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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (6): Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden — 1895

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No. 42 - No. 49 (1. Juni - 29. Juni)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42838#0177
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" Mtstelkungen
aus den „Badischen Volksboten" können jederzeit bei allen kaiserl.
Postanstalten, ven Landbriesträgera, sowie unseren Agenturen gemacht
werden. — Preis vierteljährlich durch die Post bezogen 1 M. 25 Pf.,
bei unseren Agenturen 1 Mk., bei der Expedition abgeholt 80 Pf.

Inserate
finden in dem wöchentlich 2mal erscheinenden „Badischen Volksboten"
die weiteste Verbreitung und kostet die vier-gespaltene Garmondzeile
oder deren Raum nur 10 Pfg., bei mehrmaliger Aufnahme wird
bedeutender Rabatt gemährt.

Aüv Deutschtum,

Ärgern der deutsch-sozialen Weform-Wärter in Waden und des
Wudischen Wauernbundes.

M 45.
Heidelberg, den 15. Juni 1895. 6. Jnhrg.

Mezugs-Ginkaditng
auf den
„Badischen Volksboten"
füd dasM. Quartal 1895.
Beim herannahenden Quartalswechsel legen wir
allen unseren Freunden und Gesinnungsgenossen die
Verbreitung des Badischen Bolksboten dringend
an's Herz. Der BadischeVolksbote ist in Baden
fast das einzig wirklich unabhängige Blatt, das
offen den Kampf für die christlich-deutschen Grund-
sätze ausgenommen hat.
Als Organ der deutsch-sozialen Reformpartei und
des Badischen Bauernbundes, als geistiges Binde-
mittel der badischen Antisemiten bekämpft der
„Badische Bolksbote"
alles undeutsche Wesen im öffentlichen und gesellschaft-
lichen Leben; er tritt ein für die Rechte des
Bauern- und Handwerkerstandes, für Schaffung und
Erhaltung eines starken Mittelstand s; er beleuchtet
nrit der Fackel der Wahrheit alle Vorgänge, die das
Licht der Oeffentlichkeit zu scheuen haben; er will
der Dolmetsch der Gefühle und Wünsche des deutschen
Volkes fein und durch gesunde, geistige Kost die
literarischen Giftküche aus dem Felde schlagen, mit
einem Wort: er kämpft für unverfälschtes Deutsch-
tum, reines Christentum und soziale Hleform!
Wir haben den Kampf uneigennützig mit nicht
geringen Opfern an Arbeit und Geld geführt und da-
bei nur die Interessen des Volkes vertreten; wir
werden uns auch künftig in unserem Kampf für die
gute Sache nicht entmutigen lassen, sondern unerschrocken
für die Forderungen eintreten, welche für die Ge-
sundung unseres soliden Erwerbslebens bei Kaufmann-
schaft, Kandwerk und Bauernstand absolut not-
wendig sind, aber wir glauben auch hiezu um die
Unterstützung unserer Freunde bilten zu dürfen» Wir
laden daher zu zahlreichen Bestellungen auf den
„Badischen Volksbotrn"
ein. Die durch die kaiserliche Post beziehenden Abon-
nenten werden freundlich gebeten, das Abonnement
beim nächsten Postamt sofort zu erneuern, damit in
der Zustellung keine Unterbrechung eintritt. Unter-
Kreuzband werden wir fernerhin den Volksboten nur
gegen Voreinsendung des Betrags (Mk. 1.70) ver-
senden. Die Herren Agenten bitten wir, uns bal-
digst mitteileu zu wollen, wie viel Exemplare sie für
das 3. Quartal benötigen.
Mit deutschem Gruß!
Die Schriftleitung des Bad. Volksboten.
Vorschläge zur Abänderung
des gegenwärtigen und unhaltbaren Zwangs-
vollstreckungsgesetzes.
Die Härte unserer Zwangsvollstreckungs-Gesetze
läßt sich weder mit dem ausgebildeten Rechtsgefühl der
vorgeschrittenen Zivilisation, noch mit dem christlichen
Prinzip motivieren.
Die Zwangsvollstreckung an sich soll den Zweck
haben, die Befriedigung des Gläubigers aus den vor-
handenen überflüssigen „freien" Vermögen des Schuld-
ners herbeizusühren, nicht aber diesen von der individuellen
Weiterexistenz abzuschneideu. Es würde hier zu weit
führen, wollte ich diesen Grundsatz aus der Eigenschaft
der Schuld unter logischen Beweis stellen; er läßt sich
aber auch schon durch das eigene Empfinden erklären.
Das gegenwärtige Gesetz entsäftet den Schuldner ganz,
macht ihn für seine Weiterexistenz siech oder ganz todt.
Das ist einer der Krebsschäden im Mittelstände, an
welchem dieser zu Grunde gehen muß, angesichts des
sonstigen chronischen Siechtums, in das ihn die gegen
ihn gerichtete allgemeine Gesetzgebung des letzten Vier-
teljahrhunderts gebracht hat.

Wenn der Staat aufrichtigen Willen hat, dem
Mittelstände aus seiuem Dilemma auszuhelseu — und
wenn es nicht wahr ist, daß der Staat dem Mittel-
stand überhaupt zur Bildung eines russischen Zwei-
klassenthums ausheben will, wie politische Rätsellöser
deuten — so muß er in erster Linie die Bestimmungen
für die Zwangsvollstreckung einer gründlichen Umarbeit-
ung unterziehen und sie erträglicher und gerechter ge-
stalten. Die mörderische Entsäftung muß aushören, ohne
andererseits den Gläubiger in seinen gerechten Ansprüchen
zu schmälern. Dieser Zweck ließe sich auf folgende
Weise erreichen:
Zunächst wäre schon vom Richter zu prüfen uud
im Urteil festzustellen, ob die Schuld infolge des Leicht-
sinns, des Unfleißes, der Verschwendung, Einlassung
in zweifelhafte Tausch- und Handelsgeschäfte u. s. w.,
also durch persönliche Selbstverschuldung entstanden ist,
oder durch Not, ungünstige Ernten oder Geschäfte, Ar-
beitslosigkeit oder durch Unglück in Vermögensverhält-
nissen. Das bestehende Verfahren kennt diesen Unter-
schied nicht, es behandelt den Unglücklichen auf lang-
wierigem Krankenbette ebenso rücksichtslos, wie den-Wüst-
ling beim Champagner.
Eine solche Schuldentrennung in zwei Klassen
würde nicht allein der Gerechtigkeit entsprechen, sondern
aus ins Auge fallenden Gründek in unendlichem Maße
auch auf die wirtschaftliche Erziehung des Volkes ver-
edelnd wirken. Ich will nur darauf Hinweisen, daß der
überhandnehmende Leichtsinn einer ganz anderen öffent-
lichen Beurteilung unterstellt werden würde, und daß
er infolge naturgemäßer Krediteutziehuug nicht mehr
die Orgien zeitigen könnte, welche heutzutage im gei-
stigen und finanziellen Ruin oft vieler Generationen
unter Herunterzerrung weiterer Kreise ihren Ausdruck
finden. Das leichtfertige Schuldenmachen würde nicht
mehr als ein nobler Sport gelten können, sondern an
dessen Stelle der Zwang zum Fügen in die geborenen
Verhältnisse treten müssen, weil es andernfalls den for-
mellen Ausschluß aus der Kreditfähigkeit als eine De-
gradation in der Gesellschaft nach sich ziehen würde.
Diese Entehrung würde in keinem Duellverfahren zu
beseitigen sein — weder beim Militär, noch im Civil
— sondern im ehrlichen Bestreben nach einer geordne-
ten und in den Grenzen der Verhältnisse erlaubten
Lebensweise.
Dem Richter würde die Feststellung des Charak-
ters der ihm zur Aburteilung vorliegenden Schuld keine
besondere Schwierigkeit machen, da in den meisten Fällen
die Forderungen der Gläubiger schon in der Klage ihre
Eigenschaft verraten und im klebrigen die alleinigen
Auslassungen der Parteien zur Feststellung genügen
würden.
Den leichtfertigen Schuldnern gegenüber mag das
bestehende harte Zwangsvollstreckungsverfahren in Gelt-
ung bleiben — anders dagegen den Unverschuldeten,
ehrlichen Schuldnern gegenüber. Hier muß entschieden
ein anderes Verfahren zur Geltung kommen, ein Ver-
fahren, welches ihn, den Schuldner, nicht als Opfer
der Konjunktur ungünstiger Verhältnisse treffen darf,
an denen mehr oder weniger die Allgemeinheit verschul-
det beteiligt ist. Der unverschuldete Schuldner, wenn
ich mich so ausdrücke, als handelnde Ursache des Ein-
zelfalles in der „allgemeinen Verschuldung", ist nur in
Höhe des freien Vermögens zur Ersetzung des Ver-
lustes, der Schuld, heranzuziehen, nicht aber durch Un-
tergrabung des Fundaments feiner weiteren Bestands-
fähigkeit. Wenn der Gläubiger dabei seine Deckung
nicht findet, so ist es nur gerecht, daß er an der Re-
alisierung der Verschuldung durch die Allgemeinheit par-
tizipiert, weil er an der Verschuldung des subjektiven
Schuldners durch Hergabe des Kredits auch direkt be-
teiligt war, ja oft durch leichtfertiges Kreditgeben sich
direkt mitschuldig gemacht hat.
Allein auch diese „unzureichende" Deckung des
reellen Gläubigers dürste sich für ihn günstiger gestal-
ten durch ein milderes Zwangsvollstreckungsverfahren,
mit dessen Recht-man nur die Kreditgenossenschaften und

die noch zu bildenden ständischen Genossenschaften aus
statten müßte, während die übrigen Gläubiger in ihrem
Zwangsvollstreckungsrecht zu beschränken wären. Indem
so der Genossenschaft mehr Zwangsvollstreckungsrecht
eingeräumt würde, als den übrigen Gläubigern, würde
sie kleinere Verpflichtungen der Mittelstandsschuldner,
und Steuern zahlen, dafür einen Rückhalt haben an
dem ihm zur Zwangsvollstreckung vorbehaltenen Ver-
mögen des Schuldners, welches aber dann kein anderer
Gläubiger angreifen dürfte. Da nun von der Entschließ-
ung der Genossenschaft es abhängen würde, wo ange-
bracht, Milde mit Praxis gepaart walten zu lassen,
würden die überflüssigen ost unnötigen und kostspie-
ligen Exekutionen vermieden werden können, mehr wie
nach dem rein formellen, bureaukratischen System der
Gerichte.
Aber auch den Berufsständen dürfte nur das freie
Vermöge» des Notschuldners unterliege» und es müssen
danach die bestehenden Bestimmungen der Zwangsvoll-
streckung entsprechend gemildert werden.
Nachdem die Feststellung der eingeklagten Schuld
als leichte Schuld oder Notschuld durch den Civilrich-
ter zur Vorbedingung eines Erkenntnisses geworden,
tritt der Gerichtsvollzieher oder der Subhastationsrich-
ter dementsprechend in Funktion. Den leichten Schuld-
ner faßt er gewissermaßen strafend an, wobei z. B. die
gegenwärtigen Zwangsvollstreckungs-Bestimmungen als
hart genug in Geltung bleiben könnten, während dem
Notschuldner gegenüber, hinter dem die mit besonderen
Zwangsvollstreckuugsrechten ausgestatteten Kredit- und
andere berufsständischen Genossenschaften stehen, mög-
lichst weitgehende Milde geübt werden muß. Die Gründe
habe ich angeführt. Die Zwangsvollstreckung wegen Not-
schuld darf sich lediglich aus das angesammelte über-
flüssige, ich nenne es kurzweg „freie" Vermögen be-
schränken, nicht aber die Grundveste zur Weiterexistenz
des Schuldners untergraben, oder nur schwächen. Im
Allgemeinen wird es Sache des Gesetzgebers sein, das
freie Vermögen von der nothwendigen Grundlage zur
standesgemäßen Weiterexistenz zu trennen, und die Gren-
zen festzustellen. Ich möchte nur des klaren Ueberblicks
wegen aus einige Paragraphen der gegenwärtigen dra-
konischen Bestimmung Hinweisen, welche dem Notschuld-
ner gegenüber eine der Gerechtigkeit entsprechende Aender-
ung erfahren müssen, wenn sie nicht dessen Weiterexi-
stenz vernichten sollen.
Zunächst muß aus dem Zwangsvollstreckuttgsvrr-
fahren auch jede äußere Härte gegen den Notschuldner
vermieden werden: Krankheit im Hause, Sterbesälle
und andere außerordentliche Unglücksfälle bedingen auf
Wunsch des Notschuldners ohne Weiteres eine ent-
sprechende Vertagung der Zwangsvollstreckung. Das ge-
bietet die Achtung vor der Majestät der höheren Ge-
schicke, und die sittliche Pflege der menschlichen Näch-
stenliebe. Die bisher geübte Rücksichtslosigkeit hat, ab-
gesehen von ihrer nichts weniger als menschenwürdigen
Eigenschaft, zum sträflichen Widerstand, zur Flucht, Aus-
wanderung, ja nicht selten zum Wahnsinn und Selbst-
mord geführt.
Im Weiteren nehme ich nur die tzß 714, 715 und
749 der C.-P.-O. zur Besprechung heraus,
ß 714 lautet: „Früchte können, auch bevor sie vom
Boden getrennt sind, gepfändet werden. Die Pfändung
darf nicht früher als einen Monat vor der Reife er-
i folgen".
Daß diese Bestimmung geeignet ist, den Bauer,
seine Familie und sein Grundstück mit einem Schlage
zu ruiniren, liegt aus der Hand; sie muß kassiert wer-
den, unter der Zugrundelegung der abgeäuderten Be-
stimmung zu Abs. 3 und 4 des folgenden § 715. Der-
selbe lautet zunächst in der bisherigen Fassung:
Folgende Sachen sind der Pfändung nicht unter-
worfen:
1) Die Kleidungsstücke, die Betten, das Haus- und
Küchengerät, insbesondere die Heiz- und Kochöfen, so-
weit diese Gegenstände für den Schuldner, seine Fa-
milie und sein Gesinde unentbehrlich sind;
 
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