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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (6): Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden — 1895

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No. 75 - No. 83 (2. Oktober - 30. Oktober)
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Arrrr Deutschtum,

Der „ZSadische M-lksöote erscheint 2mal wöchentlich
(Dienstags und Freitags).
Vertag «ud Leituug: Heidelberg, Hirschstraße 13.
Telegramm-Adresse: WokkrV-te Keidetöerg.
Anzeigenpreis: Die »gespaltene Garmondzeile 10 Pfg.

Vreis vlert-kjSyrNch
durch den Briefträger frei in's Haus gebracht Mk. 1.25,
durch unfern Boten Mk. 1.—,
Am Postschalter od. unserer Expedition abgeholt 80 Pfg.
Vast-Kettitngs-Vreististe Wr. 755.

tzM Sa SM-KM Umi-Wn i« AiSm mS Sv WWn ZaUMmd«.

M 75.

Heidelberg, den 2. Oktober 1895.

6. Jahrg.

Wieder ein Ritualmord!
Mitten in die hochgehende Wiener Wahlbewegung
und den ungarischen Kulturkampf hineiu fällt wie eine
Bombe ins Lager des Judenliberalismus der genaue
Bericht eines bekannten katholischen Geistlichen in der
hervorragenden Budapester Zeitung „Magyar Allam"
über einen neuen Ritualmord. Wir haben früher den
sogenannten Ritualmord nur sür einen Ausfluß fana-
tischen Aberglaubens, Rassen- und Religionshasses ge-
halten, aber die Fälle wiederholen sich zu oft, so daß
selbst die Zweifler anfangen, die Möglichkeit des
Ritualmordes halb und halb zuzugeben. Vollends die
Kissinger Stern-Affäre hat, so unbedeutend an sich der
Fall war, durch ihre begleitenden Erscheinungen die
allgemeine Beachtung gefunden und einen Einblick in
die internationale Gaunerei gestattet, mit welcher
jüdische Sünder und deren Helfershelfer, Advokaten
und Zeitungsschreiber, bis herab um Schnorrer die
Thatsachen leugneten und entstellten, um den Miffe-
thäter als schuldloses Opferlamm und den von ihm
tiesgetränkten Baron Thüngen als einen bösartigen
Wolf hinzustellen. Alles staunte über die Keckheit und
Frechheit, mit welcher in den Judenblättern die That-
sachen aus den Kopf gestellt und mit Lügen, Schwänken,
Schmusereien und Treibereien aller Art aus der Welt
geschafft werden wollten. Der Einblick in diese inter-
nationale Mache hat denn überall, wo man noch zu
denken vermag, die Erinnerung an die gleichen Er-
scheinungen beim Fall Fall Büschhoff und den anderen
Mordgeschichten in Ulm, Nyharagaza, Banocz u.s. w.
wachgerufen. Warum — so fragte sich jedermann —
kommt nie etwas heraus, wenn ein sogenannter Ritual-
mord verübt wird und ein oder mehrere Juden als
die Mörder bezeichnet werden? Man stellte Vergleiche
an und sagte sich: Es liegt System in der Ver-
tuschung. Alle Mittel werden angewendet, um die
Unthat zu verschleiern und die Thäter der strafenden
Gerechtigkeit zu entziehen. Und die Preßtreibereien
zeigen in all diesen Fällen eine überraschende Einheit-
lichkeit. Wie auf Kommando wird geschrieben und
gedruckt, entstellt und gelogen, geschimpft und ver-
leumdet.
Der Fall Stern, bei dem endlich dieses schänd-
liche Getriebe entlarvt wurde, hat es nun soweit ge-
bracht, daß jeder einsichtige, ehrliche und wahrheits-
mutige Mann den Glauben an die internationale
Lügenfabrik vollständig abschüttelt. Man hält das,
was früher unglaublich erschien, sür glaubhaft, und
das Unmögliche für möglich. Die Juden haben es
aber sich selbst und nur allein sich selbst zuzuschreiben,
wenn selbst die Gebildeten anfangen, ohne Scheu und
Bedenken von Ritualmord zu reden. Dies mußten
wir vorausschicken, um das Aufsehen und die Er-
regung begreiflich zu machen, welche sich seit der Ver-
öffentlichung eines neuen sogenannten Ritualmordes
in Ungarns Hauptstadt und weit darüber hinaus be-
merklich macht. Die Judenblätter scheinen über die
einzuschlägende Taktik noch im Unklaren zu sein, sie
schweigen. Lassen wir also die Erzählung des
„Magyar Allam" in deutscher Übersetzung folgen.
Der Artikel lautet:
„Den im Frühjahr verübten Mädchenmord in
Banocz (Zempliner Komitat) hat man glücklicherweise
totgeschwiegen und nun kommt, mitten im kirchen-
politischen Kampfe, ein neuer Mädchenmord in den
Zeitungen zur Sprache folgenderweise:
Am 6. September l. I. schickte der Garamkis-
Sattoer Insasse Johann Balars um 6 Uhr früh
seine 5jährige Tochter Juliska zu dem dortigen Juden
Ignatz Adler um Branntwein. Da das Kind lange
nusgeblieben ist, eilte der Vater ins Wirtshaus, wo
ihm der Wirt sagte, das Mädchen sei nicht dort ge-
wesen. Er suchte es also im ganzen Dorfe, während
dessen Feuer ausgebrochen ist, und das ganze Dorf
die Juden wegen des Mädchens und des Feuers ver-
dächtigte, doch geschah in beider Hinsicht nichts. —
Am 10. September brachte ein Hund einen Menschen-
arm ins Dorf und der Eigentümer des Hundes ließ
den Vater des Mädchens rufen, welcher den Arm als
den seiner Tochter erkannte. Sie sagten nichts und

der Hund — als hätte er den Wunsch seines Herrn
verstanden, — watete über den Fluß Goram und
führte beide auf eine kleine Insel, wo sie im Ge-
strüppe die furchtbar zugerichtete Leiche des Mädchens
aufgefundeu haben und die Anzeige machten. — Vom
Kopfe und der Brust des Mädchens hing die Haut
und das Fleisch in großen Stücken abgeschunden, die
Adern an Händen und Füßen waren durchgeschnitten
und der vom Hunde gebrachte Arm paßte zu der
Leiche. — Das Volk war gegen die Juden empört,
es wurde Gendarmerie zu ihrem Schutze beordert, die
gerichtliche Obduktion vorgenommen und die Unter-
suchung eingeleitet."
Zur Ergänzung dieses „mittelalterlichen Ritual-
blutmärchens" bringt „M. A." vom 19. September
folgenden an dessen Redaktion eingelangten Brief:
. . . „Die Nachrichten sind wahr und entsprechen
ganz den Thatsachen. Ich ha e die Leiche mit meinen
eigenen Augen gesehen, war bei der Obduktion gegen-
wärtig und habe das Kind begraben. ... In Goram-
Kis-Sattoer, Honser Komitat, schickte der Landmann
Johann Balars seine fünf und ein halb Jahre alle
Tochter Juliska, kathol. Religion, in die Greislerei des
Ignatz Adler um Branntwein. Das Mädchen kam nicht
zurück. Am fünften Tage fand man seine Leiche. Die
Haut vom Kopse und der Brust des Mädchens war
abgeschunden. Die Schnitte eines langen, scharfen Messers
waren zu erkennen. Der Körper war voll mit Stich-
wunden. Bei der Obduktion ist kouftatirt worden, daß
man das Kind 3—4 Lage lang hungern ließ, dann,
daß die Marter so geschah, daß das kleine Mädchen
an den Füßen mittelst Eisenhacken gehenkt war und
die Marter lebendig ausgestanden hat. — Im Körper
und Kerzen war Lein Uropsen Akut «ehr zn fin-
den. Weder aus dem Körper, noch an den Kleider»
waren Wkulffecken zu sehen. (Die Ritual-Blutabnahme
ist sicher.) Meine sonstigen Bemerkungen sind folgende:
1. Zur Zeit, als das Mädchen verschwand, waren
bei Ignaz Adler, laut Behauptung vieler Zeugen, auf
drei Wägen Juden, darunter ein Schächter.
2. Ein Müllergeselle hat in der Nacht vor Auf-
findung der Leiche, aus jenem Orte den Ignaz Adler
mit noch einer Person gesehen und dieses vor dem Ge-
richte bezeugt. —
3. Das Mädchen ging mit einer solchen Flasche um
Branntwein, in welcher früher Essig war. Ignaz Adler
gesteht, daß er dem Mädchen ein Halbwardung Brannt-
wein gegeben hat. — Die Flasche ist gefunden wor-
den und siehe — es waren noch 8—10 Tropfen Essig
darin. —
Trotzdem läßt die Obrigkeit den Juden frei und
hat einen Selcher verhaftet, weil bei diesem eine blu-
tige Schürze und Hemd gefunden wurde.
So ist die Kriminal-Untersuchung, wenn von rezi-
pirtenWatrioten die Rede ist! F. P. (kath. Priester.)"
So lautet der Bericht des Magyar Allam. Nun
haben die Judenblätter das Wort. Ob ihnen noch Je-
mand glauben wird? (N. Bayr. Landesztg.)

Tagesfragen.
— Der Reichstag hat am 11. März ds. Js. den Be-
schluß gefaßt, „den Reichskanzler zu ersuchen, zu veran-
lassen, daß die mit der Verabreichung Warmer Aöendkost a«
die Mauuschafte« des aktive« Keeres angestellten Versuche
fortgesetzt werden, und je nach dem Ergebnis dieser Ver-
suche Mittel zur allgemeiuen Einführung dieser Einricht-
ung, sobald die Finanzlage es gestattet, einzustellen". Wie
verlautet, syrnpathisirt die Militärverwaltung mit diesem
Beschlüsse, und es wird also hauptsächlich darauf ankom-
men, wann die erforderlichen Mittel flüssig gemacht wer-
de»: können. Die Kosten für ein warmes Abendbrot dürften
unseres Erachtens nicht so sehr in s Gewicht fallen, da
schor» wiederholt von sachverständiger Seite heroorgehoben
»vorder», daß für die vielen Mannschaften, welche vor» den
Eltern keinen Zuschuß erhalten, somit ihre Verpflegung
nicht ergänzen können, die bestehende Beköstigung unzu-
reichend sei. So forderte z. B. bereits auf der im Jahre
1880 stattgehabter» Versammlung des Deutschen Vereins für
öffentliche Gesundheitspflege Prof. Veit eine bessere Ver-
pflegung des Militärs, nachdem er erklärt hatte: „Die
Nahrungsmittel, von welchen die Soldaten leben, enthalten
oft nur die Hälfte des zur Ernährung nötigen Eiweiß-
stoffes". Dadurch sieht sich der Soldat gerwtigt, den Marmel
mit eigenem Gelbe zu ersetzen. Der h»e und da gegen die
Forderung der Verabreichung warmer Abendkost erhobene

Einwand, daß dadurch den Soldaten die freie Zeit be-
schränkt werde, wird in rnilitärischerr Kreisen als unbegrün-
det erachtet, da die Äbendkvst nm 6 Uhr verabreicht wer-
den könnte. —
— In den» Bescheide des Kuttusmiuistcrs betreffs der
Mitwirkung vs« Geistlichen öei Aenervefisltnng wird fol-
gende Begründung der Ablehnung gegeben: „Es sei kein
Zweifel, daß die,venerdech.nlnng nicht im Einklänge stehe
mit dem durch mehr als tausend Jahre geheiligten christ-
lichen Gebrauch der Becrdigung. Os könne »licht Aufgabe
der Kirche sei»», „diesen im christlichen Volksleber» tief ein-
gewurzelten Brauch lockern oder durchbrechen zu helfen".
Für Feuerbestattungen bestehen keine liturgischer» Ord-
nungen. Durch Beteiligung eirres Geistlicher» an einer sol-
chen Feier würde derselbe somit aus dem Rahmen der litur-
gischen Ordnung heraustreten. Das Verbot des König!.
Konsistoriums, in solcher»» Falle den Talar anzulegen, sei
somit völlig gerechtfertigt. Wie dadurch das Ansehen der
Kirche geschädigt werde, oder weite Kreise kirchlich gesinnter
Männer der Krrchc entfremdet würden, sei irr keiner Weise
einleuchtend. Jnbetreff des letzten Teiles der Eingabe sieht
der Herr Minister, „mit dem Königlichen Konsistorium die
Vereinigung des Dekanats Wiesbaden mit der General-
superintendentur als zeitweisen Notbehelf an, dessen Be-
seitigung erfolgen wird, sobald es die dortigen Verhält-
nisse gestatten". —
— Me Innere Arveil. Die „Norddeutsche Allg. Ztg."
errinnert daran, daß an» 1. Oktober 1895 die Urifall-
versicheruugsgesetze ihr zehnjähriges Bestehen hinter sich
Haber» und würdigt die Bedeutung dieses Teiles der
sozialen Gesetzgebung an der Hand eines Werkes des Dr.
Bvdiker, Direktors des Reichsoersicherungsamts, in durch-
aus zrr billigender Weise. Wenn dann die „Nordd. Allg.
Ztg." in ihrer» Schlußworten feststellt, daß die innere
Arbeit es ist, die einem Volke Kraft und Stärke giebt, so
stimmen wir ihr ebenfalls bei. Warum aber laßt mar»
denn jetzt die innere Arbeit stocken, warum verschließt
man sich der Notwendigkeit wirtschaftliche Reformen oder
schiebt sie wenigstens möglichst auf die lange Bank? Dem
Arbeiterstande ist in vollstem Maße sein Recht geworden,
dem Mittelstand, der hierfür vielfach die Kosten tragen
muß, enthält man sein Recht vor. Das fühlt das Volk,
daher das immer stärker werdende Mißtrauen. Es wäre
wirklich an der Zeit daß die leitenden Kreise den brennenden
Frager» der Gegenwart eine größere Aufmerksamkeit
widmeten.
— Wie weit jüdische Hroßmanussucht geht, erhellt aus
folgender Notiz des „Neuen Wiener Tageblatts": Die
Nichte Esrnarch's. Aus Budapest wird uns gemeldet:
Der hiesige Arzt Dr. Alexander Morgenstern hat heute
Fräulein Antonia Classen geheiratet, oeren Mutter die
Schwester von Professor Esmarch in Kiel ist. Da letztere
eine Tante der Deutschen Kaiserin zur Gemahlin hat,
ergeben sich nunmehr verwandtschaftliche Beziehungen
zwischen der deutschen Kaiserfamilie und Dr. Morgen-
stern". — Die Wiener „Ostdeutsche Rundschau" bemerkt
hierzu: „Man weiß wirklich nicht, soll man sich über diese
dummdreiste Frechheit dieses Judenblattes ärgern oder
totlachen! . . . Doch was schadet das! Dr. Morgenstern
ist jedenfalls ein „interessanter" — Jude". — Wie weit
»vird sich die jüdische Anmaßung wohl noch versteigen?
— Ueber den iuternatisnate« Litterarische« Kongreß,
der in dieser Woche in Dresden tagte, lesen wir in der
„Dresd. Ztg ": „Die Einladungsschreiben zur Korlferenz
»n Dresden waren in frar» zö s» scher Sprache geschrieben,
die amtliche Sprache war fr anzöfisch, bei dem Festmahle
ist ein Toast auf den Deutscher» Kaiser nicht erfolgt.
Der Festsaal war reichlich oekorirt, aber nirgends un
Saale eine deutsche Fahne oder irgend ein anderes
Sinnbild der deutschen Einheit zu entdecken". Die Richtigkeit
dieser Mitteilung vorausgesetzt, könnten wir diese ganze
Haltung nur taktlos und unwürdig nennen.
— Ueber die traurige Lage der französische« Krpedittons-
truppen auf Madagaskar liegen neuerdings nicht bloß die
düster gefärbten Berichte der in Toulon und Marseille
eingetroffener» Offiziere und Mannschaften, sondern auch
direkte Berichte vor. Sv meldet der Korrespondent des
„Monde Jllustr6" dieser Zeitschrift aus Suberbieville
unteranderem: „Trotz der Ergebenheit derAerzte und der
Krankenwärter, oie sich dabei aufreiben, ist die Pflege der
Kranken beinahe gleich Null; denn in dem Hospital U. I.,
das nur 250 Kranke fassen soll, hat man ihrer bis zu 600
gesehen, und zwar mit 4 Aerzten für die gesamte Kranken-
pflege. Es ist fürchterlich! Man muß täglich 10—15 Todes-
fälle zählen. Jüngst noch fehlte es an Kräften, um die
Gräber, zu graben: man war gerrötigt, den Sokolawerr
außergewöhnliche Preise für ihre Hilfe zu gewähren. Das
Land »st bereits verlassen, und nur mit großer Mühe hat
man einige Hilfskräfte auffindel» können".
Zur Zeitgeschichte.
Deutschland.
— Der Kaiser verblieb am Samstag Vormittag im
Rvmiuter Jagdhaüse und unternahm Nachmittags einen
Pürschgang. Am Sonntag Vormittag wohnte er dem
Gottesdienste in der Kapelle zu Rominten bei. Es herrschte
schönes klares, aber recht kaltes Wetter: auch war in der
Nacht bereits Reif gefalle»».
 
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