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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (6): Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden — 1895

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No. 42 - No. 49 (1. Juni - 29. Juni)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42838#0173
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Jur* Deutschtum,

Gh^ou uuö Attcrv.

NesteLungen
auf den „Badischen Volksboten" können jederzeit bei allen kaiserl.
Poftanstalten, den Landbriefträgern, sovie unseren Agenturen gemacht
werden. — Preis vierteljährlich durch die Post bezogen 1 M. 25 Pf.,
bei unseren Agenturen l Mk., bei der Expedition abgeholt 80 Pf.

finden in dem wöchentlich 2mal erscheinenden „Badischen Volksboten"
die weiteste Verbreitung und kostet die viergespaltene Garmondzeile
oder deren Raum uur 10 Pfg., bei mehrmaliger Ausnahme wird
bedeutender Rabatt gewährt.


Zvgcrn der- deutsch-sozrcrt'en Hlefo^m-Uur-Ler in Waden und des
Wndifchen Wcruer nbundes.

44.

IM" Bestellungen "WU
auf den
„Badischen Volksboten"
Organ der deutsch-sozialen Reformpartei in Baden
und des Badischen Bauernbundes
könnnen jederzeit bei den Postanstalten, den Landbries-
trägern, unseren Agenten, sowie fiir Heidelberg
bei unserer Geschäftsstelle — Hirscystraße 13 — oder
unserm Austräger gemacht werden.

Soziale Schäden!


Unsere soziale Gesetzgebung soll der Beschwichtig-
ung der Arbeiterwelt dienen, deren Wunsche befriedigen
und so dem stürmischen Drängen nach einer gänzlichen
Revolution unsrer wirtschaftlichen Verhältnisse, Einhalt
thun. Man kann nun mit Gewißheit voraussagen, daß
weder ein Krankenkassen- noch ein Jnvaliditätsgesetz,
oder die Altersversicherung die Sozialdemokratie aus
der Welt schaffen wird, weil gar manche treibende Kraft
in unsrer sozialen Bewegung, einen andern Ursprung
hat, als unsere Gesetze vermuten lassen.
Die Erscheinung, daß z. B. Arbeiter bei hohem
Lohne und kurzer Arbeitszeit, ihrem Arbeitgeber in
grimmiger Fehde gegenüber stehen, trotzdem der Fabri-
kant sich alle Mühe giebt, die Zuneigung derselben zu
gewinnen, hat ihren Grund in der brutal rücksichtslosen
Behandlung der Arbeiter durch die Werkmeister und
Direktoren. Fast nie nahen sich dieselben menschlich
freundlich, fast nie nehmen dieselben Rücksicht auf die
Empfindung der Arbeiter und je älter der Mann im
Geschäft geworden, je gebeugter die vom Schnee des
Alters bedeckte Gestalt ist, desto weniger werden mit
den alten „Kerl" Umstände gemacht, die Jugend über-
all bevorzugt und durch die dadurch hervorgerusene
grenzenlose Mißachtung wird dem Fabrikoeteranen das
Leben schwer. Der tägliche Anblick dieser Mißachtung
des alten Arbeiters verfehlt seine Wirkung nicht auf
die in mittlerer Lebensbahn stehenden, die mit tieferem
Ernste ins Leben schauen. Diese sind es, die am ener-
gischsten die Fesseln zu sprengen suchen, bevor sie dem
geistigen Tode und der leiblichen Sklaverei in der Fa-
brik überantwortet, nur noch als Last geduldet werden.
Diese tragen den tiefsten Haß im Herzen, sie sind die
Seele der Revolutionen, in ihren Herzen flammt es
unaufhörlich und sie übertragen diese Gefühle auch auf
den jüngern Nachwuchs.
Der Fabrikant hat nicht das Recht, Liebe, Acht-
ung und Opfermut von seinen Arbeitern zu verlangen,
so lange er sich nicht mit voller Seele dem Wohl und
Wehe derselben widmet, so langer sein Bestreben nicht
dahin geht, unbedingte Gerechtigkeit walten zu lassen.
Wenn der schamlos Behandelte klagend vor ihn tritt,
dann soll er den angeklagten Meister dem Kläger ge-
genüberstellen, damit der Meister nicht durch lügenhafte
Darstellung ein falsches Urteil herbeiführen kann und
der Fabrikant zu einem ungerechten Urteil gelange. Nie
aber soll er dem Arbeiter sagen: „Ich kann sie vor
den Chikanen des Meisters nicht schützen". Diese Meister
sind gar oft aus der Mitte der Arbeiter entnommen,
mitunter niedrige und gemeine Naturen ohne Bildung,
die als Arbeiter schon die Achtung ihrer Mitarbeiter
verscherzt haben. Sie wollen nun die Achtung erzwingen,
werden roh, brutal und drangsalieren oft die besten
Männer in niedrigster Weise. Diese Meister sind die
besten Agitatoren für die Sozialdemokratie und den
Anarchismus. Auf den Fabrikanten wird aber immer
die Schuld für alles Unrecht abgeladen. An Zeit sich
um seine Leute zu kümmern, kann es denselben nicht
fehlen, denn sie haben Zeit zu Monate langen Bade-
reisen, sind Mitglieder vieler Vereine, Handelskammern,
Sportklubs, Reichstags- und Landtagsabgeordnete, folg-

Heidelberg, den 12. Juni 1893.

lich müssen sie auch Zeit für die haben, die ihren Reich-
tum erringen helfen müssen.
Da wo der Arbeiter in die Fabrik geht, sollten
auch ganz andere Grundsätze in der Bezahlungsmethode
und in der Behandlung maßgebend sein. Vor allem
sollte das Akkordwesen fallen und der Lohn ein mit
den Jahren steigender sein und bei einer gewissen An-
zahl von Jahren der Arbeit sollte wie bei Dienern des
Staates Pensionsberechtigung eintreten. Dadurch würde
die jetzt gepflogene Zurücksetzung alter Arbeiter ver-
mieden, deni Alter mehr Achtung entgegengebracht und
der Arbeiter würde sich mehr mit den Interessen des
Geschäftes solidarisch fühlen, den Wechsel des Geschäfts
zu vermeiden suchen und es wäre ihm ein wenigstens
einigermaßen erstrebenswertes Ziel gesteckt. Es würde
ihm die Arbeit nicht Ekel und Widerwillen einflößen.
Solch eine Einrichtung verlangt vor allen Dingen einen
gleichmäßigen Geschäftsgang und nicht eine so krampf-
haft zuckende Geschäftsbewegung wie wir sie heute haben.
Diese krampfhafte Bewegung des Geschäfts ist durch
die Großbanken entstanden und wird mit jedem Jahr
zunehmen, jemehr der Riesengeldsack wächst. Fällt er
heute und verfügt nicht mehr die unersättliche Habgier
über so unerhörte Summen wie der Jude Rothschild,
dann lassen die Zuckungen nach und wird das gesamte
Bankwesen verstaatlicht, dann hören sie ganz auf.
Natürlich müssen sämtliche Aktiengesellschaften von
der Bildfläche verschwinden und die Gewerbesreiheit
aufgehoben werden. Die Hunderte Millionen von Men-
schen haben ihre täglich lausende Bedürfnisse, die sich
wohl langsam steigern können und sollen, die aber heute
geradezu unsinnig gesteigert werden durch eine Flut
von täglich auftauchenden Neuheiten auf dem Gebiete
der Schundindustrie. Wir sind dadurch in wirklich un-
natürliche und verderbliche Bahnen gedrängt worden,
und der billige Schund, der auf allen Gebieten des
Handwerks, durch die Großindustrie erzeugt wird, bringt
eine fluchwürdige Entwertung der menschlichen Arbeit
hervor und mit dem sinken des Werthes der Arbeit
sinkt auch der Wert des Arbeiters bezw. der Arbeit-
erin. Möchten das doch alle arbeitenden Menschen be-
greifen und energisch sich gegen diejenigen wenden, die
durch „billige" Waren das Geschäft zu machen suchen.
Schutz der Arbeit ist das gerechteste Verlangen, nur in
der bestehenden Gewerbesreiheit ist an ein schützen der
Arbeit nicht zu denken, denn das freie Spiel der Geld-
säcke haßt alle Schranken, die der Auswucherungssucht
entgegengestellt werden sollen. Diese Schranken aber
müssen errichtet werden und würde der Handwerker-
stand weniger Geld für Frühstück und Vieruhrstück aus-
geben, etwas mehr Zeit und Geld zu seiner geistigen
Entwickelung aufwenden, dann möchte es um die Stel-
lung des Handwerks bald anders aussehen.
Würden sich Bauern, Handwerker und kleine Kauf-
leute zusammenschließen, dann wären wir ja schon längst
zu einer gesunden Gesetzgebung gelangt. So rennt noch
alles in das nationalliberale Netz der Gewerbe- und
Industrie-Vereine, die ja nur die schlimmsten Feinde
des Handwerks und Kleinhandels sind. Wie Vampyre
schlingen die Filialgeschäfte ihre aussaugenden Arme um
die kleinen Kaufleute, dieselben in ihrer Existenz be-
drohend. Man sagt: „Es wäre ja schrecklich, wenn man
dies verbieten wollte", aber man verbietet doch zu steh-
len, zu rauben, zu morden, warum soll man nicht auch
ein indirektes stehlen, rauben und morden verbieten?
Ist der Großjude, der 50-Detail-Geschäfte in einem
Bezirk einrichtet und durch beispiellos billige Preise alle
kleinen Kaufleute zu Armut, Elend und Selbstmord treibt,
nicht auch ein Dieb, Räuber und Mörder? Konnte
ihm nicht sein Gewinn aus seinem Großhandel genügen?
Der Jude ist der Fluch der Arbeit auf allen Ge-
bieten. In seine verschmitzten Mephistozüge ist die er-
barmungslose Grausamkeit eingegraben, die ihn beseelt.
Er ist der Mann der billigen Preise, er ist die ge-
borene Lüge, der geborene Betrug. Er ist ein Gauk-
ler und Komödiant und jede Miene und jede Beweg-
ung Berechnung. Ein eingefleischter Teufel, — Ihr

6. Jahrg.

seid vom Teufel, dem Vater der Lüge, sagt unser Hei-
land den Inden — wird er nie etwas anders sein als
habgierig und grausam. Die nur ans Berechnung be-
stehende Seele der Juden, die gar keine andere Em-
pfindung kennt als den materiellen Vorteil, macht es
ihm leicht, die Menschen durch Lug und Trug auszu-
nützen.
Der Christ aber ist vielfach, will er nicht ver-
hungern, gezwungen, die Kniffe und Pfiffe des Juden
nachzumachen. Der Jude wiederum unterstützt die Sozial-
demokratie, damit der Blick des Arbeiters von seinem
wahren Feinde abgelenkt wird.
Wann endlich werden dem deutschen Arbeiter die
Augen aufgehen? Wann endlich wird die größte Stütze
des Judenthums, die deutsche Angstpolitik, aushören?
Gott helfe, daß es geschieht, ehe unser Vaterland zu-
sammenbricht. L. v.
Jüdische Denunziationen
In seiner blinden Denunziationswut ist der be-
rüchtigte „Centralverein Deutscher Staatsbürger jüdi-
schen Glaubens" wieder einmal gründlich angelausen.
Im Oktober v. I. war bei der Staatsanwaltschaft zu
Hirschberg eine von Alfonse Levy, „Generalsekretär
des Centralvereins Deutscher Staatsbürger jüdischen
Glaubens" unterzeichnete Anzeige wider den dortigen
Baumeister Timm und den Inhaber des Verlages der
Geschäftsstelle des Deutschen Antisemiten-Bundes zu
Berlin wegen Vergehens gegen tz 166 R.-St.-G. (Be-
schimpfung einer Religionsgesellschaft) eingegangen. Da-
rin war behauptet, daß der Letztgenannte ein der An-
zeige beigefügtes Flugblatt „Der Werl des jüdischen
Eides" in jüngster Zeit in zahlreichen Exemplaren au
Timm behufs weiterer Verbreitung versendet hat und
dieser das Flugblatt in den ersten Tagen des Oktober
v. I. auf dem Bahnhose in Hirschberg durch den Ar-
beiter Hergesell hat verteilen lassen.
Die Staatsanwaltschaft leitete das Verfahren zwar
ein, stellte es aber bald ein, da die statigehabten Er-
mittelungen ergaben, daß die Thatsachen, welche in der
Anzeige hinsichtlich der Verbreitung des Flugblattes
durch den Beschuldigten Timm behauptet wurden, nicht
nachweislich wahr waren; denn weder Timm noch Her-
gesell kannten das Flugblatt. Die Staatsanwaltschaft
beantragte unter solchen Umständen bei der Strafkam-
mer, daß „dem p. Levy die der Staatskasse und dem
Beschuldigten Timm erwachsenen Kosten auferlegt wür-
den". Und in diesem Sinne hat die Strafkammer auch
entschieden. — In der Begründung dieses Beschlusses
heißt es:
„Daß die Denunziation in Unkenntniß der wahren
Sachlage erfolgt ist, kann wähl zugunsten des Angebers
angenommen werden, jedenfalls erscheint aber das ganze
Verfahren desselben als ein grobsahrlässiges, da das
ihm dargebotene Material nicht geeignet war, eine so
schwere Beschuldigung auszusprechen. Was nun die in
der Anzeige ausgestellten Behauptungen anlangt, so muß
die Angabe, daß der Inhaber der Geschäftsstelle des
Antisemiten-Bundes, die auf dem Bahnhof vertheilten
Flugblätter an Timm zur Verbreitung gesandt habe,
als geradezu aus der Luft gegriffen bezeichnet werden.
Für diese Behauptung bieten weder die stattgehabten
Ermittelungen noch die beschlagnahmten Akten des „Cen-
tralvereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens"
irgend welchen Anhalt. Die weiteren Behauptungen der
Anzeige stützen sich auf ein Schreiben des Kaufmanns
Woldemar Pollack, Hirschberg vom 12. Oktober 1894,
welcher dem Centralverein von der Verbreitung der
Flugblätter auf dem Bahnhose Mitteilung gemacht hat
und an diese die Bemerkung knüpft, daß nach einge-
zogenen Erkundigungen der Baumeister Timm, Vor-
sitzender des antisemitischen Vereins, einen Arbeiter Her-
gesell mit der Vertheilung des Flugblattes vertraut
haben soll. Aus diese vage, durch keinerlei Beweismittel
gestützte Mittheilung, die sich als Verbreitung einer
nicht erweislich wahren Thatsache charakterisirt, wird
die Anzeige gegen Timm und Genossen verfaßt und
 
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