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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (6): Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden — 1895

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No. 59 - No. 67 (3. August - 31. August)
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Irrv Derrtschturn

Ghvorr und Aktctr:

»i-U-n» Mestess»«-e« ^nn-n»
auf den „Badischen Volksboten" können jederzeit bei allen kaiserl.
Postanstalten, den Landbriefträgern, sowie nnseren Agenturen gemacht
werden. — Preis vierteljährlich durch die Post bezogen 1 M. 25 Pf.,
bei unseren Agenturen 1 Mk., bei der Expedition abgeholt 80 Pf.

Inserate ---iS»
finden in deni wöchentlich 2mal erscheinenden „Badischen Bolksboten"
die weiteste Verbreitung und kostet die viergespaltene Garmondzeile
oder deren Raum nur 10 Pfg., bei mehrmaliger Aufnahme wird
bedeutender Rabatt gewährt.

Gvgcrn der deuLfch-fdZicrten Weform -UcrrLei in Waden und des
Wadifchen Wauernbundes.

M «7.

Sedan 1865!
Von Neuem erbrause ein Jubelgesang
Weithin durch die Herbsteluden Lande —
Nun wieder verkünd' es der Festglocken Klang
Vom Süd' bis zum baltischen Strande :
Heut' ward einst bei Sedan auf blutigem Plan
Das Reich uns, das neue, errungen.
Dort hob uns ein frischpulsend Leben ja an,
Von dem der Prophet schon gesungen!
Das Sehnen, das lang unser Volk hat erfüllt.
Und nimmer von ihm wollte weichen —
Wie ward es bei Sedan so herrlich gestillt
Im Kampf und im Sieg ohne Gleichen!
Ein einiges Deutschland von Memel zum Rhein,
Bei Sedan ward's leuchtend geboren.
Und dazu erklang es: „Herein jetzt, herein.
Was uns im West ging verloren!"
Wohl sind dort am Maasstrand, im fränkischen
Viel' tausend der Helden gestorben, ^Hag,
Doch glänzt es und strahlt's bis zum fernsten Tag,
Was sie uns so tapfer erworben —
So legen wir ihnen den Lorbeer auf's Grab,
Es bleibt uns geweiht ihr Gedenken,
Ein „Dank Euch", es kling' in die Gruft still hinab.
Und soll in die Herzen sich senken.
Drum komme vom Ahnen zum Enkel das Wort
Von der Schlacht, die damals geschlagen,
Es pflanz' von Geschlecht zu Geschlecht sich stets fort,
Hoch mög' es in Ewigkeit ragen —
Nun aber zum Fest, bei dem Alle wir gleich,
Laßt freudig die Fahnen jetzt wehen —
Und donnernd erdröhn' es: „He^l Kaiser und Reich,
Treu wollen zu ihnen wir stehen!"
?au1 Lertllolä.
Nach fünfundzwanzig Jahren!
In diesen Tagen erneuert unser deutsches Volk
wiederum das Gedächtniß jener gewaltigen Kämpfe,
die bei Sedan ihren Abschluß fanden, in der der
Grund gegraben ward zum Bau des deutschen Reiches.
Nimmer darf unter uns matt werden die hingebende
Dankbarkeit jenen Streitern gegenüber, die im Dienste
des Vaterlandes Gesundheit und Leben hingegeben
haben; denn eben durch ihre Hingabe ist das heiße
Sehnen so vieler deutscher Herzen, der Traum der deut-
schen Einheit That und Wahrheit geworden. Fünf-
undzwanzig Jahre sind dahingegangen seit jenen Tagen
und mit stolzer Freude dürfen wir es bekennen: hehr
und herrlich ragt der Bau des deutschen Reiches empor
unter den Völkern. Nicht Arbeit, nicht Kosten hat
man gescheut, seine Mauern zu festigen und zu wapp-
nen« gegen die Stürme von Ost und West. Nach
Außen ist gethan was Menschenhände vermögen,
daß der Bau standhalte in Wetter und Sturm.
Aber steht's auch so im Innern? Wir wollen
wahrlich nicht schwarz sehen oder schwarz malen, aber
geht nicht durch unser Volk in unseren Tagen un-
heimliches Murren und Schelten, wie das Knarren und
Knistern im Gebälk eines Hauses? Und wenn wir
hie und da genauer zusehen, will es uns da picht gar
oft scheinen, als sei der Schwamm im Hause? Gehen
wir doch zu unfern Bauern! Wohl sitzen sie noch
aus ihrer Scholle; aber schlagen wir das Grundbuch
auf in den Gerichten, es ist nur ein Scheinbesitz —
Fremden gehört die Kuh im Stall, das Korn auf dem
Felde? Und der deutsche Handwerker? Ja, sind
denn die Fälle so selten, daß er um einen Hungerlohn
arbeiten muß für die großen Schleudermagazine, daß

Heidelberg, den 31. August 18S5.

er durch elende Flickarbeit allein mühselig und kümmer-
lich sein Leben fristen muß. Sehen wir weiter jenen Ar-
beiter uns an, der dort an der Drehbank seiner Fabrik
tagaus und tagein einen und denselben Handgriff
macht — wenn die Geschäftskrisis kommt, liegt er
auf der Straße mit Weib und Kind. Schauen wir
hin auf die ungezählten Schaaren, die ohne sicheren
Verdienst, ohne Arbeit, ja oft ohne Brot sich umher-
treiben in den Städten, auf den Landstraßen. Können
wir uns da wundern, daß Tausende von Arbeitern
der Kirche den Rücken kehren, murrend und trotzend
theilhaben wollen am Besitze der Reichen? Die Bande
der Volksgemeinschaft sind gelockert, sind vielfach zer-
stört in deutschen Landen. Ein klaffender Riß geht
durch unser Volk, die hüben und die drüben — sie
haben keine Gemeinschaft mehr miteinander, sie stehen
sich gegenüber in erbittertem Haß. Die oben sehen
die Besitzlosen an als eine Bande, die man am Boden
halten muß und die unten warten nur der Stunde,
da sie jenen alle Bedrückungen vergelten werden mit
Zins und Zinseszins.
Und woher dieser Riß, diese Erbitterung? Da-
her, daß Christentum und Deutschtum in unserem
Volke vielfach zur hohlen Phrase geworden ist. Ein
fremder Geist ist eingezogen in unser deutsches Volk,
undeutsch und unchristlich, ein Geist eigensüchtiger,
rücksichtsloser Genußsucht. Daß wir mit unserem Ka-
pital, mit unserer Arbeit im Dienste unseres Gottes,
im Dienste des Vaterlandes stehen, das ist in weiten
Kreisen unseres Volkes ein Mährlein geworden, das
man höhnisch verlacht. Wenn aber also die Entwick-
lung weitergeht, daß unter steigendem gegenseitigen
Haß der Gesamtbesitz in die Hände von wenigen Ein-
zelnen gelegt wird, und die anderen haben nichts,
dann treiben wir entgegen zunächst der Vernichtung
des Mittelstandes,seiner wirtschaftlichen und sittlichen
Vernichtung, und weiter treiben wir entgegen der so-
zialen Revolution. Dafür aber ist doch auf Frank-
reichs Schlachtfeldern nicht der Grund zum deutschen
Reich gelegt worden, dafür aben doch Deutschlands
Söhne nicht Blut und Leben hingegeben!
Was ist da zu thun ? Mit flammenden Zeichen muß
doch die Lage unserer Zeit diese Frage einschreiben
in unsere Herzen. Alles muß darangesetzt werden,
daß wir die rechten Maßregeln politischer und wirt-
schaftlicher Art ergreifen werden und dann nur unser
Volkstum retten vom Verderben, wenn sie lebenskräf-
tig und naturnotwendig erwachsen aus einer natio-
nalen Wiedergeburt unseres deutschen Volkes
heraus. Im Reiche des Geistes muß der Kampf aus-
gefochten werden. Durch seine sittliche Kraft, durch
seine sieghafte Frömmigkeit muß der deutsche Geist
jenen fremden Geist überwinden. Damit, daß dies
und jenes anders und besser wird, damit ist es noch
nicht gethan; wir müssen besser werden, christlich-
deutsche Persönlichkeiten, christlich-deutsch bis in das
Mark der Knochen hinein, bis in die innersten Fasern
des Herzens. Dazu mahnt uns der Dank gegen jene
Tapferen, die für den deutschen Namen gefallen sind
auf blutigem Rasen, dazu mahnt uns der Blick auf
des Reiches Herrlichkeit. „Gedenke, daß du ein Deut-
scher bist!" das prägt uns das Gedächtnis jener
Augusttage und des Sieges bei Sedan in's Herz.
Werde deutsch! Denke deutsch! Handle deutsch!
Ja, du deutscher Lehrer, wenn du vor deinen Schülern
stehst, stets sei dessen eingedenk: dein Vaterland über-
gibt dir seine Zukunft, sorge dafür, daß diese Kinder
werden zu echten, rechten christlich-deutschen Persönlich-
keiten. Und ihr deutschen Väter und Mütter! Der
Herd des Hauses ist die Stätte, von der aus die
Wiedergeburt unseres Volkes ihren Anfang nehmen
muß. Priester und Priesterinnen seid ihr unseres
Volkstums! Waltet eures heiligen Amtes freudig
und treu!
Wenn also von innen heraus in den einzelnen
Persönlichkeiten unsere deutsche Art wiedergeboren wird,
wenn also in lebendiger Volksgemeinschaft der deutsche

6. Jahrg.

Gruß wieder frei und stark — es ist ja gar nicht an
ders möglich, dann muß in solchem heiligen Feuer alles
Fremde und Unreine unter uns verzehrt werden, daun
müssen wir, ob hoch, ob niedrig, ob reich, ob arm
wieder zusammenstehen als Söhne einer Mutter, dann
müssen auch wiedergewonnen werden die Tausende und
Abertausende, die abgefallen sind von christl.-deutscherArt.
Möchte dies Ziel erreicht werden auf geradem W^g !
Wenn aber unser Volk zuerst hindurch muß durch die
soziale Revolution, durch Kriege und Niederlagen, nun
so wird es eben darnach triumphirend seine Herrlich-
keit entfalten. Die Frage nach dem Erfolge steht erst
in zweiter Linie, in erster Liene steht, daß wir als
Christen, als Deutsche unsere Schuldigkeit thun. Und
so möge die nationale Feier unseres Volkes aufs neue
uns dazu entflammen, unserm geliebten deutschen
Vaterlande uns zu geloben zu hingebendem Dienst,
klar und wahr, furchtlos und treu.
Ootttrieä LItzidti'tzu.

Tagesfragen.
* Ks wird immer schöner! In einem an leiten-
der Stelle veröffentlichten Artikel der „Allg. Zeitung
des Judenthums" vom 23. d. Ms., betitelt: „Eine
dringende Mahnung", hat das Rabbinerblatt die Stirn
zu behaupten, daß die Juden erst durch den Verkehr
mit ihren Gastvölkern — also natürlich auch in erster
Linie im Verkehr mit uns Deutschen — schlecht und
unmoralisch geworden seien. Es stellte ferner mit der
den Juden eigenen — Bescheidenheit die haarsträu-
bende Behauptung auf, daß Sittlichkeit, Keuschheit und
musterhaftes Familienleben das „kleine Israel" Jahr-
tausende hindurch vor allen Völkern ausgezeichnet habe
und daß diese Eigenschaften allein es gewesen seieu-
welche das Volk der Juden bisher in seiner „Integri-
tät" (!) erhalten haben.-„Seine Reinheit und
Sittlichkeit „inmitten so vieler Sittenverderbniß" (!)
war immer Israels Stolz und Ehre," so heißt es in
dem Artikel wörtlich. Wenn aber dieser Stolz, so
meinte der Schreiber weiter, heute den Juden allmäh-
lich abhanden zu kommen scheine, so sei es keine Frage,
daß diese Zustände in Israel erst heimisch geworden
seien mit seinem Eintritt in das fremde, nicht jüdische
Leben. Nichts sei deshalb thörichter, als wenn die
Antisemiten grade die Sittlichkeitsvergehen hervorheben,
welche von den Juden begangen werden. Der Artikel
fährt dann wörtlich folgendermaßen fort: „Abgesehen
davon, daß wir auch auf diesem traurigen Gebiete auf
jeden jüdischen Schelm nicht nur anderthal, sondern
mindestens zehn nichtjüdisch nachweisen könnten, ist diese
Anklage schon darum ohne jegliche Berechtigung, weil
eben solche Verirrungen und Verbrechen in Israel ein-
fach unerhört waren, bevor es angefangen hat, sich den
Völkern anzuschließen (?) und nicht nur deren Tugen-
den und Vorzüge, sondern auch deren Fehler und Laster
nachzuahmen. Ja, die Antisemiten wären im Recht, in
ihrem ganzen und vollen Recht, wenn sie den modernen
Juden zuriefen: Nein, Ihr dürft zu dem Contingent
der Sittlichkeitsvergehen auch nicht einmal einen Schel-
men stellen; denn Ihr seid von jeher das Volk der
Sittlichkeit gewesen (!!) und nur als solches habt Ihr
Euch erhalten in allem Wechsel der Zeiten! Aber es
ist uns in diesem Fall wirklich gleichgültig, was die
Antisemiten denken und sagen. Wir haben einfach die
traurige Thatsacke zu konstatiren, daß die beiden Erb-
übel unserer Zeit: der Sinnengenuß und die Jagd nach
materiellen Gütern, auch in das Lager Israels einge-
zogen sind und dort verheerende Wirkungen auszuüben
beginnen. Und an die Constatirung dieser Thatsache
müssen wir angesichts verschiedener Vorfälle der letzte-
ren Zeit die eindringliche Mahnung an Eltern und
Erzieher, ja an alle jüdischen Männer und Frguen rich-
ten, unsere Jugend fern zu halten von dem Reigen-
tänze um den Modegötzen und von den Verirrungen
eines Zeitalters systematischer Sittenverderbniß. Mögen
sie die Mahnung beherzigen, die unser Wochenabschnitt
mit Donnerstimme uns allen zuruft: „Und Du sollst
 
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