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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (6): Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden — 1895

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No. 50 - No. 58 ([3. Juli] - 31. Juli)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42838#0197
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Irrrr Deutschtum,

- Züesteiru rlgen '
auf den „Badischen Volksboten" kennen jederzeit bei allen kaiserl.
Postanstalten, den Landbriefträgern, sowie unseren Agenturen gemacht
werden. — Preis vierteljährlich dmch die Post bezogen 1 M. 25 Pf.,
ber unseren Agenturen 1 Mk., bei der Expedition abgeholt 80 Pf.

.. . . " Anse rate —
pnden m den: wöchentlich 2mal erscheinenden „Badischen Volksboten"
dre werteste Verbreitung und kostet die viergespaltene Garmondzeile
oder deren Raum nur 10 Pfg., bei mehrmaliger Aufnahme wird
bedeutender Rabatt gewährt.

Mrnn und Atturr.
Hvgcrn der deuLsch-sozicr0en Hteform-Uartei in Werden und des
Werbt (eben Wuuernöundes.


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auf den
„Badischen Volksboten"
Organ der deutsch-sozialen Reformpartei in Bader:
und des Badischen Bauernbundes
könnnen jederzeit bei den Postanstalteu, den Landbrief-
trägern, unseren Agenten, sowie für Heidelberg
bei unserer Geschäftsstelle — Hirschstraße 13 — oder
unserm Austräger gemacht werden.


Unsere Feinde unter den Gebildeten.
Von Joh. Riebenack,
Landwirt und Vorstandsmitglied des „Bauernbundes für
Ober-Bayern".
Man sollte glauben, es gäbe heute noch, besonders
unter den gebildeten Ständen, Leute, die ein Herz für
das allgemeine Volkswohl haben, bei denen das Gefühl
der Nächstenliebe nicht ganz abhanden gekommen ist.
Wenn aber gebildete Leute sich heute unter den
Bauernstand mengen oder den Bund bekämpfen, ohne
sich mit der schweren Arbeit, dem Kümmernden Sor-
gen und Entbehrungen der Landleute bekannt gemacht
zn haben, so ist es geradeweg eine Gewissenlosigkeit.
Tausende von Bauern arbeiten schon vor Tages-
grauen und bis zum Sternenhimmel; Tausende ver-
kaufen ihre Butter und essen Margarine, um einige
Mark mehr ins Haus zu bekommen. Hunderttausende
von Eiern werden verkauft, nur damit die Hausfrau
ein paar Pfennige hat, um deu Kindern das Notigste
anzuschaffen, weil der Mann kein Geld entbehren kann.
Vieh, Schweine, Geflügel werden gezüchtet und ver-
kauft, aber das Geld reicht nicht mehr für die Steu-
ern, Zinsen, Handwerker, Dienstboten re. Der Bauer
selbst ist am Sonntag zu Hause, geht iu deu Stall
und hat ost keine Maaß Bur mehr in der ganzen
Woche. Und trotz Sparen geht es von Jahr zu Jahr
zurück, weil Ausgaben und Einnahmen in kein Gleich-
gewicht mehr zu bringen sind. Jede' Arbeiter und Hand-
werker re. ist teurer als früher. Nur was der Bauer
hervorbringt, ist weniger wert geworden.
Unter diesen Verhältnissen werden, ohne daß die
Bnreaukratie der Staatsverwaltung und Gerechtigkeits-
pflege dagegen ernsten und nachhaltigen Widerspruch
erhebt, ganze Strecken Landes nach wenigen Jahren
dem Geldsack zu Spottpreisen in die Hände fallen,
Tausende der brävsten Familien aus Haus und Hof
vertrieben. Und die Bauern dürfen dann bei diesen
noblen Herren um Arbeit bitten, vielleicht aus Gnade
auf ihrer früher eigenen Scholle um den Taglohn sich
abrackern. ^Mit dem Armenwesen wird es aber dann
schlecht bestellt sein, dafür sorgen schon die Ausbeuter,
welche die Klinke der Gesetzgebung in Händen und nach
oben einen heillosen Einfluß haben.
Wo ist Recht und Gerechtigkeit? So fragt der
Bauer heute mehr als sonst. Warum es so ist, das
wurde in Bundesfreundlichen Blättern und in Ver-
sammlungsreden mehr als hundertmal besprochen. Die
Verhältnisse liegen so, daß jeder einfache Mann die
Fehler sieht und kennt. Und doch giebt es Menschen,
gebildete Menschen, die das nicht wissen wollen.
Wenn das große Kapital, das heute aus unserem
Elend nutzen zieht, Jntriguen und Kniffe bis nach oben
hin verwendet und dort Gehör findet, dann ist es er-
klärlich, wenn sich diese Kategorie so weit vergißt, daß
sie alle unsere Erzeugnisse und schließlich auch den
Grundbesitz so weit entwertet, daß ganze Länderstrecken
um Spottpreise in ihre Hände fallen. Der ehrliche
Mann, jeder Bauer verachtet dieses Treiben, und aus
der Verachtung wird der Haß geboren.
Was soll auch der Bauer denken, wenn er Cen-
trnmsführer und Geistliche sieht, wie sie die Ausbeuter
machen lassen und dann behaupten, dagegen lasse sich

Heidelberg, den 3. August 1895.

nichts machen. Es hat sich doch auch gewähren lassen,
daß diese Zustände überhaupt gekommen sind! Warum
soll es sich nicht machen lassen, daß dieselbe wieder von
der Bildfläche verschwinden? Wozn haben wir eine
parlamentarische Vertretung? Es giebt zwar — Gott
sei's gedankt! — viele geistliche Herren, die das Elend
ihrer Pfarrkinder sehen und ein warmes Herz dafür
haben, ja ganz bauernbündlerisch gesinnt sind und nicht
gegen den Bund arbeiten. Aber gerade manche jener
Herren, die politisch eine Rolle spielen oder spielen
wollen, und die in München und Berlin lieber sind
als unter ihren Pfarrkindern, die haben die Lehren
unseres Herrn und Meisters nicht im Leibe und Her-
zen, sie find nicht mit ihren Brüdern in der Gemeinde.
Das Volk wird arm. Soweit es noch Bargeld
hatte, hat man ihm Papierfleckel aufgeschmust, die wert-
los sind, wenn die Staaten bankerott gehen, ein un-
glücklicher Krieg kommt, die Krisis sich verschärft und
die Banken krachen. Das Barvermögen des Volkes ist
in den Händen der Geldwelt, mit dieser haben sich die
vielgepriesenen Hypothekenbanken verbündet, von diesen
sind mit dem Grundbesitz auch die frommen Stiftungen
in Papier verwandelt und an die Börse gebracht wor-
den. Auch sie werden mit den Bauern den breiten Weg
des Verderbens wandeln. Der Pfarrer wird dann keine
Gemeinde mehr haben, sondern einen Gutsherrn, dem
er den gehorsamen Diener machen muß, wie der Pfar-
rer in England, wo auch, dank der kapitalistischen Wirt-
schaft, viele Dörfer und Kirchspiele zu Gutsherrschaf-
ten zusammengeworfen wurden. Was in England dem
reichen Adel anheimfiel, das wird bei uns den reichen
Juden gehören. Unser Adel wird bei den toten Bau-
ern liegen, und das 'geschieht ihm recht, weil er sich
mit wenigen Ausnahmen von der Bauernbewegung fern
hält, und dieselbe noch als rebellisch anschwärzt. Statt
des Edelmannes aus altem Stamm wird dann der
jüdische Emporkömmling der Patronatsherr der Kirche
und Schule sein. Ja, meine Herren Edelleute und Geist-
lichen, euer Los ist mit dem der Bauern eng verbun-
den und ihr hättet alle Ursache, die ehrlichen Vertreter
des Bauernstandes zu unterstützen und mit eurer ganzen
Kraft für die Bauern einzutreten, sonst werdet ihr
Waldaufseher und Bediente b?i jüdischen Herrschaften!
Ja, meine hochwürdigen Herren Pfarrer, so wird
es kommen! Wenn der Glaube an Recht und Gerech-
tigkeit schwindet, werden euere Kirchen sich leeren, die
Sozialisten aber werden volle Häuser haben!
Ein großer Theil der heutigen Bauern hat die
Feldzüge mitgemacht, zahlt ruhig Steuern und kommt
seinen Bürgerpflichten nach, bis alle Quellen erschöpft
sind und der Mann alt und gebrochen wird. Mit äußer-
ster Anstrengung giebt er dem Kaiser, was des Kai-
sers ist, geht mit den Seinigen zur Kirche, macht aus
seinen Kindern brave Menschen und giebt Gott, was
Gottes ist. Aber wenn er mit den Seinen verarmt,
wenn er ein Proletarier wird, dann wird der Kaiser
im nächsten Jahrhundert keine Armee mehr finden wie
Anno siebzig. Mit dem Nährstand geht der Wehrstand
unter. Der Wohlstand der Bauern ist der beste Hort
sür Moral, Religion, Kirche und Vaterland!
Und da höre ich noch immer Beamte und Männer
aus gebildeten Kreisen fragen: „Ja, was wollen denn
die Bauern?" — Haus und Hof erhalten wollen sie
nach dem alten Bauernspruch:
„Mein Haus, und Hof,
Mein Weib, mein Kind,
Mein alles sind!"
Um dies zu erhalten, thut der Bauer alles für
seinen König und für seine Kirche. Ist es aber dahin,
dann werdet ihr erfahren, was der Bauer sein wird
— dann hat das Leben für ihn keinen Reiz mehr!
Und das Ende? —

Die Karlsruher Zeitung,
Chefredakteur Julius Katz aus Ungarn, halbamtliches
Organ unserer Regierung, läßt keine Gelegenheit vor-
übergehen, Ungünstiges über die Antisemiten zu bringen.

6. Jahrg.

Ist irgendwo ein gemeines Verbrechen begangen, so-
fort wird der Verbrecher mit vollem Namen als „be-
kannter Antisemitenführer" bezeichnet. Zwistigkeiten
zwischen unfern Parteiführern werden zu Skandalen auf-
gebauscht, die „Libre Parole", das führende Anti-
semitenlllatt in Frankreich, mit schmeichelhaften Namen
belegt.
Recht fein hat die Karlsruher Zeitung des Herrn
Julius (Hand aufs Herz! ist das der Vorname, den
Sie bei Ihrer Beschneidung erhielten?) in diesen Tagen
den österr. Abgeordneten, Mechaniker Schneider, ange-
griffen, er müsse sich im Reichstag vom Rabbi Bloch
sagen lassen, erhübe wegen Stempelfälschung
das Zuchthaus mit dem Aermel gestreift. Es
ist das hohe Verdienst der „Bad. La nd p o st", diese
gräuliche Ehrabschneidern an's Tageslicht gebracht zu
haben. Sie druckt deu Bericht jener früheren Sitzung
ab, in welcher Schneider sich glänzend rechtfertigte und
in welcher der österr. Justizminister unaufgefordert
ihm eine völlige Ehrenerklärung ausstellte.
Leider reicht der Raum unseres Blattes nicht aus
für den Abdruck des ganze« sehr interessanten Berich-
tes (wir hoffen, er werde in den Deutschsoz. Blätter:
erscheinen, oder vielleicht benutzt unser Rud. Vogvl
diesen Gegenstand zu einer kräftigen Flugschrift!); aber
das Begleitschreiben Schneiders wird an anderer Stelle
abgedruckt werden!
Es ist kein Wunder, wenn unser erhabener und
gerechter Landesherr über uns Antisemiten keine bessere
Meinung bekommt, nachdem er von uns nie etwas
Gutes, immer uur das Schlechte (ob wahr oder ver-
logen) zu lesen bekommt! Wehe dem Lande, wo die
Juden die Führung haben!
Landgraf! werde hart!
* ' * *
*
Die Landesbase nimmt die Regierung gegen die
Angriffe der Bad. Landpost in Schutz; die Regierung
ist ja gar nicht angegriffen. Im Gegenteil, wir Anti-
semiten sind durchaus in der Defensive, in der Ver-
teidigung gegen den ungarischen Iu—lins Katz, der
unsre Ehre besudelt und uns in den Augen unseres
Landesherrn schlecht zu machen sucht. Zermalmt
den Verleumder!
Der Herr Iu—lius Katz hüllt sich in beredtes
Schweigen; weiß er doch, daß Schneider ihn nicht ver-
klagen wird! Ein nobler Herr!
*
Der Brief des Abg. Schneider an die „Badische
Landpost" lautet:
Wien, 19/6. 95.
Sehr geehrter Herr!
Uebersende Ihnen mitfolgend das Protokoll der
geheimen Sitzung vom 4/7. 91, in welcher die soge-
nannte Stampiglien-Affaire besprochen und klargelegt
worden ist, in welcher der Justizminister unauf-
gefordert die bekannte Erklärung abgegeben hat.
An jener Sitzung, die entgegen meinem aus-
drücklichen Willen geheim durchgeführt worden ist,
nahm der Jude Bloch teil. Der Jude wußte also
genau, was geschehen ist und wie die Sache steht und
dennoch hat er die Frechheit, mir Stampiglienfälscherei
vorzuwerfen.
Das ist eben die Methode der Juden. Diese
.wissen, daß ich kein reicher Mann bin und
spekulieren darauf, daß ich nicht gegen alle Zeirungen
aus finanziellen Gründen klagen kann, deshalb lügen sie
immer wieder dasselbe in die Welt hinaus.
Gerade so ging und geht es dem Kollegen Dr.
Lueger. Vom ihm behauptet der Jude Aron Schaf, er
habe gesagt, man müsse den armen Leuten „das Beuschel
herausreißen" (d. i. die Lunge) um sie zum zahlen zu
bringen.
Lueger klagt, der Jude wird zu 2000 fl. verurteilt
und was geschieht? — der oberste Gerichtshof hebt
das Urteil auf!!!
Das ist das Sykophantenwesen des alten Atlnn
in moderner Gestalt; was giebl es da anderes als wes
 
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