32 ZWEI SCHRIFTSTELLERISCHE FRAGMENTE JOSEPH FÜHRICHS
JULIUS SEIDLER HAUSZEICHEN ZUM SCHÖNEN
TURM IN MÜNCHEN
Text S. 25
die,wahre Ansicht von ihr nicht trüben und
verkümmern. Die heilige oder religiöse
Kunst ist der Gipfelpunkt, der sonnenhafte
Kern aller Kunst, sie steht in des höchsten
Herrn Pflicht und Dienst, sie ist die Herrin
im Hause der Kunst.« Diese Auffassung
hat Führich zeitlebens gehabt, in Schrift
und Rede sie immer wieder vertreten mit
jener heiligen Begeisterung, die bei seinem
starken Empfinden ihre Ausdrucksart oft
zur Heftigkeit steigerte.
Führich ist durch natürliche Veranlagung
und durch die Eigenart seines künstlerischen
Werdeganges ein fertiger Mensch und
Künstler gewesen in einem Alter, in dem
andere noch mit den Unklarheiten und
Widerständen ihrer Jugend zu ringen haben.
Schon in seiner Jünglingszeit war sein Den-
ken und sein Schaffen von Zweifeln frei,
immer klarer fing das Ziel seines Lebens
an, ihm vor Augen zu stehen. Was ihm in
dieser Beziehung noch zu erkennen übrig
blieb, das gab ihm Italien, richtiger gesagt
Rom, wo der junge Künstler (Führich ist
1800 geboren) von 1827—1829 sich auf-
hielt, anerkannt und geliebt von den größ-
ten damals dort weilenden Meistern, wie
Overbeck, Koch, Thorwaldsen, geehrt von
den tiefsten Kennern und Freunden der
Kunst, unter ihnen König Ludwig I. von
Bayern, der Führich gern nach München
gezogen hätte. In Rom wurde Führichs
Wunsch, der christlichen Kunst ausschließ-
lich zu dienen, endgültig zum festen Ent-
schlüsse.
Wenn die gesamte Korrespondenz Joseph
von Führichs einmal veröffentlicht sein wird
(die Herausgabe wird von mir vorbereitet,
und das Werk steht vor dem Erscheinen),
so werden auch jene wichtigen, bisher un-
veröffentlichten Briefe bekannt werden, die
Führich an seinen Freund Franz Haas von
Oertingen (gestorben 1861 als Oberauditor
in Wien) geschrieben hat. Mit Haas hatte
Führich in Prag, ehe jener nach Wien über-
siedelte, jahrelang in engstem Verkehr ge-
standen. Manche wertvolle Anregung und
Förderung verdankte er dem Freunde, und
dieser ist es gewesen, der ihm die Unter-
stützung Metternichs für die italienische
Reise zu vermitteln wußte.
An Haas schrieb Führich am 18. Oktober
1829: »Was ich in diesen Zeiten (in Rom)
gesehen, erlebt und erfahren habe, bezieht
sich mittel- oder unmittelbar immer auf die
Kunst, und diese bezieht sich mir jetzt und
ruht einzig und allein nur auf den Glauben
ihrer einzigen ersten und letzten Basis, und
JULIUS SEIDLER HAUSZEICHEN ZUM SCHÖNEN
TURM IN MÜNCHEN
Text S. 25
die,wahre Ansicht von ihr nicht trüben und
verkümmern. Die heilige oder religiöse
Kunst ist der Gipfelpunkt, der sonnenhafte
Kern aller Kunst, sie steht in des höchsten
Herrn Pflicht und Dienst, sie ist die Herrin
im Hause der Kunst.« Diese Auffassung
hat Führich zeitlebens gehabt, in Schrift
und Rede sie immer wieder vertreten mit
jener heiligen Begeisterung, die bei seinem
starken Empfinden ihre Ausdrucksart oft
zur Heftigkeit steigerte.
Führich ist durch natürliche Veranlagung
und durch die Eigenart seines künstlerischen
Werdeganges ein fertiger Mensch und
Künstler gewesen in einem Alter, in dem
andere noch mit den Unklarheiten und
Widerständen ihrer Jugend zu ringen haben.
Schon in seiner Jünglingszeit war sein Den-
ken und sein Schaffen von Zweifeln frei,
immer klarer fing das Ziel seines Lebens
an, ihm vor Augen zu stehen. Was ihm in
dieser Beziehung noch zu erkennen übrig
blieb, das gab ihm Italien, richtiger gesagt
Rom, wo der junge Künstler (Führich ist
1800 geboren) von 1827—1829 sich auf-
hielt, anerkannt und geliebt von den größ-
ten damals dort weilenden Meistern, wie
Overbeck, Koch, Thorwaldsen, geehrt von
den tiefsten Kennern und Freunden der
Kunst, unter ihnen König Ludwig I. von
Bayern, der Führich gern nach München
gezogen hätte. In Rom wurde Führichs
Wunsch, der christlichen Kunst ausschließ-
lich zu dienen, endgültig zum festen Ent-
schlüsse.
Wenn die gesamte Korrespondenz Joseph
von Führichs einmal veröffentlicht sein wird
(die Herausgabe wird von mir vorbereitet,
und das Werk steht vor dem Erscheinen),
so werden auch jene wichtigen, bisher un-
veröffentlichten Briefe bekannt werden, die
Führich an seinen Freund Franz Haas von
Oertingen (gestorben 1861 als Oberauditor
in Wien) geschrieben hat. Mit Haas hatte
Führich in Prag, ehe jener nach Wien über-
siedelte, jahrelang in engstem Verkehr ge-
standen. Manche wertvolle Anregung und
Förderung verdankte er dem Freunde, und
dieser ist es gewesen, der ihm die Unter-
stützung Metternichs für die italienische
Reise zu vermitteln wußte.
An Haas schrieb Führich am 18. Oktober
1829: »Was ich in diesen Zeiten (in Rom)
gesehen, erlebt und erfahren habe, bezieht
sich mittel- oder unmittelbar immer auf die
Kunst, und diese bezieht sich mir jetzt und
ruht einzig und allein nur auf den Glauben
ihrer einzigen ersten und letzten Basis, und