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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (6): Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden — 1895

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No. 86 - No. 91 (13. November - 30. November)
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Irrrr Deutschtum,

Hhvou uud Aktcrv.

Der „Madischc Uskksöols erscheint 2u:al wöchentlich
(Dienstags und Freitags).
DerL'ag und .Leitung: Heidelberg, Bahnhofstr. 5.
Telegramm-Adresse: Wskksvste Keideköerg.
Anzeigenpreis: Die Sgespaltene Garmondzeile 10 Pfg.

Ureis vierLekjSl-rkich
durch den Briefträger frei in's Haus gebracht Mk. 1.25,
durch unfern Boten Mk. 1.—,
Am Postschalter vd. unserer Expedition abgeholt 80 Pfg.
Uost-Zeitnngs-Ureisliste Wr. 755.

ßiMii da dkuW-Mm Zchm-WM m Zldm und dk AaSiffjM Zllklirbmi>6.
^0 91. Heidelberg, den 3V. November 1895. 6. Jahrg.

An sichre lestr «nd FrennLe.
Das Christfest wirft den ersten Abglanz seiner
Freuden voraus. Seitdem die nationale Bewegung
im deutfchen Vaterlande so mächtig erstarkt ist, hat
es für jeden deutschen eine neue, vertiefte Bedeutung
gewonnen, und jeder Freund unserer Bestrebungen,
jeder Gesinnungsgenosse soll sich klar vor Augen
halten, daß es keine deutschere, keine christlichere Feier
giebt.
Es ist die Zeit der Uneigennützigkeit, der Ge-
schenke. Alle Börsen sind geöffnet, der Bescheidenste
und Aermste wird zum Geber. Weihnachten ist die
Erntezeit sür Handel und Gewerbe; der Weihnachts-
umsatz entscheidet über den geschäftlichen Erfolg des
ganzen Jahres.
Deutsche Wanner und Irauen! Denkt jetzt da-
ran, daß Ihr dem Handwerk, dem wir helfen wollen,
mit der That helfen könnt! Kaufet Kuren Weih-
nachtsbedarf in christlichen Geschäften, geht an dem
kleinen Mann, der die Erzeugnisse seines eigenen
Fleißes seil hält und schwer um seine bescheidene
Existenz ringt, nicht vorüber. Meidet die Ramsch-
bazare und Waarenhäuser, diese Handwerkermörder-
Magazine wie die Pest! Gesinnungen und schöne
Worte allein schaffens nicht, die That zeigt den
Deutschen!
Und weiter! Das geschäftliche Leben blüht zur
Weihnachtszeit auf; Gewerbetreibender und Kaufmann
empfehlen und zeigen besonders lebhaft ihre Erzeugnisse
an; giebt es doch jetzt so viele Kauflustige. Die
Annonce ist eines der wichtigsten Hilfsmittel des mo-
dernen Geschäftsmannes; wie kann man wissen, daß
der oder jener treffliche Waaren auf Lager, wenn er
sie nicht annonciert V Auch der kleinste Geschäftsmann
hat gegen sich selber die Pflicht, in der Weihnachtszeit
ein paar Inserate zu wagen. Und ist es nicht eigent-
lich ganz selbstverständlich, daß er, der aus christliche
und deutsche Käufer rechnet, uur iu christlichen und
deutschen Mlättern inseriert, die selbst für jedes ehr-
liche Handwerk und Gewerbe eintreteu? Gerade diese
Blätter werden nur iu den Kreisen gelesen, die selbst
auf Ehrlichkeit und Redlichkeit in Handel und Wandel
hatten und die demgemäß auch bei allen ihren Ein-
käufen sich zuerst nach den Anzeigen in diesen Zeit-
ungen richten. Darum wenden wir uns an die Ge-
schäftsleute unter unseren Lesern, an alle Leser, die
Einfluß auf Geschäftsleute ihrer Bekanntschaft haben.
Inseriert im „Badischen BoLLsboten!
Wie die deutsche Presse Euch unterstützt, so müßt Ihr
sie wieder unterterstützen' Wir bitten unsere Freunde
um einen Versuch, der sich reichlich lohnen wird.
Schristleitnng und Verlag.
Auch ein „Schrchvereiu".
Aus Württemberg erhalten wir folgende Zu-
schrift :
Der „Württembergische Schutzverein für Handel
und Gewerbe" führt in Zeitungs-Inseraten gegen-
wärtig eine ziemlich lebhafte Polemik gegen den
„Spar- und Konsum-Verein Stuttgart". Hervorge-
rufen wurde diese Polemik durch ein Flugblatt des
„Schutzvereins" über die „Konsum-Vereine und ihre
Konsequenzen", dessen Inhalt zuerst in der Vereins-
schrift des „Schutzvereins" erschienen war. Damals
— vor mehreren Monaten — brachte auch das Or-
gan der württ. Antisemiten, die in Stuttgart erschei-
nende „Schwäb. Reform", einen längeren Aufsatz gegen
die Konsumvereine, der sich inhaltlich an den er-

wähnten Artikel anlehnte. Jetzt stellte eer „Konsum-
verein" die — übrigens durchaus unwahre — Be-
hauptung auf, der Artikel des „Schutzvereins" sei
vor längerer Zeit auch in der „Reform" erschienen.
Die Art und Weise, wie sich nun der „Schutzverein"
gegen diesen „Vorwurff" verteidigt, kann ihm in den
Augen verständiger Menschen nur schaden. Er schüttelt
zunächst die Antisemiten von sich ab, indem er sich
gegen jede Identifizierung seiner Bestrebungen mit irgend
welcher politischen Partei verwahrt und schreibt u. a.
dann folgende bemerkenswerte Sätze:
„Wir wiederholen, daß wir weder politische, noch
„konfessionelle Zwecke verfolgen, sondern rein wirt-
schaftliche. Darum (soll wohl heißen „daran". Anm.
„der Red.") halten wir mit aller Bestimmtheit fest,
„in der Theorie sowohl als in der Praxis. Wir
„haben mehrere israelitische Mitglieder, denen es recht
„wohl bei uns ist. Sie sind mit uns der Ansicht, daß
„der Schwindel und das Unreelle im Geschäftsleben
„bekämpft werden muß, wo nur immer Veranlassung
„dazu vorliegt, sei der Urheber christlicher oder israe-
litischer Confession. Wir mußten uns freilich auch
„schon gefallen lassen, daß Mitglieder bei uns ausge-
„treten sind, weil wir Israeliten aufnehmen. Solche
„Vorgänge können nur unser lebhaftes Bedauern er-
„regen, nicht aber eine Aenderung unseres Prinzips
„veranlassen".
Soweit die Auslassungen des Schutzvereins, in-
sofern sie von Interesse find.
Diese Sache hat aber neben der komischen auch
eine tiefernste Seite! „Wir haben mehrere is-
raelitische Mitglieder, denen es recht
wohl bei uns ist", meint also dieser Verein.
Wir glauben recht gerne, daß es den Hebräern dort
recht wohl ist, denn wer das Judentum kennt, der weiß,
daß es Alles zersetzt, zerstört und zu Grunde
richtet, wo es sich einzunisten vermag. Das wird
auch dem Schutzverein so ergehen. Und das thut uns
aufrichtig leid, da der Zweck, die Bestrebungen des
Vereins, gute sind und alle Anerkennung verdienen.
Mögen aber seine Ideale noch so rein, noch so hoch-
gesteckt sein, mag sein Streben, sie zu verwirklichen,
noch so ehrlich sein — solange sich Juden in seiner
Mitte recht r ohl fühlen, ist er auf dem besten Wege,
vom vorgesteckten Ziele abzukommen. Der Jude
gleicht der Made im faulenden Fleisch, man weiß nur
nicht genau: ist er der Träger der Fäulnis oder
nistet er sich nur dort ein, wo schon etwas faulig ist ?
Das Eine aber steht felsenfest: „Wo Juda, da
Fäulnis!"
Diese sich im Schutzverein „so recht wvhlsühlenden"
Juden also sind mit dem Ausschuß „der Ansicht, daß
der Schwindel und das Unreelle im Geschäftsleben
bekämpft werden muß, wo uur immer Veranlassung
dazu vorliegt, sei der Urheber christlieyer oder israe-
litischer Confession". Auf den alten, bis zum Ekel
gehörten Unsinn von „christlicher und israelitischer
Konfession" hier einzugehen, sei uns erspart. Wenn
der Ausschuß des Schutzvereins noch nicht weiß, daß
es eine „christliche Konfession" überhaupt nicht giebt,
sondern nur eine christliche Religion, und ebenso
uur eine mosaische, oder, wenn man das lieber will,
israelitische Religion, dann ist ihm auch nicht zu
helfen, wenn wir noch so viel darüber schreiben
würden. Aber wir lassen das überhaupt beiseite
und gehen auf den wunderschön klingenden Satz ein:
man muß den Schwindel bekämpfen, wo man ihn
findet. Ja, wo findet „man" ihn denn? Wer giebt
! denn durch sein schwindelhaftes Gefchäftsgebahren dem
Verein Anlaß zum Einschreiten? Heraus mit
d er S p r a ch e, Ihr Herren vom Schutz-
verein, und einmal offen Farbe be-
kannt!
In dem letzten Jahresbericht des Vereins sind fol-
gende Namen solcher Geschäftsleute zu lesen, die der
Verein hat als „schwindelhaft" oder „unreell" bekämpfen
müssen: Lichtenstein, Fabian, Js le, Fenchel,
Rosenblum, Engelstern. Sind das „Ur-
heber christlicher oder israelitischer Konfession" ? ?
Um Antwort wird gebeten!

Daß übrigens unter den Mitgliedern vernünf-
tigere Ansichten vertreten sind, als sie der Ausschuß
vertritt, beweist das Zugeständnis, daß Mitglieder
ausgetreten sind, weil der Verein Juden aufnimmt.
Sehr begreiflich! Denn dort, wo cs den Juden
„recht wohl ist", dort ist es dem Christen, dem
Deutschen meistens durchaus nicht wohl. Wenn nun
der Verein ziemlich kleinlaut zugiebt: der Konsumverein
habe 12000 Mitglieder, der Schutzverein aber nur
ea. 1400, so können mir ihm sagen, daß das
eben daher kommt, daß er Juden als Mitglieder
aufnimmt. Viele treten deswegen aus, zehnmal mehr
aber treten gar nicht ein, da sie sich in judenreiner
Luft wohler fühlen. Ob der Verein dadurch seinen
Mitgliedern und dem gewerblichen Mittelstand besser
nützt, als wenn er auf die Handvoll Juden verzichten
und dafür Hunderte deutscher Mitglieder mehr zählen
würde, das mag er selbst entscheiden.
Wer heutzutage nicht mit rücksichtsloser Offen-
heit auftritt, der erreich: nichts, oder nicht viel.
Leisetreterei aber ist unter allen Umständen vom Uebel.
Solange der Verein fortfährt, nach dem Grundsätze zu
handeln: „Wasch mir den Pelz, aber mach ihn nicht
naß!", so lange wird er das nicht sein können, was
er sein soll und will! U.
Tagesfragen.
Wie ein Gefühl des Wsides überschleicht es
uns, wenn wir lesen, wie trefflich wackere Volksmänner
im bayrischen Landtage die Not der Zeit begreifen und
zu beseitigen bemüht sind. So kam kürzlich folgender
Antrag Lutz zur Behandlung und wurde mit großer
Mehrheit angenommen:
Die Kammer wolle beschließen: Es sei an Se. Kgl.
Hoheit den Prinz-Regenten die allerunterthärngste Bitte zu
richten, die Kgl. Staatsregiernng zu beauftragen, 1. dem
gegenwärtig versammelten Landtage in thunlichster Bälde
inen Gesetzentwurf vorzulegen, nach welchen: das Ge-
werbesteuergesetz vom 19. Mai 1881 Aenderungen uud Zu-
sätze erhält, weiche eine so hohe Besteuerung der soge-
nannten Waarenhäuser,Persandtgeschäste, Zentralgeschäfte,
Filialgeschäste, Bazare und anderen Grvßunternehmungen
in Handel und Gewerbe möglich macht, daß der durch
diese Unternehmungen drohende Untergang der mittleren
und kleineren Betriebe in Handel und Gewerbe verhindert
werden kann: 2. im Bundesräte den Antrag zu stellen, daß
im Gesetzentwürfe über den unlauteren Wettbewerb Be-
stimmungen gegen Unternehmungen dieser Art eingefügt
werden".
Zu diesem Anträge, der uns mitten hineinversetzt
in die sozialen Reformbestrebungen unserer Zeu, äußerte
sich u. A. der Schatzminister v. Riedel:
Was möglich ist auf dem Gebiete der Besteuerung
zürn Schutze des Mittelstarides herbeizuführen, dazu bietet
die bayrische Negierung mit Vergnügen die Hand. Denn
auch ich beklage — und stehe nicht an, dies öffentlich aus-
zusprechen — die Unersättlichkeit, mit der einzelne Groß-
unternehmer unseren tüchtigen Mittelstand, unser .Klein-
gewerbe zi: untergraben suchen".
Der Bericht verzeichnet nach der Rede des bairischen
Finanzministers lebhaften Beifall. Beifall wird ihr
auch außerhalb Baierns zu Teil werden und der Wunsch
wird entstehen, daß man auch anderen Orts sich er-
mannen möge zu ebenso kraft- und verständnisvollem
Eintreten für den Mittelstand. Von den Reden, die
zu diesem Anträge, meist zustimmend, gehalten wurden,
se' hier nur ein Absatz aus den Ausführungen des
wackeren Banernführers Dr. Ratzinger angeführt:
„Woher kommt denn bei uns das Untergraben all'
dessen, was je solid war. Das kommt von dieser orien-
talistischen Auffassung, die den: Christentum feindselig
gegenübersteht und glaubt, sie sei die auscrwählte Nation,
wahrend die anderen ausschließlich ihr die Reichtümer zu
Füßen zu legen haben. (Sehr richtig!) Alan soll sich nicht
wundern, wenn eine erregte Bewegung durch das Volk
geht, wenn man sieht, wie die Leute dadurch, daß sie die
Hände in die Hosentaschen stecken und mit Papierchen speku-
lircn, Millionäre werden, während die anderen mit an-
strengender Arbeit vom frühen Morgen bis zum späten
Abend kaum das nötige Brot für ihre hungernden Kinder
erarbeite!: können. Dani: ist die Gesellschaft tief krank und
dann wird keine Macht der Welt cs aufhalten, daß gegen
solche Zustände, wie sie das moderne Raubrittertuin, dieser
Orientalismus, mit sich gebracht, die tiefste Empörung in:
Volke sich kundgibt. Wenn wir diese Zustände cinnistcn
lasser:, werden wir Verhältnisse erleben, wie in Wien. Sie
sehen eine empörte Masse vor: Christen, die sagen, wir
lasser: uns nicht länger von diesem orientalischer: Raub-
 
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