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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (6): Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden — 1895

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No. 26 - No. 32 (3. April - 27. April)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42838#0125
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niNN- Westessunge«
auf den „Badischen Volksboten" können jederzeit bei allen kaiserl.
Po stan stallen, den Landbriefträgern, sowie unseren Agenturen gemacht
werden. — Preis vierteljährlich durch die Post bezogen 1 M. 25 Pf.,
bei unseren Agenturen l Mk., bei der Expedition abgeholt 80 Pf.

Iuv Deutschtrrrn,

Hl)von nnd Al'Lcrv.

—. . .n. « Anserate ———.
finden in deru wöchentlich 2mal erscheinenden „Badischen Volksboteu"
die weiteste Verbreitung und kostet die viergespaltene Garmondzeile
oder deren Raum nur 10 Pfg., bei mehrmaliger Ausnahme wird
bedeutender Rabatt gewährt.

Hvgcrn der deuLsch-sozioLen Wefovm-Partei in Woben und des
__ Wcrdifchen Wuuernbundes.
M 32. Heidelberg, den 27. April L». Jahrg.
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Für 67 Pfg.
abonnirt man für die Monate Mai und Juni bei allen
Postanstalten auf den
„Badischen Volksboten"
Organ der deutsch-sozialen Reformpartei in Baden
und des Badischen Bauernbundes.
Bestellungen für Heidelberg werden jederzeit bei
unserer Geschäftsstelle — Hirschstraße 13 — entgegen-
genommen und die bereits erschienenen Nummern auf
Wunsch kostenfrei zugestellt.
Ein Beitrag zur Währungsfrage.
Die „Hamb. Nachr.". das Leibblatt des Fürsten
Bismarck, machten vor einiger Zeit zur Hebung der
Getreidepreise den nachstehenden Vorschlag:
„Es ist auffällig, daß unter den vielen Mitteln,
der Landwirtschaft ungeachtet der Handelsverträge auf-
zuhelsen, dasjenige noch nicht zur Sprache gekommen
ist, durch welches alle bei unserer Gesetzgebung mitwir-
keuden Staatsbeamten zu Mitinteressenten der Land-
wirthschaft werden würden. Wenn alle Gehälter im
Staate nach dem Stande der Brotfruchtpreise berechnet
würden, so glauben wir, daß damit der Abneigung,
welche heutzutage in der Bureaukratie gegen die Land-
wirtschaft herrscht, und welche von der letzteren zu
ihrem Schaden empfunden wird, mit der Zeit die Spitze
einigermaßen abgebrochen werden würde. Der Geldkours
ist erfahrungsmäßig sehr wandelbar, und 1000 Thaler
haben jetzt kaum den Wert, den in der Jugend der
heutigen Generation 500 oder weniger hatten; 1000
Scheffel Roggen aber haben noch immer für die Con-
sumtionsfähigkeit des Empfängers denselben Wert, wie
in alter Zeit. Wir möchten daher die Herren, welche
bei unserer Gesetzgebung mitberaten, und die sich nach
Mitteln, der Landwirtschaft ohne neue Handelsverträge
auszuhelfen, umsehen, die Erwägung anraten, ob es sich
nicht empfiehlt, die Tradition der preuß. General-Com-
missionen, welche die von ihnen sestzustellenden Leist-
ungen vorzugsweise nach der Roggeneknte berechneten,
wieder aufzunehmen und diesem System eine Ausdeh-
nung vorläufig aus alle Gehaltszahlungen zu gewäh-
ren". —
Die „Germania" glaubte diesen durchaus disku-
tabeln Vorschlag mit folgendem Satze abthun zu sollen:
„. . . Und ist es denn unter den vollständig ver-
änderten wirtschaftlichen Verhältnisfen der Gegenwart
überhaupt noch möglich, zur früheren Naturalwirtschaft,
deren Vorzüge für kleine Verhältnisse wir keineswegs
verkennen, zurückzukehren?"
Die „Deutsche Reichsztg.", welche, wie wir häu-
fig genug feststellen konnten, sich einen weiteren Blick in
der Beurtheilung agrarischer Fragen bewahrt und vor-
allem sich von allem Manchesterthum weit abgewandt
hat, faßt diesen von den „Hamb. Nachr." angeregten
Gegenstand doch etwas ernsthafter auf. Das Blatt schreibt
sehr richtig:
„Wir können nicht behaupten, daß diese Idee nicht
in Friedrichsruh entstand, hingegen sind wir in der Lage,
ganz bestimmt zu betonen, daß sie bereits eine alte ist.
Besonders vor einigen Jahren wurde dieses Thema
sehr oft ventilirt und wurde noch dahin erweitert, daß
auch die Civillisten nach den Preisen der Brodfrüchte
berechnet werden sollten. Es wurde bedauert, daß die
Domänen abgelöst seien, — wenigstens in Bayern,
Hessen re. — denn andernfalls hätten die regierenden
Herren mit der landbautreibenden Bevölkerung zu lei-
den. Es ist nicht zu leugnen, daß dieses Bedauern be-
gründet ist, denn wer „mitfühlen muß", der fühlt auch
sicher. Was also jetzt in Friedrichsruh als Gipfel der
Weisheit ausposaunt wird, ist schon vor Jahren in
agrarischen Kreisen sehr eingehend ventilirt worden".
Schreiber dieses schließt sich dieser Darlegung des
Bonner Blattes an und bemerkt, daß er denselben Ge-

genstand in seiner ijetzt eingegangenen) „Christlich-sozi-
alen Correspondeuz" vom Januar 1886 des Ausführ-
lichen behandelt hat. (Nachzulesen in Dr. Jägers Agrar-
frage der Gegenwart, III. Band, Seite 514/15.) Er
schlug damals vor, an Stelle der wandelbaren Metall-
die Kornwährung eiuzuführen und Korngeld, das als
Unterlage die jedesmalige deutsche Ernte haben muß,
auszugeben. Ein Centner guter Roggen bleibt ein Cent-
ner guter Roggen und reicht aus, einen normalen Men-
schen für eine bestimmte Zeit im Leben zu erhalten.
Das Getreide bildet also eine in der Materie und dem
Nutzeffekt gleichbleibeude Währung, sobald eine erleuch-
tete Regierung das Land vor der Ueberfluthung des
Auslandes schützt. Heute ist das teure Gold der Wert-
messer, woher es kommt, das z. B. heute, um das
gleiche Kapital wie vor 18 Jahren zu verzinsen, der
Bauer das dreifache Quantum an Getreide liefern
muß! Daß dies wirtschaftlich gesunde Verhältnisse sind,
wird die „Germanin" nicht zu behaupten wagen, eben-
sowenig, daß die deutsche Landwirtschaft nicht in der
Lage ist, durch intensivere Bewirtschaftung den erfor-
derlichen Mehrertrag aus dem Boden zu ziehen. Die
Kornwährung trägt also weder etwas Utopisches noch
Rückschrittliches an sich; auch bedingt sie nicht einmal
die Abschaffung des Gold- und Silbergeldes. Eine
weitere ins Einzelne gehende Darlegung würde hier zu
weit führen. Die Kornwährung ist aber zudem eine
christliche und deutsche, was wir besonders betonen
möchten.
Um die Mitte der 80er Jahre hatte der konser-
vative Prof. Dr. Sevin-Konstanz, ein in sozialpoliti-
schen Dingen wohl bewanderter Herr, die Frage der
Kornwährung ebenfalls angeschnitten und zwar in einem
noch heute sehr lesenswerthen Schriftchen, „Gold und
Blut"*), welchem wir die folgenden Sätze entnehmen
wollen:
„Steht der Getreidepreis hoch, so ist der auf feste
Besoldung angewiesene Beamte zu bedauern; steht aber
umgekehrt der Geldpreis hoch und der Kornpreis nied-
rig — ich brauche wohl nicht auseinanderzusetzen, wo?
und wann? — dann kann zwar der Beamte lachen,
aber der Bauer geht zu Grunde. Die Weisheit unse-
rer deutschen Vorfahren hatte einen solchen Gegensatz
der Interessen zwischen dem zahlenden Bauern und den
von ihm bezahlten Beamten, gar nicht aufkommen
lassen. Indem letzterer bezahlt wurde nicht nach dem vom
Händler täglich im Schwanken erhaltenen Geldkours,
sondern »rach dem für Jedermann notwendigsten Haupt-
erzeugniß des Landes — dem Korn. O, welchen Um-
schlag von volkswirtschaftlichen Begriffen würde solche
Rückkehr des Gesetzgebers zur Weisheit unserer deut-
schen Väter gerade bei den heftigsten Gegnern des Land-
wirts erfahren!
Der Zwiespalt zwischen dem Interesse des auf
Geldbesoldung angewiesenen Beamten und des auf Korn-
verkauf angewiesenen Bauern hat nicht zum geringsten
Teil die gegenwärtign Nothlage des Bauern verschul-
det. Die Gesetzgebung hat den Beamten zum geborenen
Bundesgenossen des Großkapitals gestempelt und zum
geschworenen Feinde des Bauern, und so lange die Ge-
setzgebung diesen urecht römisch-heidnischen Grundsatz
aufrecht erhält, so lauge sie nicht zurückkehrt zum Vor-
bild unserer alten deutschen Gesetzgeber, und den Be-
amten umstempelt zum geborenen Bundesgenossen des
Bauern, so lange sind und bleiben alle sogenannten
Besserungsvorschlage eitel Redensarten, so lange bleibt
Seitens der Gesetzgebung der deutsche Bauer dem Un-
tergang geweiht. Daß der Beamte bei der deutsch-christ-
lichen Zahlungsweise nicht schlechter stünde als jetzt, das
ist so einleuchtend, daß wohl jedes weitere Wort da-
rüber vom Nebel wäre ..."
Als im Jahre 1892 Oesterreich-Ungarn, gedrängt
vom ungekrönten Beherrscher des Doppelstaates, vom
Welt-Oberfinanzjuden Rothschild, sich anschickte, die Gold-
währung einzuführen, schrieb Karl Deisting eine Bro-
schüre „Die Valutaregulirung in Ursache und Wirk-
*) Freiburg, Herders Verlag.

ung" zwecks Abwehr der Uebergriffe des mobilen Ka
pitals*), in welcher er die Rettung seines Vaterlan-
des gleich Dr. Seoin und Anderen in der Kornwähr-
ung erblickte.
Der geistreiche Verfasser will ebenfalls das abso-
lute Regiment der Metallwährung, in seiner Thätig-
keit als absoluter Wertmesser, durch die Kornwäh-
rnng ersetzen. Diese soll dem imperativen Charakter des
Metallismus nickt allein die Spitze abbrechen, sie soll
ihn übernehmen. Wie das geschehen soll, wird u« der
lesenswerten Brochüre des Ausführlichen erörtert. Der
Verfasser erwartet von der Einführung der Kornwähr-
ung die günstigsten wirtschaftlichen Wirkungen, insbe-
sondere die baldige Tilgung der gesamten Eisenbahn-
und anderen Schulden, vor allem aber eine bedeutende
Herabsetzung des Zinsfußes, Abnahme der Millionen-
vermögen, dafür aber die Kräftigung und Hebung des
Mittelstandes. Wie sich dieser wirtschaftliche Prozeß
vollziehen wird, werden wir vielleicht einmal an der
Hand der Brochüre in einem besonderen Aussatz dar-
zulegen versuchen.
Was den Wehrstand betrifft, so werden dessen In-
teressen, wie der Verfasser in einem Schlußworte an-
fügt, ebenfalls gründlich gewahrt werden. Lassen wir
ihn übrigens selbst reden:
„Die Kriegsverwaltung frage doch einmal bei einer
tüchtigen Hausfrau an, die wohl ein paar Gulden in
der Tasche, aber eine leere Speisekammer und einen
leeren Keller hat. Was wird sie vor allen Dingen
machen? Wir sind überzeugt, daß sie vor allem die
Speisekammer füllen wird, um die hungrigen Mäuler
ihrer Lieblinge zu stopfen, und den leeren Keller mit
einem guten Tropfen zu versehen. Gefüllte Gemeinde-
Speicher und -Keller vor und hinter sich, denen man
ihren Inhalt gegen vorläufige Quittung entnehmen kann,
und wenn dies — zu eivillen Preisen, würden den Hu-
mor unserer Vaterlandsverteidiger bei einem eventuellen
Marschiren aufrecht halten und der Kriegsverwaltung
manche Sorge abnehmen — gewissen Leuten aber die
Gelegenheit, aus einem Nationalunglück baare Münze
zu schlagen".
*) Graz, Verlagsbuchhandlung Styrier.
Born Reichstag.
* Werkin, 24. April. Der Reichstag nahm in
feiner heutigen, vom Präsidenten v. Buol eröffneten
Sitzung feine Arbeiten mit der Beratung der Zoll-
tarifnovelle wieder auf. Das Halls war auf der
der rechten Seite nur schwach, auf der linken dagegen
besser besetzt. Vor Eintritt in die Beratung des Ent-
wurfs unternahm der Abg. Barth einen echt freihänd-
lerischen Schachzug. Von den Abg. Stumm und Gen.
ist nämlich zum vorliegenden Entwurf ein Antrag ge-
stellt, der der Regierung wirksamere Kampfmittel gegen
Länder an die Hand geben will, die deutsche Waaren
mit einem höheren Zoll belegen als Waren anderer
Länder. Nach diesem Antrag soll der Bundesrath er-
mächtigt werden, zollpflichtige Waren aus jenen Län-
dern mit einem Zollzuschlage bis zu 100 "/oo, und tarif-
mäßig zollfreie Waren mit demselben Zolle zu belegen.
Die Kommission hat diese Anträge dahin abgeschwächt,
den Bundesrat zur Vorlegung eines Gesetzentwurfes
im Sinne des Antrages Stumm aufzusordern. Herr
Barth beantragte nun, diese Anträge aus dem vorlie-
gender! Entwürfe auszuscheiden und an die Geschäfts-
ordnnngstonunission zu verweisen, das heißt auf Nim-
merwrederichen zu vertagen. Das Haus merkte aber
die Absicht und lehnte dankend ab. Nach längerer De-
batte, in der Abg. Barth mindestens 8 Mat das Wort
nahm, um vor einer solchen Vollmacht zu warnen, die
den internationalen Handel schädigen würde, wurde der
Antrag Stumm gegen die Stimmen der Sozialdemo-
kraten und Freisinnigen -angenommen. Das Haus trat
sodann in die Beratung der Zolltarisnovelle selbst ein.
Eine längere Debatte knüpfte sich an die Position „flüssige
und ätherhaltige Parfümerien". Die Regierung schlug
einen Zoll von 100 Mk. aus 100 Kg. vor, die Kom-
 
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