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Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden (6): Badischer Volksbote: für Deutschtum, Thron und Altar ; Organ der Deutsch-Sozialen Reform-Partei in Baden — 1895

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No. 17 - No. 25 (2. März - 30. März)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42838#0077
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Zsrrv AeutscHtrrm

A«ser«te . .-in«
finden in dem wöchentlich 2nral erscheinenden „Badische« BvWbvte«"
die weiteste Verbreitung und kostet die viergespaltene Garmondzeile
oder deren Raum nur 10 Pfg., bei mehrmaliger Aufnahme »ird
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. ZsesteLunge«
«uf de« „Badischen VolkZboteu" können jederzeit bei allen kaiserl.
Postanstalren, den Landbrisfträaer«, sowie unseren Agenturen gemacht
«erden. — Preis vierteljährlich durch oie Post bezogen 1 M. 25 Pf.,
bei unseren Agenturen 1 Mk., bei der Expedition abgeholt 80 Pf.

Hr-gcrn der- deutsch-sozicrLen Wefornr-Wcrrffei m Werden und des
Wudifchen Wcruernbundes.


Heidelberg, den IS. März I8SS.

S. J«hrg

Für 34 Pfg.
sbonnirt man für den Monat März bei allen Post-
anstalten auf den
„Badischen Volkslwten"
Organ der deutsch-sozialen Reformpartei in Baden

und des Badischen Bauernbundes.

Halbheit und Feigheit!


Die Freiheit und daS Himmelreich
gewinnen keinen Halben.
Das find die beiden Generallasten der Gegenwart.
An diesem Gebrechen droht auch unser deutsches Volk
Zu Grunde zu gehen. Denn es ist nicht der Sturm,
der aus den Wolken weht, der unserm Staatsschiff
gefährlich ist, sondern vor allem find es die Sand-
bänke, die im seichten Wasser der öffentlichen Mein-
ung und Mattherzigkeit die Hauptgefahr bilden. Es
ist notwendig dies festzustellen, insbesondere jetzt, wo
der achtzigste Geburtstag des Baumeisters Bismarck
nicht mehr ferne liegt, der Geburtstag des Mannes,
der des deutschen Reiches Einigkeit und Herrlichkeit
geschaffen hat. Gewiß kann es nicht schaden, wenn
wir bei diesem Anlaß unsern deutschen Brüdern ein
Bild der Gegenwart vorführen.
Was jeden Volks- und Vaterlandsfreund mit ge-
rechter Besorgnis erfüllt, das ist nicht etwa der Ge-
danke an eine blutige Revolution. Viel schlimmer
als dieser zu Zeiten mit Heftigkeit auftretende Fieber-
anfall ist die schleichende Krankheit der Zersetzung.
Am Mark unseres Volkes nagt der Geist der Halb-
und Feigheit. Und wenn kein Umschwung eintritt, so
verliert unser Volkstum seine Lebenskraft, seine welt-
geschichtliche Existenzfähigkeit.
Es ist ein Unglück, wenn der Staat Niederlagen
erleidet; aber das ist noch nicht das schlimmste. Denn
der Staat ist die rechtliche Form für das ganze Volks-
leben. Formen aber können verhältnismäßig leicht
wieder erneuert werden. Im Jahr 1807 fing der
preußische Staat an sich schnell wieder vom Rande des
Verderbens zu erheben. Aber wenn die Volkskraft,
wenn das, was der Staatssorm zum Lebensinhalt
dient, wenn das Volkstum zu Grunde geht, so ist
^eine Hoffnung mehr. Und gerade darin liegt die
Wurzel aller Uebelstände, daß der Geist, der unser
Volkstum groß und stark gemacht und allein auch im
Stande ist, es mächtig und lebendig zu erhalten, daß
der christlich-nationale Lebensgeist sich im Niedergang
befindet. Darum Helsen auch Gesetze so wenig. Un-
zählige schreien nach Gesetzen, um den einzelnen Not-
ständen zu begegnen. Aber die Gesetze sind ohne
schöpferische Kraft, es sind auch bloße Formen, wenn
auch notwendige und unentbehrliche Formen, aber
Formen — und seien es auch die besten — können
uns nicht retten. Die Gesetze sind sogar für manche
ein Ruhepolster, um in ihrer Trägheit weiter harren
zu können und verlangen vom Staate und von der
Polizei Alles, währenddem sie aber selbst keinen Finger
regen. Aber auf diesem Weg kann es nicht besser
werden. Die Einzelnen müssen brechen mit einer
Lebensauffassung, die außer Profit, Vergnügen,
Karriere und gesellschaftlichen Annehmlichkeiten keinen
höheren Lebenszweck kennt. Man muß ein Lebensfiel
haben, d-s ber Genuß und Bequemlichkeit hinausrugt.
Wir leiden heute an den Folgen des Zustandes,
daß die ganze Welt eir einziger Marktplatz geworden
ist, wo andere ihre Bodkt.erze Misse weit niedriger
losschlagen eus wir es vermögen. Wir lewen an den
Fehlern verkehrter Gesetze und wir leiden unter dem
Verhängnis, daß wir eine halbe Million Juden unter
uns beherbergen. Das sind Dinge, woran wir denken
sollen. Aber schlaue Hausierer im deutschen Zeitungs-

wesen lenken die Aufmerksamkeit des Volkes von dieser
wahren Ursache seiner Leiden aus ganz untergeordnete
Dinge ab. Sie schwatzen dem Volk vor, daß es
Freiheiten zu verteidigen hätte, während es doch nur
eines vernünftigen Gebrauchs seiner Rechte bedarf,
um sich Luft zu schaffen. Sie beschwören das Volk
Humanität zu üben, während , die Mehrheit der Juden
im Erwerbsleben aller Humanität in's Gesicht schlägt.
Sie bedienen sich der Worte unserer Geistesfürsten, sie
fälschen die Religion zu ihren Zwecken und sie rufen
die Geschichte zum Zeugen ihrer Sache aus. Aber
unsere deutschen Geistesfürsten haben nichts mit der
Fäulnis des modernen Judentums zu thun und die
Religion birgt Worte in sich, die es mit Keulen-
schlägen zerschmettern. Und wenn unsere deutsche Ver-
gangenheit aus dem Grabe gerufen wird, so kann sie
nur die ungeheure Anklage erheben, daß wir uns
tief, ja sehr tief unter dem Einfluß einer halben
Million Juden gebeugt haben! Handel und Wandel,
Recht und Sitten können es bezeugen!
Wer diese traurige Thatsache erkannt hat, muß
auch offen heraustreten mit seiner Ansicht und gerne
Opfer bringen an Zeit und Geld. Namentlich gilt
es den trübseligen halben Geist der Parteilosigkeit zu
bekämpfen. Die parteilosen, grundsatzlosen Männer
und Zeitungen tragen nur Wasser aus die Mühlen
der Gegner.
In einer Zeit, wo die Gegensätze mit solcher
elementarer Wucht aufeinander losstürmen, wo die
innern Feinde wie Maulwürfe den Boden, darauf
wir stehen, unterwühlen, wo der Geist der Ueberzeug-
ungslosigkeit sittlich und politisch entnervt; da gilt
es die Fahne christlich-deutscher Wettauschauung und
sozialer Weforw mit Begeisterung und Entschieden-
heit voranzutragen. Alle Freunde unserer Sache, die
zugleich die Sache des gesamten Mittelstandes, des
Handwerker- und Bauernstandes ist, mögen — ein
jeder in seinem Kreise auf die ihm gegebene Art, mit
männlicher Energie dafür kämfen, daß im privaten
und öffentlichen Leben wieder Wahrheit und Mut und
Ueberzeugungstreue zu Ehren kommt. Nur so kann
uns geholfen werden!
Feiger Gedanken
Bängliches Schwanken,
Weibisches Zagen,
Aengstliches Klagen
Wendet kein Elend,
Macht dich nicht frei!
Gottlieb Bleibtreu.

Rede des Abgeordneten Freiherrn
vl Langen
in der Sitzung des Reichstags vom 6. März, betr.
die Einwanderung fremder Juden.
Daß von der Sozialdemokratie gerade Herr Vogt-
herr als Redner gewählt wurde, hat mich überrascht;
denn es schienen mir zwei Seelen in seiner Brust zu
wohnen; er schien nicht ganz rein von antisemitischen
Tendenzen. (Heiterkeit.) Er meinte, man müsse Rücksicht
auf das Menschenmaterial nehmen, das von Rußland
hereinkäme. Das wollen wir durch unsere Anträge thun.
Drumont erzählt, daß in Rußland die Juden die Bau-
ern und sogar schon die Kinder, systematisch an den
Schnaps gewöhnen, um sie auszubeuten. Bei uns treten
die russischen Juden als Hosen verkaufende Jünglinge
auf, dann als Hausierer, die freilich nach Lasker die
„Edelsten der Nation" sein sollen; sie gehen dann auch
nach Frankreich, und dort hat ja ein entlarvter Schwind-
ler erklärt, daß er als Jude das Gefühl seiner Rasse
habe, daß diese die beste sfi. Durch die Taufe wird
kein Jude ein Deutscher, und Balduin Möllhausen be-
dauert es auf das lebhafteste, daß der Jude Jacobson
jetzt seinen Namen führen kn.ff. Gerade wie die jungen
Mädchen, wenn sie ihren Namen ändern, d. h. heiraten
wollen, 14 Tage aushängen müssen, ob Widerspruch
erhoben wird, so sollten auch die Juden 14 Tage aus-
hängen, ehe sie sich deutsche Namen zulegen dürfen. (Hei-

terkeit). Wenn wir darauf warten wollen, bis die Ju-
den Deutsche werden, dann können wir vielleicht erleben,
daß vorher alle Deutschen Juden geworden sind. (Große
Heiterkeit). Das ist ebenso wie bei dem Judenjungen,
der stark mauschelte. Er wurde in eine deutsche Schule
gebracht, aber nach einiger Zeit mauschelte er noch immer
und die ganze Klasse mauschelte mit. (Große Heiter-
keit.) Das Edikt des großen Kurfürsten von 1641 be-
ruft sich auf die Praxis der Verfahren, und wenn der
Große Kurfürst damals jung war, waren denn die Vor-
fahren auch jung? (Heiterkeit.) Wenner später die Ju-
den zuließ, so that er es, der Not gehorchend, nicht dem
eigenen Triebe; denn er brauchte nach seinen Kriegen
Geld. (Große Heiterkeit.) Weshalb beruft sich Herr
Vogtherr aus den Fürsten Bismarck, der die Emanzi-
pation der Juden in Rumänien durchgesetzt habe. —
Ich wünsche den Juden alles gute, sie mögen einen eige-
nen Staat gründen, aber nur nicht unter uns. Gegen
die Einwanderung der Chinesen hat sich Herr Vogtherr
ausgesprochen. Warum will er aber die Einwanderung
der Juden gestatten? Daß auf den Schiffen des Lloyd
Chinesen als Heizer fungieren, ist eine Schonung der
deutschen Arbeiter, welche den Aufenthalt im Heizraum
in tropischen Gegenden nicht aushalten können. Jüdi-
sche Landarbeiter sind noch seltener als an der Berliner
Börse die Germanen. Daß Herr Vogtherr sich weniger
gegen die Antisemiten als gegen uns gewendet hat, be-
weist, daß wir aus dem rechten Wege find. Herr Paasche
sprach von den sprachlichen Leistungen des Abgeordne-
ten Sachße; er hätte sich das sparen können. Es ist
gut, daß alle Volksstämme und alle Dialekte hier ver-
treten sind, nur der eine Dialekt, das Mauscheln, sollte
fern gehalten werden. Auch Hr. Paasche hat die Ju-
den einen fremden Stamm genannt. Herr Paasche wollte
weder eine antisemitische, noch eine philosemitische Rede
hallen. Das ist nicht Fisch, nicht Fleisch; ist das viel-
leicht nationalliberall? (Heiterkeit.) Herr Rickert hielt
den Juden für unentbehrlich als Vermittler auf dem
Lande im Osten. Der Jude hat aber nur den Arier ver-
drängt; er wird jetzt benutzt, weil kein anderer vorhan-
den ist. Herr Rickert spricht so viel vom Geiste der Zeit,
aber er hat den Geist wohl nicht richtig erkannt, den
nationalen Geist, der immer um sich greift und nicht
mehr zurückgedrängt werden kann. (Zustimmung rechts.)
Er hat behauptet, daß die Juden aus Deutschland aus-
gewandert und nach Amerika gegangen sind. In Eng-
land klagt man über die schlechten Börsenuancen, die
von Amerika herübergekommen sind. Das wird wohl in
einem gewissen Zusammenhang stehen. Herr Rickert meint,
wir brauchen uns vor den Juden nicht zu fürchten.
Das ist richtig, wir sind jetzt , aufgewacht; aber früher
stand es sehr schlimm, die Juden sind uns in gewisser
Beziehung überlegen. Sie sind nicht klüger als wir, aber
schlauer und gerissener. Herr von Bötticher berief sich
auf den Artikel 1 des deutsch-russischen Vertrages; ich
verweise auf Artikel 5, der gewisse Dinge von der Ein-
fuhr ausschließen will. Die Juden, wenn sie von Ruß-
land zu uns kommen, sind ruft lsche Erzeugnisse (Große
Heiterkeit), deren Einfuhr wir verbieten können. (La-
chen Links.) Wir wollen davon nicht mehr haben. Ein
Ausnahmegesetz, von dem Herr Lieber gesprochen hat,
kann nur gegen Inländer erlassen werden, niemals aber
gegen Ausländer. Das Schächten können wir nicht als
rituell bezeichnen, sondern nur als eine Tierquälerei.
Herr Hermes verdient einen großen Orden von der Ju-
denschutztruppe. Er meinte, wir hetzten die Juden, die
deutsche Staatsbürger sind. Aber wenn man gegen
Junker und Pfaffen und gegen agrarische Brotverteurer
hetzt, so sind das wohl keine gleichberechtigten Staats-
bürger ? Alles ist erlaubt, nur kein Angriff gegen Ju-
das geheiligte Majestät. Herr Hermes hat nur den Ju-
den zu Munde geredet; ich will lnber dem deutschen
Volke zu Munde eben. Herr Hermes meint, daß die
Juden die sächsischen Bezirke reich gemacht haben. Sollte
er nicht Ursache und Wirkung verwechseln, indem die
Juoen in die armen Bezirke gar nicht erst hineingehen?
Herr Hermes als Dissident sollte uns keine Belehrung
 
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