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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (6): Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden — 1895

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No. 26 - No. 32 (3. April - 27. April)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42838#0109
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finden in dem wöchentlich 2rnal erscheinenden „Badtscherc Volksdi'U--'" s
die weiteste Verbreitung und kostet die viergespaltene Garmond,p-ile Z
oder deren Raum nur 10 Pfg., bei mehrmaliger Ausnahme wird §
bedeutender Rabatt gewährt. f

Derrischtnm,

HHvon rrrrö Mttcrr-.

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auf den „Badischen Volksboteu" können jederzeit bei allen kaiserl.
Postanstalren, den Landbriesträgern, sowie unseren Agenturen gemacht
werden. — Preis vierteljährlich durch die Post bezogen 1 M. 25 Pf.,
bei unseren. Agenturen 1 Mk., bei der Expedition abgeholt 80 Pf.

Hrgcrn der deutsch-sozialen Weform-Wärter in Waden und des
Wadischen Mauernbundes.

M 28.

Heidelberg, den IO. April L89H.

6. Jahrg.

Tngesfragen.
* Von befreundeter Seite erhalten wir folgende
Zuschrift:
Wo das Auge hintrifft, begegnet es einer Ver-
wirrung und das biblische Sinnbild von Babels Thurm-
bau mag auch auf unsere Zeit feine Anwendung fin-
den. Wir Deutsche gleichen heute einer Heerde von
Lämmern, zwischen welche die Wölfe gefahren sind, die
in ihreni Pferch nach allen Wänden drängen, ohne zu
wissen, wie der Gefahr zu entrinnen sei. Trostlos sind
die Zustände und trostlos werden sie und keine Seele
hat eine Ahnung wie zu helfen ist. Wer helfen will,
ohne daß ein Teil zu Opfern gezwungen wird, ist auf
ewig unfähig dies zu thun, denn wenn ich dem Be-
drückten helfen will, muß ich den Großkapitalismus bluten
lassen. Will ich dessen priviligirte Stellung nicht an-
tasten, soll in der gleichen Weise fortgeschritten werden,
dann ist eine Hilfe rein unmöglich und weder eine christ-
liche Religion, noch die ausgiebigste Arbeiterschutzgesetz-
gebung ist im Stande das Drängen nach einer Revo-
lution, in der alle Furien des Hasses zum Durchbruch
tommen, auszuhalten. Jeder Handwerker, jeder kleine
Kaufmann, der unter der heutigen Mißwirthschaft zu
Grunde geht, wird zum Glied in dieser revolutionären
Kette. Ein Verständniß für das Unrecht, das an diesen
beiden Ständen begangen wird, ist von Oben nicht zu
erwarten. Geduld fordert man, immer Geduld und
dabei gehen Generationen zu Grunde.
Wer in Reichtum und Wohlleben großgeworden,
werden Kassenschrank nur zu erschließen brauchte, wer
vom Geiste der Habgier beseelt, nur der Befriedigung
dieser oblag, wer weder den Wucher noch Betrug scheute,
dem fehlt jede Gefühlstiefe und doch will das mensch-
liche Leben gar sehr vom Gefühl erfaßt sein. Ist die
Erde wirklich dazu da, daß die einen in unerhörtem
Ueberfluß schwelgen, während die andern das entsetz-
lichste Elend tragen, weil ihre Seele noch so viel Ehr-
geiz besitzt, nicht Bettler sein zu wollen, so lange der
arbeitskräftige Körper noch leistungsfähig ist. Vergol-
det die Ketten der Leibeigenschaft und schmückt die Ker-
ker der Knechtschaft mit seidenen Kissen, es wird dennoch
unauslöschbarer Haß die Seele der Gestürzten und am
emporringen gehinderten erfüllen. Das alle Sinne der
Regierungsmänner betäubende „Nvt"geschrei des Geld-
sacks wird durch das der Sozialdemokratie, die in jü-
dischem Solde steht, verdoppelt, sodaß die Regierungs-
männer, selbst wenn sie das Beste wollen, vor Angst ge-
lähmt sind.
Nie kann es ein Unrecht sein, dem übermäßigen
Reichtum außergewöhnliche Lasten aufzubürden, oder
demselben einen Riegel vor zu schnellem Wachsen vor-
zufchieben. Es ist eine Pflicht, die sich immer mehr gel-
tend macht. Wer nicht aus den untersten Stufen ge-
kämpft, gerungen und gelitten hat, kann doch nicht wissen,
was da unten not thut, denn er hat sich nicht an all
den Ecken und Kanten wundgestoßen und weiß daher
nicht, wo diese sich befinden. Wer in Reichtum großge-
wachsen ist, hält auch alle Auswüchse desselben für be-
rechtigt. Unsere Fürsten werden vom Reichtum ge-
führt, ihnen sucht man diesen im Glanze einer edlen
Beleuchtung vor die Augen zu führen und was nied-
riger Habgier entsprungen ist, muß als ein Werk hoher
Humanität und menschlichen Fleißes, in riesigen Fa-
briken, mit überwältigendem Maschinenbetrieb, Eindruck
auf den Fürsten machen, zu dessen Empfang ja alles
wohlweislich vorbereitet wurde, so daß er nimmermehr
das echte Bild eines Fabrikbetriebes erhält. Der spe-
zielle Kapitalwucherer schenkt so ostensibel von seinem
Raube, daß auch sein Wirken mit einer falschen Glorie
umgeben Rana und Titel einträgt. Es wird den Für-
sten vor Augen geführt, daß jedes Hemmniß, das der
Großindustrie und dem Großhandel bereitet wird, die
Völker in eine grauenvolle geistige Finsterniß zurück-
führen müsse und die Gewalt der Maschinen, die Aus-
dehnung der Werkstätten, die Masse der beschäftigten
Arbeiter, sie wirken überzeugend. Eine derartig demon-
strative Sprache kann weder das Kleinhandwerk noch

der Kleinbauer reden und darum wird er weder gehört
noch verstanden. Der Fürst sieht auf feinem offiziellen
Rundgange durch die Welt nicht in die Seelen der
Millionen von Handwerkern und Kleinbauern, kann von
ihrem Emfinden also nichts wissen.
Die Großindustrie hat ihre Berechtigung nur auf
den Gebieten, wo sie absolut unerläßlich ist, das ist da,
wo das Handwerk »wegen der Größe des zu bewälti-
genden Gegenstandes unfähig ist die Herstellung zu über-
nehmen, z. B. Lokomotivenbau, Brücken, Eisenbahnwa-
gen, Kr ahnenbau, große Arbeitsmaschinen rc. Dagegen
sollte die Herstellung von sämtlichen Bekleidungsartikeln,
sowie die Schlosser-, Schmiede-, Spengler-, Schreiner-,
Gürtler-, Sattler-, Tapezier-, Posamentier-, Buchbin-
der-Arbeiten usw. ein für alle mal der Großindustrie
entzogen werden.
Man ordnet und regelt überall die strömenden
Wasser, damit sie nicht verderblich werden. Unsere wirt-
schaftlichen Ströme bedürfen der Dämme ebenso nvth-
wendig und wirken ohne dieselben ebenso verheerend,
als ein die Ufer überschreitender Wasserstrom. Mit
schnellen! Schritten gehen wir einer Zeit entgegen, in
der alle Erdteile, welche für uns Absatzgebiete waren,
uns immer mehr aus ihren Landen verdrängen, um ihre
eigene nach Entfaltung drängende Industrie zu heben und
einstens werden sie uns als Konkurrenten auf dem Welt-
märkte zurückdrängen, denn sie werden mit den vorzüg-
lichsten Maschinen und ihren Geisteskräften den Kampf
aufnehmen und der oft außerordentliche Reichthum an
Rohmaterial erleichtert ihnen den Kampf, so daß wir
heute damit rechnen müssen, nur auf ein kleines Export-
gebiet angewiesen zu sein, wenn wir nicht in eigenen
Kolonien kolossale Fortschritte machen. Wenn diese künst-
liche Aufzucht der Großindustrie fortdauert, dann stellen
wir dieselbe vor eine furchtbare Katastrophe, weil ihre
Erzeugungskraft schon ungeheuer über den Inlandsbe-
darf hinausgeht und diese doch einst auf den Inlands-
verbrauch angewiesen sein wird. Wollen wir durch stetes
Unterbieten den Weltmarkt behaupten, so wird das
wenig helfen und das Ausland wird uns folgen. Was
wir uns schaffen, das ist ein grenzenloses Diassenelend
und um das zu vervollständigen, richten wir unsre Bau-
ern zu Grunde. Wenn wir aber den Weltmarkt ver-
loren haben und vom Auslande wenig oder nichts mehr
verdienen, mit was wollen wir das Brot, das wir vom
Auslande haben müssen, bezahlen? Es wird fo kemmen
und muß so kommen, denn wir stehen im Zeichen des
Verkehrs. Verkehrt ist die Auslegung der menschlichen
Freiheit! Verkehrt die Stellung der Regierung! Ver-
kehrt die Anwendung der vorhandenen Mittel! Verkehrt
der Geldverkehr! Verkehrt auch die Schlußfolgerung,
aus der Entwicklung der Verkehrsmittel! Nordamerika
ist ein klarer Beweis, wie es kommen wird und kommen
muß. Dieses Land, das einst industriell abhängig von
Europa war, hob feine Industrie mit allen Mitteln der
Zollgesetzgebung, so daß diese in unser eigen Land ein-
dringt. Schon greift es mit gierigen Krallen nach andern
Ländern, um seiner übermächtig wachsenden Industrie
Absatzgebiete zu sichern und immer näher rückt der Zeit-
punkt, der zu einer wirtschaftlichen und politischen Kolli-
sion führen muß. Das zeigt schon die widerliche ängst-
liche Behutsamkeit, mit der die europäische Diplomatie
in manchen Fragen Amerika gegenüber vorgeht. Es
wird schon noch besser kommen, aber daß man einsich-
tiger wird, das verhüten bornirte Habgier und Gelehr-
tenschlofsucht. X. O.
ä. Das deutsche Flecht in unserem römischen Ge-
setzöuche. In der Civilprvzeßvrdnung, welche bekannt-
lich unsere Rechtspflege in Civitsachen regelt, ist ein
Abschnitt vorhanden, der, so wenig er dem Publikum
bekannt ist, um so bedeutungsvoller bei den Prozessen
sein kann, wenn er in diesbezüglichen Verträgen mit
vorgesehen würde. Es ist dies das 10. Buch der Ci-
vilprozeßordnung und handelt über das schiedsrichter-
liche Verfahren. Dieser Theil ist ein Stück unseres
guten deutschen Rechts und obgleich etwas mangelhaft,
so kann er ja durch andere Paragraphen, die dem dies¬

bezüglichen Vertrage hinzugefügt werden, sehr leicht zu
etwas Brauchbarem gemacht werden. Keine Advokaten,
keine Richter haben vorläufig da hineinzureden, wo bei
den Verträgen dieses Verfahren eingeflochten wurde,
denn bei ausbrechenden Streitigkeiten haben nicht sie zu
entscheiden, sondern privatrechtliche Schiedsrichter (ar-
ditri), also Männer aus dem Volke, deren Ernennung
dazu dm Parteien zusteht. Nur Frauen, Minderjährige,
Taube, Stumme und Personen, denen die bürgerlichen
Ehrenrechte aberkannt sind, können nach tz 858 abge-
lehnt werden. In einer der nächsten Nummern werden
wir auf das Guie und auf die Mängel des schieds-
richterlichen Verfahrens zurückkommen, nur sei heute
schon erwähnt, daß an der Hand dieses Gesetzes, ein
tapferer Streiter, Namens Giebeler, seinen Vertrag, in
welchem über zweimalhunderttausend Mark auf dein
Spiele stehen, gegen Richter und Advokaten erfolgreich
durchführen wird. Zum Nutz und Frommen unserer
Mitwelt wird er späterhin durch seine im Druck nieder-
zulegenden Erfahrungen zeigen, daß auch den Ehrlich-
sten die Gesetze eines „christlichen" Staates eine Zeit
lang hindern können, zu seinem Rechte zu kommen. Aber
schließlich triumphirt unser deutsches Recht, welches, wie
bereits erwähnt, etwas vervollständigt, sich stets als
einen Schutzwall gegen die unseligen Gebräuche in der
Gerichtspraxis erweisen wird. (Nachdruck verboten.)
* Der Kardinal-Srzöischof von Aokedo hat, wie
wir der „Rhein. Volksst." in Köln entnehmen, einen
Hirtenbrief veröffentlicht, welcher auch außerhalb Spa-
niens einen mächtigen Eindruck Hervorrufen wird. Nach-
dem der Primas Spaniens die Tyrannei der Börse,
das jüdische Kapital und den Wucher als die Ursache
des das Volk schwer bedrückenden Nebels bezeichnet hat,
fährt er also fort: „Während Diejenigen, welche ftu-
diren, arbeiten und schaffen, unter dem Schweiße ihrer
Stirnen alles das erzeugen, was für das Leben der
Völker nöthig ist und zugleich den arbeitenden Klaffen
ein gutes und erhebendes Beispiel des Wertes der Ar-
beit, des redlichen Wirkens, des Fortschrittes in Kunst
und Industrie geben, mehrt die jüdische Bank, welche
sich weder mit der Landwirtschaft noch sonst mit einer-
nützlichen Arbeit befaßt, mit jedem Tage ihren Gewinn,
ohne andere Schmerzen und Mühen als das Haschen
nach Gewinn. Im Gegensätze zu den guten Beispielen,
zu den Talenten, zu der edlen und reinen Begabung
der wohlerzogenen und wohlgeleiteten Leute, geben sich
die Agenten der jüdischen Banken dem Wechselgeschäft
hin, bei dem sie ihr Kapital weder riskiren noch ver-
lieren. Es geht von Hand zu Hand, von einer Indu-
strie zur andern, bemächtigt sich der Ersparnisse des
Landwirtes, des Handwerkers und der ehrlichen Fabri-
kanten, dieser Ersparnisse, welche die Früchte der Ent-
haltsamkeit und der Entbehrung sind. Mit den ihm
eigenthümlichen Listen schleicht sich der Wucher in die
arbeitsame Zurückgezogenheit, in die stille Häuslichkeit,
in das schlichte nnd schaffensfreudige Leben ein; der
Wucher, welcher die Quellen selbst des allgemeinen Woh-
les versiegen läßt. Von Wechsel zu Wechsel, von Dar-
lehn zu Darlehn, sieht man Moral und Ehre in glei-
chem Maaße schwinden, wie sich die Gewinne jener
Spekulanten der hohen Schule mehren, die sich Herr-
schern gleich über die höchsten Männer erheben. Es ist
eine erwiesene Thatsache, daß das jüdische Kapital über
Krieg nnd Frieden in den Staaten entscheidet, indem
es bald die Völker gegen einander hetzt, bald beim
Friedensschlüsse dazwischen tritt und so ohne Mühen
maßlosen Gewinn einheimst, immer größeren Gewinn,
bis endlich die jüdische Bank als Gebieterin der Na-
tionen dasteht. Mit dieser Klasse von gesetzlichen Wider-
sachern, diesen goldstrotzenden Spekulanten ringen die
Armut, das Leiden, die Schlichtheit. Selbst die Ehre
! und das Gewissen sind im Bannkreise der Wucherge-
schäfte und Betrügereien. Königreiche, Republiken, Herr-
schaften, Majorate, Erbgüter mit gefesselten Armen der
Gewalt jener Krösusse ausgeliefert, verlieren den ihnen
eigenthümlichen Charakter, ihren Glauben, ihre Sitte,
l ihre Gebräuche. Um das stille Glück der christlichen Fa-
 
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