Kommission vorgeschlagene Fassung
als Antrag an das Plenum des Reichstages zu brin-
gen. Derselbe lautet:
Der Reichstag wolle beschließen, den Herrn Reichs-
kanzler zu ersuchen, dem Reichstage baldigst einen Ge-
setzentwurf vorzulegen, wonach
1. der Einkauf und Verkauf des zum Verbrauch
im Zollgebiet bestimmten ausländischen Getreides, mit
Einschluß der Mühlenfabrikate, ausschließlich für Rech-
nung des Reiches erfolgt;
2. die Verkaufspreise des Getreides nach den in-
ländischen Durchschnittspreisen der Periode 1850 bis
1890, die Verkaufspreise der Mühlenfabrikate den Ge-
treidepreisen entsprechend mit dem wirklichen Ausbeute-
Verhältniß bemessen werden, so lange hierdurch die
Einkaufspreise gedeckt sind, während bei höheren Ein-
kaufspreisen auch die Verkaufspreise entsprechend zu er-
höhen sind;
3. über die Verwendung der aus dem Verkaufe
des Getreides und der Mühlenfabrikate zu erzielenden
Ueberschüsse derart Bestimmung getroffen wird, daß a.
alljährlich eine den jetzigen Getreidezolleinnahmen min-
destens gleichkommende Summe an die Reichskasfe ab-
geführt wird, 6. zur Ansammlung von Vorräthen für-
außerordentliche Bedürfnisse (Kriegsfälle usw.) die nö-
tigen Mittel bereitgestellt werden, e. ein Reservefonds
gebildet wird, um in Zeiten hoher In- und Auslands-
Preise die Zahlung der an die Reichskasse jährlich ab-
zuführenden Summe (ooick. 3a) sicher zu stellen.
Berlin, den 24. Januar 1895.
Holtz. Graf von Kanitz-Podangen. v. Kardorff. Graf
zu Limburg-Stirum. v. Ploetz. Graf v. Schwerin-Löwitz.
Begründung.
Da die gegenwärtigen Getreidepreise um ein Be-
trächtliches hinter den Kosten des Getreidebaues Zurück-
bleiben, und da eine Erhöhung der Getreide-Zölle be-
hufs Hebung dieser Preise für die nächsten neun Jahre
wegen der Handels-Verträge nicht in Frage kommen
kann, so müssen zur Erhaltung der Landwirtschaft an-
dere Hülfsmittel ausfindig gemacht werden.

Ein solches Mittel dürfte in der Verstaatlichung
der Getreideeinfuhr und dem Wiederverkauf des aus-
ländische» Getreides nach festen Durchschnittspreisen zu
finden sein. Der inländische Getreidepreis hängt ganz
lediglich von den Preisen ab, zu welchen die auslän-
dischen Zufuhren angeboten werden; wird also das aus-
ländische Getreide unter einem bestimmten Mindestpreise
im Inlands-Verkehr nicht abgelassen, so braucht auch
der deutsche Produzent sein Getreide nicht unter diesem
Preise zu verkaufen, es sei denn, daß im Falle einer
außerordentlich reichen Ernte in Deutschland die ein-
heimische Getreideproduktion einmal den Bedarf des
Landes übersteigen sollte.
Der Zweck des vorliegenden, am 7. April 1894
bereits in ähnlicher Form eingebrachten Antrages ist
also, daß das für den deutschen Konsum benötigte Ge-
treide nur für Rechnung des Reiches angekauft und
verkauft werden darf, und daß für den Verkauf be-
stimmte Preise vorgeschrieben werden.
Die hiergegen erhobenen Bedenken bezogen sich
wesentlich auf folgende vier Punkte :
1. Die angebliche Unvereinbarkeit
mit den in den Jahren 1892 bis 1894 ab-
geschlossenen Handelsverträgen.
Eine nähere Prüfung der Handelsverträge führt
indessen zu dem Ergebniß, daß ein solcher Widerspruch
nicht besteht; und überdies lassen sich Mittel und Wege
finden, um von den hier in Betracht kommenden be-
nachbartAi Staaten, Oesterreich-Ungarn und Rußland,
jeden aus der vorgeschlagenen Einrichtung etwa zu be-
fürchtenden Nachteil anzuwenden.
2. Die angeblich sozialistische Ten-
denz des Antrages.
Gegen diesen Einwand ist geltend zu machen, daß
der sozialistischen Bewegung nicht mehr zu Statten
kommt, als der Fortbestand der jetzigen Nothlage der
Landwirthfchaft, und daß jedes Mittel, welches diese
Notlage zu mildern geeignet ist, auch gegen die sozia-
listische Bewegung seine Wirkung äußern muß.
Daß diese Anschauung von der sozialdemokratischen
Partei selbst getheilt wird, beweist deren Abstimmung
über den Antrag am 7. April v. I. Mindestens darf
also nicht behauptet werden, daß die Tendenz des An-
trages sozialdemokratisch sei; sie kann viel-
mehr im höchsten Grade sozial-konservativ —
d. h. gesellfchafts erhaltend — genannt werden;
denn, was der Antrag in erster Linie bezweckt, ist
die wirthschaftliche Erhaltung unserer bestehenden Be-
rufsstände, vor allem des Bauern- und des Handwer-
kerstandes, auf deren Untergang die Sozialdemokratie
wartet, um dann Herr im Deutschen Reiche zu sein.
Man wird gegenüber einer so eminent wichtigen Maß-
nahme für Erhaltung des Bestehenden der theoretischen
Einrede, daß das Prinzip dieser Maßnahme sozialistisch
sei, kein großes Gewicht beimessen dürfen.
3. Die Brotverteuerung.
Dieser Befürchtung gegenüber ist zunächst hervor-
zuheben, daß mit dem Antrag keineswegs für die land-
wirtschaftlichen Produkte des Inlandes bestimmte und
feste Mindestpreise gewährleistet werden sollen; vielmehr
wird lediglich eine Beeinflussung der Preisbildung in
ähnlicher Weise wie bei den Schutzzöllen bezweckt. Wäh-
rend indessen bei letzteren die preissteigernde Wirkung
auch bei an sich hohen Auslandspreisen fortbesteht und
also unbegrenzt ist, hört mit Annahme dieses Antrages
jede preissteigernde Wirkung auf, sobald die Auslands-
preise über die vorgeschlagenen Verkaufspreise steigen.
Die preissteigernde Wirkung der Maßnahme ist also
eine begrenzte und darum eine prinzipiell maßvollere
als bei den Schutzzöllen; und hierin liegt ein unverkenn-
barer Vorzug dieses Systems für die Brotkäufer. Da
erfahrungsmäßig die Brotpreise den Kornpreisen zwar
nach oben immer sofort, dagegen nach unten sehr lang-
sam folgen, haben die Brotkäufer das größte Interesse
an der Verhütung erheblicher Getreidepreisschwankungen,
welche nur der Spekulation zu gute kommen. Und ge-
rade die Ausgleichung und Befestigung der Getreide-

preise in einer für die Konsumenten wie für die Pro-
duzenten erträglichen Höhe ist es, was die vorgeschls-
gene Maßnahme in erster Linie bewirken muß.
Deshalb wird sie auch nicht zu einer Brotver teuer-
ung, sondern mit der Zeit unzweifelhaft zu einer Brot-
verbilligung auf Grund mäßiger und fester Korn- und
Mehlpreise führen.
4. Auch gegen die praktische Durchführ*
barkeit des Vorschlages sind anfänglich Bedenken
erhoben worden, welche bei näherer Prüfung als nicht
stichhaltig sich erwiesen haben. Alle zu kostspieligen Ein-
richtungen sind leicht zu vermeiden, und der Getreide-
handel, welchem nach wie vor die Heranschaffung des
erforderlichen Getreides überlassen werden soll, wird
in keiner Weise geschädigt werden.
Zu erwähnen bleibt noch der wohlthätige Einfluß,
welchen die Maßnahme bei Fortbestand der jetzigen nied-
rigen Auslandspreise auf die Entwickelung unserer z.
Z. so ungünstigen Reichsfinanzen ausüben dürfte.
Alles zusammengenommen ist die Verstaatlichung
der Getreideeinfuhr gegenwärtig das einzige mögliche
Mittel, um der bedrängten deutschen Landwirthschaft
durchgreifend und schnell genug zu helfen; sie ist ferner
wünschenswerth, um die unberechtigte Spekulation in
Brotgetreide zu beschränken, und sie wird auf die wenig
günstige Finanzlage des Reiches voraussichtlich einen
wohlthätigen Einfluß ausüben.
Die gegen den Antrag vom 7. April v. Js. er-
hobenen Bedenken sind, so weit ihnen eine Berechtigung
überhaupt Anerkannt werden konnte, durch die vorlie-
gende veränderte Fassung des Antrages beseitigt oder
erscheinen mindestens den bezeichneten Vorteilen gegen-
über bedeutungslos.

Tagesfragen.
)( Kiu Meitrag zur KrittL der Iudeumisfien.
Mit Bezug auf die Anfänge der Judenmission, deren
mannigfache Gesellschaften in der Kirchengefchichte des
19. Jahrhunderts eine äußerst wichtige Rolle spielen,
bringt die Biographie von Beaulieu-Marconnatz Über-
Herzog Ernst August von Sachsen-Weimar-Eisenach
einen äußerst merkwürdigen Beitrag aus den Jahren
1741—1746. Da derselbe kirchengeschichtlich noch
wenig beachtet worden ist, möge Beaulieu's Ausführung
hier Raum finden. Die allgemeine Haltung des
Herzogs wird dahin beschrieben: „Mit besonderer
Vorliebe wandte Ernst August sich den kirchlichen Ver-
hältnissen zu. Er war der lutherischen Kirche treu
ergeben, gestattete aber auch die freie Uebuna der an-
deren Kulten". Darauf wird die Begründung des
Proselytenhauses in Dornburg unter dem bekehrten
Juden Christian Friedrich August berichtet. 1741
erschien eine Schrift von diesem in deutscher, Holland.,,
englischer, französischer, lateinischer und hebräischer
Sprache über den Zweck jenes Instituts. Es kamen
infolgedessen namhafte Gelder ein, mit denen sich der
getaufte Jude davon machte. Hierauf beziehen sich
denn die beiden folgenden Erlasse des Herzogs: „Weil
das Fürstliche Oberkonsistorium im Nooember 1746
wegen des aus Prag hierhergekommenen Juden Naph-
thali Jakob und von dessen angefangener Unterweisung
in der christlichen Religion aä LsrsnisZimum unter-
thänigsten Bericht erstattet und um gnädigsten Ver-
haltungsbefehl wegen seiner Taufe gebeten, so ist hier-
auf folgende Resolution eingelaufen: Gut, er soll
aber nicht im Lande geduldet werden,
indem keiner beständig bleibt. Die geistlichen Herren
thun viel klüger, die christlichen Juden unter uns,
geistliche zumal als weltliche, zum thätige» Christen-
tum zu bringen und ihr schändliches Bauch-Pfaffen-
Skandalwesen sich abzugewöhnen, und wahren Christen,
deren wenig seien, mit besserem Exempel ihr Licht der
Wahrheit gemäß leuchten zu lassen. Dies soll ack
aota Oorwiotorii geheftet werden. Datum Eiseuach,
den 3. Mai 1747". Der 2. Erlaß lautet: „Es
wundert Uns gar fehr, daß das fürstliche ^Ober-
 
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